Legal Lexikon

Haushaltsjahr


Begriff und Rechtsgrundlagen des Haushaltsjahres

Das Haushaltsjahr ist ein zentraler Begriff im öffentlichen Haushaltsrecht und bezeichnet den Zeitraum, für den öffentliche Haushalte – insbesondere von Bund, Ländern und Gemeinden – aufgestellt, ausgeführt und abgerechnet werden. Das Haushaltsjahr bildet den zeitlichen Rahmen der Finanzplanung staatlicher und öffentlich-rechtlicher Körperschaften und erfüllt eine wichtige Funktion für die Steuerung und Kontrolle der öffentlichen Finanzen. Rechtlich relevant ist das Haushaltsjahr sowohl für die Verwaltung öffentlicher Mittel als auch für die Überwachung der Einhaltung gesetzlicher und haushaltsrechtlicher Vorgaben.

Gesetzliche Grundlagen

Bundesebene

Nach Art. 110 Abs. 2 Grundgesetz (GG) beginnt das Haushaltsjahr des Bundes am 1. Januar und endet am 31. Dezember eines Kalenderjahres. Die Einzelheiten des Haushaltsrechts, einschließlich der Regelungen zum Haushaltsjahr, sind im Bundeshaushaltsgesetz (BHO) geregelt. Auch das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) enthält bundeseinheitliche Vorgaben und Grundsätze zur Haushaltswirtschaft.

Landes- und Kommunalebene

Für Länder und Gemeinden gelten entsprechende landesrechtliche Regelungen. Die Landeshaushaltsordnungen (LHO) orientieren sich am Haushaltsjahr als Zeitraum für Aufstellung und Vollzug des Haushaltsplans. Vielfach ist auch dort das Kalenderjahr als Haushaltsjahr bestimmt, wobei einzelne Länder in bestimmten Fällen – etwa bei Umstellungen auf das doppische Haushaltswesen – abweichende Regelungen einführen können.

Weitere Körperschaften und Organisationen

Neben Bund, Ländern und Kommunen unterliegen auch weitere öffentlich-rechtliche Körperschaften sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts dem Grundsatz, ihre Haushaltswirtschaft nach Haushaltsjahren auszurichten. Für diese Körperschaften geben die jeweiligen Satzungen und Gesetze das Haushaltsjahr und die damit verbundenen Verfahren vor.

Rechtswirkungen und Bedeutung des Haushaltsjahres

Zeitliche Strukturierung der Haushaltswirtschaft

Das Haushaltsjahr bildet die maßgebliche Zeiteinheit für die Planung, Bewirtschaftung und Rechnungslegung öffentlicher Gelder. Insbesondere im Rahmen der Haushaltsaufstellung sind alle Einnahmen und Ausgaben auf das jeweilige Haushaltsjahr zu beziehen. Diese zeitliche Begrenzung sorgt für Transparenz und Rechenschaftspflicht im Umgang mit öffentlichen Mitteln.

Grundsatz der Jährlichkeit

Ein zentraler Haushaltsgrundsatz ist der Grundsatz der Jährlichkeit (Art. 110 Abs. 2 GG, § 3 BHO). Dieser besagt, dass der Haushaltsplan stets für ein Jahr aufzustellen ist. Bereitgestellte Mittel und die damit verbundenen Ausgaben sind grundsätzlich auf das jeweilige Haushaltsjahr beschränkt. Ausnahmen bilden sogenannte überjährig verfügbare Mittel (Haushaltsreste) sowie Verpflichtungsermächtigungen für zukünftige Haushaltsjahre.

Übergang und Vorgriffsregelungen

Sollte der Haushaltsplan zu Beginn eines neuen Haushaltsjahres noch nicht in Kraft getreten sein, greifen Übergangsregelungen: Nach Art. 111 GG bzw. entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften ist die vorläufige Haushaltsführung zulässig. In dieser Phase dürfen nur solche Ausgaben getätigt werden, die zur Aufrechterhaltung von gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben oder zur Erfüllung bestehender rechtlicher Verpflichtungen unerlässlich sind.

Haushaltsjahr im Rahmen der Haushaltsplanung und Haushaltsbewirtschaftung

Haushaltsaufstellung

Der Haushaltsplan wird regelmäßig vor Beginn des Haushaltsjahres aufgestellt und im Gesetzgebungsverfahren verabschiedet (Haushaltsgesetz). Er enthält die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für das kommende Haushaltsjahr und bildet die Grundlage für die haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen.

Haushaltsvollzug

Im Laufe des Haushaltsjahres werden die im Haushaltsplan veranschlagten Mittel bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung erfolgt nach den Regeln der sparsamen, wirtschaftlichen und rechtmäßigen Mittelverwendung (§ 7 BHO). Ausgaben können – mit wenigen gesetzlich geregelten Ausnahmen – nur im laufenden Haushaltsjahr geleistet werden.

