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Identitätsfeststellung


Identitätsfeststellung – Begriff, Bedeutung und rechtliche Grundlagen

Die Identitätsfeststellung ist ein zentraler Begriff im Sicherheits-, Polizei-, Zivil- und Strafrecht. Sie beschreibt die Maßnahmen der Behörden zur eindeutigen Bestimmung einer Person anhand festgelegter personenbezogener Merkmale. Ziel der Identitätsfeststellung ist die zweifelsfreie Zuordnung einer Person zu ihren amtlichen und rechtlichen Daten. Im deutschen Recht unterliegt die Identitätsfeststellung detaillierten gesetzlichen Vorgaben, die verschiedene Anlässe, Verfahrensweisen und Grenzen regeln. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über Definition, rechtliche Grundlagen, Vorgehen und Grenzen der Identitätsfeststellung im deutschen Recht.


Definition und Zweck der Identitätsfeststellung

Die Identitätsfeststellung dient der Klärung, wer eine bestimmte Person ist. Dabei werden die maßgeblichen personenbezogenen Daten erhoben, insbesondere:

  • Vorname und Nachname
  • Geburtstag und -ort
  • Staatsangehörigkeit
  • Anschrift

Die Identitätsfeststellung verfolgt verschiedene Zwecke, beispielsweise zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, zur Strafverfolgung, zur Durchsetzung von Verwaltungsmaßnahmen oder bei zivilrechtlichen Angelegenheiten wie Vertragsabschlüssen.


Rechtliche Grundlagen im öffentlichen Recht

Polizei- und Ordnungsrecht

Die wichtigste gesetzliche Grundlage für die Identitätsfeststellung durch Polizeibehörden stellt das Polizeigesetz der jeweiligen Bundesländer sowie das Bundespolizeigesetz dar. Die Polizei ist berechtigt, die Identität einer Person festzustellen, wenn dies zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (§ 12 Bundespolizeigesetz, § 163b Strafprozessordnung (StPO), § 18 Polizeigesetz NRW u.a.).

Zu den typischen Situationen gehören:

  • Kontrolle in sicherheitsrelevanten Bereichen (Bahnhöfe, Flughäfen)
  • Nach Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat
  • Zur Abwehr von bevorstehenden Gefahren

Das Verfahren reicht von der Befragung der Person bis zum Einsehen und Prüfen amtlicher Dokumente (Personalausweis, Reisepass).

Eingriffsbefugnisse und Maßnahmen

Behörden sind befugt, weitergehende Maßnahmen zur Identitätsfeststellung durchzuführen, wie etwa:

  • Durchsuchung von Personen oder mitgeführten Sachen
  • Mitnahme zur Dienststelle, falls die Identität vor Ort nicht festgestellt werden kann
  • Erhebung biometrischer Daten (Fingerabdrücke, Lichtbilder)

Diese Maßnahmen setzen stets die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit voraus. Sie müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Aufenthaltsrecht und Ausländerrecht

Im Bereich des Aufenthaltsrechts kommt der Identitätsfeststellung insbesondere im Zusammenhang mit der Kontrolle des aufenthaltsrechtlichen Status von Ausländern Bedeutung zu (§ 49 Aufenthaltsgesetz). Hier sind die Ausländerbehörden sowie Polizei zuständig, eine Identitätskontrolle durchzuführen, insbesondere wenn Zweifel am Aufenthaltsstatus oder an den Angaben der betreffenden Person bestehen.


Identitätsfeststellung im Strafverfahren

Vorläufige Identitätsfeststellung (§ 163b StPO)

Zu den wichtigsten Normen im Strafverfahren gehört § 163b StPO. Danach ist die Polizei berechtigt, zur Aufklärung strafbarer Handlungen die Identität einer verdächtigen oder betroffenen Person festzustellen. Dazu gehören:

  • Befragung der betroffenen Person
  • Prüfung von Ausweispapieren
  • Lichtbildaufnahme
  • Erhebung von Fingerabdrücken

Widersetzt sich die Person der Maßnahme oder kann die Identität nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ist die vorübergehende Festnahme zulässig, solange dies zur Aufklärung des Sachverhaltes notwendig ist.

