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Hilfe zum Lebensunterhalt

Hilfe zum Lebensunterhalt: Begriff, Zweck und Einordnung

Hilfe zum Lebensunterhalt ist eine Leistung der sozialen Sicherung für Menschen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können und nicht in ein anderes vorrangiges System der Existenzsicherung fallen. Sie dient der Sicherstellung eines menschenwürdigen Mindeststandards, wenn Einkommen und Vermögen nicht ausreichen und keine anderen Leistungen vorrangig zu berücksichtigen sind.

Zweck und Abgrenzung

Die Leistung soll den laufenden Bedarf für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Haushaltsenergie (ohne Heizung), persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, Unterkunft und Heizung decken. Sie ist von der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abzugrenzen. Hilfe zum Lebensunterhalt betrifft regelmäßig Personen, die vorübergehend nicht erwerbsfähig sind oder aus anderen Gründen nicht in die genannten Systeme fallen.

Verhältnis zu anderen Sicherungssystemen

Die Leistung ist nachrangig. Das bedeutet, dass zunächst eigenes Einkommen und Vermögen sowie andere vorrangige Leistungen zu nutzen sind. Hierzu zählen insbesondere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für erwerbsfähige Personen, Leistungen für Ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen, Ausbildungsförderung, Kindergeld, Unterhaltsleistungen sowie Wohngeld. Erst wenn diese nicht greifen oder nicht ausreichen, kommt Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht.

Anspruchsvoraussetzungen

Persönliche Voraussetzungen

Begünstigt sind Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht selbst sichern können und nicht in einem anderen, vorrangigen System leistungsberechtigt sind. Typisch ist eine vorübergehende Nichterwerbsfähigkeit oder eine Situation, in der die Kriterien anderer Systeme nicht erfüllt sind. Kinder können innerhalb eines Haushalts ebenfalls leistungsberechtigt sein, wenn der Haushalt insgesamt nicht durch vorrangige Systeme abgesichert ist.

Bedarf, Einkommen und Vermögen

Voraussetzung ist eine feststellbare Hilfebedürftigkeit. Diese ergibt sich, wenn der festgestellte Bedarf höher ist als das einzusetzende Einkommen und Vermögen. Einkommen sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert; bestimmte Einnahmen bleiben ganz oder teilweise unberücksichtigt. Vermögen ist grundsätzlich einzusetzen, soweit es verwertbar ist; bestimmte Vermögenswerte sind geschont.

Nachrang und Unterhaltspflichten

Die Leistung wird nur gewährt, wenn keine vorrangigen Ansprüche bestehen oder diese den Bedarf nicht decken. Hierzu zählen auch Unterhaltsansprüche gegenüber Verwandten in gerader Linie. In bestimmten Konstellationen sieht das Recht Entlastungen für Angehörige vor. Das Bestehen und die Zumutbarkeit von Unterhaltsleistungen werden im Einzelfall rechtlich geprüft.

Aufenthalt und Zuständigkeit

In der Regel ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland erforderlich. Für Personen, deren Bedarf in anderen Leistungssystemen oder nach besonderen Gesetzen zu decken ist, ist Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen. Zuständig sind örtliche Träger der Sozialhilfe; die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach gesetzlichen Vorgaben zum gewöhnlichen Aufenthalt.

Leistungsumfang

Regelbedarf

Der Regelbedarf umfasst laufende Ausgaben des täglichen Lebens. Er wird pauschaliert festgesetzt und regelmäßig angepasst. Die Höhe hängt unter anderem von der Haushaltskonstellation ab (zum Beispiel Alleinstehende, Partnerschaften, Kinder altersabhängig).

Mehrbedarfe

Zusätzliche Bedarfe können anerkannt werden, wenn ein besonderer Bedarf vorliegt, der typischerweise mit erhöhten Kosten verbunden ist. Hierzu zählen beispielsweise Schwangerschaft, Alleinerziehung, kostenaufwändige Ernährung aus gesundheitlichen Gründen oder besondere Bedarfe bei Behinderungen, soweit diese nicht durch andere Leistungen abgedeckt sind.

Unterkunft und Heizung

Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden in angemessenem Umfang berücksichtigt. Maßstab ist die Angemessenheit in Bezug auf die örtlichen Verhältnisse. Bei Überschreitungen kann eine Prüfung erfolgen, ob eine Kostensenkung rechtlich zumutbar ist.

Einmalige Bedarfe

Einmalige Leistungen kommen in Betracht für Bedarfe, die nicht vom Regelbedarf umfasst sind, beispielsweise Erstausstattungen für die Wohnung oder Bekleidung sowie notwendige Anschaffungen und Reparaturen, soweit gesetzlich vorgesehen.

Bildung und Teilhabe

Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können Bedarfe für Bildung und gesellschaftliche Teilhabe berücksichtigt werden. Hierzu gehören unter anderem Schulausstattung, Schülerbeförderung, Lernförderung, gemeinschaftliche Mittagsverpflegung sowie Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.

Berechnung und Verfahren

Ermittlung des Bedarfs

Der Gesamtbedarf ergibt sich aus Regelbedarf, anerkannten Mehrbedarfen sowie den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Einmalige Bedarfe werden gesondert geprüft.

