Legal Lexikon

Heilkunde


Begriff und Definition der Heilkunde

Heilkunde ist ein zentraler, inhaltlich und rechtlich vielschichtiger Begriff im deutschen Gesundheitsrecht. Sie bezeichnet jede Tätigkeit, die auf die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen gerichtet ist (§ 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz). Von zentraler Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen berufsmäßiger und nicht-berufsmäßiger Ausübung sowie die Abgrenzung zur Ausübung ohne entsprechende Erlaubnis.

Rechtliche Grundlagen der Heilkunde in Deutschland

Das Heilpraktikergesetz (HeilprG)

Das am 17. Februar 1939 erlassene Heilpraktikergesetz schafft den rechtlichen Rahmen für die Ausübung der Heilkunde durch Personen, die nicht zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt sind. Das Heilpraktikergesetz regelt im Wesentlichen:

  • Wer Heilkunde ausüben darf
  • Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis
  • Die Grenzen der Ausübung von Heilkunde durch Heilpraktiker

Die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ist grundsätzlich approbierten Ärztinnen und Ärzten sowie Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern vorbehalten. Anderen Personen ist die Ausübung der Heilkunde ohne behördliche Erlaubnis verboten.

Abgrenzung zur ärztlichen Heilkunde

Heilkunde darf in Deutschland grundsätzlich nur von approbierten Ärzten sowie Heilpraktikern ausgeübt werden; Ausnahmen sind gesetzlich normiert, beispielsweise für Notfälle oder Erste-Hilfe-Leistungen. Die ärztliche Approbation berechtigt zur uneingeschränkten Ausübung der Heilkunde. Heilpraktiker dürfen Heilkunde nur im Rahmen ihrer Zulassung und unter Beachtung bestehender rechtlicher Beschränkungen (zum Beispiel Tätigkeitsverbote in bestimmten Bereichen wie Geburtshilfe oder Zahnmedizin) ausüben.

Zahn- und Psychotherapie-Gesetze

Weitere Berufsgruppen, wie Zahnärzte oder Psychologische Psychotherapeuten, üben Heilkunde im Rahmen ihrer jeweiligen Berufsgesetze aus. Diese Tätigkeiten erfordern jeweils eine eigenständige Approbation und unterliegen speziellen Regelungen, etwa nach dem Zahnheilkundegesetz oder Psychotherapeutengesetz.

Begriffliche und inhaltliche Abgrenzung

Heilkunde versus Heilerziehung und Wellness

Nicht unter den Begriff der Heilkunde fällt jede Maßnahme oder Tätigkeit, die nicht auf die Diagnostik, Therapie oder Prävention von Krankheiten zielt, wie etwa Wellness- oder Lifestyle-Angebote. Die Abgrenzung kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten, insbesondere wenn Tätigkeiten mit gesundheitsbezogenen Versprechen werben.

Ärztliche und nichtärztliche Heilkundeausübung

Das Recht unterscheidet streng zwischen ärztlicher Heilkunde (Approbation erforderlich) und nichtärztlicher Heilkunde (Heilpraktikererlaubnis erforderlich). Die unbefugte Ausübung kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (§ 5 Heilpraktikergesetz, §§ 223 ff. Strafgesetzbuch).

Erlaubnisverfahren und rechtliche Voraussetzungen

Voraussetzungen zur Erlaubniserteilung

Für die Ausübung der Heilkunde durch Heilpraktiker ist eine behördliche Erlaubnis erforderlich, die nach Bestehen einer Überprüfung durch das Gesundheitsamt erteilt wird. Hierbei wird insbesondere geprüft, ob durch die Tätigkeit eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder einzelner Patienten zu befürchten ist.

Zu den Voraussetzung zählen regelmäßig:

  • Persönliche Zuverlässigkeit und sittliche Eignung
  • Nachweis über die notwendige gesundheitliche Eignung
  • Nachweis ausreichender Kenntnisse über die Grenzen der eigenverantwortlichen Heilkundeausübung

Berufs- und Tätigkeitsverbote

Besonders geregelt sind Berufs- und Tätigkeitsverbote. Bestimmte ärztliche Tätigkeiten, insbesondere chirurgische Eingriffe, Geburtshilfe oder Tätigkeiten im Bereich der Zahnmedizin, sind Heilpraktikern grundsätzlich untersagt (§ 24, § 25 Heilpraktiker-Durchführungsverordnung).