Erweiterte Identitätsfeststellung (§ 81b StPO)

Für Zwecke des Strafverfahrens können erkennungsdienstliche Maßnahmen, wie Fingerabdrucknahme oder Fotografieren, angeordnet werden. Auch diese Maßnahmen sind an enge Voraussetzungen hinsichtlich Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit geknüpft.


Identitätsfeststellung im Zivilrecht

Im Zivilrecht spielt die Identitätsfeststellung insbesondere bei Vertragsschlüssen, Beurkundungen (z.B. Immobilienkauf, notarielle Angelegenheiten) und sonstigen Rechtsgeschäften eine Rolle. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen die Vorlage und Prüfung amtlicher Dokumente durch Notare oder andere mit Urkundsverfahren beauftragte Personen.

Beispielhafte Situationen:

  • Identitätsprüfung vor Beurkundung eines Kaufvertrags
  • Identitätsnachweis gegenüber Banken bei Kontoeröffnung (Geldwäschegesetz)

Digitale Identitätsfeststellung und ihre rechtlichen Rahmenbedingungen

Mit fortschreitender Digitalisierung gewinnen elektronische Identitätsfeststellung und Verfahren wie das „Video-Ident-Verfahren“ an Bedeutung. Diese werden durch Vorschriften wie das Geldwäschegesetz (§ 12 GwG) und die eIDAS-Verordnung geregelt, die europaweite Standards für elektronische Identitätsverfahren schafft. Die Anforderungen an Verlässlichkeit, Sicherheit und Datenschutz sind hierbei besonders hoch.

Zu den anerkannten Verfahren zählen:

  • Video-Ident-Verfahren
  • Online-Ausweisfunktion des Personalausweises (eID)
  • Elektronische Signaturen

Grenzen, Rechtsschutz und Datenschutz

Rechtsschutz gegen Maßnahmen

Gegen Maßnahmen der Identitätsfeststellung steht der betroffenen Person der Verwaltungsrechtsweg offen. Auch im Strafverfahren sind entsprechende Rechtsbehelfe (Beschwerde, Antrag auf gerichtliche Entscheidung) möglich.

Datenschutzrechtliche Vorgaben

Die Identitätsfeststellung ist stets an die datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere an die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), gebunden. Die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung personenbezogener Daten dürfen nur erfolgen, soweit sie für den jeweiligen Zweck erforderlich sind, und müssen angemessen geschützt werden.


Internationale Aspekte und europäische Harmonisierung

Insbesondere im Schengen-Raum gelten bestimmte Vorschriften zur Identitätsfeststellung etwa bei Grenzübertritten (Schengener Grenzkodex). Die wesentlichen Grundsätze zur einheitlichen Feststellung der Identität werden durch EU-Verordnungen und Richtlinien unterstützt, um einen europaweiten Standard zu gewährleisten.


Bedeutung und praktische Relevanz

Die Identitätsfeststellung ist ein alltagsrelevanter, rechtlicher Vorgang mit fundamentaler Bedeutung im behördlichen, polizeilichen, strafrechtlichen und zivilrechtlichen Kontext. Sie ist zentrales Instrument zur Sicherung der Rechtsordnung, zur Gefahrenabwehr, zur Strafverfolgung und zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Strafprozessordnung (StPO)
  • Bundespolizeigesetz (BPolG)
  • Polizei- und Ordnungsrecht der Bundesländer
  • Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
  • Geldwäschegesetz (GwG)
  • eIDAS-Verordnung der EU

Der Begriff Identitätsfeststellung umfasst somit ein breites, gesetzlich umfassend geregeltes Maßnahmenpaket, das dem Schutz der öffentlichen Ordnung und der individuellen Rechte dient.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist die Polizei zur Identitätsfeststellung berechtigt?

