Begriff und Rechtsnatur des Hausrechts
Das Hausrecht ist ein zentrales Institut im deutschen Zivil- und Strafrecht und beschreibt das Recht einer Person, über eine räumlich abgegrenzte Örtlichkeit nach eigenem Ermessen zu verfügen. Es beinhaltet insbesondere die Befugnis, anderen den Zutritt zu und den Aufenthalt in einem bestimmten Raum zu gestatten oder zu verwehren, sowie die Bedingungen für den Aufenthalt zu bestimmen. Das Hausrecht gilt für private wie auch für geschäftliche und öffentliche Räume, sofern keine entgegenstehenden gesetzlichen Regelungen greifen.
Grundlagen und gesetzliche Verankerung
Das Hausrecht entspringt dem allgemeinen Grundsatz des Eigentümerrechts und wird durch verschiedene Rechtsnormen gestützt. Die zentrale Rechtsgrundlage bildet § 903 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), nach dem der Eigentümer mit seiner Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann, soweit das Gesetz oder Rechte Dritter nicht entgegenstehen. Ergänzend regeln § 858 ff. BGB den Besitzschutz, der neben dem Eigentum ebenfalls das Hausrecht begründen kann.
Spezialgesetze wie das Versammlungsgesetz (VersG) oder das Grundgesetz (GG) können das Hausrecht in bestimmten Situationen einschränken oder modifizieren.
Abgrenzung zu anderen Rechten
Das Hausrecht unterscheidet sich vom Besitz und Eigentum, ist jedoch eng mit diesen verknüpft. Neben dem Eigentümer kann auch ein Besitzer, Mieter, Pächter oder sonstiger Inhaber einer tatsächlichen Gewalt über einen Raum ein Hausrecht ausüben. Soweit die tatsächliche Sachherrschaft eingeräumt oder übertragen wurde, verlagert sich das Hausrecht auf den jeweiligen Besitzer.
Umfang und Inhalt des Hausrechts
Das Hausrecht umfasst verschiedenste Befugnisse, die teilweise Gegenstand eigenständiger Regelungen sind.
Zutrittsrecht und Aufenthaltsregelung
Hauptbestandteil des Hausrechts ist das Recht auf Gewährung oder Verweigerung des Zutritts. Die Berechtigte kann:
- Personen den Zutritt gestatten oder verwehren,
- Auflagen und Bedingungen für den Zutritt und Aufenthalt erlassen (z. B. Nutzungsvorschriften, Rauchverbot),
- Personen den Aufenthalt beschränken oder beenden (Hausverbot).
Hausverbot
Das Hausverbot ist das praktisch relevanteste Instrument zur Durchsetzung des Hausrechts. Es ist eine einseitige Willenserklärung, mit der der Berechtigte einer Person den Aufenthalt sowie die zukünftige Nutzungserlaubnis entzieht. Ein Hausverbot kann sowohl mündlich als auch schriftlich und grundsätzlich ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden, sofern keine entgegenstehenden Rechte (z. B. Mietrecht, Grundrechte) betroffen sind.
Zulässigkeit und Grenzen eines Hausverbots
Ein Hausverbot muss im Einklang mit höherrangigem Gesetz stehen. In öffentlich zugänglichen Einrichtungen (Geschäfte, Schwimmbäder) ist das Hausverbot grundsätzlich möglich, es besteht jedoch eine Grenze beim Allgemeininteresse sowie im Rahmen von § 19 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (Diskriminierungsverbot). Gegenüber Personen, die über ein gesetzliches Zutrittsrecht verfügen (Polizei, Feuerwehr in Gefahrensituationen, Gerichtsvollzieher mit Durchsuchungsbefehl), sowie bei bestehenden vertraglichen Nutzungsrechten (Mieter, Arbeitnehmer während der Arbeitszeit) ist ein wirksames Hausverbot regelmäßig ausgeschlossen bzw. stark eingeschränkt.
Weisungs- und Kontrollrecht
Das Hausrecht beinhaltet ferner das Recht, eigene Weisungen zur Nutzung der Räumlichkeiten zu erteilen und deren Einhaltung zu kontrollieren. Dazu zählt typischerweise die Hausordnung.
Durchsetzung des Hausrechts
Die Durchsetzung erfolgt in erster Linie durch das Verweisen störender oder unerwünschter Personen. Werden diese Anweisungen missachtet, kann nach §§ 229, 859 BGB unmittelbare Selbsthilfe greifen, wobei die Grenzen des Notwehr- und Notstandsrechts (§ 32 Strafgesetzbuch, § 34 StGB) zu beachten sind.
