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Handwerkskammer


Begriff und rechtlicher Status der Handwerkskammer

Die Handwerkskammer ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die im deutschen Rechtssystem eine zentrale Rolle bei der Selbstverwaltung des Handwerks innehat. Sie ist damit Teil der mittelbaren Staatsverwaltung und erfüllt hoheitliche Aufgaben im Interesse des Handwerks sowie der Allgemeinheit. Rechtsgrundlage der Handwerkskammern ist insbesondere die Handwerksordnung (HwO), die vielfältige Aufgaben, Mitgliederstruktur und die spezifische Stellung der Handwerkskammern normiert.

Historische Entwicklung

Handwerkskammern wurden in Deutschland erstmals mit dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks im Jahr 1897 eingeführt, um eine einheitliche Interessenvertretung des Handwerks zu gewährleisten. Seither wurden ihre Kompetenzen und Aufgaben im Zuge verschiedener Reformen, insbesondere durch das Handwerksgesetz von 1953 und die Novellierung der Handwerksordnung 1965, fortlaufend erweitert und neu definiert.

Rechtsgrundlagen der Handwerkskammer

Handwerksordnung (HwO)

Zentrale Rechtsnorm ist die Handwerksordnung (HwO) vom 17. September 1953 (BGBl. 1953 I S. 1411), die seither mehrfach geändert wurde. Sie regelt unter anderem die Einrichtung, die Aufgaben, die Mitgliedschaft, die Organe sowie die Finanzierung der Handwerkskammern. Ergänzende Regelungen finden sich in den Landeskammergesetzen der Bundesländer sowie in der jeweiligen Satzung der Handwerkskammer.

Öffentliche-rechtliche Körperschaft

Handwerkskammern sind keine Behörden im engeren Sinne, jedoch mit Zwangsmitgliedschaft und hoheitlicher Befugnis ausgestattet. Sie besitzen Satzungsautonomie (§ 106 HwO), können eigene Haushalte führen und sind Träger eigener Rechte und Pflichten. Sie unterliegen der Rechtsaufsicht der jeweils zuständigen Landesministerien, üblicherweise des Ministeriums für Wirtschaft.

Funktionen und Aufgaben der Handwerkskammer

Pflichtmitgliedschaft und Aufgabenbereich

Nach § 90 HwO ist die Zugehörigkeit zu einer Handwerkskammer für alle selbständigen Inhaber eines in die Handwerksrolle einzutragenden Betriebs sowie für bestimmte handwerksähnliche Betriebe verpflichtend (Pflichtmitgliedschaft). Die Kammer vertritt somit sämtliche Handwerksunternehmen des jeweiligen Bezirks.

Gesetzliche Aufgaben

Die Handwerkskammer nimmt zahlreiche gesetzlich festgelegte Aufgaben wahr, darunter:

  • Führung der Handwerksrolle (§§ 6 ff. HwO)
  • Führung des Verzeichnisses der handwerksähnlichen Gewerbe (§ 19 HwO)
  • Regelung der Berufsausbildung (Überwachung, Prüfungen, Erlass von Prüfungsordnungen; §§ 27 ff. HwO)
  • Förderung der handwerklichen Interessen, Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Unterstützung der Mitglieder
  • Ordnung der Gesellen- und Meisterprüfungen
  • Ausstellen von Urkunden und Bescheinigungen im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben
  • Bestellung von Sachverständigen (§ 91 HwO)
  • Vermittlung bei Streitigkeiten im Handwerk (§ 111 Abs. 2 HwO)

Freiwillige Aufgaben

Über die gesetzlichen Aufgaben hinaus nimmt die Handwerkskammer freiwillige Aufgaben wahr, wie die Durchführung von Weiterbildungsangeboten, Veranstaltungen oder die Förderung des handwerklichen Nachwuchses.

Organe und Organisation der Handwerkskammern

Aufbau und Zuständigkeit

Handwerkskammern sind regional gegliedert und entsprechen in der Regel dem Zuschnitt der Bundesländer, einige umfassen auch grenzüberschreitende Kammerbezirke. Ihr Sitz und räumlicher Wirkungskreis werden per Landesrecht bestimmt.

