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Haushaltsgesetz


Allgemeines zum Haushaltsgesetz

Das Haushaltsgesetz ist ein zentrales Element der Finanzverfassung in Deutschland und zahlreichen weiteren Staaten. Es regelt die Ermächtigung zur Aufnahme und zum Einsatz öffentlicher Mittel und stellt damit eine unerlässliche Grundlage für die staatliche Haushaltsführung dar. Das Haushaltsgesetz wird jährlich oder zweijährlich von den zuständigen Gesetzgebungsorganen (in Deutschland: Bundestag und Bundesrat) verabschiedet und bildet zusammen mit dem Haushaltsplan das finanzielle Fundament staatlichen Handelns.


Rechtliche Grundlagen des Haushaltsgesetzes

Verfassungsrechtlicher Rahmen

Die Notwendigkeit eines Haushaltsgesetzes ist im Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland verankert. Nach Art. 110 GG bedürfen alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes, für jedes Rechnungsjahr, der Feststellung in einem Haushaltsgesetz. Die Genehmigung des Haushaltsgesetzes stellt ein wesentliches Element des Budgetrechts, also des Königsrechts des Parlaments, dar.

Haushaltsgrundsätze

Das Haushaltsgesetz unterliegt den Grundsätzen der Haushaltswirtschaft, insbesondere den Grundsätzen der Haushaltsklarheit und -wahrheit (§ 7 BHO), der Vollständigkeit (§ 8 BHO), der Einheit und der Jährlichkeit (§ 11 BHO). Diese betreffen sowohl die Aufstellung als auch die Durchführung des Haushaltsplans.

Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit

Das Haushaltsgesetz muss die Einnahmen und Ausgaben klar und vollständig darstellen, so dass der parlamentarischen Kontrolle Rechnung getragen wird.

Grundsatz der Jährlichkeit

Der Haushaltsplan wird grundsätzlich für ein Jahr beschlossen. In Ausnahmen kann das Haushaltsgesetz auch für zwei Jahre (Doppelhaushalt) gelten.


Struktur und Inhalt des Haushaltsgesetzes

Aufbau

Das Haushaltsgesetz besteht aus einem sogenannten Mantelgesetz und dem Haushaltsplan:

  • Mantelgesetz: Enthält allgemeine rechtliche Regelungen über Nutzung, Beschränkungen und Zweckbindung von Haushaltsmitteln.
  • Haushaltsplan: Enthält die detaillierte Aufstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben, gegliedert nach Einzelplänen (insbesondere Bundesministerien oder Ressorts).

Haushaltsgesetz vs. Haushaltsplan

Das Haushaltsgesetz ist das eigentliche Gesetz, das die Ermächtigung zum staatlichen Handeln gibt, während der Haushaltsplan die genaue Aufschlüsselung aller Einnahmen und Ausgaben in tabellarischer Form enthält. Der Haushaltsplan ist Teil des Haushaltsgesetzes und wird mit diesem beschlossen.


Verfahren der Verabschiedung

Aufstellung des Haushaltsentwurfs

Die Bundesregierung erarbeitet zu Beginn eines Haushaltsjahres einen Haushaltsentwurf, der dem Bundestag zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt wird. Die Federführung liegt beim Bundesministerium der Finanzen.

Beratung und Ausschüsse

Der Haushaltsentwurf wird in mehreren Lesungen und Ausschusssitzungen (insbesondere im Haushaltsausschuss) detailliert beraten, geändert oder ergänzt.

Verabschiedung und Inkrafttreten

Nach Abschluss der parlamentarischen Beratungen beschließt der Bundestag den Haushaltsplan durch Haushaltsgesetz. Das Gesetz tritt mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft.

Nachtragshaushaltsgesetz

Müssen im Laufe des Haushaltsjahres wesentliche Änderungen vorgenommen werden, kann ein Nachtragshaushaltsgesetz beschlossen werden.


