Begriff und rechtliche Bedeutung der Hege
Die Hege ist ein zentrales Element des Jagdrechts in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie beschreibt alle Maßnahmen, die zum Schutz, zur Pflege und zur nachhaltigen Nutzung des Wildbestandes und seines Lebensraumes ergriffen werden. Insbesondere ist die Hege darauf ausgerichtet, einen artenreichen und gesunden Wildstand unter Berücksichtigung der Belange naturnaher Lebensräume, des Naturhaushaltes sowie der Land- und Forstwirtschaft zu gewährleisten. Die rechtlichen Grundlagen und Anforderungen an die Hege sind im jeweiligen nationalen Jagdrecht gesetzlich normiert und bilden einen Kernbereich der gesetzlichen Pflichten jeder jagdausübungsberechtigten Person.
Gesetzliche Grundlagen der Hege
Deutschland
Die Hegeverpflichtung ist vor allem in § 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) und den jeweiligen Landesjagdgesetzen geregelt. Ziel der Hege gemäß BJagdG ist die „Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege deren Lebensgrundlagen“. Das Gesetz betont zudem, dass die Hege nicht zu einer Gefährdung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft führen darf.
Österreich
Im österreichischen Jagdrecht, insbesondere im Bundesgesetz über den Schutz des Wildes und die Regelung der Jagd (Jagdgesetz), findet sich eine vergleichbare Verpflichtung, artenreiche und gesunde Wildbestände zu erhalten sowie Wildschäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen zu verhindern. Die einzelnen Bedingungen und Pflichten unterscheiden sich in den jeweiligen Landesgesetzen.
Schweiz
Das Schweizer Jagdgesetz (JSG) verpflichtet ebenfalls zur Hege und fordert, dass Wildbestände in Arten und Zahl reguliert werden, sodass die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten bleiben und Schäden in Land- und Forstwirtschaft vermieden werden.
Praktische Ausgestaltung und Hegepflichten
Maßnahmen der Hege
Die Hegeverpflichtung umfasst eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, darunter:
- Biotoppflege: Erhalt und Verbesserung der Lebensräume durch Anlegen und Pflegen von Feldgehölzen, Hecken, Streuobstwiesen und Gewässern.
- Wildfütterung: Nur zulässig, wenn nötig, insbesondere bei außergewöhnlichen Witterungsbedingungen sowie zur Vermeidung erheblicher Wildschäden.
- Bestandsregulierung: Abschussplanung und nachhaltige Nutzung des Wildbestands gemäß behördlichen Abschussplänen.
- Seuchenvorbeugung: Überwachung und ggf. Bekämpfung von Wildkrankheiten durch Kontrolle und ggf. Entnahme von erkranktem Wild.
Wildschutz und Naturschutz
Die Hege umfasst auch Maßnahmen des Wildschutzes, wie die Verhinderung von Wilderei, die Sicherung von Rückzugsgebieten und die Reduktion von Störungen. Auch im Kontext des Naturschutzrechts sind Maßnahmen zur Förderung des Artenschutzes, insbesondere gefährdeter Wildarten, bedeutsam.
Pflichten und Verantwortlichkeiten im Rahmen der Hege
Jagdausübungsberechtigte und Revierinhaber
Die Hegepflicht trifft in erster Linie die jagdausübungsberechtigten Personen, oftmals auch Revierinhaber oder Pächter. Sie sind verpflichtet, die gesetzlichen Vorgaben zur Hege im jeweiligen Jagdrevier umzusetzen. Verstöße gegen diese Verpflichtungen führen zu jagdrechtlichen und zum Teil auch straf- oder ordnungsrechtlichen Konsequenzen.
Behördliche Überwachung
Die Einhaltung der Hegepflicht wird durch die zuständigen Jagdbehörden überwacht. Die Einhaltung kann durch Kontrolle der Abschusspläne, Revierbesichtigungen und Wildbestandserhebungen überprüft werden. Die Behörden sind berechtigt, im Fall festgestellter Missstände Anordnungen zu erlassen oder im Extremfall die Erlaubnis zur Jagdausübung zu entziehen.
Hege im Kontext des Arten- und Tierschutzes
Wechselwirkung von Hege und Naturschutz
Die Aufgaben im Rahmen der Hege berühren häufig Belange des Arten- und Tierschutzes. Jäger müssen nicht nur die Interessen der Land- und Forstwirtschaft, sondern auch den gesetzlichen Artenschutz beachten. Maßnahmen, die dem Schutz bestimmter Wildarten dienen, bedürfen häufig einer besonderen Genehmigung, beispielsweise wenn es um geschützte Arten im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) geht.
