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Hospizbehandlung

Begriff und Grundprinzipien der Hospizbehandlung

Hospizbehandlung bezeichnet eine auf die letzte Lebensphase ausgerichtete Form der Versorgung, die Leiden lindert, Lebensqualität fördert und ein würdiges Sterben ermöglicht. Im Mittelpunkt stehen Schmerz- und Symptomkontrolle, psychosoziale und spirituelle Begleitung sowie die Unterstützung von Angehörigen. Ziel ist nicht die Heilung einer Grunderkrankung, sondern die bestmögliche Lebensqualität bis zum Lebensende. Die Behandlung orientiert sich an den Wünschen und Werten der betroffenen Person und respektiert ihre Selbstbestimmung.

Rechtlicher Rahmen

Selbstbestimmung und Einwilligung

Medizinische Maßnahmen in der Hospizbehandlung setzen die wirksame Einwilligung der betroffenen Person voraus. Diese Einwilligung erfordert vorherige Aufklärung über Zweck, Ablauf, Nutzen und Risiken. Behandlungen dürfen abgelehnt werden; dies gilt auch für lebensverlängernde Maßnahmen. Eine Behandlungsbegrenzung oder ein Behandlungsabbruch ist rechtlich zulässig, wenn dies dem aktuellen oder dem zuvor geäußerten Willen entspricht. Aktive Lebensbeendigung gehört nicht zur Hospizbehandlung.

Vertretung, Vorsorge und mutmaßlicher Wille

Ist eine Person nicht einwilligungsfähig, entscheiden bevollmächtigte oder gerichtlich bestellte Vertretungen im Rahmen der erteilten Befugnisse. Eine schriftliche Vorausverfügung kann Behandlungswünsche verbindlich festhalten. Liegen keine ausdrücklichen Festlegungen vor, wird anhand früherer Äußerungen und Wertvorstellungen der mutmaßliche Wille ermittelt. Entscheidungen sind am Wohl der betroffenen Person und an ihrem individuellen Willen auszurichten.

Kinder und Jugendliche

Bei Minderjährigen üben grundsätzlich die Sorgeberechtigten die Gesundheitsentscheidungen aus. Mit zunehmendem Alter und Einsichtsfähigkeit sind Kinder und Jugendliche angemessen zu beteiligen. Ihr Wille ist in die Abwägung einzubeziehen. Besondere Schutzpflichten gelten hinsichtlich Aufklärung, Schmerztherapie, seelsorgerischer Begleitung und Betreuung der Familie.

Leistungsformen und Zugang

Ambulante Hospizdienste

Ambulante Hospizdienste begleiten zu Hause, in Pflegeeinrichtungen oder im Krankenhaus. Sie bieten nicht-medizinische Unterstützung, Gesprächsangebote und Entlastung für Angehörige. Die Begleitung ist auf menschliche Zuwendung und Alltagsnähe ausgerichtet und wird organisatorisch von Fachkräften koordiniert.

Stationäre Hospize und Kinderhospize

Stationäre Hospize nehmen Personen mit begrenzter Lebenserwartung auf, wenn eine spezialisierte ganzheitliche Begleitung erforderlich ist, die im häuslichen Umfeld nicht sichergestellt werden kann. Das interdisziplinäre Team umfasst insbesondere Pflege, Medizin, Sozialarbeit, Seelsorge und Therapieangebote. Kinder- und Jugendhospize adressieren spezielle Bedürfnisse von Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern und bieten häufig auch Entlastungsaufenthalte.

Spezialisierte ambulante Palliativversorgung

Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) ergänzt die Hospizbegleitung mit ärztlicher und pflegerischer Expertise für komplexe Symptome im häuslichen Umfeld. Sie arbeitet eng mit Hausärztinnen und -ärzten, Pflegediensten und Hospizdiensten zusammen.

