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Höherer Kommunalverband


Begriff und rechtliche Einordnung des Höheren Kommunalverbands

Der Begriff Höherer Kommunalverband bezeichnet eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die einen Zusammenschluss mehrerer territorialer Gebietskörperschaften, in der Regel Gemeinden oder Landkreise, auf einer übergeordneten Ebene bildet. Höhere Kommunalverbände nehmen Aufgaben wahr, die aus Gründen der Effektivität, Wirtschaftlichkeit oder Notwendigkeit ihres Umfangs und ihrer Bedeutung nicht durch die einzelnen Gebietskörperschaften selbst erfüllt werden können. Sie besitzen in Deutschland insbesondere im Landesrecht ihre rechtliche Grundlage und Variationen in ihrer Ausgestaltung. Höhere Kommunalverbände sind integraler Bestandteil des öffentlichen Verwaltungsaufbaus und der kommunalen Selbstverwaltung.

Rechtsquellen und normative Grundlagen

Die rechtlichen Regelungen zu höheren Kommunalverbänden ergeben sich überwiegend aus den Verfassungen der Länder (Landesverfassungen), den jeweiligen Landesgesetzen über die kommunale Selbstverwaltung (z.B. Kommunalverfassungen, Gemeindeordnungen, Landkreisordnungen) sowie aus spezialgesetzlichen Regelungen, die Einrichtung, Befugnisse und Organisation dieser Verbände betreffen. Auf Bundesebene existiert keine einheitliche Regelung hierzu; die Ausgestaltung variiert entsprechend den föderalen Zuständigkeiten.

Verfassungsrechtliche Einbettung

Viele deutsche Landesverfassungen erkennen die Möglichkeit der Bildung höherer Kommunalverbände ausdrücklich an. Typische Regelungsinhalte sind das Recht der Zusammenschlüsse, die Pflicht zu bestimmten Aufgabenübertragungen sowie die Absicherung kommunaler Selbstverwaltung auch auf der Ebene der höheren Kommunalverbände.

Beispielhaft wird in Art. 28 Abs. 2 GG (Grundgesetz) zwar nicht explizit der höhere Kommunalverband erwähnt, doch ist die kommunale Selbstverwaltung in Bund und Ländern gewährleistet, was auch die Verbandsformen auf überörtlicher Ebene erfasst.

Einfache Gesetze

Die Ausgestaltung und Regelung erfolgt in einfachen Landesgesetzen wie z.B. dem Hessischen Kommunalverbandsrecht, dem Niedersächsischen Gesetz über Kommunalverbände (NKomVG) oder entsprechenden Spezialgesetzen (z.B. Verbandsgemeindegesetze). Diese Gesetze regeln Zusammensetzung, Sitz, Aufgaben, Rechte und Pflichten, Finanzierung und Organisation der höheren Kommunalverbände.

Abgrenzung und Typen höherer Kommunalverbände

Unterscheidung zu anderen Formen kommunaler Zusammenarbeit

Höhere Kommunalverbände sind von anderen Formen der interkommunalen Zusammenarbeit, insbesondere von Gemeindeverbänden und Zweckverbänden, abzugrenzen. Während Zweckverbände regelmäßig zur Erfüllung spezifischer Aufgaben auf freiwilliger Basis gebildet werden, handelt es sich bei höheren Kommunalverbänden in der Regel um auf gesetzlicher Grundlage errichtete Körperschaften mit eigenen, durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben und umfassenden Kompetenzen.

Typische Beispiele und Arten höherer Kommunalverbände

  • Landschaftsverbände (z.B. in Nordrhein-Westfalen: Landschaftsverband Rheinland, Landschaftsverband Westfalen-Lippe)
  • Bezirkstage und Bezirksverbände (z.B. in Bayern die Bezirke als Kommunalverbände besonderer Art)
  • Regionalverbände (z.B. Regionalverband Ruhrgebiet)
  • Kommunalverbände besonderer Art (z.B. Region Hannover, Städteregion Aachen)

Diese Einrichtungen weisen teilweise spezielle Rechtsformen oder Aufgabenprofile auf und unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung, Aufgabenpalette, Finanzierung und Aufsicht.