Rechnungslegung und Kontrolle

Nach Ablauf des Haushaltsjahres erfolgt die Rechnungslegung. Diese ist Bestandteil der Haushaltskontrolle und schließt mit der Aufstellung eines Abschlussberichts über die tatsächliche Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben im Vergleich zur Planung ab. Die Rechnungsprüfung wird im Regelfall durch die zuständigen Rechnungshöfe wahrgenommen.

Haushaltsübertragungen und Haushaltsreste

Übertragung von Ausgabemitteln

Ausnahmsweise ist es möglich, nicht in Anspruch genommene Ausgabemittel in das folgende Haushaltsjahr zu übertragen (sogenannte Haushaltsreste, § 19 BHO). Eine solche Übertragung bedarf grundsätzlich der gesonderten Genehmigung und ist auf bestimmte Haushaltspositionen und Zwecke begrenzt.

Verpflichtungsermächtigungen

Verpflichtungsermächtigungen erlauben es, bereits im laufenden Haushaltsjahr Verpflichtungen für kommende Haushaltsjahre einzugehen (§ 16 BHO). Dies dient insbesondere der Planung und Durchführung mehrjähriger Investitionsvorhaben und sorgt für Flexibilität im Haushaltsvollzug.

Unterschiede zum Wirtschaftsjahr und zur Rechnungsperiode

Während das Haushaltsjahr ein fest definierter Begriff im öffentlichen Recht ist, bezeichnet das Wirtschaftsjahr im Steuerrecht den Zeitraum, für den eine steuerpflichtige Person eine Rechnung über ihre Geschäftstätigkeit legt. Das Wirtschaftsjahr muss nicht zwingend mit dem Haushaltsjahr oder dem Kalenderjahr übereinstimmen, wohingegen das Haushaltsjahr im staatlichen Sektor nahezu ausnahmslos das Kalenderjahr umfasst.

Internationale Regelungen

International bestehen teils abweichende Regelungen zum Haushaltsjahr. In manchen Staaten beginnt das Haushaltsjahr beispielsweise im April oder Juli eines Jahres und endet entsprechend im Folgejahr. Für supranationale Organisationen wie die Europäische Union ist das Haushaltsjahr in der jeweiligen Finanzordnung festgelegt.

Bedeutung des Haushaltsjahres in der Praxis

Das Haushaltsjahr bildet den rechtlichen und praktischen Rahmen für die Steuerung der öffentlichen Finanzen. Es gewährleistet jährliche Transparenz, laufende Kontrolle und eine verbindliche Finanzplanung, die demokratischer Legitimations- und Kontrollmechanismen unterliegt. Die Einhaltung und Überwachung der haushaltsrechtlichen Vorgaben ist für einen geordneten und verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Ressourcen essenziell.


Quellen: Art. 110, 111 GG; Bundeshaushaltsordnung (BHO); Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG); Landeshaushaltsordnungen (LHO).

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Vorschriften regeln den Beginn und das Ende des Haushaltsjahres in Deutschland?

Das Haushaltsjahr wird im deutschen Recht grundsätzlich durch das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) sowie durch die jeweiligen Landeshaushaltsordnungen und das Haushaltsrecht des Bundes geregelt. Das Haushaltsjahr beginnt gemäß § 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie entsprechender landesrechtlicher Vorschriften jeweils am 1. Januar und endet am 31. Dezember desselben Kalenderjahres. Im rechtlichen Kontext ist festgelegt, dass in bestimmten Ausnahmefällen durch Gesetz oder auf Grundlage einer besonderen haushaltsrechtlichen Vorschrift ein von diesem Grundsatz abweichendes Haushaltsjahr (z. B. ein vom Kalenderjahr abweichendes Haushaltsjahr für Sondervermögen oder Institutionen) zulässig sein kann. Die rechtlichen Grundlagen erfassen hierbei sowohl die Festlegung der Gültigkeit für den Geltungszeitraum öffentlicher Haushalte als auch Übergangsregelungen für besondere Fälle, wie zum Beispiel die Einführung der doppelten Buchführung oder bei grundlegenden Verwaltungsreformen.

Wie wird rechtlich mit Ausgaben und Einnahmen am Übergang zwischen zwei Haushaltsjahren verfahren?

Im rechtlichen Haushaltskontext gilt gemäß § 34 BHO und entsprechender landesrechtlicher Vorschriften das sogenannte Bruttoprinzip und die Jährlichkeit der Haushaltsführung: Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich in dem Haushaltsjahr zu verbuchen, in dem sie tatsächlich anfallen (Zufluss- und Abflussprinzip). Für Zahlungen, die über das Haushaltsjahr hinaus getätigt werden müssen, existieren das Prinzip der Haushaltsreste und der übertragbaren Ausgaben. Haushaltsreste sind durch besondere rechtliche Vorgaben geregelt (z. B. Genehmigung der übertragbaren Haushaltsmittel) und unterliegen in ihrer Bewirtschaftung strengen Vorschriften, um eine missbräuchliche Haushaltsführung zu verhindern. Im Falle der Verpflichtungsermächtigungen erlaubt das Recht, Ausgaben für Verpflichtungen künftiger Jahre einzugehen, sofern diese im Haushaltsgesetz ausdrücklich hierfür vorgesehen sind.

