Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Steuerrecht»Hauptfeststellung

Hauptfeststellung


Begriff und rechtliche Einordnung der Hauptfeststellung

Die Hauptfeststellung ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht, insbesondere im Kontext des Bewertungsrechts sowie der Grundsteuer und Grundbesitzbewertung. Sie beschreibt einen formellen Verwaltungsakt, durch den zu einem festgelegten Stichtag der Wert von Grundstücken, land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie weiteren wirtschaftlichen Einheiten nach einheitlichen Grundsätzen festgestellt wird. Die Bedeutung der Hauptfeststellung ergibt sich insbesondere aus ihrer Funktion als Ausgangsbasis für die Erhebung der Grundsteuer durch die Festsetzung sogenannter Einheitswerte.

Gesetzliche Grundlagen der Hauptfeststellung

Bewertungsgesetz (BewG)

Die maßgeblichen Vorschriften zur Hauptfeststellung finden sich im Bewertungsgesetz (BewG). Nach § 21 BewG werden zur Hauptfeststellung sogenannte Einheitswerte für Grundstücke und Betriebe der Land- und Forstwirtschaft festgestellt. Diese Werte dienen als Grundlage für steuerliche Bewertungs- und Abgabenbemessungen.

Stichtagsprinzip

Das Stichtagsprinzip ist in § 21 Abs. 2 BewG normiert und legt fest, dass die Wertermittlung jeweils zum 1. Januar eines Kalenderjahres der Hauptfeststellung erfolgt. Die bisher letzten Hauptfeststellungen erfolgten beispielsweise in den Jahren 1935, 1964 sowie – im Zuge der Grundsteuerreform – zum 1. Januar 2022.

Feststellungsverfahren nach § 180 Abgabenordnung (AO)

Die Hauptfeststellung ist ein gesondertes Feststellungsverfahren nach § 180 AO. Sie ist ein Verwaltungsverfahren mit Sammelcharakter und bildet die rechtliche Grundlage zur Festsetzung und Erstellung von Feststellungsbescheiden für mehrere Steuerpflichtige.

Ablauf und Bedeutung der Hauptfeststellung im Steuerrecht

Durchführung der Hauptfeststellung

Die Durchführung der Hauptfeststellung obliegt den zuständigen Finanzämtern. Die Wertermittlung erfolgt auf der Grundlage einheitlicher Bewertungsmaßstäbe, wie sie im Bewertungsgesetz definiert sind. Im Rahmen der Hauptfeststellung werden wirtschaftliche Einheiten schriftlich festgestellt und mit Bescheid bekannt gegeben.

Bindungswirkung der Hauptfeststellung

Die Hauptfeststellung besitzt eine feststellende Wirkung, die für die Besteuerung und Verwaltung verbindlich ist. Die anerkannten Werte bleiben in der Folgezeit maßgeblich, bis eine neue Hauptfeststellung durchgeführt oder eine Nachfeststellung, Fortschreibung oder Aufhebung erfolgt (§ 22 ff. BewG).

Fortschreibung, Nachfeststellung, Aufhebung

Daneben sieht das Bewertungsgesetz neben der Hauptfeststellung folgende Verfahrensarten vor:

  • Fortschreibung: Anpassung der Einheitswerte aufgrund von Veränderungen an der wirtschaftlichen Einheit (z. B. Eigentumswechsel, bauliche Änderungen).
  • Nachfeststellung: Durchführung der Wertfeststellung für Einheiten, die zum Zeitpunkt der vorherigen Hauptfeststellung nicht bestanden.
  • Aufhebung: Entfallen der wirtschaftlichen Einheit, wodurch der Einheitswert aufzuheben ist.

Hauptfeststellung im Kontext der Grundsteuerreform

Mit der Reform des Grundsteuerrechts wurde die Hauptfeststellung zu einem zentralen Instrument der Neubewertung sämtlicher Grundstücke in Deutschland. Die letzte umfassende Hauptfeststellung wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2022 durchgeführt und bildet seither die Grundlage für die Erhebung der neuen Grundsteuer ab dem Jahr 2025.

Einheitliche Bewertungsgrundlagen und Rechtsfolgen

Im Rahmen der Hauptfeststellung werden alle Bewertungen nach einheitlichen, gesetzlichen Kriterien durchgeführt. Rechtsgrundlage bilden dabei im Wesentlichen das Bewertungsgesetz sowie die Grundsteuer-Reformgesetze auf Bundes- und Landesebene. Die festgestellten Werte gelten für steuerliche Zwecke bis zur nächsten Hauptfeststellung oder einer etwaigen Fortschreibung.

