Legal Lexikon

Hebammen


Rechtliche Grundlagen und Aufgaben von Hebammen

Hebammen nehmen eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen ein, da sie Frauen während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit betreuen. Der Beruf ist rechtlich umfassend geregelt und unterliegt sowohl bundes- als auch landesrechtlichen Vorgaben. Die gesetzlichen Bestimmungen definieren Ausbildung, Aufgabenbereich, Berufsrechte und -pflichten sowie die berufsrechtliche Stellung der Hebammen. Nachfolgend wird der Begriff „Hebamme“ detailliert aus rechtlicher Sicht erläutert.


Definition und Berufsbild

Begriff und gesetzliche Grundlage

Der Begriff „Hebamme“ wird im deutschen Recht durch § 4 Abs. 1 des Hebammengesetzes (HebG) definiert. Hebammen sind Personen, die mit staatlicher Erlaubnis geburtshilfliche Tätigkeiten ausüben und insbesondere Schwangere, Gebärende, Wöchnerinnen und Neugeborene betreuen. Das Hebammengesetz, seit 1. Januar 2020 grundlegend neu gefasst, regelt die Berufsausübung einheitlich.

Tätigkeitsfeld

Hebammen sind befugt, alle medizinisch notwendigen Maßnahmen rund um Schwangerschaft und Geburt eigenverantwortlich durchzuführen, soweit keine ärztliche Intervention erforderlich ist. Dazu zählen unter anderem die Beratung, die Schwangerschaftsvorsorge, die Geburtshilfe einschließlich der Durchführung der normalen Geburten, Nachsorge sowie Still- und Ernährungsberatung. Die Ausübung des Berufs erfolgt in verschiedenen Settings: freiberuflich, angestellt (z. B. im Krankenhaus), in Geburtshäusern oder in Form von Hausgeburten.


Zulassungsvoraussetzungen und Berufsausübung

Berufsausbildung und staatliche Anerkennung

Der Zugang zum Beruf ist bundeseinheitlich geregelt. Die Berufsausübung setzt gemäß § 1 HebG eine erfolgreich abgeschlossene qualifizierte Ausbildung voraus. Seit 2020 ist die Ausbildung zur Hebamme ein duales Studium (§ 6 ff. HebG i.V.m. Hebammenprüfungsverordnung – HebStPrV). Die Ausbildung wird mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen. Die Erteilung der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Hebamme“ erfolgt gemäß § 10 HebG durch die zuständige Behörde.

Berufsausübungserlaubnis und Registrierung

Zur Berufsausübung wird eine behördliche Erlaubnis benötigt. Hebammen müssen sich zudem gemäß § 11 HebG in das Hebammenregister eintragen lassen. Die Registrierung stellt sicher, dass nur qualifizierte Personen diesen Beruf ausüben. Nach § 7 HebG besteht die Pflicht, sich fortlaufend fachlich fortzubilden.


Berufspflichten und Haftung

Sorgfaltspflichten und Dokumentation

Der Beruf ist mit umfangreichen Pflichten verbunden. Die Sorgfaltspflicht umfasst die Notwendigkeit, alle geburtshilflichen Maßnahmen entsprechend dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik (§ 630a BGB i.V.m. HebG) durchzuführen. Jede durchgeführte Maßnahme ist sorgfältig zu dokumentieren (§ 630f BGB, § 7 Abs. 1 HebG). Verstöße können haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Schweigepflicht

Hebammen unterliegen über § 203 StGB einer gesetzlich normierten Schweigepflicht. Patientengeheimnisse dürfen nur mit ausdrücklicher Einwilligung weitergegeben werden.

Aufklärungspflichten und Einwilligung

Vor Durchführen medizinischer Maßnahmen sind Hebammen verpflichtet, die Betroffenen umfassend aufzuklären und deren Einwilligung einzuholen. Zu den Aufklärungspflichten zählt auch die Information über Risiken, Alternativen und Erfolgsaussichten.

Versicherungspflicht

Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltung einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung. Hintergrund ist das besondere Haftungsrisiko bei geburtshilflicher Betreuung (§ 24 HebG). Die gesetzliche Regelung nimmt damit Rücksicht auf das hohe Haftungspotential, das insbesondere bei Geburtsschäden besteht.


Berufsrechtliche Regelungen

Tätigkeitsvorbehalt und Abgrenzung zu anderen Berufen

Viele Tätigkeiten sind ausschließlich Hebammen vorbehalten. Gemäß § 4 HebG ist beispielsweise die eigenverantwortliche Durchführung der normalen Geburt ausschließlich Hebammen gestattet. Ärztinnen oder Ärzte dürfen im Regelfall nur bei Komplikationen hinzutreten. Die Abgrenzung zwischen ärztlicher und hebammenspezifischer Tätigkeit ist gesetzlich geregelt.