Aufgaben und Zuständigkeiten

Höhere Kommunalverbände erfüllen Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge, die aus wirtschaftlichen, technischen oder sozialen Gründen einer zentralen Erledigung bedürfen. Ihre Aufgabenbereiche und Kompetenzen sind in den jeweiligen Landesgesetzen festgeschrieben und können insbesondere umfassen:

  • Trägerschaft von Schulen, Krankenhäusern und anderen sozialen Einrichtungen
  • Betrieb von Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens, Psychiatrien
  • Aufgaben der Regionalplanung und Raumordnung
  • Förderung von Kultur, Sport und Wissenschaft
  • Aufgaben im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes
  • Durchsetzung von regionalen Infrastrukturen wie ÖPNV

In bestimmten Fällen werden ihnen auch hoheitliche Aufgaben übertragen, darunter die Wahrnehmung von Aufsichtsfunktionen über untergeordnete Kommunen.

Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben

Die Unterscheidung zwischen Pflichtaufgaben (die vom Gesetzgeber verbindlich zugewiesen werden) und freiwilligen Aufgaben (die nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit übernommen werden können) existiert auch auf der Ebene höherer Kommunalverbände.

Organisation und Organe

Die interne Struktur eines höheren Kommunalverbands ist gesetzlich geregelt. Die wichtigsten Organe sind:

  • Die Verbandsversammlung (oder ein vergleichbares Gremium): Das maßgebliche Beschlussorgan, von den Mitgliedskörperschaften entsandt oder direkt gewählt.
  • Der Verbandsvorstand oder Direktor: Das Geschäftsführungsorgan, oftmals hauptamtlich geführt.
  • Weitere Ausschüsse: Für bestimmte Aufgabenbereiche können Ausschüsse gebildet werden (z.B. Sozial-, Umwelt-, Bauausschüsse).

Die Zusammensetzung und Zuständigkeitsverteilung orientiert sich an demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen.

Rechtsstellung und Aufsicht

Höhere Kommunalverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit und Hoheitsgewalt im Rahmen ihrer übertragenen Angelegenheiten. Sie besitzen Satzungshoheit, Finanzhoheit (eigene Haushaltsführung und Beitrags-/Umlagenerhebung) und Personalhoheit. Die staatliche Aufsicht richtet sich nach den Vorgaben des jeweiligen Landesrechts und stellt sicher, dass die Verbände ihre Aufgaben rechtmäßig und im öffentlichen Interesse erfüllen.

Finanzielle Ausstattung

Die Finanzierung erfolgt durch Umlagen der Mitgliedskörperschaften, Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen sowie staatlichen Zuweisungen. Die Haushaltshoheit ist vielfach an landesgesetzliche Regelungen gebunden, insbesondere bei der Kreditaufnahme und Haushaltswirtschaft.

Bedeutung und Entwicklung

Im Rahmen der fortschreitenden Interkommunalen Zusammenarbeit und der zunehmenden Anforderungen an gebietsübergreifende Aufgaben gewinnt der höhere Kommunalverband an Bedeutung. Insbesondere in Flächenländern mit starken regionalen Strukturen haben sich die höheren Kommunalverbände als effiziente Organisationsebene etabliert, um Synergien zu nutzen, regionale Identität zu stärken und Aufgaben bürgernah zu erfüllen.

Fazit

Der Höhere Kommunalverband stellt eine eigenständige und gesetzlich geregelte Ebene im System der kommunalen Selbstverwaltung dar. Er ermöglicht die Erledigung überörtlicher Aufgaben, bündelt Ressourcen und Kompetenzen mehrerer Gebietskörperschaften und sichert eine demokratisch legitimierte, rechtsstaatliche und wirtschaftliche Verwaltung auf regionaler Ebene. Die konkrete Ausgestaltung und Funktion richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Landesrecht und fortlaufenden Entwicklungen im Bereich der regionalen Governance.

Häufig gestellte Fragen

Wer sind die gesetzlichen Mitglieder eines Höheren Kommunalverbands?