Bedeutung für Steuerpflichtige

Die im Rahmen der Hauptfeststellung festgestellten Einheitswerte und Grundsteuerwerte sind für die jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten verbindlich und werden den Eigentümern mittels Feststellungsbescheid mitgeteilt. Gegen einen Feststellungsbescheid ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.

Abgrenzung zu anderen Arten von Feststellungen

Die Hauptfeststellung ist strikt von der Fortschreibung, Nachfeststellung und Aufhebung zu trennen. Während die Hauptfeststellung regelmäßig und umfassend für alle wirtschaftlichen Einheiten erfolgt, sind die übrigen Verfahren auf konkrete Änderungen beschränkt.

Rechtsfolgen einer Hauptfeststellung

Die Ergebnisse der Hauptfeststellung entfalten Bindungswirkung für die Erhebung der Grundsteuer, Gewerbesteuer und Erbschaftssteuer sowie für weitere steuerliche Bewertungszwecke. Sie bilden die Entscheidungsbasis für steuerliche Belastungen und etwaige Rechtsmittelverfahren.

Rechtsschutzmöglichkeiten bei der Hauptfeststellung

Gegen Feststellungsbescheide aufgrund einer Hauptfeststellung steht den Betroffenen das Rechtsbehelfsverfahren nach der Abgabenordnung offen. Einwände gegen die Höhe des festgestellten Werts müssen im Rahmen von Einspruchsverfahren vor den zuständigen Finanzbehörden geltend gemacht werden. Unabhängig davon besteht die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung durch Anrufung der Finanzgerichte.

Zusammenfassung

Die Hauptfeststellung ist ein zentrales Verfahren der steuerlichen Bewertung wirtschaftlicher Einheiten, insbesondere für Zwecke der Grundsteuer. Sie ist umfassend im Bewertungsgesetz geregelt und stellt sicher, dass steuerliche Belastungen auf einer aktuellen, einheitlichen und rechtssicheren Bewertungsgrundlage erfolgen. Ihre Durchführung, Bindungswirkung und die gewährleisteten Rechtschutzmöglichkeiten machen sie zu einem bedeutenden Instrument in der Verwaltung des deutschen Steuerrechts.


Weiterführende Informationen:

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Hauptfeststellung in Deutschland?

Die Hauptfeststellung wird in Deutschland insbesondere durch das Bewertungsgesetz (BewG) geregelt, welches detaillierte Vorgaben für den Ablauf, den Zeitpunkt sowie den Umfang der Hauptfeststellung enthält. Zentral ist hierbei § 21 BewG, der explizit die Hauptfeststellung von Grundbesitzwerten, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie Betriebsvermögen anspricht. Daneben spielen einzelne Vorschriften der Abgabenordnung (AO), insbesondere zu Mitwirkungspflichten und Fristen, eine wichtige Rolle. Auch landesspezifische Ausführungsgesetze können Relevanz besitzen, wenn es um die organisatorische Durchführung geht. Die Verknüpfung zur Grundsteuerreform sowie die Einbettung in das System der steuerlichen Wertermittlung werden ebenfalls durch diese gesetzlichen Grundlagen sichergestellt.

Wer ist im Rahmen der Hauptfeststellung zur Mitwirkung verpflichtet?

Im rechtlichen Kontext sind zur Mitwirkung an der Hauptfeststellung sämtliche Eigentümer und wirtschaftliche Eigentümer der betroffenen Grundstücke und Betriebe verpflichtet, ebenso wie unter Umständen Verwalter, Erbbauberechtigte und sonstige Nutzungsberechtigte. Die Rechtsgrundlage bildet hier insbesondere § 200 AO, wonach jeder Steuerpflichtige alles zu tun hat, was zur Feststellung der steuerlichen Verhältnisse erforderlich ist. Diese Mitwirkung umfasst die Verpflichtung zur fristgemäßen Abgabe von Feststellungserklärungen, zur Vorlage von Urkunden, Nachweisen und anderen Unterlagen sowie die Duldung von Nachfragen und ggf. Besichtigungen durch die Finanzbehörden. Verstöße gegen diese Mitwirkungspflichten können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 379 AO) und zu Schätzungsmaßnahmen führen.

Welche Fristen sind bei der Hauptfeststellung gesetzlich zu beachten?

