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Informationsweiterverwendungsgesetz


Informationsweiterverwendungsgesetz – rechtliche Grundlagen und Anwendungsbereich

Das Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) ist ein deutsches Gesetz, das die Nutzung und Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors regelt. Es setzt die europäische Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors sowie deren spätere Änderungen um und bildet den rechtlichen Rahmen für den Zugang zu und die Verwendung von amtlichen Informationen durch Privatpersonen und Unternehmen. Das IWG ist ein zentraler Bestandteil im Umfeld von Open Government und Open Data-Initiativen und schafft verbindliche Regelungen zur digitalen Verfügbarkeit und wirtschaftlichen Nutzung öffentlicher Daten.


Entstehung und Entwicklung des Informationsweiterverwendungsgesetzes

Europarechtliche Grundlagen

Das IWG basiert auf der Richtlinie 2003/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. November 2003 über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) sowie den Folgeänderungen, insbesondere der Richtlinie (EU) 2019/1024. Ziel dieser europäischen Vorgaben war es, den Zugang zu Datenbeständen öffentlicher Stellen zu erleichtern und eine europaweit einheitliche Regelung für Weiterverwendung von Daten des öffentlichen Sektors zu schaffen.

Umsetzung in deutsches Recht

Die deutsche Umsetzung erfolgte erstmals durch das Informationsweiterverwendungsgesetz vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2913). Das Gesetz wurde aufgrund der Novellierung der PSI-Richtlinie mehrfach überarbeitet, zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des IWG, das am 24. Juni 2021 in Kraft getreten ist. Ziel der nationalen Regelungen ist es, bestehende Informationszugangsrechte zu ergänzen und die Wiederverwendung öffentlicher Sektor-Informationen rechtlich zu regeln und zu fördern.


Anwendungsbereich und Regelungsgegenstand des IWG

Anwendungsbereich

Das IWG findet Anwendung auf die Weiterverwendung von Informationen, die von öffentlichen Stellen der Bundesverwaltung erfasst, erstellt oder erhalten worden sind. Dazu zählen insbesondere Behörden, sonstige öffentliche Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen in öffentlicher Hand, sofern sie im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht-gewerblich wahrnehmen. Vom Anwendungsbereich teilweise oder vollständig ausgenommen sind:

  • Informationen von Rundfunkanstalten, Schulen und Hochschulen sowie kultureller Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen und Archiven
  • Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, personenbezogene Daten und Inhalte des Urheber- und Datenschutzrechts
  • Daten mit überwiegend kommerziellem Charakter

Begriff der „Weiterverwendung“

Das IWG definiert „Weiterverwendung“ als jede Nutzung von Informationen durch natürliche oder juristische Personen zu anderen als dem ursprünglichen behördlichen Zweck der Informationsbereitstellung. Die Nachnutzung öffentlicher Informationen kann sowohl kommerziell, etwa im Rahmen digitaler Geschäftsmodelle, als auch nicht-kommerziell, z. B. für wissenschaftliche oder bürgerschaftliche Projekte, erfolgen.


Rechtsvoraussetzungen und Pflichten öffentlicher Stellen

Zugangs- und Bereitstellungspflichten

Das IWG regelt das Verfahren, nach dem Informationen zur Weiterverwendung bereitgestellt werden sollen. Öffentliche Stellen sind verpflichtet, auf Antrag zugängliche Informationen bereitzustellen, soweit keine Ausnahmetatbestände greifen. Die Überlassung erfolgt grundsätzlich in vorhandenen Formaten und nach Möglichkeit elektronisch, wobei Datenbanken und APIs bevorzugt einzusetzen sind, um eine maschinenauswertbare Verfügbarkeit zu fördern.

Gebührenregelung

Für die Bereitstellung der Informationen kann eine Gebühr verlangt werden, die allerdings kostendeckend und nicht diskriminierend gestaltet sein muss. Die Erhebung von Entgelten ist transparenzpflichtig darzustellen und unterliegt bestimmten gesetzlichen Obergrenzen, damit die wirtschaftliche Weiterverwendung öffentlicher Informationen nicht durch prohibitiv hohe Gebühren behindert wird.

Diskriminierungsverbot und Transparenzgebot

Das IWG gebietet eine inhaltlich und formal diskriminierungsfreie Bereitstellung der Informationen gegenüber allen Nutzenden. Besondere Vertragsbedingungen, namentlich für exklusive Zugriffsrechte, sind grundsätzlich untersagt. Das Transparenzgebot verpflichtet öffentliche Stellen zur Offenlegung aller Rahmenbedingungen der Datenbereitstellung, einschließlich eventuell erhobener Gebühren und bestehender Nutzungsbedingungen.


Schutzrechte Dritter und Ausnahmen

Schutz personenbezogener Daten

Das IWG verweist auf den Vorrang datenschutzrechtlicher Regelungen. Personenbezogene Daten dürfen nur insoweit weiterverwendet werden, als dies mit dem Datenschutzrecht, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), vereinbar ist.