Rechtswirkungen des Haushaltsgesetzes

Ermächtigungs- und Begrenzungsfunktion

Das Haushaltsgesetz ermächtigt die Verwaltung, die Ausgaben zu tätigen, und begrenzt sie zugleich. Ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage im Haushaltsgesetz sind Ausgaben grundsätzlich nicht zulässig.

Geltungsdauer

Das Haushaltsgesetz gilt grundsätzlich nur für das jeweilige Haushaltsjahr (Jährlichkeitsprinzip). Ausnahmen können ausdrücklich geregelt werden.

Keine Drittwirkung

Das Haushaltsgesetz ist ein sogenanntes Innenrecht; es regelt ausschließlich das Verhältnis zwischen Legislative, Exekutive und Verwaltung und schafft keine unmittelbaren Ansprüche für Dritte (z. B. Bürgerinnen und Bürger).


Besonderheiten und verwandte Regelungen

Haushaltssperre und vorläufige Haushaltsführung

Kommt ein Haushaltsgesetz zu Beginn des Haushaltsjahres nicht rechtzeitig zustande, tritt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung (§ 45 BHO) in Kraft. Die Staatsausgaben werden in diesem Fall auf ein gesetzlich definiertes Mindestmaß beschränkt.

Haushaltsgesetz in den Ländern

Auch die Bundesländer und Kommunen erlassen eigene Haushaltsgesetze, deren Ausgestaltung sich an den jeweiligen Landesverfassungen und Haushaltsordnungen orientiert (LHO).


Bedeutung und Funktion im Staatsgefüge

Kontrolle und Transparenz

Das Haushaltsgesetz gewährleistet die parlamentarische Kontrolle der Staatsausgaben und sorgt so für Transparenz staatlicher Finanzströme.

Wirtschafts- und Finanzpolitik

Über das Haushaltsgesetz nimmt das Parlament Einfluss auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik, indem es Schwerpunkte bei der Mittelverwendung und Investitionsplanung setzt.


Literatur

  • Bundeshaushaltsordnung (BHO)
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), insbesondere Art. 110
  • Siekmann, Haushaltrecht des Bundes und der Länder, Bund-Verlag

Mit dieser detaillierten Darstellung bietet der Artikel einen fundierten Überblick über den Begriff „Haushaltsgesetz“, erläutert die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen und legt dessen zentrale Rolle innerhalb der staatlichen Finanzverfassung dar.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen gelten für das Haushaltsgesetz in Deutschland?

Das Haushaltsgesetz basiert in Deutschland primär auf den Vorgaben des Grundgesetzes, worin die haushaltsrechtlichen Kompetenzen des Bundes und der Länder geregelt werden. Artikel 110 GG legt fest, dass alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes in einem Haushaltsplan veranschlagt und durch Gesetz festgestellt werden müssen, das sogenannte Haushaltsgesetz. Das Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) und die Bundeshaushaltsordnung (BHO) konkretisieren die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Aufstellung, Ausführung und Kontrolle des Haushalts. Auch das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz und die europarechtlichen Regeln wie insbesondere der Fiskalpakt und die Schuldenbremse (Artikel 109, 115 GG) wirken unmittelbar auf das Haushaltsgesetz ein. Haushaltsgesetze sind zudem formelle Gesetze, die dem gleichen Gesetzgebungsverfahren wie andere Bundesgesetze unterliegen, jedoch als jährliche Gesetzgebung angelegt sind und regelmäßig befristet werden. Das Haushaltsgesetz besitzt meistens keine unbefristete materielle Wirkung, sondern ist jeweils für das betreffende Haushaltsjahr gültig.

Inwieweit unterliegt das Haushaltsgesetz dem Parlamentsvorbehalt?