Die gesetzlichen Mitglieder eines Höheren Kommunalverbands – etwa eines Regionalverbands oder Zweckverbands auf Landesebene – werden maßgeblich durch die jeweiligen Kommunalverfassungen oder spezialgesetzliche Regelungen des jeweiligen Bundeslandes bestimmt. In der Regel gehören Städte, Gemeinden, Landkreise sowie kreisfreie Städte als Körperschaften des öffentlichen Rechts zum verbindlichen Mitgliederkreis. Die genaue Beteiligungsstruktur und Eingliederung ist jedoch im jeweiligen Bundesland unterschiedlich geregelt, da das Kommunalrecht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt. Neben den kommunalen Gebietskörperschaften können – je nach landesrechtlicher Ausgestaltung oder Satzung des Verbands – weitere öffentlich-rechtliche Institutionen oder Zweckverbände als Mitglieder fungieren. Die Rechte und Pflichten der Mitglieder, einschließlich der Beiträge, Beteiligungsrechte und Mitwirkungsrechte in Organen, ergeben sich aus dem jeweiligen Gründungsstatut, der Verbandsordnung sowie den landesrechtlichen Vorschriften. Änderungen in der Mitgliederstruktur, etwa durch Gebietsreformen oder freiwilligen Austritt, sind regelmäßig an hohe formale Anforderungen und Mitwirkungsrechte Dritter gebunden.

Welche Zuständigkeiten und Aufgaben übernimmt ein Höherer Kommunalverband rechtlich?

Höhere Kommunalverbände agieren als überörtliche Träger der kommunalen Selbstverwaltung und erhalten ihre Zuständigkeiten entweder durch direktes Gesetz (z.B. Landesrecht), Rechtsverordnungen oder die ihnen von den Mitgliedskommunen übertragenen Aufgaben. Typischerweise handelt es sich dabei um Aufgaben, die wegen ihres Umfangs, ihrer Komplexität oder ihres grenzüberschreitenden Charakters nicht von einer einzelnen Kommune sachgerecht erfüllt werden können. Dazu gehören unter anderem die Regionalplanung, der öffentliche Personennahverkehr, der Schulträgerbereich für Spezialschulen (z.B. Förderschulen), Krankenhausplanung, Abfallwirtschaft und Katastrophenschutz. Die konkreten Aufgaben und Zuständigkeiten sind verbindlich im jeweiligen Landesgesetz sowie in der Verbandssatzung geregelt und unterliegen dabei der Rechtsaufsicht der Landesregierung. In Zweifelsfällen ist die genaue Zuweisung durch Auslegung der einschlägigen Normen und unter Beachtung des Grundsatzes der kommunalen Selbstverwaltung (§ 28 Abs. 2 GG) zu klären.

Wie ist das Verhältnis zur staatlichen Aufsicht geregelt?

Die staatliche Aufsicht über Höhere Kommunalverbände ergibt sich aus den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen und Kommunalverfassungsgesetze. Sie erstreckt sich regelmäßig als Rechtsaufsicht mit dem Zweck, die Gesetzmäßigkeit des Handelns des Kommunalverbands sicherzustellen. Die Fachaufsicht besteht meist nur insoweit, wie Landesrecht ausnahmsweise eine Weisungsabhängigkeit für übertragene oder besondere Pflichtaufgaben vorsieht. Die Aufsichtsfunktion wird praktisch durch fachlich zuständige Landesministerien oder Regierungspräsidien ausgeübt. Umfang und Eingriffsbefugnis orientieren sich dabei an der jeweiligen Aufgabenart: Während bei Pflichtaufgaben die Kontrolle auf die Rechtmäßigkeit beschränkt ist, können bei Weisungsaufgaben weitergehende Regelungsbefugnisse wahrgenommen werden. Eingriffe (z.B. Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse, Ersatzvornahme, Beauftragung eines Beauftragten) bedürfen stets einer gesetz­li­chen Grundlage und einer nachvollziehbaren Begründung unter strikter Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes.

Nach welchem rechtlichen Verfahren werden Organe des Höheren Kommunalverbands besetzt?

