Begriff und rechtliche Einordnung des Heilpraktikers
Der Begriff Heilpraktiker bezeichnet in Deutschland Personen, die heilkundliche Tätigkeiten ausüben, ohne dabei approbierte Ärztinnen oder Ärzte zu sein. Heilpraktiker sind einer besonderen rechtlichen Regulierung unterworfen, wobei insbesondere das Heilpraktikergesetz (HeilprG) sowie darauf basierende Verordnungen den rechtlichen Rahmen für die Berufsausübung festlegen. Die Tätigkeit der Heilpraktiker umfasst einen eigenständigen Berufsstand im Gesundheitswesen mit spezifischen rechtlichen Anforderungen, Abgrenzungen und Pflichten.
Gesetzliche Grundlage
Heilpraktikergesetz (HeilprG)
Das Heilpraktikergesetz (Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17. Februar 1939, zuletzt geändert durch Art. 17e G v. 23.12.2016) bildet die zentrale gesetzliche Grundlage für die Ausübung des Heilpraktikerberufs. Wer ohne ärztliche Approbation die Heilkunde ausüben will, bedarf nach § 1 HeilprG einer besonderen behördlichen Erlaubnis. Die Ausübung ohne diese Erlaubnis stellt eine Straftat gemäß § 5 HeilprG dar.
Begriff der Heilkunde
Gemäß § 1 Abs. 2 HeilprG ist unter „Ausübung der Heilkunde“ jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen zu verstehen, auch wenn sie im Dienste von anderen Berufen ausgeübt wird. Ausdrücklich ausgeschlossen ist dabei die Tätigkeit auf dem Gebiet der Geburtshilfe.
Voraussetzungen zur Ausübung des Heilpraktikerberufs
Erlaubnisverfahren
Die Erlaubniserteilung erfordert ein behördliches Prüfungsverfahren durch das zuständige Gesundheitsamt. Heilpraktikeranwärter müssen nachweisen, dass sie über ausreichende Kenntnisse verfügen, um eine eigenständige Berufsausübung zu gewährleisten. Zugleich wird geprüft, ob durch die Berufsausübung eine Gefahr für die Volksgesundheit zu befürchten ist.
Voraussetzungen im Einzelnen
- Mindestalter: Vollendung des 25. Lebensjahres
- Schulabschluss: Hauptschulabschluss oder gleichwertig
- Gesundheitliche Eignung: Nachweis über geistige, körperliche und sittliche Zuverlässigkeit
- Fachliche Eignung: Bestehen der amtsärztlichen Überprüfung, die Kenntnisse im medizinischen Grundwissen, Notfallmedizin, Gesetzeskunde und Grenzen der eigenen Befugnisse umfasst.
Amtsärztliche Überprüfung
Die amtsärztliche Überprüfung ist verpflichtend und besteht aus einer schriftlichen und mündlichen Prüfung. Nur wer die Überprüfung besteht, erhält die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde gemäß HeilprG.
Umfang und Grenzen der Tätigkeit
Abgrenzung zu anderen Gesundheitsberufen
Heilpraktiker sind zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde berechtigt, dürfen aber keine Tätigkeiten ausüben, die ausschließlich approbierten Ärztinnen oder Ärzten vorbehalten sind, etwa die Ausübung der Zahnheilkunde, Geburtshilfe, Verschreibung von verschreibungspflichtigen Medikamenten oder Durchführung bestimmter invasiver medizinischer Maßnahmen (wie Bluttransfusionen).
Eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis
Neben der allgemeinen Erlaubnis existiert für bestimmte Fachrichtungen die eingeschränkte Heilpraktikererlaubnis, etwa für das Gebiet der Psychotherapie. Hierbei ist die Ausübung auf bestimmte Therapierichtungen begrenzt.
Pflichten im Rahmen der Berufsausübung
- Sorgfaltspflicht: Heilpraktiker sind verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit die im jeweiligen Bereich anerkannten Regeln der Heilkunst zu beachten.
- Dokumentationspflicht: Die ordnungsgemäße Dokumentation von Behandlungen ist verpflichtend.
- Aufklärung und Einwilligung: Vor Maßnahmen ist die umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten sowie deren Einwilligung einzuholen.
- Schweigepflicht: Heilpraktiker unterliegen der Schweigepflicht nach § 203 StGB.
Melde- und Anzeigeverpflichtungen
Gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) bestehen für Heilpraktiker spezifische Verpflichtungen zur Meldung bestimmter übertragbarer Krankheiten an das Gesundheitsamt. Zudem ist die Aufnahme der Tätigkeit gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt anzuzeigen.