Hege und Öffentliches Interesse
Die Hege ist im öffentlichen Interesse an einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Wildbestand und Lebensraum begründet. Sie soll gewährleisten, dass einerseits die natürliche Artenvielfalt erhalten bleibt und andererseits wirtschaftliche Schäden durch zu hohe Wildbestände verhindert werden.
Verstöße gegen die Hegepflicht und rechtliche Folgen
Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
Verstöße gegen Hegepflichten können als Ordnungswidrigkeiten oder, bei schwerwiegenden Fällen, möglicherweise als Straftaten geahndet werden. Beispiele sind die Vernachlässigung der Abschussplanung, das Unterlassen erforderlicher Biotopmaßnahmen oder die Nichtbeachtung gesetzlicher Fütterungsverbote.
Zivilrechtliche Haftung
Bei durch unterlassene oder fehlerhafte Hege verursachten Wildschäden können Jagdausübungsberechtigte haftbar gemacht werden. Die Details der Haftung regeln die jeweiligen Jagdgesetze und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere in Bezug auf Schadensersatzansprüche von Land- und Forstwirten.
Bedeutung der Hege im modernen Jagdrecht
Die Hege bildet eine zentrale Säule des europäischen Jagdrechts und manifestiert die Verantwortung der Jagdausübung im Sinne nachhaltiger Ressourcennutzung. Mit Blick auf die steigende Bedeutung von Biodiversität und Artenschutz gewinnt die Hege eine zunehmend integrative Rolle, die ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte in Einklang bringen muss. Durch gesetzliche Vorgaben und behördliche Überwachung wird das Ziel verfolgt, Wildpopulationen und deren Lebensräume dauerhaft zu schützen und eine nachhaltige Nutzung zu ermöglichen.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist in Deutschland rechtlich zur Hege verpflichtet?
Zur Hege im jagdrechtlichen Sinne ist in Deutschland gemäß § 1 Absatz 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG) in erster Linie der Inhaber eines Jagdrechts beziehungsweise der Jagdausübungsberechtigte verpflichtet. Dies sind entweder die Eigentümer von Eigenjagdbezirken oder die Pächter von gemeinschaftlichen Jagdbezirken. Die Verpflichtung zur Hege bedeutet, dass der Jagdausübungsberechtigte dafür Sorge tragen muss, dass der Zustand des Wildbestandes sowie seines Lebensraumes erhalten, gefördert und verbessert wird. Die Verpflichtung umfasst somit nicht nur das einzelne Individuum, sondern auch den Gesamtbestand sowie die Lebensgemeinschaften innerhalb des jeweiligen Jagdbezirks. Die Pflicht endet jedoch nicht mit der Beendigung des Jagdausübungsrechts, sondern erstreckt sich grundsätzlich auf die Dauer der Pacht oder des Ausübungsrechts und kann unter Umständen auch noch nachwirken, sofern fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen zu Schäden geführt haben. Eigentümer von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen das Jagdrecht ruht, sind dagegen von der Verpflichtung ausgenommen.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen regulieren die Hege im Bundesjagdgesetz?
Das Bundesjagdgesetz (BJagdG) bildet die zentrale rechtliche Grundlage für die Hege in Deutschland. Nach § 1 BJagdG ist die Hege als eine gesetzlich festgelegte Pflicht konzipiert, die dazu dient, einen artenreichen und gesunden Wildbestand in einem ausgewogenen Verhältnis zu den natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. Das Gesetz verpflichtet Jagdausübungsberechtigte insbesondere dazu, Schäden an Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft durch überhöhten Wildbestand zu vermeiden und den Wildbestand den landeskulturellen Gegebenheiten anzupassen. Ergänzend zu den bundesweiten Vorgaben existieren in allen Bundesländern eigene Landesjagdgesetze, die den Rahmen des BJagdG weiter konkretisieren oder verschärfen können. Zudem können Satzungen von Jagdgenossenschaften und behördliche Auflagen weitere Regelungen zur Hege beinhalten. Die Einhaltung der gesetzlichen Hegeverpflichtungen wird durch die Untere Jagdbehörde überwacht, die im Falle von Verstößen einschreiten und Sanktionen verhängen kann.
Wie wird die Hege rechtlich von der Wildfütterung unterschieden?