Zugang und Aufnahmeprozess

Voraussetzungen sind in der Regel eine fortgeschrittene, nicht mehr heilbare Erkrankung, eine begrenzte Lebenserwartung und ein Bedarf an palliativ ausgerichteter Versorgung. Grundlage bilden ärztliche Beurteilungen, vorhandene Vorausverfügungen und eine auf die individuelle Situation abgestimmte Behandlungsplanung. Die Dokumentation umfasst Anamnesen, Einwilligungen, Behandlungsziele und Notfallregelungen.

Finanzierung und Kosten

Die Hospizbehandlung ist als Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung rechtlich verankert. Leistungen stationärer Hospize und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen; bei Pflegebedürftigkeit besteht eine ergänzende Zuständigkeit der Pflegeversicherung. Eigene Zuzahlungen sind bei stationärer Hospizversorgung in der Regel nicht vorgesehen; ein Teil der Finanzierung erfolgt über Zuwendungen der Träger. Private Krankenversicherungen und Beihilfe übernehmen Leistungen entsprechend den vertraglichen Bedingungen. Soziale Sicherungssysteme können bei fehlender Absicherung eintreten.

Behandlungsinhalte und rechtliche Besonderheiten

Schmerztherapie und Symptomkontrolle

Es besteht ein Anspruch auf angemessene Behandlung von Schmerzen und belastenden Symptomen. Die Wahl der Mittel richtet sich nach Fachstandards, Verträglichkeit und geäußerten Präferenzen. Maßnahmen wie palliative Sedierung können zulässig sein, wenn sie zur Linderung therapierefraktärer Symptome erforderlich sind und auf eine entsprechende Einwilligung gestützt werden. Entscheidend sind Dokumentation, Zielklarheit und Verhältnismäßigkeit.

Notfallsituationen und Behandlungsbegrenzung

Vereinbarungen zu Reanimationsstatus, Krankenhauseinweisungen und medikamentösen Notfallplänen sind rechtlich bedeutsam. Eine gültige Ablehnung von Wiederbelebung ist zu respektieren und so zu dokumentieren, dass sie in Akutsituationen auffindbar ist. Liegen keine verwertbaren Festlegungen vor, wird nach den Umständen und dem mutmaßlichen Willen entschieden.

Seelsorge, religiöse und kulturelle Bedürfnisse

Weltanschauliche Neutralität und die Achtung religiöser und kultureller Bedürfnisse sind zu gewährleisten. Hierzu zählt der Zugang zu seelsorgerischen Angeboten, die Berücksichtigung von Ritualen und eine diskriminierungsfreie Versorgung. Das Hausrecht der Einrichtung ist mit den Teilhaberechten der betroffenen Person in Ausgleich zu bringen.

Zwangs- und freiheitsbeschränkende Maßnahmen

Maßnahmen, die die Freiheit beschränken, sind in der Hospizversorgung regelmäßig nicht angezeigt. Kommen sie ausnahmsweise in Betracht, bedürfen sie einer rechtlichen Grundlage, einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung und gegebenenfalls einer vorherigen gerichtlichen Genehmigung. Alternativen sind vorrangig zu prüfen.

Datenschutz, Schweigepflicht und Dokumentation

Gesundheitsdaten unterliegen besonderen Schutzvorgaben. Mitarbeitende sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Einsicht in Behandlungsunterlagen kann von der betroffenen Person oder von berechtigten Vertretungen verlangt werden. Nach dem Versterben kann ein Einsichtsrecht bestehen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und schutzwürdige Belange der verstorbenen Person nicht entgegenstehen.

Rollen, Qualität und Aufsicht

Hospize unterliegen Qualitätsanforderungen und fachlichen Standards. Träger sind zur Sicherstellung von qualifiziertem Personal, Fortbildung, geeigneten Räumlichkeiten und interdisziplinärer Zusammenarbeit verpflichtet. Vertragliche Partnerschaften mit Kostenträgern, interne Qualitätssicherung und externe Prüfungen dienen der Gewährleistung einer fachgerechten Versorgung. Haftungsfragen richten sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Behandlungssorgfalt. Beschwerdewege und Schlichtungsstellen stehen zur Verfügung.