Haftungs- und Versicherungsfragen
Heilpraktiker haften für Behandlungsfehler im zivilrechtlichen Sinne gemäß den Regelungen über Dienstverträge (§§ 611 ff. BGB) und können für Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist dringend angeraten.
Berufsrechtliche und berufsständische Regelungen
Standesrechtliche Grundsätze
Verschiedene Heilpraktikerverbände haben für ihre Mitglieder Standesregeln erlassen, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen, aber keine allgemein verbindlichen Rechtsnormen darstellen. Diese Standesregeln betreffen insbesondere Werbebeschränkungen, das Auftreten in der Öffentlichkeit und Fortbildungspflichten.
Werbung und Außendarstellung
Die Werbung unterliegt spezialgesetzlichen Beschränkungen, insbesondere durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Irreführende, vergleichende oder anpreisende Werbung ist rechtswidrig.
Heilpraktiker und Heilmittelrecht
Heilpraktiker dürfen in beschränktem Umfang Arzneimittel verschreiben oder herstellen, sofern hierbei keine Verschreibungspflicht gemäß § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) besteht. Lediglich freiverkäufliche oder apothekenpflichtige, nicht jedoch verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen angewendet werden.
Berufsbezeichnung und Schutz
Die Bezeichnung „Heilpraktiker“ ist durch das Heilpraktikergesetz geschützt. Die unbefugte Führung des Titels oder irreführende, mit Verwechslungspotential behaftete Bezeichnungen sind untersagt und stellen eine Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat dar.
Sanktionen und Ordnungsmaßnahmen
Verstöße gegen die Vorgaben des Heilpraktikergesetzes und der einschlägigen Verordnungen stellen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten dar und werden mit Bußgeld, Geld- bzw. Freiheitsstrafe und dem Entzug der Erlaubnis geahndet. Die zuständigen Behörden können zusätzlich Auflagen, Berufseinschränkungen oder die komplette Untersagung der Heilpraktikertätigkeit verfügen.
Europarechtliche und internationale Aspekte
Der Beruf des Heilpraktikers ist ein spezifisch deutsches Rechtskonstrukt. In anderen europäischen Staaten gibt es entweder keine entsprechenden Regelungen oder eine wesentlich restriktivere Vorgehensweise hinsichtlich der selbstständigen Ausübung der Heilkunde durch Laien.
Zusammenfassung
Die Tätigkeit als Heilpraktiker ist in Deutschland durch eine Vielzahl gesetzlicher Normen umfassend reguliert. Das Heilpraktikergesetz, flankiert von Spezialgesetzen wie dem Arzneimittelgesetz, Infektionsschutzgesetz und Heilmittelwerbegesetz, regelt die Voraussetzungen, Ausübung und Grenzen des Berufs. Der Schutz der Patientinnen und Patienten sowie der öffentlichen Gesundheit stehen dabei im Mittelpunkt der Vorschriften. Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung ist an strenge Prüfungs- und Zuverlässigkeitsanforderungen gebunden. Verstöße werden streng sanktioniert und können zu erheblichen berufs- und ordnungsrechtlichen Konsequenzen führen.
Häufig gestellte Fragen
Wer darf in Deutschland die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ führen?
In Deutschland ist die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ geschützt und darf nur von Personen geführt werden, die eine staatliche Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) besitzen. Diese Erlaubnis wird nach erfolgreich bestandener Überprüfung durch das zuständige Gesundheitsamt ausgestellt. Die Überprüfung umfasst neben einem schriftlichen und einem mündlichen Teil auch die Feststellung, ob der Anwärter die für die Ausübung erforderlichen Kenntnisse in medizinischer Diagnostik und Gesetzeskunde besitzt und insbesondere keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt. Die Führung der Berufsbezeichnung ohne entsprechende Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Die Berufsausübung des Heilpraktikers ist im Heilpraktikergesetz und der Durchführungsverordnung geregelt; Ausnahmen gelten für Heilpraktiker/innen mit Erlaubnis zur Ausübung der Psychotherapie.
Welche Tätigkeiten sind einem Heilpraktiker rechtlich untersagt?
Heilpraktiker unterliegen im Rahmen ihrer Berufsausübung verschiedenen rechtlichen Einschränkungen. So ist ihnen insbesondere die Ausübung der Heilkunde in den Bereichen der Geburtshilfe (außer in unterstützender Funktion) und bestimmter Bereiche der Zahnheilkunde untersagt. Darüber hinaus dürfen Heilpraktiker keine verschreibungspflichtigen Medikamente verordnen und keine Berufsbezeichnung führen, die mit einem approbierten Mediziner verwechselt werden kann. Bestimmte invasive Maßnahmen, wie beispielsweise Operationen, sind Heilpraktikern rechtlich untersagt. Ebenfalls ist die Ausübung der Heilkunde bei meldepflichtigen Infektionskrankheiten gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) ausgeschlossen. Auch dürfen sie keine Leichenschau vornehmen oder Totenscheine ausstellen.