Welche rechtlichen Folgen hat eine nicht fristgerechte Haushaltserstellung für das Haushaltsjahr?

Wenn die zuständigen staatlichen Organe (z. B. Bundestag, Landtage, Kommunalparlamente) den Haushalt für das neue Haushaltsjahr nicht rechtzeitig verabschieden, wird – rechtlich geregelt im Haushaltsrecht des Bundes, der Länder und Kommunen – die sogenannte vorläufige Haushaltsführung wirksam (§ 45 BHO, entsprechende Paragraphen in den Landeshaushaltsordnungen). Während dieser Phase dürfen nur Ausgaben getätigt werden, die nötig sind, um rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen oder um den Fortbestand notwendiger Staatsaufgaben zu sichern („Haushaltswirtschaft ohne Haushaltsplan“). Neue finanzielle Verpflichtungen dürfen in der Regel nicht eingegangen werden, und es herrscht ein gesetzlich festgelegtes Ausgabenminimum. Diese Vorschriften sollen die parlamentarische Budgethoheit sichern, aber dennoch die Staatsfunktionen aufrechterhalten.

Gibt es rechtliche Unterschiede zwischen Bundes-, Landes- und kommunalem Haushaltsjahr?

Im Grundsatz ist das Haushaltsjahr bei Bund, Ländern und Kommunen das Kalenderjahr. Dies wird bundesrechtlich durch die Bundeshaushaltsordnung, landesrechtlich durch die Landeshaushaltsordnungen und kommunalrechtlich durch Gemeindefinanzverordnungen und Gemeindeordnungen geregelt. Unterschiede ergeben sich weniger im Zeitraum des Haushaltsjahres als vielmehr in Art und Umfang der haushaltsrechtlichen Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf Genehmigungsverfahren, Kontrollbefugnisse der Aufsichtsbehörden, sowie die gesetzlichen Vorgaben zu Nachtragshaushalten und vorläufigen Haushaltsführungen. Daneben können bei Zweckverbänden, Eigenbetrieben oder kommunalen Unternehmen von der Kommune bestimmte Sonderregelungen für das Haushaltsjahr – etwa abweichende Geschäftsjahre – normiert werden, sofern dies mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Wie und durch wen kann eine Änderung des Haushaltsjahres rechtlich veranlasst werden?

Eine Änderung des Haushaltsjahres ist nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zulässig. Maßgeblich ist hier das Haushaltsgrundsätzegesetz in Verbindung mit den jeweils anwendbaren Haushaltsordnungen. Die Legislative (z. B. Bundestag, Landtag) muss eine entsprechende Rechtsvorschrift erlassen, in der der neue Zeitraum des Haushaltsjahres ausdrücklich festgelegt wird. Im Vorfeld sind weitreichende Folgenabschätzungen, Beteiligung sachverständiger Gremien sowie oftmals eine Anpassung angrenzender Rechtsgebiete wie Steuerrecht, Rechnungswesen und Vergabevorschriften erforderlich. Geänderte Haushaltsjahre finden sich beispielsweise bei bestimmten Anstalten oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts, wie Universitäten oder öffentlichen Unternehmen, deren Rechnungswesen dann auf ein Wirtschaftsjahr (oft 1. Oktober bis 30. September) umgestellt werden kann. Die gesetzliche Grundlage für solche Änderungen ist dabei zwingend erforderlich.

Welche Bedeutung hat die sogenannte Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr aus rechtlicher Sicht?

Die Haushaltsrechnung ist die abschließende, nach rechtlichen Grundsätzen verpflichtende Abrechnung eines jeden Haushaltsjahres und dient der Kontrolle sowie dem Nachweis der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Vergleich zu den geplanten Ansätzen. Gesetzlich geregelt ist die Erstellung durch die Haushaltsordnungen (z. B. § 112 BHO), und sie ist wesentlicher Bestandteil der Haushaltsabschlussprüfung. Behörden sind verpflichtet, für jedes Haushaltsjahr innerhalb bestimmter Fristen eine vollständige und prüffähige Haushaltsrechnung vorzulegen. Die Haushaltsrechnung bildet die Grundlage für die Entlastung durch das zuständige Parlament, das nach Prüfung durch externe Rechnungshöfe über die ordnungsgemäße und gesetzmäßige Haushaltsführung entscheidet. Versäumnisse hierbei können rechtliche oder disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen.