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Identifikationsnummer


Begriff und rechtliche Einordnung der Identifikationsnummer

Die Identifikationsnummer (auch mit IdNr oder steuerliche Identifikationsnummer abgekürzt) bezeichnet im deutschen Recht und in verschiedenen weiteren Rechtsordnungen eine eindeutig einer natürlichen oder juristischen Person zugewiesene Nummer, die der eindeutigen Identifikation in Verwaltungsverfahren dient. Die Vergabe und ausschließliche Verwendung als Ordnungsmerkmal erfolgt hierbei unter Beachtung relevanter datenschutzrechtlicher sowie steuerrechtlicher Vorschriften. Die Identifikationsnummer nimmt im Behördenverkehr und insbesondere im Zusammenhang mit steuerlichen Meldepflichten eine zentrale Rolle ein.


Entwicklung und Zielsetzung

Einführung auf nationaler Ebene

In Deutschland wurde die Identifikationsnummer im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2003 rechtlich verankert (§ 139b Abgabenordnung – AO). Mit ihr wurde das bisherige System der Steuernummern abgelöst, das zuvor auf Landesebene variierte. Die Einführung diente dem Ziel, die Zuordnung von Daten in der Steuerverwaltung bundesweit zu vereinheitlichen und gleichzeitig die Verwaltungsabläufe zu vereinfachen.

Europäische Vorgaben und internationale Vergleiche

Neben nationalen Regelungen existieren im europäischen und internationalen Kontext weitere Identifikationsnummern, wie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) gemäß MwStSystRL oder die US-amerikanische Social Security Number (SSN). Diese Systeme verfolgen den Zweck, sowohl steuerliche als auch sozialversicherungsrechtliche Verfahren eindeutig und rechtssicher abzuwickeln.


Arten und Funktionen der Identifikationsnummer

Steuerliche Identifikationsnummer

Die steuerliche Identifikationsnummer ist ein zentrales Steuermerkmal für natürliche Personen. Sie bleibt – mit wenigen Ausnahmen – lebenslang unverändert und wird bereits für Neugeborene vergeben. Die rechtliche Grundlage findet sich insbesondere in § 139b AO. Die Nummer dient der eindeutigen Zuweisung sämtlicher steuerrelevanter Sachverhalte zu einer Person. Sie wird in nahezu allen Steuerarten und im Datenverkehr zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie der Finanzverwaltung verwendet.

Aufbau und Struktur

Die steuerliche Identifikationsnummer besteht aus elf Ziffern. Die Vergabe erfolgt personenbezogen, die Nummer ist geheimzuhalten und darf Dritten nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen zugänglich gemacht werden.

Verwendungsbereiche

Die IdNr wird unter anderem genutzt:

  • für die Einkommensteuererklärung,
  • im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens,
  • in Melde- und Auskunftsverfahren,
  • bei der Übermittlung von Steuerbescheinigungen,
  • zum Abgleich von Steuerdaten im Rahmen internationaler Auskunftsverfahren.

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Rechtsgrundlage für die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist § 27a Umsatzsteuergesetz (UStG) sowie das europäische Mehrwertsteuerrecht. Die USt-IdNr. wird im Wirtschaftsleben zur eindeutigen Zuordnung von Unternehmern im innereuropäischen Geschäftsverkehr benötigt. Sie ist Voraussetzung für die steuerfreie Lieferung und Dienstleistung innerhalb der Europäischen Union.

Sozialversicherungsnummer

Parallel zur steuerlichen IdNr existiert im Sozialversicherungsrecht die Sozialversicherungsnummer. Sie identifiziert Personen in Verfahren zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung (§ 147 SGB VI).


Datenschutz und rechtliche Schutzmechanismen

Datenschutzrechtliche Bestimmungen

Die Verwendung der Identifikationsnummer ist durch zahlreiche datenschutzrechtliche Vorgaben geschützt. Insbesondere § 139b Abs. 3 AO sowie die Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) regeln die Verarbeitung personenbezogener Daten und die damit verbundenen Rechte der Betroffenen.

Zweckbindung und Verwendungsbeschränkungen

Die Steuer-Identifikationsnummer darf ausschließlich für steuerliche Zwecke verwendet werden. Jede Weitergabe oder Nutzung für andere Zwecke ist rechtlich untersagt und kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Ausnahmen gelten nur, soweit spezialgesetzliche Regelungen dies ausdrücklich vorsehen.


