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Hindernisbereiten im Straßenverkehr

Hindernisbereiten im Straßenverkehr: Begriff, Einordnung und Bedeutung

Hindernisbereiten im Straßenverkehr bezeichnet das bewusste Herbeiführen einer Verkehrssituation, in der durch das Schaffen eines Hindernisses der sichere Ablauf des Verkehrs beeinträchtigt wird und dadurch konkrete Gefahren für Personen oder bedeutende Sachwerte entstehen können. Der Begriff ist im Kontext des Verkehrsstrafrechts verortet und schützt die Sicherheit des Straßenverkehrs ebenso wie die körperliche Unversehrtheit von Menschen sowie fremdes Eigentum von erheblichem Wert.

Was als „Hindernis“ gilt

Ein Hindernis ist jede körperliche, äußere Einwirkung auf den Verkehrsraum, die die bestimmungsgemäße Nutzung der Straße erschwert, hemmt oder gefährlicher macht. Typisch sind Gegenstände oder Zustände, die den Verkehrsfluss stören, Risiken erhöhen oder Ausweich- und Bremsmanöver erzwingen. Nicht erfasst ist eine bloß geringfügige Unannehmlichkeit ohne sicherheitsrelevante Auswirkungen.

Geltungsbereich: öffentlicher Straßenverkehr

Maßgeblich ist der öffentliche Straßenverkehr. Öffentlich ist ein Verkehrsraum, wenn er für jedermann oder für eine allgemein bestimmbare Personengruppe tatsächlich zugänglich ist. Dazu zählen regelmäßig Straßen, Wege, Plätze, Gemeindestraßen, Land- und Bundesstraßen, Autobahnen sowie öffentlich zugängliche Parkplätze, Tankstellengelände und private Zufahrten, sofern sie allgemein genutzt werden dürfen.

Tatbestandliche Voraussetzungen

Objektive Seite

  • Schaffen eines Hindernisses: Das Verkehrsgeschehen wird durch einen äußeren Eingriff erschwert oder gefährlicher gemacht.
  • Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit: Der Eingriff eignet sich, die Sicherheit des Verkehrs zu beeinträchtigen, etwa indem geordnete Abläufe gestört werden.
  • Konkrete Gefahr: Es entsteht eine konkrete, individualisierte Gefährdung von Menschen (Leib oder Leben) oder von fremden Sachen von erheblichem wirtschaftlichem Wert. Erforderlich ist eine Situation, in der es beinahe zu einem Schaden gekommen wäre.

Schaffen eines Hindernisses

Erfasst ist das Verursachen einer äußeren Störung des Verkehrsraums. Beispiele sind das Platzieren von Gegenständen auf der Fahrbahn, das Versperren von Fahrstreifen mit Fahrzeugen in zweckfremder Absicht, das Ausbringen von rutschigen oder scharfkantigen Stoffen oder das unbefugte Verstellen von Absperrmaterial. Nicht ausreichend ist regelmäßig ein bloßer Verstoß ohne sicherheitsrelevante Wirkung, etwa kurzes Halten dort, wo es lediglich ordnungswidrig ist, sofern keine konkrete Gefahr eintritt.

Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit

Die Eingriffsqualität muss geeignet sein, die geordnete, sichere Teilnahme am Verkehr zu stören. Das ist der Fall, wenn die Maßnahme typischerweise zu riskanten Situationen führt, etwa zu abrupten Bremsungen, gefährlichen Ausweichmanövern oder Sichtbehinderungen.

Konkrete Gefahr

Erforderlich ist mehr als ein abstraktes Risiko. Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn die Situation so zugespitzt ist, dass der Schadenseintritt nur noch vom Zufall abhängt. Beispiele sind beinahe Kollisionen, Beinahe-Stürze von Zweiradfahrenden oder der knapp vermiedene Aufprall auf ein unerwartetes Hindernis.

Subjektive Seite

In der Regel ist Vorsatz erforderlich, also das Wissen und Wollen des Hindernisbereitens sowie das Sich-Abfinden mit der dadurch begründeten Gefährdung. Bedingter Vorsatz kann ausreichen. In bestimmten Konstellationen kann auch fahrlässiges Verhalten erfasst sein, wenn durch pflichtwidrige Unaufmerksamkeit ein Hindernis entsteht und hierdurch eine konkrete Gefahr verursacht wird.

Täterkreis und verkehrsfremde Einwirkung

Täter kann jede Person sein, auch außerhalb des rollenden Verkehrs. Für Fahrende gilt: Nicht jedes fehlerhafte Fahrmanöver ist Hindernisbereiten. Erforderlich ist ein zweckwidriger, „verkehrsfremder“ Einsatz, bei dem das Fahrzeug nicht mehr als Verkehrsmittel, sondern als Mittel zur Einwirkung auf den Verkehrsablauf genutzt wird. Reines Fehlverhalten innerhalb des allgemeinen Verkehrs (etwa ungeschicktes Bremsen) genügt hierfür in der Regel nicht.

Typische Fallgruppen

  • Aufstellen oder Werfen von Gegenständen auf die Fahrbahn (Steine, Barrikaden, Absperrungen ohne Befugnis).
  • Ausbringen gefährlicher Stoffe (Öl, Split, Nägel), die den Halt beeinträchtigen oder Reifen beschädigen können.
  • Zweckwidriges Blockieren von Fahrstreifen durch Fahrzeuge, um den Verkehrsfluss gezielt zu stören.
  • Unbefugtes Entfernen, Verstellen oder Verdecken verkehrslenkender Einrichtungen, sofern dadurch konkrete Gefahrenlagen entstehen.
  • Einwirken auf in Fahrt befindliche Fahrzeuge, etwa durch plötzliches Öffnen von Türen in den Verkehrsraum oder das Herabziehen beweglicher Absperrungen in den fließenden Verkehr.