Berücksichtigung von Einkommen

Auf den Bedarf wird das einzusetzende Einkommen angerechnet. Bestimmte Einnahmen bleiben unberücksichtigt oder werden nur teilweise berücksichtigt, etwa zur Sicherung von Anreizen für Erwerbstätigkeit oder zum Schutz zweckgebundener Leistungen. Einnahmen, die einer anderen Zweckbestimmung dienen, können ganz oder teilweise außen vor bleiben.

Vermögensschutz (Schonvermögen)

Bestimmte Vermögenswerte bleiben geschützt. Dazu zählen insbesondere angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug, Gegenstände zur Berufsausübung sowie ein angemessener Barbetrag oder kleinere Rücklagen. Auch selbstgenutztes Wohneigentum kann unter Voraussetzungen als angemessen geschützt sein. Maßstab ist die Verwertbarkeit und Zumutbarkeit.

Bewilligungszeitraum und Änderungen

Die Leistung wird für einen bestimmten Zeitraum bewilligt und kann fortlaufend angepasst werden. Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen sind mitzuteilen und können zu einer Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der Leistung führen.

Rechte und Pflichten

Mitwirkungspflichten

Leistungsberechtigte müssen an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken. Dazu gehören wahrheitsgemäße Angaben, die Vorlage von Nachweisen sowie die Mitteilung wesentlicher Veränderungen. Unterbleibt die Mitwirkung ohne ausreichenden Grund, kann dies Auswirkungen auf die Leistungsgewährung haben.

Rechtsschutz

Gegen belastende Entscheidungen stehen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Fristen und Formvorschriften sind zu beachten. Eine Überprüfung kann sowohl sachliche als auch verfahrensrechtliche Fragen betreffen.

Rückforderung und Ersatzansprüche

Zu Unrecht erbrachte Leistungen können zurückgefordert werden, etwa bei unrichtigen Angaben oder bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen. Zudem können Erstattungs- oder Ersatzansprüche bestehen, wenn Dritte vorrangig leistungspflichtig sind oder wenn später Einkommen zufließt, das rückwirkend auf den Leistungszeitraum anzurechnen ist.

Besondere Konstellationen

Haushalts- und Familienkonstellationen

In Haushalten mit mehreren Personen wird der Bedarf anteilig ermittelt. Für Kinder gelten altersabhängige Regelbedarfe und besondere Leistungen für Bildung und Teilhabe. Unterhaltsrechtliche Verhältnisse innerhalb der Familie können die Leistungsberechtigung beeinflussen.

Ausbildung und Studium

Wer dem Grunde nach eine vorrangige Ausbildungsförderung erhalten kann, ist regelmäßig von Leistungen zum Lebensunterhalt ausgeschlossen. In atypischen Härtefällen können Ausnahmen vorgesehen sein. Maßgeblich ist die Abgrenzung zum speziellen Ausbildungsförderungsrecht.

Aufenthaltsrechtliche Aspekte

Der Leistungszugang kann von aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen abhängen. Für bestimmte Personengruppen gelten besondere Leistungssysteme. Auch für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger gelten spezielle Vorgaben zur Freizügigkeit und zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Hilfe zum Lebensunterhalt

Wer kann Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten?

Leistungsberechtigt sind Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können und für die keine vorrangigen Systeme der Existenzsicherung zuständig sind. Dies betrifft häufig Menschen, die vorübergehend nicht erwerbsfähig sind, sowie Kinder in entsprechenden Haushalten.

Was umfasst die Leistung inhaltlich?

Die Leistung umfasst den Regelbedarf, anerkannte Mehrbedarfe, angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung sowie nach Maßgabe des Gesetzes bestimmte einmalige Bedarfe. Für Kinder kommen Leistungen für Bildung und Teilhabe hinzu.

Wie wird Einkommen berücksichtigt?

Alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert werden grundsätzlich berücksichtigt. Bestimmte Einnahmen bleiben unberücksichtigt oder werden nur teilweise angerechnet, wenn sie einem anderen Zweck dienen oder um Anreize für Erwerbstätigkeit zu erhalten. Die Anrechnung erfolgt jeweils bedarfsbezogen.

Welche Vermögenswerte sind geschützt?

Geschützt sind insbesondere angemessener Hausrat, Gegenstände zur Berufsausübung, ein angemessenes Kraftfahrzeug sowie ein angemessener Barbetrag oder kleinere Rücklagen. Unter Voraussetzungen kann auch selbstgenutztes Wohneigentum geschützt sein. Entscheidend sind Angemessenheit, Verwertbarkeit und Zumutbarkeit.

Wie lange wird Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt?

Die Leistung wird für die Dauer der Hilfebedürftigkeit gewährt und in festgelegten Zeiträumen bewilligt. Ändern sich die Verhältnisse, kann dies zu einer Anpassung, Verlängerung oder Beendigung führen.

Gibt es einen Anspruch bei Auslandsaufenthalt?

Grundsätzlich ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland maßgeblich. Bei Auslandsaufenthalten gelten besondere Voraussetzungen; regelmäßig besteht dann kein Leistungsanspruch aus der Hilfe zum Lebensunterhalt.

Können Leistungen zurückgefordert werden?

Ja. Zu Unrecht erbrachte Leistungen können zurückverlangt werden, etwa bei unzutreffenden Angaben oder wenn nachträglich anrechenbares Einkommen zufließt. Ebenfalls kommen Erstattungsansprüche gegenüber vorrangig Verpflichteten in Betracht.