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Hilfe zur Gesundheit


Begriff und Grundlagen der Hilfe zur Gesundheit

Die Hilfe zur Gesundheit stellt eine zentrale Leistung der Sozialhilfe im deutschen Sozialrecht dar und ist im Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) geregelt. Sie ist Teil der Hilfen in besonderen Lebenslagen (§§ 47 ff. SGB XII) und dient dem Zweck, Menschen mit geringem Einkommen die notwendigen gesundheitsbezogenen Leistungen außerhalb der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zu gewähren. Die Hilfe zur Gesundheit trägt dazu bei, eine medizinische, therapeutische und pflegerische Grundversorgung für Betroffene sicherzustellen, die von einer regulären Krankenversicherung ausgeschlossen sind.

Rechtsgrundlagen der Hilfe zur Gesundheit

Rechtsrahmen im SGB XII

Die rechtliche Grundlage für die Hilfe zur Gesundheit bildet insbesondere das Dritte Kapitel (§§ 47-52 SGB XII). Demnach können Personen, die weder gesetzlich noch privat krankenversichert sind und ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können, einen Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit gegenüber dem Träger der Sozialhilfe geltend machen.

Anwendungsbereich und Voraussetzungen

Die Hilfe zur Gesundheit kommt vorrangig dann in Betracht, wenn keine Krankenversicherungsschutz im Sinne der §§ 5-10 SGB V (gesetzliche Krankenversicherung) oder im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) besteht und auch keine Möglichkeit einer Familienversicherung besteht. Darüber hinaus setzt der Bezug voraus, dass Hilfebedürftigkeit nach § 19 SGB XII vorliegt, das heißt, dass Einkommen und Vermögen bestimmte Freibeträge nicht überschreiten.

Leistungsberechtigte Personen

Zu den Anspruchsberechtigten zählen insbesondere dauerhaft im Inland lebende Personen, die mangels anderweitigen Krankenversicherungsschutzes auf Hilfe zur Gesundheit angewiesen sind. Für ausländische Staatsangehörige bestehen besondere Regelungen, insbesondere für Asylsuchende und Geduldete, deren medizinische Versorgung vorrangig nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erfolgt.

Leistungsumfang der Hilfe zur Gesundheit

Grundsatz der Angemessenheit und Notwendigkeit

Die Leistungen umfassen alle medizinisch notwendigen Maßnahmen zur Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten. Der Umfang orientiert sich grundsätzlich am Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 48 SGB XII in Verbindung mit SGB V). Abgedeckt sind unter anderem:

  • Ärztliche und zahnärztliche Behandlung
  • Lieferung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln
  • Versorgung mit Zahnersatz, Hörhilfen und orthopädischen Hilfsmitteln
  • Maßnahmen zur Früherkennung und zur Verhütung von Krankheiten
  • Stationäre und ambulante Krankenhausbehandlung
  • Schwangerschafts- und Mutterschaftshilfe
  • häusliche Krankenpflege
  • Psychotherapie und medizinische Rehabilitation (in begrenztem Umfang)

Einschränkungen und Besonderheiten

Die Hilfe zur Gesundheit ist nachrangig gegenüber vorrangigen Ansprüchen gegen Krankenhilfeträger und Dritte. Bestehen Unterhaltsansprüche oder Ansprüche auf Leistungen von vorrangigen Sozialleistungsträgern, so sind diese vor der Inanspruchnahme der Hilfe zur Gesundheit geltend zu machen.

Die Leistungen müssen „wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig“ sein. Leistungseinschränkungen bestehen zum Beispiel bei Wahl- und Zusatzleistungen in Krankenhäusern (Chefarztbehandlung, Einzelzimmer etc.).

Verfahren und Durchführung

Antragstellung und Verwaltungsverfahren

Die Hilfe zur Gesundheit ist beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger, in der Regel dem Sozialamt, zu beantragen. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens (§§ 17 ff. SGB I, §§ 60 ff. SGB I) sind alle erforderlichen Nachweise zur Hilfebedürftigkeit sowie zum Nichtbestehen eines Krankenversicherungsschutzes zu erbringen.

Kostenerstattung und Direktabrechnung

Leistungen der Hilfe zur Gesundheit werden entweder als Sachleistung durch direkte Abrechnung der behandelnden Leistungserbringer mit dem Sozialhilfeträger oder in Ausnahmefällen als Geldleistung (Erstattung bereits gezahlter Behandlungskosten) gewährt. Der Sozialhilfeträger kann mit Leistungserbringern Rahmenvereinbarungen nach § 264 SGB V abschließen. In der Praxis wird Betroffenen oftmals eine sogenannte Behandlungskarte analog zur Krankenversicherung ausgestellt.

Besondere Regelungen und Abgrenzungen

Abgrenzung zu Leistungen der Krankenversicherung

Personen mit bestehendem Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung sind von den Leistungen der Hilfe zur Gesundheit ausgeschlossen, es sei denn, die Kosten für medizinische Leistungen werden nachweislich nicht oder nicht vollständig übernommen. In solchen Fällen kommt gegebenenfalls eine ergänzende Hilfe im Sinne einer Beihilfe in Betracht, wobei stets der Nachrang der Sozialhilfe zu wahren ist.