Die Organe der Handwerkskammer

Gemäß § 94 HwO gliedern sich die Handwerkskammern in folgende Organe:

  • Vollversammlung: Exekutivorgan und oberstes Beschlussgremium, bestehend aus gewählten Vertretern der selbständigen Handwerksmeister und der Arbeitnehmer (Paritätische Besetzung).
  • Vorstand: Geschäftsführendes Organ.
  • Ausschüsse: Für einzelne Sachbereiche können spezielle Ausschüsse eingerichtet werden (z.B. Prüfungsausschuss, Ausbildungs- oder Sachverständigenausschuss).

Die Mitglieder der Organe werden demokratisch gewählt; dabei ist das Prinzip der Selbstverwaltung und ausgewogene Repräsentation der Betriebsinhaber und der im Handwerk beschäftigten Gesellen zentral.

Geschäftsführung und Rechtsaufsicht

Die laufenden Geschäfte erledigt die Geschäftsführung unter Leitung des Hauptgeschäftsführers, welcher durch den Vorstand bestellt wird. Die Rechtsaufsicht werden von den Landesministerien wahrgenommen; diese beschränken sich auf die Kontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit der Entscheidungen der Kammerorgane.

Rechte und Pflichten der Handwerkskammermitglieder

Rechte

Mitglieder haben insbesondere Anspruch auf:

  • Beratung und Unterstützung in allen Fragen der Betriebsführung, Rechtsfragen des Handwerks und Ausbildung
  • Teilnahme an Weiterbildungen und Seminaren der Handwerkskammer
  • Mitbestimmung und Partizipation in den Organen der Kammer (aktives und passives Wahlrecht)

Pflichten

Die Pflichtmitgliedschaft bringt zugleich Verpflichtungen mit sich:

  • Beitragszahlungspflicht (Kammerbeitrag nach § 113 HwO)
  • Mitwirkung bei Kammerwahlen
  • Befolgung der satzungsmäßigen Regelungen der Kammer und der Handwerksordnung

Finanzierung der Handwerkskammer

Die Finanzierung erfolgt vorrangig durch Beiträge der Mitglieder. Die Beitragsordnung wird durch die Vollversammlung beschlossen und orientiert sich in der Regel an Betriebsgröße und Umsatz. Weitere Einnahmen können aus Gebühren für spezielle Dienstleistungen oder der Durchführung von Prüfungen stammen (§ 113 HvO).

Rechtsbehelfe und Rechtsschutz

Gegen Verwaltungsakte der Handwerkskammer besteht gemäß §§ 9 ff. VwGO der Verwaltungsrechtsweg. Typische Streitfälle ergeben sich etwa bei der Eintragung in die Handwerksrolle, Beitragserhebungen oder Prüfungsangelegenheiten. Die Klage ist an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht zu richten.

Überwachung, Kontrolle und Transparenz

Handwerkskammern unterliegen einer staatlichen Rechtsaufsicht, welche durch das zuständige Ministerium ausgeübt wird. Sie sind verpflichtet, Haushaltsführung, Geschäftsordnung und bedeutende Beschlüsse transparent zu dokumentieren. Zusätzlich bestehen interne Kontrollmechanismen durch eigene Kassenprüfer oder Rechnungsprüfungsorgane.

Bundesweite Zusammenschlüsse

Die Handwerkskammern sind bundesweit im Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) zusammengeschlossen. Dieser Bund der Kammern koordiniert gemeinsame Angelegenheiten auf Bundesebene und vertritt das Handwerk gegenüber der Bundesregierung sowie internationalen Organisationen.