Sanktionen bei Verstößen

Die Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit, in schweren Fällen eine Straftat, dar. Die Konsequenzen können von Bußgeldern bis zu Freiheitsstrafen reichen (§ 5 HeilprG).

Heilkunde im Kontext des europäischen Rechts

Die Ausübung der Heilkunde unterliegt neben dem deutschen Recht auch europarechtlichen Einflüssen, insbesondere hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union. Anerkennung und Ausübung ärztlicher Heilberufe durch ausländische Staatsangehörige werden durch die Richtlinien 2005/36/EG und 2013/55/EU geregelt, die den Mitgliedstaaten Mindeststandards für die gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen vorgeben.

Abgrenzung und Besonderheiten einzelner Heilberufe

Traditionelle, alternative und komplementäre Heilmethoden

Methoden wie Homöopathie, Akupunktur oder Traditionelle Chinesische Medizin werden unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen ausgeübt. Die Heilkundeausübung auf diesen Gebieten unterliegt den gleichen gesetzlichen Einschränkungen wie schulmedizinische Methoden und darf ohne Erlaubnis weder von Laien noch von Personen ohne Approbation durchgeführt werden.

Heilhilfsberufe

Berufe wie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden üben keine Heilkunde im Rechtssinn aus, da sie auf ärztliche Anordnung tätig werden. Ihre Handlungen dürfen sie nicht eigenverantwortlich zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten vornehmen.

Bedeutung für die Patientenrechte und Haftung

Aufklärung und Einwilligung

Heilkundliche Tätigkeiten erfordern grundsätzlich die vorherige Einwilligung der behandelten Person nach umfassender Aufklärung über Art, Umfang und Risiken des Eingriffs. Die Einwilligung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Behandlung.

Haftung und Schadensersatz

Bei fehlerhafter Ausübung von Heilkunde (Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler) haften sowohl Ärzte als auch Heilpraktiker für entstandene Schäden aus dem Behandlungsverhältnis. Die zivilrechtlichen Regelungen finden sich vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere im Patientenrechtegesetz.

Zukunft der Heilkunde und aktuelle Entwicklungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Heilkunde werden fortlaufend an medizinische, technische und gesellschaftliche Entwicklungen angepasst. Dazu zählen unter anderem die Digitalisierung im Gesundheitswesen (Telemedizin, Fernbehandlung) und die fortschreitende europäische Harmonisierung der Berufszulassungen. Weitere Herausforderungen entstehen aus dem Spannungsfeld zwischen Patientenschutz und Therapiefreiheit.


Quellen:

  • Heilpraktikergesetz (HeilprG)
  • Heilerlaubnis-Verordnung (HeilprGDV 1)
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Strafgesetzbuch (StGB)
  • Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen
  • Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG)
  • Psychotherapeutengesetz (PsychThG)

Häufig gestellte Fragen

Wer darf in Deutschland Heilkunde ausüben?

Grundsätzlich ist die Ausübung der Heilkunde in Deutschland durch das Heilpraktikergesetz (HeilprG) streng reglementiert und bleibt grundsätzlich approbierten Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Alternativ ist es möglich, als Heilpraktiker/in tätig zu werden, wenn eine Erlaubnis nach dem HeilprG erteilt wurde. Die Heilkundetätigkeit ohne entsprechende Approbation oder Heilpraktikererlaubnis ist nach § 5 HeilprG eine Straftat. Ausgenommen sind bestimmte Fachberufe, die im Rahmen eines eigenen Berufsgesetzes heilkundliche Tätigkeiten in eingeschränktem Umfang ausüben dürfen (z. B. Psychotherapeuten, Physiotherapeuten mit sektoraler Heilpraktikererlaubnis). Eine Tätigkeit im Bereich der Heilkunde, etwa die Behandlung, Diagnose oder Prävention von Krankheiten, darf nur mit ausdrücklicher behördlicher Erlaubnis bzw. Approbation erfolgen. Verstöße werden mit empfindlichen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen geahndet.

Was ist der Unterschied zwischen approbierten Ärzten und Heilpraktikern in rechtlicher Hinsicht?