Geistiges Eigentum und Betriebsgeheimnisse

Die Regelungen des IWG gelten nicht für Informationen, an denen Rechte Dritter – wie Urheberrechte, verwandte Schutzrechte oder gewerbliche Schutzrechte – bestehen. Gleiches gilt für Geschäftsgeheimnisse und sonstige vertrauliche Informationen, sofern deren Schutz durch spezialgesetzliche Vorschriften geboten ist.


Sanktionen und Rechtsbehelfe

Das IWG sieht Rechtsschutzmöglichkeiten für Antragsteller vor, deren Antrag auf Informationsweiterverwendung abgelehnt wird. Gegen ablehnende Verwaltungsentscheidungen besteht der Weg der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vor den Verwaltungsgerichten. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorgaben sind entsprechende Sanktionen, insbesondere im Bereich der Pflicht zur gebührenfreien, diskriminierungsfreien Bereitstellung, vorgesehen.


Bedeutung und aktuelle Entwicklungen

Mit dem IWG legt Deutschland die Grundlage für die Umsetzung einer offenen Informationspolitik und fördert die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Die fortlaufende Entwicklung der europäischen und nationalen Rechtsgrundlagen stärkt die rechtlichen Rahmenbedingungen für Open Data und erleichtert Innovationen im Digital- und Wirtschaftsumfeld. Insbesondere die Interoperabilität, maschinenlesbare Formate und die Einbindung von Schnittstellen sind zentrale Aspekte für die zeitgemäße Umsetzung der Gesetzesvorgaben.


Literatur und Weblinks


Das Informationsweiterverwendungsgesetz ermöglicht und regelt den Zugang zu amtlichen Daten und schafft so einen verbindlichen, rechtssicheren Rahmen für eine weite Informationsnachnutzung im digitalen Zeitalter. Die konsequente Beachtung der gesetzlichen Anforderungen ist Voraussetzung für die innovationsfreundliche und faire Nutzung öffentlicher Informationen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für eine zulässige Weiterverwendung von Informationen nach dem Informationsweiterverwendungsgesetz erfüllt sein?

Um Informationen im Sinne des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) weiterverwenden zu dürfen, müssen diese grundsätzlich amtlicher Herkunft sein und aus der Tätigkeit von öffentlichen Stellen stammen. Die öffentliche Stelle muss die Information zur Verfügung gestellt haben oder zur Bereitstellung verpflichtet sein, sofern keine Ausschlussgründe wie Datenschutz, Schutz geistigen Eigentums oder nationale Sicherheit greifen. Weiterhin muss die Verwendung mit den Zwecken des IWG, insbesondere der Förderung eines freien und diskriminierungsfreien Zugangs zu öffentlichen Informationen zur Wertschöpfung und Innovation, im Einklang stehen. Die Informationen müssen in einem bestehenden, tatsächlich vorhandenen Dokument verkörpert sein und dürfen nicht für den internen Gebrauch, sondern müssen für die Weitergabe an Dritte bestimmt oder geeignet sein. Bestehende Ausschlussgründe und berechtigte Interessen Dritter oder öffentlicher Belange (z.B. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Urheberrechte oder Datenschutz) sind zwingend zu prüfen. Schließlich muss die Nutzung gemäß den konkret festgelegten Nutzungsbedingungen erfolgen und darf den fairen Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

Welche Rechte können öffentliche Stellen im Rahmen der Weiterverwendung einschränken oder verlangen?

Öffentliche Stellen können im Rahmen der Weiterverwendung von Informationen bestimmte Rechte einschränken, insbesondere durch die Festlegung von Nutzungsbedingungen und Entgelten. Diese Bedingungen dürfen allerdings nicht diskriminierend oder wettbewerbsverzerrend sein. Es ist zulässig, dass über die Weiterverwendung hinausgehende Nutzungsrechte, wie z. B. Bearbeitungsrechte oder exklusive Nutzungsrechte, eingeschränkt oder vollständig ausgeschlossen werden. Öffentliche Stellen können zudem verlangen, dass die Quelle angegeben, Integrität der Daten gewahrt wird und die Weiterverwendung keine Veränderung des Originalinhalts zulässt, sofern dies zum Schutz öffentlicher Interessen erforderlich ist. Entgelte müssen gemäß den Regelungen des IWG transparent, objektiv, verhältnismäßig und nicht diskriminierend gestaltet werden, wobei die Regelung grundsätzlich eine kostenfreie Bereitstellung vorsieht und Ausnahmen beispielsweise bei der Deckung behördeninterner Kosten möglich sind.

In welchen Fällen kann eine Informationsweiterverwendung verweigert werden?