Verwaltung, Vergabe und rechtliche Folgen bei Nichtvorlage

Verwaltungsverfahren

Die Erteilung der Identifikationsnummer erfolgt automatisch durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Die Mitteilung erfolgt postalisch an den Meldewohnsitz. Bei Verlust kann eine erneute Zustellung beantragt werden.

Pflicht zur Angabe

Steuerpflichtige sind gemäß § 139b Abs. 2 AO verpflichtet, die Identifikationsnummer gegenüber der Finanzverwaltung und anderen zur Datenübermittlung verpflichteten Stellen, wie beispielsweise Arbeitgebern oder Banken, anzugeben. Bei Nichtvorlage kann dies zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Steuerangelegenheiten oder zu Datenübermittlungsproblemen führen.

Sanktionen bei Missbrauch

Die unbefugte Verwendung, Weitergabe oder Erhebung der Identifikationsnummer kann gemäß Datenschutz- sowie steuerrechtlichen Bestimmungen als Verstoß eingestuft und mit Bußgeldern sanktioniert werden (§ 355 ff. AO).


Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zur Steuernummer

Während die steuerliche Identifikationsnummer personenbezogen und dauerhaft ist, wird die Steuernummer verfahrensbezogen für bestimmte Sachverhalte vergeben (z. B. Betriebsstätten). Beide Nummern existieren in Deutschland bis zur vollständigen Umstellung parallel.

Abgrenzung zu sonstigen Identifikationsnummern

Neben der steuerlichen Identifikationsnummer existieren in Deutschland weitere Identifikationsnummern, beispielsweise für Personen im Kontext des Sozialversicherungsrechts oder für Unternehmen im Bereich der Umsatzsteuer. Eine Vermischung der Systeme und Nutzung über den jeweiligen Zweck hinaus ist ausgeschlossen.


Internationale Entwicklung und Austausch

Im Zuge der internationalen Kooperation bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche, etwa durch das Common Reporting Standard (CRS) und das Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA), gewinnt die Identifikationsnummer zunehmend an Bedeutung. Staaten tauschen Informationen unter Angabe der jeweiligen Identifikationsnummern aus, um Transparenz und Rechtssicherheit im internationalen Datenverkehr zu gewährleisten.


Rechtliche Literatur und Vorschriften

  • § 139a, § 139b Abgabenordnung (AO)
  • § 27a Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Sozialgesetzbuch VI – Gesetzliche Rentenversicherung
  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
  • Richtlinie 2006/112/EG (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL)

Zusammenfassung

Die Identifikationsnummer ist im deutschen und internationalen Recht ein zentrales Ordnungsmerkmal zur eindeutigen Identifikation von Personen und Unternehmen im steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen und wirtschaftlichen Kontext. Sämtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Nutzung und Verwaltung der Identifikationsnummer unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen, insbesondere zum Datenschutz und zur Zweckbindung, um eine unbefugte Nutzung zu verhindern und die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu sichern. Die fortschreitende Digitalisierung und internationale Verzahnung der Steuerverwaltungen führen zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Identifikationsnummern.

Häufig gestellte Fragen

Was muss ich tun, wenn ich meine Identifikationsnummer verloren habe?

Sollten Sie Ihre Identifikationsnummer (IdNr.) verloren haben, sieht das deutsche Steuerrecht vor, dass Sie diese auf verschiedene rechtliche Weisen neu erfragen können. Die Wiederbeschaffung ist dabei gemäß § 139b Absatz 2 der Abgabenordnung (AO) geregelt. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) stellt als zuständige Behörde ein Online-Formular zur Anforderung der IdNr. zur Verfügung. Rechtlich ist es erforderlich, dass Sie beim Ausfüllen des Formulars korrekte und vollständige personenbezogene Angaben, insbesondere Ihren vollständigen Namen, Geburtsdatum, Adresse und gegebenenfalls frühere Anschriften machen, sodass die Identität zweifelsfrei festgestellt werden kann. Alternativ haben Sie auch das Recht, Ihre IdNr. schriftlich unter Angabe der genannten persönlichen Daten anzufordern. Aus Gründen des Datenschutzes wird die Identifikationsnummer ausschließlich postalisch an die aktuell beim Einwohnermeldeamt hinterlegte Meldeadresse gesendet. Es besteht keine Verpflichtung zur Anzeige des Verlusts bei anderen Behörden. Die mehrfachen Zuweisung oder die unrechtmäßige Beantragung einer weiteren IdNr. ist nach § 139b Absatz 7 AO gesetzlich untersagt.

Welche rechtlichen Pflichten bestehen im Umgang mit der Identifikationsnummer?