Bei fortgesetzter oder wiederholter Zuwiderhandlung können zivilrechtliche Unterlassungsansprüche sowie im Einzelfall auch strafrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden.
Hausrecht im öffentlichen Raum und in Sonderkonstellationen
Hausrecht in gemeinschaftlichen Räumen
Bei gemeinschaftlicher Nutzung, wie etwa im Wohnungseigentum (siehe Wohnungseigentumsgesetz, WEG), besteht das Hausrecht für alle Eigentümer, die ihre Rechte jedoch zugunsten der Gemeinschaft abstimmen und wahrnehmen müssen. Die Hausordnung, entschieden durch die Mehrheit, regelt Nutzung und Ausübung des Hausrechts.
Hausrecht in Mietverhältnissen
Mit Abschluss eines Mietvertrages wird das Hausrecht grundsätzlich auf den Mieter übertragen. Der Vermieter verliert für die Dauer des Mietverhältnisses seine Befugnis, eigenmächtig das Mietobjekt zu betreten, außer in eng begrenzten Ausnahmefällen (Gefahr im Verzug, Wartungsarbeiten mit Vorankündigung).
Hausrecht in Betrieben und öffentlichen Einrichtungen
In Unternehmen üben regelmäßig die Inhaber oder von ihnen bestimmte Personen (z. B. Filialleiter, Veranstaltungsleiter) das Hausrecht aus. In öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Schulen oder Behörden beschränkt sich das Hausrecht nach Maßgabe der jeweiligen Hausordnung und geltender öffentlich-rechtlicher Vorschriften.
Hausrecht und Grundrechte
Das Hausrecht kann im Einzelfall mit Grundrechten kollidieren, insbesondere der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) oder der Pressefreiheit (Art. 5 GG). In diesen Fällen ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, welches Interesse stärker wiegt. Beispielhaft kann das Hausrecht Veranstaltern erlauben, unerwünschte Pressevertreter auszuschließen, sofern die Versammlung nicht „öffentlich“ im Sinne des Versammlungsrechts ist.
Straf- und zivilrechtliche Aspekte des Hausrechts
Hausfriedensbruch
Die strafrechtliche Absicherung des Hausrechts erfolgt insbesondere durch § 123 StGB (Hausfriedensbruch). Unbefugtes Eindringen oder das Verbleiben gegen den Willen des Berechtigten stellt eine Straftat dar und kann mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Auch das Nichteinhalten eines ausgesprochenen Hausverbots kann strafbar sein.
Zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche
Wird das Hausrecht verletzt, stehen dem Berechtigten zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und gegebenenfalls Schadensersatz offen. Diese ergeben sich regelmäßig aus §§ 862, 1004 BGB (Besitzschutz, Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch).
Literaturhinweise und weiterführende Regelungen
Das Hausrecht ist Gegenstand vielfältiger gesetzlicher Bestimmungen und wird in Rechtsprechung und Literatur ausführlich thematisiert. Für weiterführende Informationen empfiehlt sich die Konsultation der maßgeblichen Vorschriften im BGB, StGB, AGG sowie Spezialregelungen etwa im Bereich Mietrecht, Wohnungseigentumsrecht und Versammlungsrecht.
Zusammenfassung:
Das Hausrecht ist ein fundamentaler Bestandteil des deutschen Zivil- und Strafrechts. Es umfasst das Recht, den Zutritt und Aufenthalt von Personen in bestimmten Räumen zu kontrollieren und zu bestimmen, einschließlich der Möglichkeit, Hausverbote zu erteilen. Das Hausrecht kann sowohl im privaten als auch im öffentlichen wie geschäftlichen Bereich bestehen, findet jedoch Grenzen in anderen gesetzlichen Regelungen sowie in übergeordneten Grundrechten. Die Durchsetzung erfolgt zivilrechtlich wie strafrechtlich, insbesondere durch Unterlassungsansprüche und den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist in Deutschland typischerweise zur Ausübung des Hausrechts befugt?
Zur Ausübung des Hausrechts ist in Deutschland grundsätzlich der Eigentümer oder der berechtigte Besitzer einer Immobilie beziehungsweise eines Grundstücks befugt. Bei Mietverhältnissen geht das Hausrecht primär auf den Mieter über, soweit die Räume ihm überlassen sind; der Vermieter behält jedoch in manchen Fällen ein „Besitzerrestrecht“ (zum Beispiel für dringende Notfälle oder bei Gefahr im Verzug). In Unternehmen übt regelmäßig die Geschäftsleitung bzw. die von ihr beauftragten Personen das Hausrecht aus. Zudem kann das Hausrecht ausdrücklich auf Dritte übertragen werden, etwa auf einen Sicherheitsdienst. Maßgeblich ist, dass immer nur diejenigen das Hausrecht ausüben dürfen, die tatsächlich über die Nutzung und die Zugangsregelung der Räumlichkeiten entscheiden können; dies kann auch durch Stellvertretung geschehen.
In welchen Situationen kann das Hausrecht eingeschränkt sein?
Das Hausrecht findet dort seine Grenzen, wo höherrangige (Grund-)Rechte Dritter tangiert werden, wie etwa die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG oder die Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG. Besonders deutlich wird dies in öffentlich zugänglichen Einrichtungen oder bei Demonstrationen auf privatem Grund. Außerdem können Gesetze – beispielsweise das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – das Hausrecht einschränken, etwa indem Diskriminierungen beim Zugang zu öffentlich angebotenen Dienstleistungen untersagt sind. Nicht zuletzt kann ein einmal erteilter Zutritt, zum Beispiel aufgrund eines Vertrages (Miete, Kauf, Dienstleistung), nicht willkürlich widerrufen werden, solange berechtigte Interessen des Vertragspartners bestehen.
Welche rechtlichen Mittel stehen dem Ausübenden des Hausrechts bei Störungen zur Verfügung?
Kommt es im Zusammenhang mit dem Hausrecht zu Störungen – beispielsweise durch unberechtigtes Betreten (Hausfriedensbruch, § 123 StGB) oder unerwünschten Aufenthalt – kann der Hausrechtsinhaber die Störung zunächst durch eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Verhaltensänderung oder zum Verlassen der Räumlichkeiten beenden lassen. Bei Verweigerung ist er berechtigt, die Polizei um Hilfe zu bitten. Auch das Erteilen eines Hausverbots ist möglich; bei Zuwiderhandlung kann strafrechtlich dagegen vorgegangen werden. Zivilrechtlich besteht zudem ein Unterlassungsanspruch gegen Störer. Darüber hinaus dürfen im Rahmen des Notwehr- oder Notstandsrechts angemessene Maßnahmen zur Wahrung des Hausrechts ergriffen werden, wobei immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden muss.
Welche Anforderungen gelten für ein rechtssicheres Hausverbot?
Ein Hausverbot muss ausdrücklich und eindeutig ausgesprochen werden, es bedarf keiner besonderen Form, sollte jedoch im Streitfall beweisbar sein (schriftlich oder unter Zeugen). Es kann sowohl befristet als auch unbefristet ausgesprochen werden und ist grundsätzlich keiner näheren Begründungspflicht unterworfen. Allerdings dürfen Hausverbote nicht gegen gesetzliche Diskriminierungsverbote verstoßen, insbesondere nicht aus Gründen der Rasse, ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts (§ 19 AGG). In besonderen Situationen – etwa gegenüber Mietern, Arbeitnehmern oder Behördenbesuchern – bedarf es einer Interessenabwägung oder besonderer rechtlicher Rechtfertigung.
Wie verhält sich das Hausrecht gegenüber der Polizei und anderen hoheitlichen Maßnahmen?
Das Hausrecht wird durch hoheitliche Maßnahmen, etwa der Polizei oder anderer Behörden, nur insoweit beschränkt, wie es durch Gesetze ausdrücklich vorgesehen ist. Die Polizei darf beispielsweise gegen den Willen des Hausrechtsinhabers das Grundstück betreten, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt oder zur Strafverfolgung ein Durchsuchungsbefehl vorliegt. Auch in Fällen von Gefahrenabwehr oder zur Rettung von Personen kann das Hausrecht zurücktreten. Die Polizei ist jedoch verpflichtet, die Betroffenen über den Grund und die Rechtsgrundlage ihres Vorgehens zu informieren und dabei so schonend wie möglich vorzugehen.
Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Hausrecht für den Inhaber?
Dem Inhaber des Hausrechts steht es grundsätzlich frei, den Zugang zu seinem Eigentum zu regeln und bestimmten Personen zu verwehren oder Bedingungen für den Zutritt aufzustellen; dies schließt das Recht ein, Störungen zu untersagen, Verhaltensregeln aufzustellen und Hausverbote zu erteilen. Daraus folgen aber auch Pflichten: Der Hausrechtsinhaber muss dafür sorgen, dass von seinem Objekt keine Gefahren für Dritte ausgehen (Verkehrssicherungspflicht). Er trägt außerdem Verantwortung für die Durchsetzung von Recht und Ordnung innerhalb der Räumlichkeiten, sowohl gegenüber Gästen als auch gegenüber befugten Dritten. Sollte das Hausrecht missbräuchlich ausgeübt werden (z. B. durch willkürliche Diskriminierung), können Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche entstehen.