Zusammenfassung

Die Handwerkskammer stellt einen essentiellen Bestandteil der Selbstverwaltung im Handwerk dar. Sie erfüllt wichtige hoheitliche, ordnende und unterstützende Funktionen zum Schutz und zur Entwicklung des Handwerks in Deutschland. Gesetzliche Grundlagen, Pflichtmitgliedschaft, spezifische Aufgaben und demokratische Selbstverwaltung zeichnen die Institution aus und gewährleisten die rechtsstaatliche Legitimation der Kammer. Ihre Tätigkeiten reichen von der Ausbildung über die Überwachung der Berufsausübung bis zur Vertretung des Handwerks auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten bestehen für Handwerksbetriebe gegenüber der Handwerkskammer?

Handwerksbetriebe, die zulassungspflichtige oder zulassungsfreie handwerkliche Tätigkeiten nach der Handwerksordnung (HwO) ausüben, sind zur Eintragung in die Handwerksrolle bzw. das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke verpflichtet (§§ 1, 6 HwO). Mit dieser Eintragung gehen verschiedene rechtliche Pflichten einher. Zum einen sind Betriebe verpflichtet, der Handwerkskammer alle wesentlichen Änderungen (wie z. B. Wechsel der Geschäftsführung, Änderung des Geschäftssitzes, Aufgabe einzelner Betriebszweige oder die Betriebsaufgabe an sich) unverzüglich anzuzeigen. Des Weiteren ist der Betrieb zur Zahlung der Kammerbeiträge verpflichtet (§ 113 HwO), wobei bei der Festsetzung der Beiträge die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden muss. Die Mitglieder müssen außerdem die von der Handwerkskammer erlassenen Satzungen und Ordnungen beachten und unterliegen der Beratung, Auskunfts- und Unterstützungsfunktion der Kammer. Im Rahmen der Lehrlingsausbildung bestehen zudem spezifische Pflichten in Bezug auf die Eintragung der Ausbildungsverhältnisse und die Sicherstellung der Ausbildungsqualität gemäß § 28 ff. BBiG i.V.m. der HwO.

Welche Rechte und Möglichkeiten der Mitbestimmung haben Mitglieder einer Handwerkskammer?

Mitglieder der Handwerkskammer haben das Recht auf Beteiligung an der Selbstverwaltung der Kammer im Rahmen der organisatorischen Strukturen, wie sie im HWK-Gesetz und in der Satzung festgelegt sind. Jedes Mitglied besitzt das aktive und passive Wahlrecht zur Wahl der Vollversammlung, die das zentrale Organ der Selbstverwaltung darstellt. Über die Wahl können Mitglieder Einfluss auf die strategische Ausrichtung und die Beschlussfassung der Kammer nehmen (§ 52 HwO). In den Ausschüssen und der Vollversammlung können Mitglieder Anträge stellen sowie an Abstimmungen teilnehmen, sofern sie als Delegierte gewählt werden. Ferner besteht das Recht auf Information über sämtliche Angelegenheiten der Kammer und die Inanspruchnahme der von der Kammer angebotenen Leistungen, wie Beratung, Rechtsauskünfte und Fördermaßnahmen. Gegen Beschlüsse der Kammer können Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsmittel (z.B. Widerspruch oder Klage) einlegen.

Wie ist die Handwerkskammer rechtlich organisiert und welche Bedeutung hat ihre Körperschaft des öffentlichen Rechts?

Handwerkskammern sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 90 HwO) organisiert. Das bedeutet, sie verfügen über eigene Rechtspersönlichkeit, können Rechte erwerben und Pflichten eingehen sowie im eigenen Namen klagen und verklagt werden. Sie unterliegen der Rechtsaufsicht des jeweiligen Landes und handeln im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben der Handwerksordnung. Die Mitgliedschaft in einer Handwerkskammer ist für alle nach HwO eingetragenen Handwerksbetriebe Pflicht, was der Kammer eine Zwangsmitgliedschaft verleiht. Ihre Aufgaben und die Organisation werden durch Satzungen und Ordnungen weiter konkretisiert, die von der Vollversammlung erlassen werden. Diese rechtliche Struktur gibt der Kammer Hoheitsbefugnisse, wie etwa die Erhebung von Beiträgen und den Erlass von Verwaltungsakten.