Das Haushaltsgesetz unterliegt vollständig dem Parlamentsvorbehalt. Das heißt, dass das Haushaltsgesetz ausschließlich vom Parlament verabschiedet werden kann. Für den Bund ist dies der Deutsche Bundestag. Damit stellt die Haushaltsgesetzgebung einen zentralen Teil des Budgetrechts, also des Königsrechts des Parlaments, dar. Die Regierung erstellt zwar den Entwurf für das Haushaltsgesetz, doch erst nach ausführlicher Beratung, etwa in den Ausschüssen für Haushalt und Finanzen, beschließt das Parlament das Gesetz. Ohne die Zustimmung des Bundestags (bzw. der Landtage auf Landesebene) kann kein gültiges Haushaltsgesetz erlassen werden, was die demokratische Kontrolle und Steuerung der staatlichen Finanzen sicherstellt.

Welche Rechtswirkung entfaltet das Haushaltsgesetz?

Das Haushaltsgesetz hat eine doppelte Rechtswirkung: Es ist zum einen formelles Gesetz und zum anderen Grundlage für die Verwaltungstätigkeit innerhalb des jeweiligen Haushaltsjahres. Es berechtigt und verpflichtet die Exekutive, die veranschlagten Ausgaben zu leisten und die vorgesehenen Einnahmen zu erheben. Gleichzeitig setzt es für die Verwaltung verbindliche Ausgabengrenzen sowie Formalien für die Mittelverwendung. Darüber hinaus enthält das Haushaltsgesetz häufig spezielle haushaltsrechtliche Regelungen, sogenannte Haushaltsvermerke, die den Haushaltsplan konkretisieren und für das jeweilige Haushaltsjahr Ausnahmen oder Ergänzungen zu bestehenden haushaltsrechtlichen Vorschriften festlegen können. Gegenüber Dritten begründet das Haushaltsgesetz jedoch keine unmittelbaren Ansprüche, sondern wirkt intern-regelnd zwischen Legislative, Exekutive und Prüfinstanzen wie dem Bundesrechnungshof.

Kann das Haushaltsgesetz verfassungsrechtlich überprüft werden?

Ja, das Haushaltsgesetz unterliegt der verfassungsrechtlichen Kontrolle. Da es sich um ein formelles Gesetz handelt, ist es grundsätzlich mit einer Normenkontrollklage nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG vor dem Bundesverfassungsgericht überprüfbar. Im Rahmen dieser Kontrolle kann etwa geprüft werden, ob das Haushaltsgesetz gegen die Vorgaben des Grundgesetzes, insbesondere gegen die Haushaltsgrundsätze, das Demokratieprinzip, die Schuldenbremse und das Rechtsstaatsprinzip verstößt. Typische Prüfungsmaßstäbe betreffen Transparenz und Vollständigkeit des Haushaltsplans, die Einhaltung des Jährlichkeitsprinzips, das Prinzip der Einzelveranschlagung und die Zulässigkeit von Kreditaufnahmen. Gegen Normverstöße können auch betroffene Abgeordnete oder Fraktionen klagen, beispielsweise wenn das Budgetrecht des Parlaments verletzt wurde. Außerdem sind haushaltsrechtliche Vorschriften auch Gegenstand von Organstreitverfahren, etwa bei Kompetenzstreitigkeiten zwischen Regierung und Parlament.

Welche Bedeutung hat das Haushaltsgesetz für Kreditaufnahmen des Staates?

Das Haushaltsgesetz legt die Höhe zulässiger Kreditaufnahmen in einem Haushaltsjahr verbindlich fest und setzt damit die rechtlichen Grenzen staatlicher Verschuldung. Gemäß Art. 115 GG darf die Nettokreditaufnahme des Bundes grundsätzlich die Investitionsausgaben nicht überschreiten, wobei seit der Föderalismusreform und der Einführung der Schuldenbremse (Art. 109 Abs. 3 GG) eine strukturelle Nettoneuverschuldung weitgehend ausgeschlossen ist, vorbehaltlich außergewöhnlicher Notsituationen (z.B. Naturkatastrophen oder schwere Wirtschaftskrisen). Das Haushaltsgesetz spezifiziert für das betreffende Haushaltsjahr die konkrete Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten und regelt, in welcher Höhe und zu welchen Zwecken staatliche Verschuldung zulässig ist. Darüber hinaus können im Haushaltsgesetz Rücklagen und Reserven verankert werden, etwa für konjunkturelle Ausgleichszwecke oder Sonderprogramme.