Organe eines Höheren Kommunalverbands – etwa die Verbandsversammlung, der Verbandsvorstand oder Ausschüsse – werden nach Maßgabe des Landesrechts und der besonderen Verbandssatzung bestellt. Die Bestellung erfolgt regelmäßig durch Wahl oder Delegation der Mitgliedervertretungen, wobei sowohl die demokratischen Grundsätze der kommunalen Selbstverwaltung als auch das Prinzip der repräsentativen Legitimation zu beachten sind. Die konkreten Modali­tä­ten (z.B. Stimmengewichtung, Amtsdauer, Wahlperiode, Wahlverfahren) stehen im Einklang mit dem landesrechtlichen Organisationsstatut und gewährleisten die Beteiligung aller Mitglieder entsprechend ihrem Stimmenkontingent (häufig orientiert an der Einwohnerzahl). Ausschlussgründe (bspw. Unvereinbarkeiten nach Beamten- oder Kommunalrecht) und die Transparenzanforderungen müssen rechtssicher beachtet werden. Abberufungen, Nachbesetzungen und Nachrückverfahren sind detailliert gesetzlich geregelt und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterworfen.

Welche Bedeutung hat das Kommunalrecht der Länder für die Arbeitsweise des Verbands?

Das Kommunalrecht der Länder bildet die unmittelbare Rechtsgrundlage für alle organisatorischen, finanziellen und administrativen Belange eines Höheren Kommunalverbands. Es legt verbindlich die Rechte und Pflichten der Mitglieder, die Vorgaben für Haushaltsführung, Rechnungsprüfung, Kassenverhältnisse, Entlastungsverfahren bis hin zur Zuständigkeit und Besetzungsstruktur der Verbandsorgane fest. Viele Fragen des täglichen Geschäftsbetriebs, etwa Antragsrechte, Sitzungstermine, Verfahrensabläufe und die Geschäftsordnung der Verbandsversammlung, werden auf Basis des Landesrechts weiter konkretisiert. Bei rechtlichen Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und dem Verband, bei Satzungsänderungen oder auch der Auflösung des Verbands ist in aller Regel die Kommunalaufsicht des Landes einzuschalten, deren Eingriffsmöglichkeiten ebenfalls landesrechtlich ausgestaltet sind.

Wie werden Satzungsänderungen und die Aufgabenübertragung nach Landesrecht durchgeführt?

Die Änderung der Verbandssatzung sowie die Übertragung weiterer Aufgaben auf einen Höheren Kommunalverband erfordert ein formgebundenes Verfahren, wie es das Kommunalrecht vorgibt. Satzungsänderungen bedürfen normalerweise einer qualifizierten Mehrheit in der Verbandsversammlung und der anschließenden Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde (meist Regierungspräsidium oder Landesministerium). Die Aufgabenübertragung erfolgt ebenfalls satzungs- oder gesetzgebunden, häufig durch Beschlüsse der Mitgliedskörperschaften, gegebenenfalls ergänzt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag nach Maßgabe der §§ 28 ff. VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz, sofern auf Landesebene für anwendbar erklärt). Dabei ist insbesondere zu gewährleisten, dass ausreichend Personal, Sachmittel und Finanzierung zur Verfügung gestellt werden, damit der Verband die neuen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann.

Welche rechtlichen Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit bestehen im Rahmen eines Höheren Kommunalverbands?

Ein Höherer Kommunalverband bietet nach dem einschlägigen Kommunalrecht vielfältige rechtliche Instrumente für die interkommunale Zusammenarbeit. Dazu gehören etwa der Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge (§§ 1, 24 ff. VwVfG-Landesrecht), die Einrichtung gemeinsamer Organe, die Nutzung von Einrichtungen und Verwaltungspersonal im Wege der Kooperation (§ 261 BGB analog) bis hin zu Formen der Arbeitsgemeinschaft (§ 44 SGB X i.V.m. Landeskommunalrecht). Die Verbandsorgane können nach Maßgabe der Satzung temporäre oder permanente Arbeitsgemeinschaften bilden, um gemeinsame Projekte zu realisieren, wobei rechtliche Transparenz, Vertragsklarheit und die Regelung von Kostenfolgen sowie Haftungsfragen sicherzustellen sind. Die Befugnis dieser Zusammenarbeit ist jedoch durch die jeweiligen Satzungsregelungen des Verbands und den gesetzlichen Aufgabenkatalog begrenzt; jede Zusammenarbeit erfordert zudem angemessene Beteiligung und Zustimmung aller betroffenen Mitgliedskörperschaften.