Die gesetzlich relevanten Fristen im Zusammenhang mit der Hauptfeststellung ergeben sich aus § 228 AO (Feststellungsfristen) und speziell aus den Durchführungsverordnungen zur jeweiligen Hauptfeststellung. Maßgeblich ist zunächst der Stichtag der Hauptfeststellung (z. B. 1. Januar 2022 für die Grundsteuerreform), zu welchem die tatsächlichen Verhältnisse erhoben werden. Die Feststellungserklärung ist in der Regel innerhalb einer von der Finanzverwaltung gesetzten Frist einzureichen, deren Dauer auf Grundlage der AO und der jeweiligen Verlautbarungen bestimmt wird. Die Bearbeitung der Feststellung durch das Finanzamt unterliegt ebenfalls Fristen, wobei Verspätungen primär die Steuerpflichtigen nachteilig betreffen können, etwa durch Schätzungen oder Verzugszinsen.

Welche Rechtsmittel stehen gegen Feststellungsbescheide nach der Hauptfeststellung zur Verfügung?

Gegen einen im Rahmen der Hauptfeststellung ergangenen Feststellungsbescheid stehen dem Steuerpflichtigen die im deutschen Verwaltungsrecht üblichen Rechtsbehelfe zur Verfügung, insbesondere der Einspruch gemäß § 347 AO. Dieser ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich oder zur Niederschrift bei der zuständigen Finanzbehörde einzulegen. Im Falle der Ablehnung oder Teilstattgabe kann innerhalb eines Monats nach Zugang der Einspruchsentscheidung Klage vor dem zuständigen Finanzgericht erhoben werden. Die aufschiebende Wirkung, Fristen, Formvorschriften und spezifische Anforderungen regeln die AO sowie die Finanzgerichtsordnung (FGO).

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen rechtliche Pflichten im Rahmen der Hauptfeststellung?

Bei Verstößen gegen die Rechtspflichten im Rahmen der Hauptfeststellung – etwa durch die nicht fristgerechte Abgabe der Feststellungserklärung, unvollständige Angaben oder die Verweigerung der Mitwirkung – sieht das Gesetz verschiedene Sanktionen vor. Gemäß § 379 AO können in solchen Fällen Zwangsgelder verhängt werden, zudem drohen Verspätungszuschläge nach § 152 AO. Sollte falsche Angaben gemacht werden, kann auch der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllt werden, was zu Geld- oder Freiheitsstrafen führen kann. Ferner werden bei fehlender Mitwirkung die Besteuerungsgrundlagen geschätzt (§ 162 AO), was regelmäßig zu einer ungünstigeren Steuerlast führt und nachteilige Rechtsfolgen für die Betroffenen hat.

Gibt es eine Möglichkeit der Berichtigung eines ergangenen Feststellungsbescheides nach Abschluss der Hauptfeststellung?

Ja, das Bewertungsgesetz und die Abgabenordnung sehen vielfältige Möglichkeiten zur Berichtigung, Änderung oder Aufhebung eines Feststellungsbescheides auch nach dessen Bestandskraft vor. Nach § 173 AO kann ein Bescheid unter bestimmten Umständen geändert werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die eine höhere oder niedrigere Steuer rechtfertigen. Zudem kann bei offenbaren Unrichtigkeiten (z. B. Schreibfehlern) gemäß § 129 AO berichtigt werden. Sofern sich ein Feststellungsbescheid im Nachhinein als rechtswidrig erweist, ist grundsätzlich ein Änderungsantrag oder ggf. ein Antrag auf schlichte Änderung denkbar. Diese Korrekturmechanismen dienen der materiellen Richtigkeit und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

Inwiefern wirkt die Hauptfeststellung auf andere Steuerarten?

Die Ergebnisse der Hauptfeststellung, insbesondere die festgestellten Grundstückswerte, bewirken unmittelbare Bindungswirkung (sogenannte Tatbestandswirkung) für andere Steuerarten, welche auf den festgestellten Werten aufbauen. Dies betrifft insbesondere die Grundsteuer, für die der Grundbesitzwert aus der Hauptfeststellung die Bemessungsgrundlage bildet. Ebenso können die Werte im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer oder der Grunderwerbsteuer maßgeblich sein (§ 151 BewG). Diese Bindungswirkung ist von Gesetzes wegen zwingend, sodass für nachgelagerte steuerrechtliche Verfahren eine eigenständige Prüfung der Wertansätze regelmäßig ausgeschlossen ist, solange der Feststellungsbescheid nicht angefochten und abgeändert wurde.