Begriff und Rechtsstellung des Handlungsgehilfen
Der Handlungsgehilfe ist ein Begriff im deutschen Handelsrecht (§ 59-§ 75 Handelsgesetzbuch, kurz: HGB) und bezeichnet eine im Handelsgewerbe tätige Person, die in einem Arbeitsverhältnis als Angestellter regelmäßig mit Aufgaben betraut wird, die zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehören, aber nicht die Stellung eines Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten innehat. Der Handlungsgehilfe steht in einem Dienstverhältnis zu einem Kaufmann und unterstützt diesen bei der Ausführung der Handelsgeschäfte. Die rechtliche Stellung, Pflichten und Rechte des Handlungsgehilfen sind umfassend gesetzlich geregelt. Der Handlungsgehilfe bildet einen wichtigen Bestandteil der betrieblichen Organisation im deutschen Handelsrecht.
Gesetzliche Grundlage und Abgrenzung
Gesetzliche Definition
Die rechtlichen Vorgaben für den Handlungsgehilfen finden sich hauptsächlich in §§ 59 ff. HGB. Nach § 59 Absatz 1 HGB ist Handlungsgehilfe, „wer in einem Handelsgewerbe zur Unterstützung des Handelsgewerbetreibenden (Kaufmanns) in dessen Dienst steht“. Wesentlich ist, dass der Handlungsgehilfe aufgrund eines Arbeitsvertrags tätig wird und seine Tätigkeit dem Betrieb des Handelsgewerbes dient.
Abgrenzung zu anderen Personen im Handelsbetrieb
Der Handlungsgehilfe ist von anderen betriebszugehörigen Personen abzugrenzen:
- Handlungsgehilfen sind im Gegensatz zu selbstständig tätigen Kaufleuten (Handlungsreisenden oder Handelsvertretern) unselbstständig, arbeiten also im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.
- Handlungslehrlinge (§ 59 Abs. 2 HGB) befinden sich noch in der Ausbildung und sind keine Handlungsgehilfen.
- Handlungsbevollmächtigte und Prokuristen haben weitergehende Vertretungsmacht und spezielle Aufgaben. Sie tragen Verantwortung für Geschäfte in größerem Umfang und vertreten das Unternehmen rechtlich nach außen. Handlungsgehilfen hingegen haben keine originäre Vertretungsmacht, es sei denn, sie wurden ausdrücklich ermächtigt.
Rechte und Pflichten des Handlungsgehilfen
Pflichten gegenüber dem Dienstherrn
Der Handlungsgehilfe hat nach HGB und dem jeweiligen Arbeitsvertrag insbesondere folgende Pflichten:
- Arbeitspflicht: Die Hauptleistungspflicht besteht in der Erbringung der geschuldeten Dienste entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung.
- Treuepflicht: Es besteht eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber, die sich unter anderem in Verschwiegenheitspflichten und dem Verbot von Wettbewerbstätigkeiten äußert (§ 60 HGB).
- Befolgung von Weisungen: Im Rahmen des Arbeitsvertrags und der Handelsordnung sind die Anweisungen des Arbeitgebers auszuführen.
Wettbewerbsverbot
§ 60 HGB regelt das Wettbewerbsverbot für Handlungsgehilfen während der Dauer des Dienstverhältnisses. Demnach ist es untersagt, ohne Einwilligung des Arbeitgebers im Handelszweig des Betriebes eigene Handelsgeschäfte zu tätigen oder in diesem Geschäftszweig für fremde Rechnung tätig zu werden. Ein Verstoß kann Schadensersatzansprüche und in bestimmten Fällen die fristlose Kündigung zur Folge haben (§ 61 HGB).
Sorgfalts- und Informationspflicht
Die Arbeit muss mit der gebotenen Sorgfalt (§ 276 BGB) erledigt werden. Ergeben sich wichtige Informationen für den Arbeitgeber, ist der Handlungsgehilfe verpflichtet, diese weiterzugeben.
