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Immissionsschutzbeauftragter


Rechtliche Einordnung und Aufgaben des Immissionsschutzbeauftragten

Bedeutung und Definition

Der Immissionsschutzbeauftragte ist eine zentrale, gesetzlich geregelte Funktion im deutschen Umweltrecht. Die Bestellung eines solchen Beauftragten erfolgt auf Grundlage der Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Immissionsschutzbeauftragte übernehmen die Überwachung und Förderung des betrieblichen Umweltschutzes im Bereich Luftreinhaltung, Lärmbekämpfung sowie des Schutzes von Boden und Wasser vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Sie sind im Wesentlichen für die Überwachung, Sicherstellung und Verbesserung der Einhaltung von Umweltvorschriften in genehmigungsbedürftigen Anlagen zuständig.

Rechtsgrundlagen

Die zentralen rechtlichen Regelungen für den Immissionsschutzbeauftragten finden sich im §§ 53 bis 58 BImSchG (Bundes-Immissionsschutzgesetz) sowie in der zugehörigen Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte (5. BImSchV). Diese Vorschriften definieren sowohl die Pflichten des Anlagenbetreibers als auch die Rechte und Aufgabenbereiche des Immissionsschutzbeauftragten selbst.

Bestellungspflicht

Nach § 53 BImSchG besteht für bestimmte Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen die Verpflichtung, eine*n oder mehrere Immissionsschutzbeauftragte zu bestellen. Die Pflicht trifft insbesondere Anlagen, bei denen durch Art und Umfang der Emissionen eine besondere Umweltgefährdung angenommen wird. Die Einzelheiten legt die 5. BImSchV fest.

Anzeigepflicht

Die Bestellung und Abberufung von Immissionsschutzbeauftragten ist nach § 55 BImSchG der zuständigen Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen.

Aufgaben und Pflichten des Immissionsschutzbeauftragten

Überwachungspflicht

Der Immissionsschutzbeauftragte hat insbesondere die Aufgabe, darauf zu achten, dass die Vorschriften und Bedingungen aus dem BImSchG und den Genehmigungen eingehalten werden. Er ist verpflichtet, auf die Einhaltung von Grenzwerten bei Emissionen und Immissionen hinzuwirken sowie Störungen oder Abweichungen gegenüber dem Anlagenbetreiber und, falls erforderlich, den Aufsichtsbehörden anzuzeigen.

Beratung und Information

Zu den zentralen Aufgaben gehört die Beratung des Betreibers in allen Angelegenheiten des Immissionsschutzes. Der Beauftragte informiert über notwendige Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Emissionen und berät bei Investitionsentscheidungen, die Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten.

Mitwirkung bei Planung, Betrieb und Änderung

Der Immissionsschutzbeauftragte wirkt bei Planungen, Betriebsabläufen und Änderungen der Anlage mit, um sicherzustellen, dass umweltrelevante Aspekte beachtet werden. Dabei prüft er insbesondere, ob technische Verbesserungen zur Emissionsminderung möglich und zumutbar sind (§ 54 BImSchG).

Berichtspflicht

Der Immissionsschutzbeauftragte ist nach § 55 Abs. 2 BImSchG verpflichtet, mindestens einmal jährlich einen Bericht über seine Tätigkeiten und die getroffenen sowie vorgeschlagenen Maßnahmen zu erstellen und dem Unternehmer vorzulegen.

Rechte des Immissionsschutzbeauftragten

Informations- und Zutrittsrecht

Immissionsschutzbeauftragte haben ein weitreichendes Recht auf Informationen und Zugang zu allen im Betrieb notwendigen Unterlagen sowie zu den Anlagenbereichen, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können. Dies ist wesentlich für eine unabhängige Überwachung und Beratung (§ 55 BImSchG).

Weisungsfreiheit und Benachteiligungsverbot

Zum Schutz der objektiven Wahrnehmung ihrer Aufgaben schreibt § 55 Abs. 3 BImSchG vor, dass Immissionsschutzbeauftragte wegen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten nicht benachteiligt werden dürfen. Eine Abberufung ist ausschließlich aus „wichtigem Grund“ möglich. Ihre fachliche Weisungsfreiheit ist gesetzlich abgesichert.

Verschwiegenheitspflicht

Bei ihrer Tätigkeit unterliegen Immissionsschutzbeauftragte einer Verschwiegenheitspflicht und dürfen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt weitergeben (vgl. § 55 Abs. 5 BImSchG).

Qualifikationsanforderungen

Für die Bestellung von Immissionsschutzbeauftragten fordert das BImSchG „Sachkunde und Zuverlässigkeit“. Die Konkretisierung dieser Anforderungen findet sich in der 5. BImSchV (§§ 9 ff.), wonach einschlägige fachliche Kenntnisse, praktische Erfahrungen sowie regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen notwendig sind. Die Person kann intern im Betrieb tätig sein oder extern bestellt werden.