Arbeits- und Sozialrechtliche Bezüge für Angehörige

Angehörige können von arbeitsrechtlichen Möglichkeiten zur kurz- oder längerfristigen Freistellung für die Begleitung am Lebensende Gebrauch machen. Unter bestimmten Voraussetzungen kommen Lohnersatzleistungen und sozialversicherungsrechtliche Absicherungen in Betracht. Hospizbegleitung und Trauerangebote können die Angehörigen zusätzlich entlasten.

Nach dem Versterben

Der Tod wird ärztlich festgestellt und bescheinigt. Die Einrichtung dokumentiert den Verlauf, informiert benannte Kontaktpersonen und wahrt die Pietät. Der Umgang mit persönlichen Gegenständen, Unterlagen und Daten folgt festgelegten Verfahren und Schutzvorgaben. Trauerbegleitung kann angeboten werden; Bestattungs- und Anzeigepflichten richten sich nach öffentlich-rechtlichen Vorgaben.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat Anspruch auf Hospizbehandlung?

Anspruch besteht bei einer fortgeschrittenen, nicht mehr heilbaren Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung und einem Bedarf an palliativ ausgerichteter Versorgung. Entscheidend sind die medizinische Situation und die Erforderlichkeit einer ganzheitlichen Begleitung, die mit allgemeinen Versorgungsformen nicht ausreichend gewährleistet ist.

Welche Dokumente sind rechtlich bedeutsam?

Rechtlich bedeutsam sind insbesondere eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung sowie ärztliche Unterlagen zur Diagnose und Prognose. Notfallregelungen, etwa zur Wiederbelebung, sollten eindeutig dokumentiert vorliegen.

Entstehen bei stationärer Hospizversorgung eigene Zuzahlungen?

Bei stationärer Hospizversorgung fallen in der Regel keine eigenen Zuzahlungen an. Die Finanzierung erfolgt überwiegend über die gesetzlichen Sicherungssysteme und ergänzend über Zuwendungen der Träger. Abweichungen können sich aus individuellen Versicherungsverhältnissen ergeben.

Darf eine Wiederbelebung im Hospiz abgelehnt werden?

Eine wirksame Ablehnung von Wiederbelebungsmaßnahmen ist zu beachten. Sie muss auf einer gültigen Willensäußerung beruhen und so dokumentiert sein, dass sie in Notfällen erkennbar ist. Ohne verwertbare Festlegungen erfolgt die Entscheidung nach dem mutmaßlichen Willen und den Umständen der Akutsituation.

Wie wird über palliative Sedierung entschieden?

Palliative Sedierung kommt bei anders nicht beherrschbaren Symptomen in Betracht. Voraussetzung sind eine klare Zielsetzung der Symptomlinderung, medizinische Indikation, sorgfältige Abwägung und die Einwilligung der betroffenen Person oder einer berechtigten Vertretung. Die Maßnahme und ihre Ziele sind nachvollziehbar zu dokumentieren.

Welche Rechte haben Angehörige?

Angehörige haben keine eigenen Behandlungsrechte, können aber einbezogen werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder eine entsprechende Vertretungsbefugnis besteht. Sie können Unterstützung erhalten, Auskünfte im Rahmen von Schweigepflicht und Datenschutz und gegebenenfalls Trauerbegleitung.

Was gilt für Minderjährige in der Hospizbehandlung?

Bei Minderjährigen entscheiden die Sorgeberechtigten. Mit zunehmender Einsichtsfähigkeit sind Kinder und Jugendliche an Entscheidungen zu beteiligen. Ihr Wille ist zu berücksichtigen, und besondere Schutzanforderungen gelten für Aufklärung, Schmerztherapie und familienorientierte Begleitung.

Wer darf Einsicht in die Hospizakte nehmen?

Die betroffene Person hat ein Einsichtsrecht in ihre Unterlagen. Bevollmächtigte oder gerichtlich bestellte Vertretungen können Einsicht im Rahmen ihrer Befugnisse erhalten. Nach dem Versterben ist Einsicht möglich, wenn ein berechtigtes Interesse besteht und keine überwiegenden schutzwürdigen Belange entgegenstehen.