Rechte des Handlungsgehilfen
- Vergütungsanspruch: Dem Handlungsgehilfen steht eine angemessene Vergütung für die geleistete Tätigkeit zu, sofern vertraglich nicht abweichend geregelt (§ 612 BGB i.V.m. § 61 HGB).
- Zeugnisausstellung: Nach § 73 HGB kann der Handlungsgehilfe nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein Zeugnis verlangen, das auf Wunsch auch Angaben zu Führung und Leistung enthalten soll.
- Urlaubsanspruch und Arbeitsschutz: Die handlungsgehilfentypische Tätigkeit unterliegt den geltenden Regelungen des Arbeitsrechts und des Arbeitsschutzes.
Beendigung des Dienstverhältnisses
Kündigung
Das Dienstverhältnis eines Handlungsgehilfen kann sowohl durch ordentliche als auch durch außerordentliche Kündigung beendet werden. Dabei sind die gesetzlichen und ggf. tarifvertraglichen Kündigungsfristen zu beachten.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur zulässig, wenn es schriftlich vereinbart wurde und eine Ausgleichszahlung (Karenzentschädigung) enthält, die mindestens 50 Prozent der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen beträgt (§ 74 HGB). Das Wettbewerbsverbot darf die Erwerbstätigkeit des Handlungsgehilfen nach Vertragsende nicht unbillig erschweren.
Besondere Regelungen im HGB
Handelsprovision, Spesen und Aufwendungsersatz
Handlungsgehilfen, die im Außendienst tätig sind, können Anspruch auf Provisionen, Spesen und Aufwendungsersatz für dienstliche Reisen haben, sofern dies vertraglich vereinbart wurde oder nach den Umständen geschuldet ist (§ 670 BGB analog).
Erfindungen und Schutzrechte
Erfindungen und schutzfähige Arbeitsergebnisse, die während der Anstellung im Zusammenhang mit der Tätigkeit erzielt werden, können nach gesonderten Vorschriften (Arbeitnehmererfindungsgesetz) dem Arbeitgeber zustehen.
Bedeutung und Entwicklung
Historische Entwicklung
Der Begriff des Handlungsgehilfen stammt aus einer Zeit mit klaren hierarchischen Strukturen im Handelsgewerbe. Früher war damit ein kaufmännischer Mitarbeiter mit einfacher Weisungsgebundenheit gemeint. Heute ist der Begriff weitgehend durch die allgemeine Bezeichnung „Angestellter im kaufmännischen Bereich“ überholt, findet jedoch weiterhin Anwendung im Handelsgesetzbuch und wird im Rechtsverkehr verwendet, insbesondere für rechtliche Fragestellungen rund um Wettbewerbsverbote und Arbeitszeugnisse.
Praxisrelevanz
Der Handlungsgehilfe stellt eine zentrale Person für die Abwicklung geschäftlicher Tätigkeiten und die Geschäftsentwicklung eines Handelsbetriebs dar. Die enge arbeitsvertragliche Bindung definiert Umfang und Grenzen seiner Pflichten und Rechte im Handelsunternehmen. Im modernen Arbeitsrecht wird der Begriff Handlungsgehilfe weiterhin für spezifische Sachverhalte herangezogen.
Zusammenfassung
Der Handlungsgehilfe im Sinne des HGB ist ein angestellter Mitarbeiter eines Handelsunternehmens ohne Prokura oder weitgehende Vertretungsmacht. Das Handelsgesetzbuch regelt umfassend die Rechte, Pflichten und den rechtlichen Status des Handlungsgehilfen, vor allem im Hinblick auf Dienstverhältnis, Wettbewerbsverbot, Kündigung und Zeugnisanspruch. Trotz des altersbedingten Rückgangs in der praktischen Bedeutung bleibt der Handlungsgehilfe eine wichtige Figur im deutschen Handelsrecht.
Häufig gestellte Fragen
Welche Aufgaben und Befugnisse hat ein Handlungsgehilfe im Betrieb?