Hilfe für Menschen ohne Papiere (Papierlose)

Ein besonderer Personenkreis sind Menschen ohne Aufenthaltstitel oder Papiere. Grundsätzlich haben auch diese Personen Anspruch auf die Hilfe zur Gesundheit. Die Sozialhilfeträger sind nach § 87 SGB XII gehalten, keine Meldung an Ausländerbehörden zu machen, sofern dies ausschließlich zur Durchsetzung sozialhilferechtlicher Ansprüche erforderlich ist.

Verhältnis zu anderen Sozialleistungen

Die Hilfe zur Gesundheit ist stets nachrangig gegenüber anderen Sozialleistungen, insbesondere gegenüber Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) oder vorrangigen privaten Versicherungsleistungen.

Finanzierung und Kostentragung

Die Finanzierung der Hilfe zur Gesundheit erfolgt über den allgemeinen Steuerhaushalt der Kommunen und Länder. Die Kostentragung obliegt den Sozialhilfeträgern, die hierfür im Haushaltsplan Mittel vorzusehen haben. Die Ausgaben für die Hilfe zur Gesundheit sind transparent und unterliegen der haushaltsrechtlichen Kontrolle.

Rechtschutz und Widerspruchsverfahren

Ergeht eine ablehnende Entscheidung auf einen Antrag auf Hilfe zur Gesundheit, besteht die Möglichkeit, hiergegen Widerspruch gemäß § 85 SGG einzulegen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren kann der Verwaltungsrechtsweg zum Sozialgericht beschritten werden. Im Eilverfahren kann insbesondere bei medizinischer Notlage vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden.

Entwicklung und Reformen

Die Hilfe zur Gesundheit wurde zuletzt mit dem Gesetz zur Koordination der Sozialversicherungssysteme sowie verschiedenen Maßnahmenpaketen zur Stärkung des sozialen Gesundheitsschutzes weiterentwickelt. Ziel ist eine stetige Annäherung an den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung und die Schließung von Versorgungslücken.

Literatur und Quellen

  • Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – Sozialhilfe
  • Gesetzestexte und Verwaltungsvorschriften auf Bundes- und Landesebene
  • Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit zur Auslegung des § 48 SGB XII und angrenzender Vorschriften

Fazit: Die Hilfe zur Gesundheit im Sozialhilferecht ist ein zentraler Baustein zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung von Personen ohne Krankenversicherungsschutz oder mit besonderen Bedarfen. Sie ist klar rechtlich geregelt, nachrangig ausgestaltet und eng mit den gesellschaftlichen Entwicklungen im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens verknüpft.

Häufig gestellte Fragen

Wer hat einen Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit nach SGB XII?

Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit nach den Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) haben grundsätzlich Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt und insbesondere die notwendigen Kosten der Gesundheitspflege nicht aus eigenen Mitteln, insbesondere Einkommen und Vermögen, bestreiten können und keinen (ausreichenden) Anspruch auf Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) oder auf anderweitige Krankenversicherungsleistungen haben. Anspruchsberechtigt sind also vorrangig Personen, die weder gesetzlich noch privat krankenversichert sind oder deren Krankenversicherung nur eingeschränkte Leistungen erbringt. Dazu zählen beispielsweise Obdachlose, Menschen ohne festen Wohnsitz, Ausländer ohne Leistungsanspruch nach dem SGB II oder SGB III sowie einige bestimmte Personengruppen mit besonderen Aufenthaltsstatus. Die Einkommens- und Vermögensprüfung erfolgt nach den Maßgaben der §§ 85 ff. SGB XII, wobei bestimmte Freibeträge zu beachten sind. Der Anspruch umfasst notwendige ärztliche und zahnärztliche Behandlungen, Versorgung mit Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln sowie weitere medizinisch erforderliche Maßnahmen, sofern keine anderweitige Absicherung vorliegt.

Welche Leistungen werden im Rahmen der Hilfe zur Gesundheit erbracht?

Im Rahmen der Hilfe zur Gesundheit nach SGB XII werden Leistungen erbracht, die im Umfang denjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 47 ff. SGB XII i. V. m. SGB V) entsprechen. Dazu gehören die ambulante und stationäre ärztliche Behandlung, zahnärztliche Versorgung, Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Maßnahmen zur Früherkennung und Verhütung von Krankheiten. Auch Leistungen zur Rehabilitation und zur Sicherung der Krankenbehandlung, wie zum Beispiel Krankentransporte, sind umfasst. Ausgeschlossen sind Leistungen, die nicht als medizinisch notwendig gelten oder ausdrücklich von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Die Leistungsgewährung erfolgt nach dem Sachleistungsprinzip, das heißt, die Kosten werden in der Regel direkt mit den Leistungserbringern abgerechnet. Ergänzend besteht ein Anspruch auf Beratung und Unterstützung im Zusammenhang mit den Leistungen zur Gesundheit.