Kammern und Berufsverbände

Hebammen sind in Deutschland in verschiedenen Berufsverbänden organisiert, jedoch besteht keine Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer. Die Landgesundheitsbehörden übernehmen aufsichtsrechtliche Aufgaben und wirken an berufsrechtlichen Verfahren mit.


Vergütung und Sozialrecht

Vergütungssystem

Die Vergütung der Leistungen erfolgt nach der Hebammengebührenverordnung (§ 134a SGB V). Hebammen rechnen entweder direkt mit den gesetzlichen Krankenkassen oder privat mit den betreuten Personen ab. Die rechtlichen Rahmenbedingungen definieren sowohl den zulässigen Leistungsumfang als auch die Abrechnungsmöglichkeiten.

Sozialversicherungspflicht

Angestellte Hebammen unterliegen wie andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Für freiberuflich tätige Hebammen bestehen pflichtige Anschlüsse an bestimmte Sozialversicherungsträger, z. B. der gesetzlichen Rentenversicherung.


Berufsausübung im europäischen und internationalen Kontext

Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Die Ausübung des Hebammenberufs aus anderen EU-Mitgliedstaaten ist im Rahmen der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie geregelt. Hierbei werden gleichwertige Abschlüsse anerkannt, sofern sie mit den deutschen Standards vergleichbar sind (§ 12 ff. HebG).

Rechtliche Regelungen im internationalen Vergleich

Die rechtlichen Grundstrukturen des Berufs unterscheiden sich weltweit. In vielen Ländern ist der Beruf ähnlich reglementiert, in anderen bestehen weniger strikte Vorgaben. Für die Ausübung in Deutschland gelten grundsätzlich die deutschen gesetzlichen Anforderungen.


Zusammenfassung

Der Beruf der Hebamme ist umfangreich gesetzlich geregelt. Von der Ausbildung, Zulassung, Ausübung und dem Tätigkeitsfeld bis zu Sorgfalts-, Haftungs- und Dokumentationspflichten sind zahlreiche Regelungen zu beachten. Umfangreiche Vorgaben im Bereich der Schweigepflicht, Haftpflicht, Weiterbildung und Dokumentation gewährleisten einen hohen Standard in der Versorgung von Mutter und Kind. Das Berufsrecht bewirkt damit sowohl einen Schutz der Gesundheit der Bevölkerung als auch eine klare Abgrenzung zu anderen medizinischen Berufsgruppen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen Hebammen in Deutschland erfüllen, um ihren Beruf auszuüben?

Um in Deutschland den Beruf der Hebamme oder des Entbindungspflegers auszuüben, ist eine behördliche Erlaubnis notwendig. Diese basiert auf dem Hebammengesetz (HebG) und der Hebammenprüfungsverordnung (HebAPrV). Die Ausübung erfolgt ausschließlich mit der staatlichen Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Hebamme“ oder „Entbindungspfleger“. Zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zählen der erfolgreiche Abschluss einer staatlich anerkannten Ausbildung oder eines dualen Studiums im Bereich Hebammenkunde, gesundheitliche Eignung, persönliche Zuverlässigkeit (Nachweis durch Führungszeugnis) sowie ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Ausländische Abschlüsse müssen durch eine Anerkennungsbehörde geprüft und als gleichwertig bestätigt werden. Ohne diese Erlaubnis ist die Berufsausübung strafbar und kann mit Bußgeldern oder weiteren rechtlichen Folgen einhergehen.

Welche Haftungsregeln gelten für Hebammen?

Hebammen unterliegen einer umfassenden beruflichen Haftung. Sie sind für die ordnungsgemäße und sorgfältige Ausübung ihrer Tätigkeit rechtlich verantwortlich. Im Falle von Behandlungsfehlern, etwa bei Unterlassung notwendiger Maßnahmen, Fehlinformation oder Verletzung der Dokumentationspflicht, haften Hebammen grundsätzlich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere nach den §§ 823 ff. (unerlaubte Handlungen). Die Haftung umfasst neben der zivilrechtlichen Haftung (Schadensersatz gegenüber Mutter oder Kind) auch strafrechtliche Konsequenzen, z. B. bei fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB). Hebammen sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung nachzuweisen, deren Mindestdeckungssumme durch die Hebammenberufsordnungen geregelt ist, da andernfalls die Berufszulassung entzogen werden kann.

Gibt es eine gesetzliche Dokumentationspflicht für Hebammen?