Jede in Deutschland steuerpflichtige natürliche Person ist gemäß § 139a AO verpflichtet, die ausgesprochene Identifikationsnummer rechtmäßig zu verwenden, insbesondere zur Erfüllung steuerlicher Erklärungspflichten. Die IdNr. muss in allen steuerlichen Erklärungen und Anträgen, etwa bei der Einkommensteuererklärung oder bei Anträgen auf Kindergeld, angegeben werden. Sie dient außerdem als zentrales Ordnungsmerkmal im Rechtsverkehr mit den Finanzbehörden. Eine Weitergabe der IdNr. an unbefugte Dritte ist aus datenschutzrechtlicher Sicht durch die gesetzlichen Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) untersagt bzw. nur im Rahmen der gesetzlichen Verwendung – etwa durch Arbeitgeber, Banken oder Sozialversicherungsträger – zulässig.

Wann ist die Angabe der Identifikationsnummer gesetzlich vorgeschrieben?

Die Angabe der Identifikationsnummer ist gemäß § 93c AO in zahlreichen rechtlichen Konstellationen zwingend erforderlich. Dies betrifft insbesondere Steuererklärungen, Lohnsteuerabzugsverfahren, Anträge auf Sozialleistungen (bspw. Kindergeld, Elterngeld) sowie die Mitteilung von Kapitalerträgen bei Kreditinstituten an das Finanzamt. Arbeitgeber und andere meldepflichtige Stellen sind verpflichtet, die IdNr. für ihre elektronischen Datenübermittlungen an die Finanzbehörden zu verwenden. Das Fehlen oder das vorsätzliche Verschweigen der IdNr. in entsprechenden Erklärungen kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und führt unter Umständen zur Verzögerung der Bearbeitung sowie zur Aufforderung der Nachreichung durch die Behörde.

Welche rechtlichen Folgen hat eine fehlerhafte oder missbräuchliche Verwendung der Identifikationsnummer?

Die Identifikationsnummer ist ein personenbezogenes Ordnungsmerkmal, das rechtlich geschützt ist. Gemäß § 139b Absatz 7 AO ist eine vorsätzliche Falschangabe, Mehrfachbeantragung oder missbräuchliche Nutzung der IdNr. gesetzlich untersagt. Eine solche Handlung kann als Ordnungswidrigkeit oder sogar als Straftatbestand, beispielsweise als Steuerhinterziehung (§ 370 AO), bewertet werden, sofern sie zu einer Steuerverkürzung oder zu unrechtmäßigen Vorteilen führt. In diesem Fall kann dies zu Bußgeldern oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Zudem können zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Schadensersatz, entstehen, wenn Dritte aufgrund des Missbrauchs der IdNr. geschädigt werden.

Wie lange und aus welchem Grund wird die Identifikationsnummer gespeichert?

Die Identifikationsnummer wird nach § 139b Absatz 3 AO für die gesamte Lebensdauer der jeweils betroffenen Person und über den Tod hinaus für zusätzliche 20 Jahre gespeichert. Rechtliche Grundlage hierfür ist das Ziel dauerhafter eindeutiger Zuordnung steuerlicher Daten und Verwaltungsvorgänge zu einer Person. Nach Ablauf der gesetzlichen Frist werden sowohl die IdNr. als auch die zugeordneten Daten gelöscht. Die Langzeitspeicherung dient insbesondere der Nachvollziehbarkeit steuerlicher Sachverhalte sowie der Vermeidung von Doppel- oder Mehrfachvergabe der Identifikationsnummer, was datenschutzrechtlich ebenfalls relevante Gründe darstellt.

Muss ich Änderungen persönlicher Daten hinsichtlich der Identifikationsnummer melden?

Eine direkte Mitteilung von Änderungen wie Heirat, Namensänderung oder Umzug an das Bundeszentralamt für Steuern ist rechtlich nicht erforderlich. Änderungen der personenbezogenen Daten, die für die Identifikationsnummer relevant sind, werden auf Grundlage von Meldungen, die gemäß § 139a AO von den Meldebehörden fortlaufend an das BZSt übermittelt werden, automatisch aktualisiert. Dies bedeutet, dass Sie Ihrer Meldepflicht nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) gegenüber Ihrer zuständigen Meldebehörde nachkommen müssen, sodass Ihre Daten im IdNr.-System korrekt geführt werden. Lediglich bei Änderungen, die nicht automatisch von den Meldebehörden weitergegeben werden (wie z. B. bestimmte Korrekturen historischer Daten), wäre die Kontaktaufnahme mit dem BZSt empfehlenswert.