In welchem Maße unterliegt die Handwerkskammer der staatlichen Aufsicht und Kontrolle?

Handwerkskammern unterliegen nach § 106 HwO einer staatlichen Aufsicht, die von den zuständigen Landesministerien wahrgenommen wird. Die Aufsicht beschränkt sich dabei auf die Rechtsaufsicht, das heißt, sie kontrolliert, ob die Organe der Kammer ihr Handeln im Einklang mit geltendem Recht und der Satzung ausrichten. Verwaltungsakte, wie z.B. der Erlass von Gebührenordnungen oder die Festsetzung von Beiträgen, bedürfen häufig der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Im Fall von Rechtsverletzungen kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen anordnen oder Satzungen ganz oder teilweise aufheben. Die staatliche Aufsicht ist jedoch darauf angelegt, die Autonomie der Kammern zu achten, sodass ein unmittelbares Eingreifen nur im Ausnahmefall erfolgt.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen Beitragserhebungen der Handwerkskammer?

Gegen Beitragsbescheide der Handwerkskammer können betroffene Betriebe oder Mitglieder grundsätzlich Rechtsmittel einlegen. Zunächst ist regelmäßig ein Widerspruch einzulegen, der gegenüber der Kammer selbst zu begründen ist. Wird diesem nicht abgeholfen, besteht die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht Klage zu erheben (§ 68 VwGO ff.). Die Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ergibt sich aus der Handwerksordnung und der von der Kammer erlassenen Beitragssatzung, die rechtlich überprüfbar ist. Die Mitgliedschaft und Beitragspflicht als solche sind verfassungsrechtlich anerkannt (BVerfG, Beschluss v. 23.06.2001, 1 BvR 873/97), jedoch können fehlerhafte Beitragsbescheide (z.B. bei falscher Bemessungsgrundlage) angefochten werden. Ein Widerspruch gegen die generelle Beitragspflicht ist nur dann aussichtsreich, wenn die Eintragung in die Handwerksrolle rechtswidrig war.

Inwieweit kann die Handwerkskammer Ordnungsgelder oder Sanktionen verhängen?

Die Handwerkskammer verfügt im Rahmen ihres hoheitlichen Status über bestimmte Sanktionsmöglichkeiten. So kann die Kammer gegen Mitglieder, die ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen, etwa die Eintragung von Ausbildungsverhältnissen versäumen oder ihre Beitragspflicht verletzen, Verwaltungsakte erlassen, zu denen auch die Festsetzung von Ordnungsgeldern gehört. Rechtsgrundlage sind dabei die Handwerksordnung, das Verwaltungsverfahrensgesetz und einschlägige Satzungen. Ordnungsgelder können beispielsweise dann verhängt werden, wenn Betriebe ihrer Mitwirkungspflicht bei statistischen oder ausbildungsbezogenen Erhebungen nicht nachkommen. Weitergehende Sanktionen sind der Entzug der Eintragung aus der Handwerksrolle oder verwaltungsrechtliche Klagen auf Zahlung rückständiger Beiträge.

Welche Rolle spielt die Handwerkskammer im Bereich der Berufsausbildung aus rechtlicher Sicht?

Die Handwerkskammer hat im Bereich der Berufsausbildung eine aus der Handwerksordnung (§ 30 HwO) und dem Berufsbildungsgesetz (§ 71 BBiG) hervorgehende zentrale Stellung. Rechtlich ist sie für die Überwachung der Ausbildung verantwortlich sowie für die ordnungsgemäße Eintragung der Auszubildenden in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse. Sie ernennt Prüfungsausschüsse, nimmt Abschlussprüfungen ab und entscheidet über die Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Bei Streitigkeiten zwischen Auszubildenden und Betrieben ist die Kammer zudem die zuständige Schlichtungsstelle. Versäumnisse von Betrieben im Rahmen der Ausbildung werden durch die Kammer dokumentiert und ggf. mit verwaltungsrechtlichen Maßnahmen geahndet.