Stellung im Betrieb

Organisatorische Einordnung

Immissionsschutzbeauftragte sind grundsätzlich dem obersten Betriebsleiter direkt unterstellt und müssen in ihrer Funktion von sonstigen betrieblichen Aufgaben unabhängig agieren können. Eine Interessenkollision ist weitgehend auszuschließen.

Zusammenarbeit mit Behörden

Sie sind auch Ansprechpartner für Aufsichtsbehörden im Rahmen der Überwachung der Einhaltung umweltrechtlicher Anforderungen und nehmen an behördlichen Begehungen und Besichtigungen teil.

Haftung und Sanktionen

Haftung

Für Immissionsschutzbeauftragte bestehen keine eigenständigen haftungsrechtlichen Regelungen, sie unterliegen jedoch im Rahmen ihrer Tätigkeit allgemeinen arbeitsrechtlichen und gegebenenfalls straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Normen, wenn sie ihre Pflichten verletzen.

Sanktionen bei Pflichtverstößen

Verstöße gegen die Bestellungspflicht oder die ordnungsgemäße Tätigkeit eines Immissionsschutzbeauftragten können durch die zuständige Behörde mit Bußgeldern gem. § 62 BImSchG geahndet werden. Der Anlagenbetreiber haftet hierfür unmittelbar.

Verhältnis zu anderen betrieblichen Beauftragten

Immissionsschutzbeauftrage können identisch mit anderen Beauftragten, etwa Abfallbeauftragten oder Gewässerschutzbeauftragten, sein, sofern die Person über die erforderliche Fachkunde verfügt und Interessenkonflikte ausgeschlossen sind. Eine Mehrfachfunktion ist rechtlich zulässig, wenn die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.

Zusammenfassung

Der Immissionsschutzbeauftragte ist eine Schlüsselfigur im betrieblichen Umweltschutz, dessen Aufgaben und Rechte detailliert im Bundes-Immissionsschutzgesetz und in der 5. BImSchV geregelt sind. Die Aufgaben reichen von Überwachung und Beratung bis zur Mitwirkung an betrieblichen Prozessen, wobei dem Immissionsschutzbeauftragten besondere Schutzrechte eingeräumt werden, um seine Funktion sachgerecht wahrnehmen zu können. Die gesetzliche Pflicht zur Bestellung und die genaue Ausgestaltung der Aufgaben und Rechte sichern die Wirksamkeit des Immissionsschutzes innerhalb von Anlagen mit erhöhtem Gefährdungspotential für Umwelt und Menschen.

Häufig gestellte Fragen

In welchen Fällen ist die Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten gesetzlich vorgeschrieben?

Die Verpflichtung zur Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten ergibt sich in Deutschland aus § 53 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Grundsätzlich müssen Betreiber von genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 4 BImSchG in bestimmten Fällen einen Immissionsschutzbeauftragten bestellen. Dies gilt insbesondere für Anlagen, von denen potenziell schädliche Umweltauswirkungen ausgehen können, darunter beispielsweise große Industrieanlagen, Abfallbehandlungsanlagen oder bestimmte Formen der Energieerzeugung. Die genauen Anlagentypen sind in der 4. BImSchV (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen) abschließend aufgeführt. Über die reine Genehmigungsbedürftigkeit hinaus konkretisiert die Verordnung festgelegte Schwellenwerte (z. B. hinsichtlich Emissionen oder Anlagengröße), ab denen die Bestellungspflicht greift. Ausnahmen kann die zuständige Behörde auf Antrag zulassen, wenn etwa Art und Umfang der Emissionen als gering eingestuft werden. Insbesondere bei Anlagen, die erheblichen Einfluss auf Luft, Wasser, Boden oder die Nachbarschaft nehmen könnten, ist die Bestellung zwingend. Betreiber müssen die Bestellung zudem der zuständigen Behörde anzeigen.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Qualifikation eines Immissionsschutzbeauftragten?

Die rechtlichen Anforderungen an die Qualifikation ergeben sich aus § 7 der 5. BImSchV („Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte“). Demnach muss der Beauftragte über die erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit verfügen. Die Fachkunde betrifft insbesondere Kenntnisse des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, angrenzender Rechtsgebiete (z. B. Chemikalien-, Gefahrstoff-, Abfallrecht) und der technischen Anlagen sowie Betriebsabläufe. In der Regel wird diese Fachkunde durch einschlägige Berufsausbildung, Studium in naturwissenschaftlichen, technischen oder umweltbezogenen Fächern und/oder durch regelmäßige Teilnahme an anerkannten Fachkundelehrgängen nachgewiesen (z. B. Zertifikatslehrgänge von Industrie- und Handelskammern oder Umweltakademien). Die Zuverlässigkeit wird insbesondere anhand bisheriger beruflicher Tätigkeit und gegebenenfalls polizeilichen Führungszeugnisses beurteilt. Die Entscheidung über die Ernennung liegt beim Betreiber, die zuständige Behörde kann im Einzelfall Einwände geltend machen.

Welche Mitwirkungs- und Berichtspflichten hat der Immissionsschutzbeauftragte gemäß Gesetz?

