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Immobiliarpfandrechte


Begriff und rechtliche Grundlagen der Immobiliarpfandrechte

Immobiliarpfandrechte sind im deutschen Sachenrecht verankerte Sicherungsrechte an Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten oder Gebäuden, die nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Sie dienen der rechtlichen Absicherung von Forderungen und gewähren dem Gläubiger im Sicherungsfall das Recht, das belastete Grundstück oder Recht im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch zu nehmen. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie in speziellen Nebengesetzen.

Systematische Einordnung und Charakterisierung

Immobiliarpfandrechte zählen als beschränkt dingliche Rechte zu den Sicherungsrechten im deutschen Zivilrecht. Sie stehen damit im Gegensatz zu Mobilienpfandrechten, welche an beweglichen Sachen bestellt werden. Die zentrale Funktion ist die Sicherung von Ansprüchen des Gläubigers durch Verschaffung eines unmittelbaren Zugriffs auf ein Grundstück, sollte der Schuldner nicht leisten.

Arten der Immobiliarpfandrechte

Hypothek

Die Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) ist ein akzessorisches Sicherungsrecht, das stets an eine bestehende Forderung gekoppelt ist. Im Fall der Nichtleistung des Schuldners kann der Gläubiger aus der Hypothek die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. Die Bestellung erfolgt durch Einigung und Eintragung im Grundbuch sowie durch die Übergabe des Hypothekenbriefs, sofern dieser nicht ausgeschlossen ist.

Akzessorietät und Übertragbarkeit

Ein wesentliches Merkmal der Hypothek ist ihre Abhängigkeit von der gesicherten Forderung („Akzessorietät“). Mit dem Untergang der gesicherten Forderung erlischt in der Regel auch die Hypothek. Sie ist übertragbar und kann an Dritte abgetreten werden.

Grundschuld

Die Grundschuld (§§ 1191 ff. BGB) ist ein abstraktes Immobiliarpfandrecht, das unabhängig von einer Forderung besteht. Die Grundschuld ist das in der Praxis bedeutendste Immobiliarpfandrecht, insbesondere bei Baufinanzierungen. Sie kann durch den Schuldner an den Gläubiger bestellt und im Grundbuch eingetragen werden.

Sicherungsgrundschuld

Eine Sonderform stellt die sogenannte Sicherungsgrundschuld dar. Sie dient der Besicherung einer Forderung, ist aber im Gegensatz zur Hypothek nicht akzessorisch, sondern kann auch selbstständig fortbestehen.

Rentenschuld

Die Rentenschuld (§§ 1199 ff. BGB) ist ein historisch bedeutsames, heute allerdings selten verwendetes Immobiliarpfandrecht. Es sichert wiederkehrende Geld- oder Sachleistungen (Renten), für die das Grundstück haftet. Die Rentenschuld wird wie die Grundschuld im Grundbuch eingetragen und ist übertragbar.

Zwangssicherungshypothek

Die Zwangssicherungshypothek wird kraft gerichtlicher Entscheidung zur Sicherung eines titulierten Anspruchs bestellt und dient der Erzwingung vermögensrechtlicher Ansprüche.

Entstehung und Bestellung von Immobiliarpfandrechten

Eintragungsgrundsatz

Alle Immobiliarpfandrechte entstehen nach dem Grundsatz der Buch- und Einigungstheorie durch die Eintragung im Grundbuch (§§ 873, 1115, 1192 BGB) und – soweit verlangt – durch Ausstellung eines Briefs.

Bestellung

Die Bestellung eines Immobiliarpfandrechts erfolgt durch einen im Regelfall notariell beurkundeten Vertrag zwischen Eigentümer und Gläubiger sowie die anschließende Eintragung im Grundbuch. Bei Hypotheken ist zusätzlich ein Hypothekenbrief zu erstellen, es sei denn, die Briefhypothek wurde abbedungen.

Rechtswirkungen und Sicherungszweck

Rechtsstellung des Gläubigers

Der Gläubiger eines Immobiliarpfandrechts erhält ein dingliches Verwertungsrecht am Grundstück. Im Fall der Nichterfüllung der gesicherten Forderung kann der Gläubiger im Wege der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung aus dem belasteten Grundstück Befriedigung suchen.

Publizitäts- und Prioritätsprinzip

Durch die Grundbucheintragung wird das Pfandrecht für Dritte publik gemacht. Die Rangfolge mehrerer Immobiliarpfandrechte bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Eintragung (Prioritätsprinzip).

