Begriff und rechtliche Grundlagen der Hochseefischerei
Die Hochseefischerei bezeichnet den gewerblichen Fischfang auf den Meeren jenseits der Küstengewässer, insbesondere in internationalen Gewässern, außerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) der Küstenstaaten. Dieser Sektor stellt einen bedeutenden Bereich des weltweiten Fischfangs dar und ist umfassend durch internationale sowie nationale Rechtsnormen geregelt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen erstrecken sich von völkerrechtlichen Verträgen bis hin zu spezifischen Verordnungen einzelner Staaten und supranationaler Zusammenschlüsse wie der Europäischen Union.
Völkerrechtliche Grundlagen der Hochseefischerei
Die Seerechtsordnung der Vereinten Nationen (SRÜ/UNCLOS)
Die völkerrechtliche Hauptgrundlage für die Regelung der Hochseefischerei bildet das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS). Nach UNCLOS Art. 87 Abs. 1 lit. e ist die Freiheit der Hochseefischerei einer der Grundpfeiler im internationalen Seerecht. Das Abkommen legt gleichzeitig die Verpflichtung zur Zusammenarbeit beim Schutz und der Bewirtschaftung der lebenden Ressourcen der Hohen See (Art. 118 UNCLOS) fest.
Gemäß UNCLOS ist die Hochsee (High Seas) als Teil der Meere definiert, der nicht zur Ausschließlichen Wirtschaftszone, zum Küstenmeer oder zu Binnenmeeren eines Staates gehört. Auf der Hohen See gilt grundsätzlich das Prinzip der freien Nutzung durch alle Staaten („Freiheit der Hohen See“), wobei der Fischfang jedoch internationalen Vereinbarungen und Konventionen unterliegt.
Multilaterale Fischereiübereinkommen
Einige zentrale multilaterale Verträge regeln die nachhaltige Bewirtschaftung und Erhaltung von Fischbeständen in internationalen Gewässern. Hierzu zählen wesentliche Instrumente wie:
- Das VN-Übereinkommen über wandernde und Bestände überlappender Fischarten (1995): Stellt spezifische Regeln für die Bewirtschaftung und Bewahrung wandernder Hochseefischarten wie Thunfisch auf.
- Das Übereinkommen zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR): Gilt für die Region um die Antarktis.
- Die Food and Agriculture Organization (FAO) Abkommen: FAO-Kodizes und das Übereinkommen zur Einhaltung internationaler Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch auf hoher See fischende Schiffe (FAO Compliance Agreement, 1993).
- Das Übereinkommen über den Schutz von Beständen hochwandernder Thunfischarten.
Diese Verträge verpflichten die Vertragsstaaten zur nachhaltigen und selektiven Fischerei, zum Schutz bedrohter Arten sowie zur Berichterstattung und Kontrolle der Fischfangaktivitäten.
Regionale Fischereiorganisationen (RFMOs)
Die praktische Umsetzung der Hochseefischerei wird überwiegend durch sogenannte Regionale Fischereiorganisationen (Regional Fisheries Management Organizations, RFMOs) gesteuert und überwacht. Beispiele sind die Internationalen Thunfisch-Kommissionen (ICCAT, IOTC), die North East Atlantic Fisheries Commission (NEAFC) oder die Northwest Atlantic Fisheries Organization (NAFO). Diese Organisationen geben Fangquoten, Mindestmaschenweiten, Schonzeiten und weitere spezifische Regelungen vor und führen Überwachungsmaßnahmen durch.
Nationale Umsetzung und Regelungen
Hochseefischerei im deutschen Recht
Im deutschen Recht wird der Begriff der Hochseefischerei insbesondere im Seeaufgabengesetz (SeeAufgG) und im Fischereigesetz (FischG) definiert und geregelt. In Deutschland ist die Hochseefischerei als Fischerei außerhalb des Küstenmeeres, also regelmäßig jenseits der 12-Seemeilen-Zone, zu verstehen.
Lizenzierung und Zulassung
Fahrzeuge, die unter deutscher Flagge auf hoher See fischen, benötigen eine besondere Zulassung, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Kontrollsystems für die Fischereipolitik der EU und nationaler Vorschriften erteilt wird. Die Zulassung ist an strenge Voraussetzungen gebunden, darunter technische Voraussetzungen des Schiffes, Nachweise der Nachhaltigkeit sowie Nachhaltung der gefangenen Mengen.
Europäische Regelungen
Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterliegen zusätzlich den Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der EU. Diese legen gemeinschaftliche Fangquoten, Kontrollen, Meldepflichten und die Voraussetzungen für Fischereilizenzen auf Hoher See fest. Die GFP verfolgt das Ziel nachhaltiger Bewirtschaftung der Fischbestände und Ordnungsrahmen für den Zugang der EU-Flotte zu internationalen Ressourcen.
Die Durchsetzung erfolgt gemeinschaftlich durch EU-Kontrollinstanzen sowie die jeweiligen Behörden der Mitgliedsstaaten, einschließlich der Festlegung und Überwachung der Fangzertifikate, Logbücher und der Rückverfolgbarkeit der Fänge.
Maßnahmen zur Kontrolle und Überwachung
Flaggenstaat-Prinzip
Ein zentrales Kontrollinstrument ist das sogenannte Flaggenstaat-Prinzip. Danach sind die Staaten, unter deren Flagge ein Hochseefischerfahrzeug fährt, für die Einhaltung der internationalen Vorschriften durch dieses Schiff verantwortlich. Die Kontrolle und Ahndung von Verstößen erfolgt primär durch den Flaggenstaat, gestützt durch internationale Kooperationen und Meldepflichten.
Maßnahmen gegen illegale Hochseefischerei
Um gegen illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei (IUU-Fischerei) vorzugehen, haben zahlreiche Staaten und internationale Organisationen Kontrollmechanismen etabliert. Wichtige Maßnahmen umfassen das FAO-Übereinkommen über Hafenstaatmaßnahmen, das Hafenkontrollen und Importbeschränkungen für Fänge aus Hochseefischerei vorsieht, wenn keine Nachweise über legale Fangmethoden vorgelegt werden können.
Technische Überwachung und Nachverfolgbarkeit
Spezielle technische Systeme wie das Konzept der elektronischen Logbücher, Satellitenüberwachung (Vessel Monitoring System, VMS) und Observatorenprogramme dienen der lückenlosen Überwachung und Dokumentation der Fischereitätigkeit auf See.
Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Bewirtschaftung
Ein zentrales Element moderner Regelungskonzepte ist der Umweltschutzaspekt. Die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcen, Begrenzung der Beifänge und der Schutz empfindlicher Ökosysteme werden als verbindliche Ziele internationaler Abkommen und regionaler Organisationen verfolgt. Dies umfasst spezifische Fangverbote, Mindestgrößen für gefangene Fische, Maßnahmen zur Reduktion von Beifang, sowie die Einrichtung von Schutzzonen auf hoher See.
Straf- und Sanktionsmöglichkeiten
Verstöße gegen nationale und internationale Vorschriften der Hochseefischerei können empfindliche Ahndungen nach sich ziehen. Mögliche Sanktionen reichen von Bußgeldern und Entzug der Fischereilizenz bis zu Beschlagnahme der Fanggeräte und zur strafrechtlichen Verfolgung.
Fazit
Die Hochseefischerei ist ein umfassend und komplex regulierter Wirtschaftszweig, dessen rechtliche Grundlagen auf internationalen und nationalen Normen sowie spezialisierten Abkommen und Organisationen fußen. Ziel ist die nachhaltige, umweltschonende Nutzung der lebenden Ressourcen der Hohen See unter der Prämisse gemeinschaftlicher Verantwortung aller beteiligten Staaten. Die Einhaltung und Durchsetzung rechtlicher Vorgaben ist sowohl für den Schutz der marinen Ökosysteme als auch für die Sicherung der rechtmäßigen Ausübung der Hochseefischerei von zentraler Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Schiffe für die Teilnahme an der Hochseefischerei erfüllen?
Um an der Hochseefischerei teilzunehmen, müssen Schiffe eine Vielzahl rechtlicher Voraussetzungen erfüllen, die sowohl durch internationales Recht als auch durch nationale Vorschriften geregelt sind. Zunächst benötigen Schiffe eine gültige Registrierung unter der Flagge eines anerkannten Staates, was in den entsprechenden nationalen Schiffsregistern dokumentiert wird. Diese Registrierung verpflichtet das Schiff zur Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben des Flaggenstaates. Zudem ist die Ausstellung einer speziellen Fanglizenz erforderlich, die von der zuständigen Behörde des Flaggenstaates oder im Rahmen multinationaler Vereinbarungen erteilt wird. Ferner müssen Schiffe den internationalen Sicherheits- und Umweltstandards entsprechen, insbesondere jenen, die durch die International Maritime Organization (IMO), wie beispielsweise das SOLAS-Übereinkommen (International Convention for the Safety of Life at Sea) und das MARPOL-Übereinkommen (International Convention for the Prevention of Pollution from Ships) festgelegt wurden. Darüber hinaus gibt es besondere Ausrüstungsanforderungen, z.B. hinsichtlich der Fischverarbeitung an Bord, sowie die Pflicht zur Installation von Überwachungs- und Meldesystemen (wie VMS – Vessel Monitoring System), um Transparenz und Nachverfolgbarkeit der Fischereitätigkeit zu gewährleisten. Regelmäßige Inspektionen und Zertifizierungen gehören ebenfalls zu den Mindestanforderungen, bevor ein Schiff operativ in der Hochseefischerei tätig werden darf.
Wie erfolgt die rechtliche Regulierung der Fangquoten in der Hochseefischerei?
Die rechtliche Regulierung der Fangquoten richtet sich überwiegend nach internationalen Abkommen und regionalen Fischereiorganisationen (Regional Fisheries Management Organisations, RFMOs). Diese Organisationen koordinieren die nachhaltige Nutzung und den Schutz von Fischbeständen im internationalen Gewässern und legen Quoten für einzelne Arten sowie für die beteiligten Mitgliedsstaaten fest. Die nationale Umsetzung dieser Quoten erfolgt durch innerstaatliche Gesetzgebung und spezifische Zuteilung an einzelne Unternehmen und Schiffe. Verstöße gegen Quotenregelungen werden in aller Regel mit empfindlichen Sanktionen wie Lizenzentzug, Bußgeldern oder Eintragungen ins Schiffsregister geahndet. Die Kontingentierung dient dem Erhalt der Biodiversität sowie dem Schutz vor Überfischung und basiert auf wissenschaftlichen Empfehlungen, die regelmäßig überprüft und angepasst werden.
Welche Gesetze und internationalen Abkommen regeln die Hochseefischerei?
Die Hochseefischerei wird durch verschiedene nationale Gesetze und internationale Abkommen geregelt. Das wichtigste internationale Rechtsinstrument ist das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS), das unter anderem die Rechte und Pflichten der Staaten auf hoher See sowie den Zugang zu Meeresressourcen regelt. Darüber hinaus existieren spezifische Abkommen zur Fischereiregulierung, etwa das UN-Fischbestandsabkommen (UN Fish Stocks Agreement) sowie zahlreiche regionale Abkommen, die im Rahmen von RFMOs geschlossen werden. Auf EU-Ebene ist insbesondere die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) von Bedeutung, die den Rahmen für nachhaltige Fischereitätigkeit legt. Ergänzend dazu gelten zahlreiche bilaterale Fischereiabkommen sowie Schutzabkommen für bestimmte Arten, etwa das Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES).
Welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen zur Dokumentation und Meldung von Fängen?
Fischereifahrzeuge sind verpflichtet, sämtliche Fänge detailliert zu dokumentieren und regelmäßig an die zuständigen Behörden zu melden. Diese Verpflichtung ergibt sich aus nationalen Rechtsvorschriften und internationalen Vereinbarungen, insbesondere im Rahmen der Compliance- und Kontrollsysteme der RFMOs. Die Dokumentation umfasst Arten, Menge, Fanggebiet, Fangmethode sowie Angaben zu Zeit und Ort der Fänge. Moderne Systeme setzten auf elektronische Fangtagebücher (Electronic Reporting Systems, ERS) und verpflichten zur Nutzung von Überwachungssystemen wie dem Vessel Monitoring System (VMS). Verstöße führen zu Sanktionen und im Wiederholungsfall zum Entzug der Fanglizenz, um Transparenz und Rückverfolgbarkeit im Sinne illegaler, unregulierter und undokumentierter (IUU) Fischerei zu verhindern.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Kapitäne und Eigentümer von Hochseefischereifahrzeugen?
Kapitäne und Eigentümer von Hochseefischereifahrzeugen unterliegen vielfältigen Haftungsrisiken bei Verletzung nationaler oder internationaler Vorschriften. Dies betrifft insbesondere Verstöße gegen Fangquoten, Umweltvorschriften und Meldepflichten. Im Schadensfall, etwa durch illegale Entsorgung von Abfällen, Überfischung oder andere umweltrechtliche Vergehen, können neben hohen Bußgeldern und Strafverfahren auch zivilrechtliche Schadensersatzforderungen entstehen. Darüber hinaus können Verluste durch Einziehung von Ausrüstung und Fischereigütern oder durch zeitweiligen Vertrags- und Lizenzentzug drohen. Die persönliche Haftung des Kapitäns erstreckt sich in bestimmten Fällen auch auf strafrechtliche Sanktionen, während Eigentümer als juristische Personen verantwortlich sind und haftbar gemacht werden können.
Welche Rolle spielen Zertifizierungen und Ökolabels im rechtlichen Rahmen der Hochseefischerei?
Zertifizierungen wie das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) oder vergleichbare Ökolabels sind anerkannte Nachweise dafür, dass die eingesetzten Fangmethoden und Bewirtschaftungspraktiken internationalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards entsprechen. Während Zertifizierungen privatwirtschaftlich organisiert sind, werden diese im Rahmen von staatlichen Förder- und Kontrollprogrammen rechtlich gefördert und teilweise als Nachweis für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben verlangt. In bestimmten Märkten sind zertifizierte Fänge Voraussetzung für den Marktzugang. Rechtliche Auswirkungen haben zudem staatliche Anreizsysteme, die beispielsweise Subventionen oder steuerliche Vorteile an den Nachweis von Nachhaltigkeitszertifikaten knüpfen. Fehldeklarationen oder Missbrauch von Ökolabels stehen unter empfindlichen Strafen und können zu Lizenzentzug führen.
Wie werden Verstöße gegen rechtliche Vorschriften der Hochseefischerei geahndet?
Verstöße gegen rechtliche Vorschriften in der Hochseefischerei werden streng sanktioniert. Je nach Schwere des Vergehens reichen die Sanktionen von Verwarnungen und Bußgeldern, über die Beschlagnahme von Schiffsladungen oder Fanggeräten, bis hin zum vollständigen Entzug der Fanglizenz. In schweren Fällen drohen strafrechtliche Verfahren und internationale Ausschlüsse von bestimmten Fanggebieten. Die Kontrolle und Überwachung erfolgt sowohl durch Flaggenstaaten als auch durch internationale Inspektoren im Rahmen der jeweiligen RFMO-Abkommen. Regelmäßige Inspektionen, sowohl auf See als auch im Hafen (Port State Control), und der Einsatz moderner Überwachungstechnologien sichern einen hohen Grad an Rechtsdurchsetzung. Staaten sind verpflichtet, eigene und fremde Schiffe in ihren Häfen auf die Einhaltung der fischereirechtlichen Vorschriften zu überprüfen und bei Verstößen entsprechend zu sanktionieren.