Welche gesetzlichen Prüfungen muss ein Heilpraktiker ablegen?
Die Voraussetzung für die Berufsausübung als Heilpraktiker ist das Bestehen der sogenannten Heilpraktikerüberprüfung durch das zuständige Gesundheitsamt. Diese Überprüfung besteht aus einem schriftlichen Teil, der in der Regel multiple-choice abgehalten wird, und einem mündlich-praktischen Teil. Im schriftlichen Teil werden insbesondere Kenntnisse in Diagnostik, Krankheitslehre, Rechtsgrundlagen, Seuchenrecht und Notfallmaßnahmen geprüft. Im mündlichen Teil erfolgt die Überprüfung der praktischen Fähigkeiten, des rechtlichen Wissens und der Einschätzung der eigenen Befugnisse beziehungsweise deren Grenzen. Erst nach erfolgreichem Bestehen beider Prüfungsabschnitte wird die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ erteilt.
Welche rechtlichen Pflichten haben Heilpraktiker gegenüber Patienten?
Heilpraktiker unterliegen umfangreichen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber ihren Patienten. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihre Patienten über Diagnose, Therapie und mögliche Risiken der Behandlung verständlich aufzuklären (§ 630e BGB). Zudem besteht eine umfangreiche Dokumentationspflicht über sämtliche durchgeführten Behandlungen, Diagnosen und Therapien, um im Streitfall die ordnungsgemäße Behandlung nachweisen zu können. Die Schweigepflicht (§ 203 StGB) bindet Heilpraktiker ebenfalls, sie dürfen gesundheitsbezogene Daten ihrer Patienten nicht unbefugt weitergeben. Weiterhin sind Heilpraktiker verpflichtet, sich an das Infektionsschutzgesetz zu halten und meldepflichtige Krankheiten den zuständigen Behörden anzuzeigen.
Welche Werberegeln gelten für Heilpraktiker gemäß Heilmittelwerbegesetz?
Heilpraktiker unterliegen dem Heilmittelwerbegesetz (HWG), das die Werbung für medizinische Behandlungen und Heilversprechen streng reglementiert. Nach dem HWG ist es unzulässig, mit der Heilung oder Linderung bestimmter Krankheiten zu werben, insbesondere wenn ein gesicherter wissenschaftlicher Nachweis fehlt. Irreführende Angaben über den Behandlungserfolg, Garantien oder die Anpreisung nicht vorhandener Zulassungen sind ebenso untersagt. Werbung darf keine Angst erzeugen oder exploitative Methoden nutzen. Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz können mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden. Darüber hinaus bestehen besondere Vorgaben für Werbemaßnahmen in Printmedien, Internet und auf Praxisschildern.
Sind Heilpraktiker zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet?
Zwar besteht in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung für Heilpraktiker, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, jedoch wird dringend empfohlen, eine solche Versicherung abzuschließen, um sich gegen Schadensersatzansprüche infolge von Behandlungsfehlern abzusichern. Viele Gesundheitsämter verlangen im Rahmen der Antragsstellung zur Heilpraktikererlaubnis bereits einen Nachweis über eine bestehende Berufshaftpflichtversicherung. Ein fehlender Versicherungsschutz kann nicht nur existenzbedrohende finanzielle Folgen für den Heilpraktiker haben, sondern kann in Einzelfällen auch zur Untersagung der Berufsausübung führen.
Welche Meldepflichten haben Heilpraktiker im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)?
Heilpraktiker sind gemäß Infektionsschutzgesetz § 8 und § 9 verpflichtet, bestimmte meldepflichtige Erkrankungen, die sie bei ihren Patienten diagnostizieren, umgehend an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Dazu zählen beispielsweise bakterielle Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, aber auch virale Erkrankungen wie Masern oder COVID-19. Die Nichteinhaltung dieser Meldepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit und in schweren Fällen sogar eine Straftat dar. Die konkreten meldepflichtigen Krankheiten sind in der Anlage zum Infektionsschutzgesetz explizit aufgeführt. Zusätzlich müssen Heilpraktiker beachten, dass sie die Behandlung solcher Erkrankungen entweder ganz unterlassen oder die Patienten vorab auf die Meldepflicht und mögliche Konsequenzen hinweisen.