Erlöschen und Übertragung von Immobiliarpfandrechten

Erlöschenstatbestände

Immobiliarpfandrechte erlöschen grundsätzlich mit der vollständigen Tilgung der gesicherten Forderung oder durch Verzicht und Löschung im Grundbuch. Eine Sonderform bildet das sogenannte Eigentümergrundpfandrecht, bei dem das Grundpfandrecht nach Tilgung an den Eigentümer zurückfällt.

Übertragung

Immobiliarpfandrechte sind grundsätzlich übertragbar. Die Übertragung erfolgt für Hypotheken und Grundschulden durch Abtretung der Forderung bzw. durch Einigung und Grundbucheintragung.

Bedeutung im Rechtsverkehr

Immobilienfinanzierung

Immobiliarpfandrechte spielen eine entscheidende Rolle bei der Besicherung langfristiger Kredite, insbesondere Hypotheken- und Grundschulddarlehen. Sie gewähren Kreditinstituten ein hohes Maß an Sicherung und sind Grundlage der meisten Baufinanzierungsmodelle.

Insolvenz und Zwangsvollstreckung

Im Insolvenzverfahren des Grundstückseigentümers genießen Immobiliarpfandrechte als Absonderungsrechte eine bevorzugte Stellung. Bei Zwangsvollstreckung ermöglichen sie dem Gläubiger die Befriedigung aus dem Grundstück gemäß den Grundsätzen der §§ 1147, 1177 BGB.

Unterschiede zu Mobilienpfandrechten

Im Unterschied zu den Mobilienpfandrechten, die an beweglichen Sachen, Forderungen oder Rechten bestellt werden, beziehen sich Immobiliarpfandrechte ausschließlich auf Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Während bei beweglichen Sachen die Übergabe eine maßgebliche Rolle spielt, ist bei Immobiliarpfandrechten die Eintragung im Grundbuch konstitutiv.


Literaturhinweis:

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1113-1190
  • Grundbuchordnung (GBO)
  • Zivilprozessordnung (ZPO), Vorschriften über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung

Dieser Artikel liefert einen ausführlichen, strukturierten Überblick über Immobiliarpfandrechte und ihre umfassende rechtliche Ausgestaltung im deutschen Sachenrecht.

Häufig gestellte Fragen

Wann entsteht ein Immobiliarpfandrecht und welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Ein Immobiliarpfandrecht entsteht im deutschen Recht grundsätzlich durch die Einigung zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und dem Gläubiger über die Bestellung des Pfandrechts (meist Hypothek oder Grundschuld) sowie durch die Eintragung dieses Rechts im Grundbuch. Dies ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 873, 1113 ff. geregelt. Zu den zwingenden rechtlichen Voraussetzungen gehört, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks verfügungsbefugt ist, also rechtmäßig über das Grundstück verfügen kann. Weiterhin muss eine wirksame Einigungserklärung, die sogenannte Eintragungsbewilligung, vorliegen, die in notariell beglaubigter Form abgegeben wird. Erst mit der Eintragung ins Grundbuch erlangt das Immobiliarpfandrecht Rechtswirksamkeit und kann nach außen hin Geltung beanspruchen. Besonderheiten gelten beispielsweise bei Grundstücksgemeinschaften oder der Belastung von Erbbaurechten.

Wie wirkt sich ein Immobiliarpfandrecht auf den Rang im Grundbuch aus und welche Bedeutung hat dieser Rang?

Der Rang eines Immobiliarpfandrechts richtet sich nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt (§ 879 BGB). Wer zuerst einen Antrag stellt, erhält den besseren Rang. Der Rang hat erhebliche praktische und rechtliche Bedeutung, denn er bestimmt die Reihenfolge, in der Gläubiger im Falle einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück auf Auszahlung aus dem Verwertungserlös zugreifen können. Immobiliarpfandrechte mit besserem Rang (vorrangig eingetragen) werden vor nachrangigen Rechten bedient. Es ist jedoch möglich, den Rang durch eine Rangänderungsvereinbarung gemäß § 880 BGB zu verändern, was aber ebenfalls einer notariell beurkundeten Zustimmung sowie der grundbuchlichen Eintragung bedarf. Diese Regelungen sollen Rechtssicherheit und Transparenz für alle Beteiligten gewährleisten.

Welche Rechte hat der Pfandgläubiger und welche Pflichten treffen ihn im Rahmen des Immobiliarpfandrechts?