Ein Handlungsgehilfe ist nach rechtlichem Kontext ein kaufmännischer Angestellter, der im Rahmen eines Handelsgewerbes auf Grund eines Arbeitsvertrages zur Unterstützung bei Handelsgeschäften eingesetzt wird. Seine Aufgaben und Befugnisse ergeben sich maßgeblich aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen sowie den Weisungen seines Arbeitgebers. Grundsätzlich ist der Handlungsgehilfe zur Vornahme von Rechtshandlungen, insbesondere zur Abwicklung von Geschäften des Handelsgewerbes, im Namen des Arbeitgebers berechtigt, soweit dies im Rahmen seiner jeweiligen Tätigkeit erforderlich ist. Ein Handlungsgehilfe kann beispielsweise Angebote einholen, Bestellungen aufnehmen, Rechnungen bearbeiten oder Kundengespräche führen. Seine Vertretungsmacht ist jedoch dahingehend beschränkt, dass er keine Prokura innehat und dem Arbeitgeber in besonders wichtigen Rechtsgeschäften – wie z.B. dem Abschluss langfristiger Verträge – in der Regel zustimmungspflichtig bleibt. Kommt es zu einer Überschreitung seiner Befugnisse, haftet der Arbeitgeber grundsätzlich nicht, es sei denn, er hat dem Handlungsgehilfen eine entsprechende Vollmacht erteilt oder das Verhalten nachträglich genehmigt. Die rechtlichen Grundlagen zum Handlungsgehilfen finden sich insbesondere in §§ 59 ff. Handelsgesetzbuch (HGB).
Welche besonderen Pflichten treffen einen Handlungsgehilfen gegenüber dem Arbeitgeber?
Ein Handlungsgehilfe unterliegt vielfältigen arbeits- und handelsrechtlichen Pflichten. Zu den zentralen Pflichten gehört die Treuepflicht, wonach der Handlungsgehilfe die Interessen seines Arbeitgebers zu wahren und alles zu unterlassen hat, was dem Geschäftsbetrieb schaden könnte. Dazu zählen unter anderem das Verbot der Annahme unerlaubter Vorteile von Dritten, das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses sowie die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen. Der Handlungsgehilfe ist außerdem verpflichtet, den Arbeitgeber über alle für das Geschäft wesentlichen Umstände unverzüglich zu unterrichten und ihm auf Wunsch jederzeit Auskunft zu erteilen. Darüber hinaus hat er die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig, gewissenhaft und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben auszuführen sowie den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Bei Verstößen gegen diese Pflichten kann der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Sanktionen verhängen, einschließlich Abmahnung und ggf. außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB.
Inwiefern unterscheiden sich Handlungsgehilfe und Prokurist rechtlich voneinander?
Handlungsgehilfe und Prokurist unterscheiden sich grundlegend in ihrer rechtlichen Stellung und den ihnen zugewiesenen Befugnissen. Der Handlungsgehilfe ist ein Angestellter, der unterstützende Aufgaben im kaufmännischen Bereich übernimmt, jedoch grundsätzlich keine Prokura – das heißt keine umfassende handelsrechtliche Vertretungsmacht nach außen – besitzt. Ein Prokurist hingegen ist gem. § 48 HGB ausdrücklich durch den Geschäftsinhaber zur Prokura bestellt und darf sämtliche Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen für das Unternehmen tätigen, mit Ausnahme von Veräußerung und Belastung von Grundstücken, sofern dies nicht ausdrücklich gestattet ist. Die Bestellung des Prokuristen ist ins Handelsregister einzutragen (§ 53 HGB), wohingegen die Funktion des Handlungsgehilfen keiner derartigen Eintragung bedarf. Der Aufgabenbereich des Handlungsgehilfen bleibt daher stets von den Weisungen und der Delegation des Geschäftsinhabers oder seiner Vertreter abhängig.
Welche Haftungsregelungen gelten für Handlungsgehilfen bei Pflichtverletzungen?