Aus rechtlicher Sicht besteht der Hauptunterschied darin, dass approbierte Ärztinnen und Ärzte ein reguläres Medizinstudium mit anschließendem Staatsexamen und Approbation abgeschlossen haben. Sie unterliegen einem besonderen Berufsrecht, den Vorgaben der jeweiligen Landesärztekammern sowie weiteren spezialgesetzlichen Regelungen (z. B. Musterberufsordnung, Landesheilberufsgesetze). Heilpraktiker/innen hingegen erlangen ihre Erlaubnis durch eine behördliche Prüfung nach den Vorgaben des Heilpraktikergesetzes und der Durchführungsverordnung. Ihre Berufsausübung ist inhaltlich weniger reguliert, jedoch dürfen sie keine geschützten ärztlichen Tätigkeiten (z. B. Geburtshilfe, Verschreiben verschreibungspflichtiger Medikamente) ausüben. Die Abgrenzung der Tätigkeitsfelder ist klar geregelt; Heilpraktiker haben beispielsweise keine Kassenzulassung.

Welche heilkundlichen Tätigkeiten sind Heilpraktikern rechtlich verboten?

Heilpraktikern ist es per Gesetz untersagt, heilkundliche Tätigkeiten auszuüben, die Ärzten vorbehalten sind. Dazu zählen unter anderem das Ausstellen von Totenscheinen, das Praktizieren der Zahnheilkunde (ohne zusätzliche, spezielle Erlaubnis), geburtshilfliche Eingriffe und das Verschreiben verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Sie dürfen außerdem keine meldepflichtigen Infektionskrankheiten eigenständig behandeln oder impfen. Darüber hinaus sind invasive Eingriffe, insbesondere bei minderjährigen Patienten, stark reglementiert. Verstöße gegen diese Verbote werden als unerlaubte Ausübung der Heilkunde gewertet und strafrechtlich verfolgt.

Wie ist Werbung für heilkundliche Leistungen rechtlich geregelt?

Heilkundliche Werbung unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Irreführende, übertriebene oder nicht wissenschaftlich belegbare Aussagen sind untersagt. Dies betrifft insbesondere Heilanpreisungen, Erfolgsgarantien sowie die Bewerbung von Methoden und Therapien, deren Wirksamkeit nicht hinreichend gesichert ist. Auch darf zum Beispiel die Werbung mit Empfehlungen von Patientinnen nur im erlaubten Rahmen erfolgen. Ärztinnen und Ärzte sowie Heilpraktiker müssen ferner berufsrechtliche Vorschriften ihrer jeweiligen Kammern bzw. Berufsverbände beachten.

Wann liegt ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz vor?

Ein Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz liegt vor, wenn jemand ohne entsprechende Approbation oder Heilpraktikererlaubnis heilkundliche Tätigkeiten ausübt. Dazu zählt jede Berufs- oder gewerbsmäßige Ausübung der Heilkunde, auch wenn sie im Freundes- oder Bekanntenkreis gegen Geld vorgenommen wird. Ebenso werden Überschreitungen der berufsrechtlichen Grenzen, etwa durch nicht erlaubte invasive Maßnahmen oder das Ausstellen von Attesten, als Verstöße gewertet. Die Strafandrohung reicht von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr.

Welche Pflichten bestehen im Hinblick auf die Dokumentation der heilkundlichen Tätigkeit?

Sowohl approbierte Ärztinnen als auch Heilpraktiker*innen sind zur ordnungsgemäßen Dokumentation ihrer Behandlungsmaßnahmen verpflichtet. Für Ärzte ergeben sich diese Pflichten aus der Berufsordnung sowie dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 630f. Heilpraktiker sind nach § 630f BGB ebenfalls zur Dokumentation aller relevanten Behandlungsschritte, Diagnosen und Therapien verpflichtet, auch um im Falle etwaiger Haftungs- oder Strafverfahren die ordnungsgemäße Berufsausübung nachweisen zu können. Dokumentationen müssen mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden, es bestehen darüber hinaus Datenschutzvorgaben gemäß DSGVO.

Inwieweit haftet ein Heilkundiger für Behandlungsfehler aus rechtlicher Sicht?

Heilberufler haften grundsätzlich zivilrechtlich auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen oder Behandlungsfehler begehen (§§ 823 ff. BGB). Ein grober Fehler kann außerdem eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen (z. B. wegen Körperverletzung im Zusammenhang mit einer Behandlung ohne wirksame Einwilligung). Zudem drohen berufsrechtliche Konsequenzen, beispielsweise berufsgerichtliche Maßnahmen oder der Verlust der Zulassung/Erlaubnis. Der Nachweis über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten liegt häufig beim Heilkundigen – insbesondere, wenn die Dokumentation nicht ordnungsgemäß geführt wurde. Eine Berufshaftpflichtversicherung ist daher dringend empfohlen und teils berufsrechtlich vorgeschrieben.