Der Pfandgläubiger erhält mit dem Immobiliarpfandrecht insbesondere das Recht, im Fall der Nichtleistung das Grundstück durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu verwerten (Verwertungsrecht, §§ 1147, 1192 BGB). Das Recht erstreckt sich in der Regel auf das belastete Grundstück samt wesentlichen Bestandteilen, Zubehör und – sofern vereinbart – Miet- oder Pachtzinsansprüche. Pflichten des Pfandgläubigers bestehen insbesondere darin, das Pfandrecht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung wahrzunehmen, dafür Sorge zu tragen, dass durch das Zwangsvollstreckungsverfahren keine Schäden oder Nachteile für andere Beteiligte entstehen und Ansprüche nach Maßgabe des Rangs im Grundbuch zu berücksichtigen. Zudem muss der Gläubiger im Fall des Wegfalls des Sicherungszwecks der Löschung des Pfandrechts zustimmen.

Welche Möglichkeiten der Durchsetzung bestehen bei Nichtleistung des Schuldners?

Kommt der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, kann der Pfandgläubiger nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) und des BGB das Grundstück verwerten lassen. Die gängigsten Wege sind die Zwangsversteigerung gemäß Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (§§ 146 ff. ZVG). Vor Einleitung eines derartigen Verfahrens muss dem Schuldner die Forderung regelmäßig in vollstreckbarer Form nachgewiesen werden. Erst nach wirksamer Titulierung und meist nach Ablauf einer gesetzlichen Frist kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung beantragen. Die Erlöse aus der Verwertung werden nach dem Rang der eingetragenen Rechte verteilt, wobei auch nachrangige Gläubiger einen Anspruch haben können, sofern der Verwertungserlös ausreicht.

Welche Besonderheiten gibt es bei Immobiliarpfandrechten an Wohnungseigentum oder Erbbaurechten?

Bei Wohnungseigentum gelten die allgemeinen Vorschriften über Immobiliarpfandrechte mit einigen Besonderheiten gemäß Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und § 10 Abs. 3 WEG, wonach Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft auch durch Eintragung von Pfandrechten gesichert werden können. Bei Erbbaurechten bezieht sich das Immobiliarpfandrecht nicht auf das Grundstück selbst, sondern auf das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht. Hier finden die Vorschriften über Grundstücke sinngemäß Anwendung (§ 12 ErbbauRG). Im Übrigen richten sich Art und Umfang der Belastung nach der jeweiligen Rechtsnatur und den Eintragungen im Grundbuch, was besondere Prüfpflichten für Pfandgläubiger und Eigentümer mit sich bringt.

Wann und wie kann ein Immobiliarpfandrecht gelöscht werden?

Ein Immobiliarpfandrecht erlischt grundsätzlich durch Löschung im Grundbuch (§§ 875, 1179 BGB). Voraussetzung ist in der Regel, dass der Sicherungszweck – etwa eine Schuld – vollständig erfüllt ist oder das Pfandrecht aus anderen Gründen nicht mehr besteht. Für die Löschung ist eine ausdrückliche Bewilligung des Pfandgläubigers, regelmäßig in notariell beglaubigter Form, erforderlich. Beim Wegfall der Sicherungsabrede (z. B. Rückzahlung des gesicherten Darlehens) hat der Gläubiger keinen Rechtsgrund mehr, sich an der weiteren Eintragung festzuhalten und muss der Löschung zustimmen. Die Eintragung der Löschung erfolgt durch das Grundbuchamt auf Antrag.

Können Immobiliarpfandrechte abgetreten oder belastet werden und welche rechtlichen Vorschriften gelten?

Immobiliarpfandrechte können grundsätzlich abgetreten (übertragen) oder selbst mit weiteren Rechten belastet werden (§ 1153 BGB für Hypothek, § 1192 BGB für Grundschuld). Die Abtretung eines Immobiliarpfandrechts bedarf einer Einigung zwischen altem und neuem Gläubiger sowie der Eintragung im Grundbuch, zumindest bei der Hypothek; bei der Grundschuld erfolgt die Übertragung in der Regel durch Abtretung der Grundschuldforderung und Übergabe des Grundschuldbriefes, falls ausgestellt. Die Belastung eines Immobiliarpfandrechts mit weiteren Rechten erfolgt nach allgemeinen grundbuchrechtlichen Grundsätzen und muss ebenfalls eingetragen werden. Für sämtliche Rechtsgeschäfte ist häufig notarielle Mitwirkung und grundbuchliche Vollziehung vorgeschrieben.