Welche Rolle spielt die Krankenversicherung bei der Hilfe zur Gesundheit?

Die vorrangige Absicherung durch eine Krankenversicherung hat entscheidende Bedeutung im Zusammenhang mit der Hilfe zur Gesundheit. Soweit ein Leistungsberechtigter gesetzlich oder privat krankenversichert ist und diese Versicherung ausreichende Leistungen bietet, besteht kein Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit nach SGB XII. Nur wenn weder eine gesetzliche noch eine private Krankenversicherung besteht – oder die bestehende Versicherung nur unzureichenden Schutz bietet -, kann ein Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit geprüft werden. Zudem ist das Sozialamt verpflichtet, bei nicht krankenversicherten Leistungsberechtigten die nach Maßgabe des § 264 SGB V mögliche Einbeziehung in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung zu prüfen und in die Wege zu leiten. Die Hilfe zur Gesundheit tritt immer nachrangig in Kraft und soll eine anderweitige Krankenversicherung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen oder überbrücken.

Gibt es Zuzahlungen oder Eigenbeteiligungen bei der Hilfe zur Gesundheit?

Auch im Rahmen der Hilfe zur Gesundheit gilt das Prinzip der Eigenbeteiligung vergleichbar mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach § 62 SGB V sind Leistungsberechtigte grundsätzlich verpflichtet, Zuzahlungen zu leisten, beispielsweise für Medikamente, Hilfsmittel oder stationäre Aufenthalte. Allerdings sieht das SGB XII besondere Härteregelungen vor, da Hilfebedürftige durch die Zuzahlungen nicht über Gebühr belastet werden dürfen. Eine Befreiung von Zuzahlungen ist möglich, sofern die jährliche Belastungsgrenze von 2 % des jährlichen Einkommens (bzw. 1 % bei chronisch Kranken) überschritten wird. Das Amt prüft individuell, ob und in welchem Umfang Zuzahlungen zumutbar sind und übernimmt ggf. die entsprechenden Kosten.

Wie erfolgt die Antragstellung auf Hilfe zur Gesundheit und welche Nachweise sind erforderlich?

Die Hilfe zur Gesundheit wird grundsätzlich nur auf Antrag erbracht. Der Antrag ist beim zuständigen Sozialamt (Träger der Sozialhilfe) zu stellen. Zur Antragstellung sind umfangreiche Unterlagen erforderlich: Nachweise über Einkommen und Vermögen, Unterlagen über bestehende oder zurückliegende Krankenversicherungen, Identitätsnachweise sowie ggf. ärztliche Bescheinigungen über die Notwendigkeit bestimmter Behandlungen. Auch Unterlagen zum Aufenthaltsstatus sind bei ausländischen Antragstellern vorzulegen. Das Sozialamt prüft anschließend die Bedürftigkeit, den Umfang der medizinisch erforderlichen Leistungen und ob eine vorrangige Absicherung über eine Krankenversicherung möglich oder geboten ist. Die Leistungsgewährung erfolgt nach positiver Entscheidung meist unverzüglich, insbesondere bei akuten medizinischen Notlagen.

Was ist bei akuten Notfällen zu beachten?

In akuten medizinischen Notfällen, wie etwa bei lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen, ist das Sozialamt verpflichtet, unverzüglich Hilfe zu leisten, auch wenn ein formeller Antrag noch nicht vorliegt. Ärzte und Krankenhäuser sind berechtigt und verpflichtet, dringend notwendige Maßnahmen sofort einzuleiten; die nachträgliche Antragstellung kann dann nachgeholt werden. Dies ergibt sich aus der Fürsorgepflicht der Sozialhilfeträger und dem verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gemäß Artikel 1 GG in Verbindung mit Artikel 20 GG. In solchen Situationen werden die entstandenen Kosten rückwirkend vom Sozialhilfeträger übernommen, sofern die Anspruchsvoraussetzungen nachträglich festgestellt werden können.

Ist Hilfe zur Gesundheit auf bestimmte Zeiträume oder Leistungen begrenzt?

Die Hilfe zur Gesundheit wird nur für die Zeiträume und Leistungen gewährt, für die Bedürftigkeit und Bedarf bestehen. Sie ist nicht pauschal oder unbegrenzt bewilligt, sondern jeweils auf die individuelle Bedarfslage zugeschnitten. Eine erneute Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen findet regelmäßig statt, mindestens aber jährlich oder bei veränderten Lebensumständen, wie z. B. bei Aufnahme einer Krankenversicherung oder Einkommenserhöhung. Auch Leistungen werden stets auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit hin geprüft, eine Übernahme von Kosten für nicht notwendige oder medizinisch nicht anerkannte Maßnahmen ist ausgeschlossen. Die Hilfe endet, sobald die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen, etwa bei Abschluss einer Krankenversicherung oder Wegfall der Bedürftigkeit.