Die Ablehnung der Informationsweiterverwendung ist rechtlich zulässig, wenn zwingende Schutzinteressen entgegenstehen. Dazu gehören insbesondere der Schutz personenbezogener Daten nach der DSGVO, der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Urheber- und verwandten Schutzrechten Dritter, Belange der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Landesverteidigung. Zudem kann eine Verweigerung vorliegen, wenn behördliche Informationen zur internen Verwendung bestimmt sind, die angeforderten Daten nicht oder nicht mehr vorhanden sind oder bereits im Rahmen eines Gerichtsverfahrens erstellt wurden. Auch bei Verstößen gegen bestehende Zugangsrechte oder besonderen gesetzlichen Geheimhaltungspflichten (z. B. Steuer- und Sozialgeheimnis) darf eine Weiterverwendung ausgeschlossen werden.

Welche rechtlichen Ansprüche bestehen bei einer Ablehnung der Informationsweiterverwendung?

Im Falle einer ablehnenden Entscheidung ist der Antragsteller rechtlich befugt, einen förmlichen Bescheid über die Ablehnungsgründe zu verlangen. Dieser Bescheid muss schriftlich ergehen und die konkreten Ablehnungsgründe detailliert darlegen, einschließlich der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen. Der Antragsteller hat das Recht, gegen einen ablehnenden Bescheid den Verwaltungsrechtsweg einzuschlagen und eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung zu beantragen. Dabei wird geprüft, ob die Ablehnung mit dem IWG, entsprechenden Fachgesetzen sowie dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht im Einklang steht. Bestehen berechtigte Bedenken gegen die Ablehnung, kann Rechtschutz durch Widerspruch, Klage oder gegebenenfalls eine Beschwerde eingelegt werden.

Wie ist das Verhältnis des Informationsweiterverwendungsgesetzes zu anderen Rechtsvorschriften (z. B. DSGVO, Urheberrecht)?

Das IWG ist als Spezialgesetz für die Weiterverwendung öffentlicher Informationen zu betrachten, steht jedoch im Verhältnis zu allgemeinen Gesetzen wie Urheberrecht, Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Geschäftsgeheimnisschutzgesetz und weiteren spezialgesetzlichen Regelungen. Soweit spezialgesetzliche, insbesondere europarechtliche oder nationale Vorschriften strengere Maßstäbe an den Zugang und die Weiterverwendung von Informationen stellen (z. B. personenbezogene Daten, urheberrechtliche Schutzrechte, Betriebsgeheimnisse), gehen diese grundsätzlich vor. Das IWG sieht selbst zahlreiche Verweise und Ausschlussgründe auf übergeordnete Schutzregeln vor, insbesondere zum Schutz personenbezogener Daten und geistigen Eigentums. Dabei ist stets eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Die Regelungen des IWG ergänzen das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), regeln jedoch nicht den Zugang, sondern primär die Bedingungen der weiteren Verwendung bereits zugänglicher Informationen.

Welche Pflichten ergeben sich für weiterverwendende Stellen hinsichtlich der Integrität und Quellenangabe?

Weiterverwendende Stellen sind rechtlich verpflichtet, bei der Nutzung der Informationen die Quelle eindeutig und nachvollziehbar zu kennzeichnen, sodass der Ursprung der Daten bei der öffentlichen Stelle sichtbar bleibt. Eine Veränderung der Originaldaten kann untersagt sein, insbesondere wenn dies zum Schutz öffentlicher Interessen, Integrität der Daten oder der Gewährleistung von Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit erforderlich ist. Darüber hinaus müssen weiterverwendende Stellen gewährleisten, dass die Informationen nicht in irreführender oder manipulativer Weise genutzt werden und eventuelle Hinweise auf eingeschränkte Aktualität, Genauigkeit oder Vollständigkeit übernommen werden. Bei Zuwiderhandlungen gegen diese Pflichten können Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden.

Wie wird die Transparenz und Rechtssicherheit bei Nutzungsbedingungen und Entgelten nach dem IWG gewährleistet?

Das IWG verpflichtet öffentliche Stellen zu größtmöglicher Transparenz hinsichtlich der geltenden Nutzungsbedingungen und der erhobenen Entgelte. Die Bedingungen sind objektiv, transparent, verhältnismäßig und nicht diskriminierend zu gestalten und müssen im Voraus festgelegt und öffentlich, z. B. auf Internetportalen, bekanntgegeben werden. Entgelte dürfen nicht über die Reproduktion, Bereitstellung und Weiterverbreitung hinausgehen; eine übermäßige Kostenerhebung oder verdeckte Gebühren sind unzulässig. Bei Änderungen der Nutzungsbedingungen oder Entgelte bestehen Ankündigungs- und Informationspflichten, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Transparenzpflichten können zur Unwirksamkeit der Nutzungsbedingungen führen und gegebenenfalls behördlich oder gerichtlich beanstandet werden.