Welche Regelungen bestehen im Haushaltsgesetz bezüglich Nachtragshaushalt und Haushaltsüberschreitungen?

Das Haushaltsgesetz kann Vorgriffe oder Überschreitungen im Rahmen bestehender Haushaltsbewilligungen zulassen, indem es die sogenannte Gesamtheitsflexibilität gewährt oder durch Haushaltsvermerke abweichende Regelungen trifft. Kommt es jedoch zu außerplanmäßigen oder überplanmäßigen Ausgaben, die im ursprünglichen Haushaltsplan nicht vorgesehen sind und deren Finanzierung erhebliche Bedeutung erlangt, ist ein Nachtragshaushaltsgesetz erforderlich. Die rechtlichen Voraussetzungen für Erlass und Verfahren eines Nachtragshaushalts folgen den gleichen Regelungen wie das reguläre Haushaltsgesetz: Der Nachtragshaushalt muss erneut den parlamentarischen Gesetzgebungsprozess durchlaufen. Die Bundeshaushaltsordnung (BHO) und jeweilige Landeshaushaltsordnungen regeln, wann und unter welchen Umständen ein Nachtragshaushalt notwendig wird und wie mit Haushaltsüberschreitungen verfahren werden darf.

Wie werden Verstöße oder Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem Haushaltsgesetz rechtlich verfolgt?

Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorgaben, wie sie im Haushaltsgesetz niedergelegt sind, unterliegen verschiedenen Kontrollinstanzen und Sanktionsmechanismen. Primär erfolgt die Überwachung durch den Bundesrechnungshof bzw. die Landesrechnungshöfe, die die rechtmäßige und sparsame Verwendung öffentlicher Mittel prüfen. Ergeben sich aus der Prüfung Beanstandungen, können diese zu parlamentarischen Konsequenzen führen, bis hin zu politischen Verantwortlichkeiten der Amtsträger. Bei schwerwiegenden Verstößen können disziplinarische, beamtenrechtliche oder gar strafrechtliche Schritte eingeleitet werden, etwa bei Haushaltsuntreue nach § 266 Strafgesetzbuch (StGB). Zudem besteht in gravierenden Fällen auch die Möglichkeit verfassungsrechtlicher Überprüfung, etwa durch Einleitung eines Organstreits oder eines Normenkontrollverfahrens, wenn die Haushaltsgrundsätze verletzt wurden.

Welche Rolle spielen europäische haushaltsrechtliche Vorgaben für das deutsche Haushaltsgesetz?

Das deutsche Haushaltsgesetz muss sich zunehmend an europäischen Vorgaben und Regelwerken orientieren. Insbesondere der Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Union und der Europäische Fiskalpakt setzen verbindliche Vorgaben für Haushaltsdisziplin, Defizitgrenzen und Verschuldung. Die europäischen Regelungen werden in nationales Recht umgesetzt und durch das Haushaltsgesetz konkretisiert, indem die deutschen Defizit- und Verschuldungsregelungen an die europarechtlichen Vorgaben angepasst werden. Dadurch ergeben sich zusätzliche Prüf- und Berichtspflichten sowohl für die Bundesregierung als auch für das Parlament und Kontrollorgane. Verstöße gegen die europäischen Haushaltsregeln können zu Sanktionen durch die EU-Kommission führen und werden mithilfe von Berichten und Überwachungsmechanismen (z.B. „Europäisches Semester“) auf nationaler Ebene kontrolliert.