Abgrenzung zu anderen Verkehrsverstößen

  • Einfache Behinderung: Das bloße Erschweren ohne Gefährdung (z. B. kurzfristiges Halten in zweiter Reihe ohne Gefahrensituation) fällt regelmäßig in den Bereich von Ordnungswidrigkeiten.
  • Nötigung im Straßenverkehr: Zielt auf die Beeinflussung des Verhaltens anderer (z. B. Ausbremsen, dichtes Drängeln). Hindernisbereiten stellt demgegenüber die Schaffung eines äußeren Risikos für die Verkehrssicherheit in den Vordergrund.
  • Gefährdung durch ungeeigneten Zustand oder falsche Bedienung eines Fahrzeugs: Erfasst typisches Fehlverhalten im Verkehr (z. B. Fahren in übermüdetem Zustand oder mit erheblichen Mängeln), soweit keine verkehrsfremde Einwirkung vorliegt.
  • Fahrlässige Unfallfolgen: Kommt in Betracht, wenn ohne Bewusstsein um die Gefährdung Verkehrspflichten verletzt werden und es hierdurch zu Schäden kommt.

Rechtliche Folgen

Strafrechtliche Einordnung

Hindernisbereiten im Straßenverkehr ist ein Straftatbestand. Je nach Schweregrad kommen Geld- oder Freiheitsstrafen in Betracht. Bei gravierenden Folgen, insbesondere bei schweren Verletzungen oder hohen Sachschäden, sind deutlich strengere Sanktionen möglich. Beteiligungsformen wie Anstiftung oder Unterstützung können ebenfalls erfasst sein.

Fahrerlaubnisrechtliche Konsequenzen

Neben der strafrechtlichen Ahndung kommen fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen in Betracht. Hierzu zählen die Entziehung der Fahrerlaubnis, Sperrfristen für die Neuerteilung, Fahrverbote und Eintragungen im Fahreignungsregister.

Zivilrechtliche Ansprüche

Unabhängig von straf- oder ordnungsrechtlichen Folgen können Geschädigte Ersatzansprüche geltend machen, insbesondere für Sachschäden, Nutzungsausfall, Heilbehandlungskosten und gegebenenfalls Schmerzensgeld.

Besonderheiten des Nachweises

Im Mittelpunkt steht die Feststellung der konkreten Gefahr. Maßgeblich sind die objektiven Umstände der Situation (z. B. Verkehrsaufkommen, Geschwindigkeit, Sichtverhältnisse, Reaktionsmöglichkeiten). Beurteilt wird, ob der Schadenseintritt so nahe lag, dass er nur zufällig ausblieb. Die Frage, ob die Einwirkung verkehrsfremd war, wird nach dem Gesamtbild des Verhaltens beurteilt.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann liegt ein Hindernis im rechtlichen Sinn vor?

Ein rechtliches Hindernis liegt vor, wenn eine äußere Einwirkung die bestimmungsgemäße Nutzung der Straße erschwert oder gefährlicher macht und sich dadurch eine konkrete Gefahr für Personen oder bedeutende Sachwerte realisiert. Reine Unannehmlichkeiten ohne sicherheitsrelevante Zuspitzung genügen nicht.

Reicht eine bloße Behinderung für eine Strafbarkeit aus?

Nein. Erforderlich ist eine konkrete Gefahrensituation. Bloßes Erschweren des Verkehrsablaufs ohne sicherheitsrelevante Zuspitzung fällt regelmäßig unter Ordnungswidrigkeiten.

Ist Absicht erforderlich oder genügt bedingter Vorsatz?

Es genügt in der Regel bedingter Vorsatz, also das Bewusstsein der Gefährlichkeit und das Sich-Abfinden mit dem möglichen Eintritt einer konkreten Gefahr. Eine zielgerichtete Absicht ist nicht zwingend notwendig.

Kann auch fahrlässiges Verhalten erfasst sein?

In bestimmten Konstellationen kann auch fahrlässiges Schaffen eines Hindernisses relevant sein, wenn durch eine Sorgfaltspflichtverletzung eine konkrete Gefahr entsteht. Die Einordnung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wer kann Täter sein?

Grundsätzlich jede Person. Nicht nur Verkehrsteilnehmende, sondern auch Außenstehende kommen in Betracht. Für Fahrzeugführende gilt zusätzlich, dass das Verhalten als zweckwidrige, verkehrsfremde Einwirkung zu qualifizieren sein muss.

Gilt das auch auf Parkplätzen oder privaten Wegen?

Ja, sofern diese Verkehrsflächen faktisch für eine unbestimmte Vielzahl von Personen zugänglich sind. Maßgeblich ist die tatsächliche Öffnung für den allgemeinen Verkehr.

Worin liegt der Unterschied zur Nötigung im Straßenverkehr?

Nötigung zielt primär auf das Erzwingen oder Verhindern eines bestimmten Verhaltens anderer. Beim Hindernisbereiten steht das Schaffen einer äußeren, sicherheitsrelevanten Gefahrenlage im Vordergrund. Beide Konstellationen können sich überschneiden, sind aber rechtlich unterschiedlich ausgerichtet.

Welche Konsequenzen drohen?

Je nach Schwere sind Geld- oder Freiheitsstrafen möglich. Hinzukommen können fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen wie Entziehung der Fahrerlaubnis oder Fahrverbote sowie zivilrechtliche Ersatzansprüche Betroffener.