Während die Hege umfassender alle Maßnahmen zur Erhaltung, Förderung und Verbesserung des Wildbestands und seines Lebensraumes umfasst, versteht das Jagdrecht unter Wildfütterung lediglich eine Einzelmaßnahme. Beide Maßnahmen sind jedoch rechtlich voneinander abzugrenzen: Die Hegeverpflichtung meint primär die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, die Verbesserung von Äsungsflächen, Deckung und Brutstätten sowie das Verhindern eines überhöhten Wildbestands. Die Wildfütterung ist demgegenüber im Bundesjagdgesetz restriktiv geregelt und insbesondere während bestimmter Zeiten (beispielsweise der Vegetationsperiode) in den meisten Bundesländern untersagt oder nur in Ausnahmefällen erlaubt. Die Wildfütterung darf nicht als Ersatzmaßnahme für eine mangelhafte Hege durch Biotopverbesserungen genutzt werden. Besonders Wildfütterungsverordnungen auf Landesebene setzen hierfür enge Grenzen und teilweise Genehmigungspflichten.
Welche gesetzlichen Vorgaben bestehen hinsichtlich der Eingriffe in den Wildbestand im Rahmen der Hege?
Gemäß § 1 Absatz 2 Satz 2 BJagdG und den jeweiligen Landesjagdgesetzen hat die Hege immer im Rahmen der gesetzlichen Abschussplanung und Abschussregelungen zu erfolgen. Eingriffe in den Wildbestand wie Bejagung, Fallwildentnahme und Krankheitsbekämpfung müssen mit den Zielen der Hege – einem gesunden, artenreichen und an den Lebensraum angepassten Bestand – im Einklang stehen. Abschusspläne für Schalenwild und gegebenenfalls weitere Wildarten werden von der Jagdbehörde genehmigt und kontrolliert. Die Nichterfüllung dieser Abschusspläne kann als Verstoß gegen die Hegeverpflichtung gewertet und entsprechend sanktioniert werden (bußgeldbewehrt oder als Ordnungswidrigkeit). Übersteigerte Hege in Form von überhöhten Bestandsdichten widerspricht dem Gleichgewicht der natürlichen Lebensgrundlagen und ist ausdrücklich untersagt; hier kann die Behörde zur Reduzierung (Zwangsbejagung) verpflichten.
Inwieweit sind Naturschutzgesetze für die Hege relevant?
Die Hegepflicht im Jagdrecht steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Natur- und Artenschutzrecht. Dies ist besonders durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und die Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie der EU geregelt. Bei der Hege muss stets darauf geachtet werden, dass geschützte Lebensräume und Arten – unabhängig vom jagdlichen Hegeziel – nicht gefährdet, beeinträchtigt oder gar zerstört werden. Insbesondere Kollisionen können auftreten, wenn Maßnahmen der Wildbewirtschaftung in Schutzgebieten, Natura-2000-Flächen oder im Bereich streng geschützter Arten getroffen werden. Kommt es hier zu Überschneidungen, gehen die Vorgaben des Naturschutzrechts in der Regel dem Jagdrecht vor. Für bestimmte Maßnahmen (z. B. das Anlegen von Wildäckern oder das Entfernen von Pflanzenarten) kann eine Genehmigung nach Naturschutzrecht erforderlich sein. Verstöße können zu naturschutzrechtlichen Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten führen.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Hegeverpflichtung?
Verstöße gegen die Hegeverpflichtung, wie zum Beispiel das Unterlassen notwendiger Maßnahmen zur Bestandspflege oder die Duldung eines überhöhten Wildbestands, gelten nach deutschem Recht als Ordnungswidrigkeiten und können mit Bußgeldern belegt werden. In Fällen grober Pflichtverletzungen – etwa, wenn dadurch erhebliche Schäden an Wald, Landwirtschaft oder gefährdeten Arten entstehen – kann das Jagdausübungsrecht entzogen werden. Auch Schadensersatzforderungen von Geschädigten (z. B. Land- oder Forstwirten) sind möglich, sofern ein kausaler Zusammenhang nachweisbar ist. Bereits die Nicht-Einhaltung der behördlichen Abschusspläne kann von den Jagdbehörden geahndet und gegebenenfalls eine Sicherstellung ordnungsgemäßer Hege durch Zwangsmaßnahmen angeordnet werden. In besonders schweren Fällen kann dies zur Untersagung der Jagdausübung, also zum Entzug des Jagdscheins, sowie zu straf- oder zivilrechtlichen Folgen führen.