Nach § 54 BImSchG ist der Immissionsschutzbeauftragte verpflichtet, den Betreiber bei der Einhaltung der geltenden Vorschriften sowie bei der Vermeidung und Verminderung von Emissionen umfassend zu beraten und zu unterstützen. Zu den gesetzlichen Aufgaben gehört insbesondere die Überwachung der Einhaltung von Emissions- und Immissionsgrenzwerten, die regelmäßige Prüfung der betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen sowie die Information der Betriebsleitung über erkannte Mängel und notwendige Verbesserungen. Der Immissionsschutzbeauftragte ist außerdem verpflichtet, jährlich einen schriftlichen Bericht über die getroffenen und geplanten Umweltschutzaktionen sowie eventuelle Mängel an den Betreiber zu erstellen. Dieser Bericht muss auf Verlangen der zuständigen Aufsichtsbehörde vorgelegt werden. Bei schwerwiegenden Verstößen oder unmittelbaren Gefahren für Menschen und Umwelt ist der Beauftragte sogar zur direkten Information der Behörde berechtigt.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Unterlassen der Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten?

Das Unterlassen der Bestellung eines Immissionsschutzbeauftragten in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und ist nach § 62 BImSchG bußgeldbewehrt. Die zuständige Behörde kann je nach Art und Schwere des Verstoßes Bußgelder in beträchtlicher Höhe verhängen (derzeit bis zu 50.000 Euro für jeden einzelnen Fall). Darüber hinaus kann die Behörde anordnen, dass die Bestellung nachgeholt wird, und bei fortgesetzter Pflichtverletzung weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen, etwa Anordnung des Betriebsstopps der betroffenen Anlage. Im Einzelfall kann das Fehlen eines Immissionsschutzbeauftragten auch haftungsrechtliche Konsequenzen für den Betreiber im Schadensfall nach sich ziehen, beispielsweise bei Umweltschäden infolge mangelnder Überwachung oder Beratung.

Darf die Funktion des Immissionsschutzbeauftragten ausgelagert oder extern vergeben werden?

Ja, gemäß § 53 Absatz 3 BImSchG ist die Bestellung eines externen Immissionsschutzbeauftragten zulässig, sofern der externe Beauftragte die gesetzlich geforderte Fachkunde und Zuverlässigkeit nachweisen kann. Viele Betriebe nutzen diese Möglichkeit, wenn keine suitably qualifizierten Mitarbeitenden vorhanden sind oder eine unabhängige Beratung erwünscht ist. Allerdings muss der Betreiber sicherstellen, dass der externe Beauftragte laufend in alle relevanten Betriebsabläufe eingebunden wird und ihm sämtliche zur Aufgabenwahrnehmung notwendigen Informationen sowie Zutritt zu Anlagen uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die vertraglichen Rahmenbedingungen sollten daher klar regeln, wie die Kommunikation und Mitwirkungspflichten gestaltet werden.

Kann der Immissionsschutzbeauftragte abberufen oder ausgetauscht werden? Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?

Die Abberufung eines Immissionsschutzbeauftragten ist jederzeit möglich, muss jedoch der zuständigen Behörde unverzüglich angezeigt werden, wie in § 55 BImSchG geregelt. Die Abberufung darf nicht aus Gründen erfolgen, die im Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben des Beauftragten stehen („Kündigungsschutz“ gemäß § 58b BImSchG). Der Immissionsschutzbeauftragte darf demnach weder benachteiligt noch wegen der Erfüllung seiner Aufgaben gekündigt werden, es sei denn, es liegen „wichtige Gründe“ vor (z. B. grobe Pflichtverletzung, mangelnde Fachkunde, Verlust der Zuverlässigkeit oder Betriebsstilllegung). Der Betreiber ist verpflichtet, umgehend einen neuen fachkundigen und zuverlässigen Beauftragten zu bestellen und die Bestellung erneut der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Welche besonderen Rechte und Schutzvorschriften genießen Immissionsschutzbeauftragte nach deutschem Recht?

Immissionsschutzbeauftragte unterliegen nach § 58b BImSchG besonderen Schutzvorschriften, die sie vor Benachteiligung und Kündigung auf Grund der Ausübung ihrer Tätigkeit schützen sollen. Sie dürfen wegen der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht benachteiligt werden und genießen ähnlich wie Betriebsräte einen besonderen Kündigungsschutz: Eine ordentliche Kündigung ist für die Dauer der Bestellung und ein Jahr danach unzulässig – nur aus wichtigem Grund kann eine Abberufung oder Kündigung erfolgen. Dieser Schutz gilt, um eine unabhängige und unbeeinflusste Wahrnehmung der Pflichten sicherzustellen. Weitere Rechte umfassen die uneingeschränkte Einsicht in alle für die Erfüllung der Aufgaben relevanten Unterlagen und den Zugang zu allen Betriebsbereichen. Auch ist die regelmäßige Schulung und Weiterbildung durch den Betreiber zu gewährleisten und zu finanzieren.