Bei Pflichtverletzungen im Rahmen ihrer Tätigkeit haften Handlungsgehilfen sowohl arbeits- als auch haftungsrechtlich, wobei das Maß der Haftung nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt wird. Grundsätzlich haften sie für Schäden, die auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten zurückzuführen sind, vollumfänglich. Im Falle einfacher Fahrlässigkeit kann eine Haftungsbegrenzung eintreten, insbesondere wenn die Pflichtverletzung im betrieblichen Arbeitsalltag geschehen ist und das Schadensrisiko üblicherweise vom Arbeitgeber getragen wird. Die Rechtsprechung hat hierzu das sogenannte „innerbetriebliche Schadensausgleichsmodell“ entwickelt, bei dem eine Haftungsquote zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt werden kann. Darüber hinaus ist zu beachten, dass für Handlungsgehilfen auch spezialgesetzliche Haftungstatbestände etwa im Straf- oder Steuerrecht einschlägig sein können, sofern im Zuge der Tätigkeit Straftatbestände verwirklicht werden. Im Innenverhältnis kann der Arbeitgeber dem Handlungsgehilfen die Kosten für einen durch ihn verursachten Schaden in Regress nehmen, im Außenverhältnis bleibt jedoch regelmäßig der Arbeitgeber gegenüber Dritten haftbar.
Wie gestaltet sich die Kündigung eines Handlungsgehilfen aus rechtlicher Sicht?
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Handlungsgehilfen richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie, sofern anwendbar, dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Maßgeblich sind dabei die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde. Für Handlungsgehilfen bestehen keine besonderen, vom allgemeinen Arbeitsrecht abweichenden Kündigungsvorschriften. Zu beachten ist, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung nur aus wichtigem Grund im Sinne von § 626 BGB erfolgen kann. Die Kündigung bedarf der Schriftform nach § 623 BGB. Bei Betriebsräten oder schwangeren Handlungsgehilfinnen sind zudem die besonderen Schutzvorschriften aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bzw. Mutterschutzgesetz (MuSchG) zu beachten. Im Falle eines Arbeitszeugnisses hat der Handlungsgehilfe einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO).
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Wettbewerbsverbot für Handlungsgehilfen rechtswirksam vereinbart werden?
Ein Wettbewerbsverbot für Handlungsgehilfen kann grundsätzlich sowohl während als auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam vereinbart werden, unterliegt jedoch bestimmten gesetzlichen Restriktionen. Während des Arbeitsverhältnisses besteht ein gesetzliches Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB, wodurch dem Handlungsgehilfen untersagt ist, ohne Einwilligung des Arbeitgebers ein Handelsgewerbe im selben Geschäftszweig zu betreiben oder bei einem Konkurrenzunternehmen tätig zu werden. Für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schreibt § 74 HGB vor, dass dieses schriftlich vereinbart werden muss und eine angemessene Karenzentschädigung – mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Vergütung – an den Handlungsgehilfen gezahlt werden muss. Das Wettbewerbsverbot darf zudem in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht den Handlungsgehilfen nicht unangemessen in seiner beruflichen Tätigkeit beschränken. Ein nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Wettbewerbsverbot ist unwirksam oder kann auf das zulässige Maß beschränkt werden.
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln das Arbeitsverhältnis eines Handlungsgehilfen?
Das Arbeitsverhältnis eines Handlungsgehilfen wird durch eine Vielzahl gesetzlicher Bestimmungen geregelt. Die zentrale Rechtsgrundlage bildet das Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere die §§ 59 bis 75 HGB, welche die Rechte und Pflichten im Rahmen des Anstellungsverhältnisses, das Wettbewerbsverbot sowie Details zu Zeugnis und Kündigungsfristen definieren. Ergänzend gelten die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Dienstverträge (§§ 611a ff. BGB), arbeitsrechtliche Schutzvorschriften wie das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), das Mutterschutzgesetz (MuSchG), das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und die Gewerbeordnung (GewO). Darüber hinaus finden, sofern kollektivrechtliche Regelungen wie Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vorhanden sind, deren Bestimmungen ergänzend Anwendung. Die Rechtsprechung sowie ggf. europäische Arbeitsrechtsnormen konkretisieren und ergänzen den gesetzlichen Rahmen in Einzelfragen.