Ja, gemäß § 630f BGB sowie spezifizierten Vorgaben des Hebammengesetzes sind Hebammen zur lückenlosen und wahrheitsgemäßen Dokumentation ihrer Tätigkeiten verpflichtet. Die Dokumentationspflicht erstreckt sich auf alle wesentlichen Maßnahmen während der Schwangerschaft, der Geburt sowie im Wochenbett, einschließlich aller medizinisch relevanten Beobachtungen, Interventionen und Vorkommnisse. Die Aufzeichnungen dienen dem Nachweis einer ordnungsgemäßen Berufsausübung und sind im Streitfall ein zentrales Beweismittel vor Gericht. Die Aufbewahrungspflicht für diese Dokumente beträgt mindestens 10 Jahre nach Abschluss der jeweiligen Betreuung, kann jedoch bei Besonderheiten (z. B. Schadenersatzansprüche) auch länger erforderlich sein. Das Löschen, Verändern oder bewusste Vorenthalten von Dokumentationen kann sowohl berufs- als auch strafrechtliche Folgen haben.

Welche Schweigepflichten unterliegen Hebammen?

Hebammen unterliegen gemäß § 203 StGB einer strengen Schweigepflicht bezüglich aller ihnen in Ausübung ihres Berufs anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse. Dies betrifft insbesondere Gesundheitsdaten, Geburtsverlauf, familiäre oder persönliche Umstände von Mutter, Kind und Familienangehörigen. Eine Entbindung von der Schweigepflicht ist lediglich mit ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen möglich oder wenn es durch eine gesetzliche Vorschrift (z. B. bei meldepflichtigen Krankheiten, Kindeswohlgefährdung) erforderlich ist. Verstöße können strafrechtlich mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet und auch berufsrechtlich mit dem Entzug der Zulassung sanktioniert werden.

Welche Rechte und Pflichten haben Hebammen bei Hausgeburten aus rechtlicher Sicht?

Hebammen dürfen Hausgeburten begleiten, jedoch müssen sie hierbei besondere gesetzliche Sorgfalts- und Meldepflichten beachten. Sie sind verpflichtet, zu beurteilen, ob eine Hausgeburt medizinisch vertretbar ist und im Notfall geeignete Maßnahmen einzuleiten (z. B. Hinzuziehen eines Arztes, Organisation des Transports in eine Klinik). Die Verantwortung für etwaige Komplikationen liegt rechtlich primär bei der Hebamme, solange kein Arzt hinzugezogen wird. Die Dokumentations-, Aufklärungspflicht und das Einholen des informierten Einverständnisses der Gebärenden sind dabei besonders streng. Die Berufsausübung darf nicht gegen das Heilpraktikergesetz oder andere Gesundheitsgesetze verstoßen. Sollte die Notwendigkeit einer ärztlichen Intervention bestehen, ist die Hebamme rechtlich verpflichtet, dies zu vermitteln und notfalls die Geburt abzubrechen bzw. in ein Krankenhaus zu verlegen.

Unterliegen Hebammen einer Fortbildungspflicht?

Nach den landesrechtlichen Hebammenberufsordnungen und § 7 Abs. 1 HebG sind Hebammen zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung verpflichtet, um ihre Fachkenntnisse und Fertigkeiten auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten. Viele Bundesländer formulieren verbindliche Nachweispflichten darüber, welche Fortbildungsmaßnahmen in welchem zeitlichen Umfang (meist mindestens 60 Stunden innerhalb von drei Jahren) zu absolvieren sind. Der Nachweis über absolvierte Fortbildungen ist auf Verlangen der zuständigen Behörde oder Einrichtung vorzulegen. Bei wiederholt nicht erfüllter Fortbildungspflicht drohen disziplinarische Maßnahmen bis hin zum Entzug der Erlaubnis zur Berufsausübung.

Welche Regelungen gelten für die freiberufliche Tätigkeit von Hebammen?

Für die freiberufliche Tätigkeit gelten besondere rechtliche Vorgaben. Freiberufliche Hebammen unterliegen der Pflicht zur Anmeldung beim Gesundheitsamt und müssen ihre Tätigkeit ebenso beim Finanzamt anmelden. Sie sind verpflichtet, eine entsprechende Berufshaftpflichtversicherung mit ausreichender Deckung abzuschließen. Honorare sind entweder durch die Hebammengebührenordnung (SGB V) für gesetzlich Versicherte oder durch individuell ausgehandelte Verträge bei Privatpatienten geregelt. Auch im Bereich der Werbung und Außendarstellung müssen Hebammen die geltenden berufs- sowie wettbewerbsrechtlichen Vorschriften einhalten. Vertragsabschlüsse mit Frauen oder Familien sind nach § 630a BGB als Dienstverträge zu behandeln. Darüber hinaus gelten auch die allgemeinen Vorschriften zur Gewerbeanmeldung, sofern zusätzlich eine gewerbliche Tätigkeit (z. B. der Verkauf von Waren) erfolgt.