Die Polizei ist im deutschen Recht zur Identitätsfeststellung berechtigt, wenn dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nach den Polizeigesetzen der Länder oder nach der Strafprozessordnung (StPO) erforderlich ist. Nach § 163b StPO darf die Polizei im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen die Identität einer Person feststellen, wenn sie einer Straftat verdächtig ist oder wenn dies zur Abwehr von Gefahr oder zur Gefahrenabwehr nach den Polizeigesetzen notwendig ist. Konkrete Anlässe können beispielsweise eine Verkehrskontrolle, Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten oder ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Straftat sein. Die Maßnahmen dürfen jedoch nur erfolgen, wenn sie verhältnismäßig sind, das heißt, sie müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein. Die betroffene Person ist verpflichtet, an der Feststellung der Identität mitzuwirken, indem sie Angaben zu den Personalien macht und geeignete Ausweispapiere vorlegt. Kommt die betroffene Person dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Polizei nach § 163b Abs. 1 Satz 2 StPO erforderliche Maßnahmen ergreifen, etwa das Festhalten der Person oder die Durchsuchung nach Ausweisdokumenten. In bestimmten Situationen, wie zum Beispiel bei der Kontrolle an gefährdeten Orten (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 Bundespolizeigesetz), bestehen auch ohne konkreten Tatverdacht Berechtigungen zur Identitätsfeststellung.

Welche Befugnisse hat die Polizei bei einer Identitätsfeststellung?

Die Polizei hat im Rahmen der Identitätsfeststellung spezielle Befugnisse, die im Einzelnen im Gesetz geregelt sind. Dazu zählt zunächst das Anhalten und Befragen der betroffenen Person, das Verlangen nach Ausweisdokumenten sowie das Festhalten an einem bestimmten Ort für die Dauer der Maßnahme. Nach § 163b StPO sowie den Parallelvorschriften in den Polizeigesetzen der Länder darf die Polizei bei Weigerung der betroffenen Person, die Identität offenzulegen, auch eine Personendurchsuchung zur Auffindung von Ausweispapieren durchführen. Weitergehende Maßnahmen, wie das Erkennungsdienstliche Behandeln (etwa die Abnahme von Fingerabdrücken oder das Anfertigen von Lichtbildern), sind hingegen nur unter weiteren gesetzlichen Voraussetzungen zulässig (§ 81b StPO). Die Feststellung der Identität an sich unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das heißt, die Maßnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zum Grund des polizeilichen Einschreitens stehen. Im Falle eines richterlichen Vorbehalts ist eine richterliche Entscheidung einzuholen, sofern keine Gefahr im Verzug besteht.

Was gilt bei Minderjährigen im Rahmen der Identitätsfeststellung?

Bei Minderjährigen gelten besondere Vorschriften und Schutzmechanismen bei der Identitätsfeststellung. Die Polizei ist auch gegenüber Minderjährigen berechtigt, die Identität festzustellen, beispielsweise wenn diese als Beschuldigte, Verdächtige oder Zeugen einer Straftat infrage kommen oder sich in einer Gefahrensituation befinden. Allerdings ist insbesondere das Jugendgerichtsgesetz (JGG) zu beachten, das besondere Rücksicht auf das Alter und die Entwicklung der betroffenen Person nimmt. Minderjährige dürfen grundsätzlich nur in Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten oder einer zuständigen Aufsichts- oder Pflegeperson polizeilichen Maßnahmen wie erkennungsdienstlichen Maßnahmen unterzogen werden, es sei denn, eine sofortige Maßnahme ist zwingend erforderlich und eine Begleitung nicht rechtzeitig möglich. Zudem darf das Maß der Feststellung und gegebenenfalls das Festhalten an einem Ort nicht länger und intensiver erfolgen als unbedingt notwendig. Die Information der Erziehungsberechtigten ist unverzüglich zu gewährleisten.

Welche Rechte haben Betroffene während der Identitätsfeststellung?

Von einer Identitätsfeststellung betroffene Personen haben verschiedene Rechte, die sich insbesondere aus dem Grundgesetz sowie aus spezialgesetzlichen Regelungen ergeben. Dazu gehört das Recht, über den Anlass und die rechtlichen Grundlagen der Maßnahme informiert zu werden (§ 163a Abs. 4 StPO, § 24 VwVfG i. V. m. Polizeigesetzen). Die Person hat ferner das Recht, eine Vertrauensperson zu benachrichtigen, insbesondere wenn mit einer längeren Freiheitsentziehung zu rechnen ist. Sie kann außerdem verlangen, dass die Maßnahme so schonend wie möglich und unter Wahrung ihrer Würde durchgeführt wird. Überdies können nach § 163b Abs. 2 StPO oder den einschlägigen Polizeigesetzen Rechtsmittel gegen die Maßnahme eingelegt werden, namentlich das nachträgliche Beschwerderechte und Klagewege im Verwaltungsrechtsweg. Wird die Identitätsfeststellung im Rahmen einer Freiheitsentziehung durchgeführt, sind zusätzliche richterliche Anordnungen und unverzügliche richterliche Vorführungen vorgeschrieben (Art. 104 GG).

Darf ich die Identitätsfeststellung verweigern?

Grundsätzlich ist jede Person im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungen dazu angehalten, die Angaben zur eigenen Identität wahrheitsgemäß zu machen und auf Verlangen amtliche Ausweisdokumente vorzuzeigen. Eine Verweigerung der Mitwirkung kann dazu führen, dass die Polizei weitere Zwangsmaßnahmen wie das vorläufige Festhalten oder eine Durchsuchung nach Ausweispapieren durchführt. In bestimmten Situationen, etwa wenn eine Gefahr für die eigene Person oder andere besteht, kann eine Verpflichtung zur Auskunft bestehen. Allerdings steht es jedermann frei, bei der Kontrollsituation die Rechtmäßigkeit der Maßnahme später (gegebenenfalls juristisch) prüfen zu lassen. Eine generelle Weigerung ohne rechtfertigenden Anlass ist jedoch regelmäßig nicht statthaft und kann zu Ordnungs- oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Falschangaben bei der Identitätsfeststellung sind gemäß § 111 und § 164 StGB strafbar.

Wie lange darf eine Identitätsfeststellung dauern?

Die Dauer einer Identitätsfeststellung ist im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu bemessen. Sie darf nur so lange andauern, wie es zur Feststellung der Identität unbedingt erforderlich ist. In der Regel sind dies einige Minuten, solange die betroffene Person ihre Ausweispapiere vorzeigen kann. Muss die Polizei die Person zu einer Dienststelle verbringen, weil die Identität nicht geklärt werden kann, darf auch dies nur für die notwendige Dauer erfolgen. Eine längere Festhaltung oder eine Freiheitsentziehung ist nur zulässig, wenn anderweitig keine Klärung möglich ist und diese zeitnah erfolgt; für ein längeres Festhalten ist eine richterliche Entscheidung einzuholen, soweit keine Gefahr im Verzug gegeben ist (Art. 104 Abs. 2 GG). Unverhältnismäßige Verzögerungen oder ein unbegründet langes Festhalten können zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen und Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung nach sich ziehen.

Welche Dokumente werden bei einer Identitätsfeststellung anerkannt?

Als Nachweise der Identität werden in Deutschland in der Regel der Personalausweis und der Reisepass anerkannt. Auch Aufenthaltsgestattungen, Duldungsbescheinigungen oder andere von Behörden ausgestellte Ausweisdokumente können unter bestimmten Umständen als Identitätsnachweis anerkannt werden. Bei ausländischen Staatsangehörigen sind ebenfalls nationale Ausweisdokumente oder Reisepässe des Herkunftslandes sowie Aufenthaltstitel valid. Studentenausweise, Führerscheine oder Krankenkassenkarten sind hingegen keine amtlichen Dokumente zur Identitätsfeststellung, können aber ergänzend herangezogen werden, falls ein amtlicher Nachweis nicht unmittelbar vorgelegt werden kann. Fehlt ein entsprechender Nachweis, kann die Polizei – im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen – weitere Maßnahmen ergreifen, um die Identität anderweitig festzustellen.