Handeln in (unter) fremdem Namen
Das Handeln in (unter) fremdem Namen stellt einen grundlegenden Begriff im Zivilrecht dar und beschreibt Konstellationen, in denen eine Person (der sogenannte Vertreter) für eine andere Person (den Vertretenen) rechtsgeschäftlich auftritt. Solche Fälle finden sich typischerweise im deutschen Schuldrecht, dem Handelsrecht sowie dem bürgerlichen Recht. Die rechtliche Behandlung des Handelns in (unter) fremdem Namen ist vielseitig, da hierbei zentrale Fragen nach der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, der Vertretungsmacht, der Haftung sowie den möglichen Rechtsfolgen im Vordergrund stehen.
Definition und Abgrenzung
Begriffserklärung
Handeln in fremdem Namen bezeichnet die Vornahme eines Rechtsgeschäfts, bei der der Handelnde ausdrücklich oder konkludent erklärt, es solle nicht für ihn selbst, sondern für eine andere Person gelten. Der Begriff „in fremdem Namen“ dient der Klarstellung, dass das Rechtsgeschäft den Vertretenen berechtigen und verpflichten soll.
Abzugrenzen hiervon ist das Handeln „unter fremdem Namen“, welches nicht die Vertretung, sondern eine Personifizierung unter einem anderen Namen meint. Hierbei tritt eine Person bewusst oder unbewusst unter dem Namen einer anderen auf, ohne dazu berechtigt zu sein.
Historische Entwicklung
Die Ausgestaltung des Handelns in fremdem Namen ist bereits seit der Antike bekannt, bildet aber insbesondere seit Pandektenzeit und Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) einen festen Bestandteil des deutschen Zivilrechts.
Rechtliche Grundlagen in Deutschland
Gesetzliche Regelungen (BGB)
Die zentrale gesetzliche Norm ist § 164 BGB: „Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb seiner Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.“ Das Handeln in fremdem Namen ist in den §§ 164 ff. BGB ausgestaltet.
Voraussetzungen der Vertretung
- Eigene Willenserklärung des Vertreters
- Im Namen des Vertretenen (Offenkundigkeitsprinzip)
- Vertretungsmacht
- Rechtsgeschäftliche oder gesetzliche Grundlage
Offenkundigkeitsprinzip
Wesentlich für das Handeln in fremdem Namen ist das Offenkundigkeitsprinzip: Der Handelnde muss zu erkennen geben, für wen das Geschäft gelten soll. Dem Geschäftspartner muss klar sein, dass das Geschäft für einen Dritten abgeschlossen wird.
Rechtsfolgen
Wird ordnungsgemäß in fremdem Namen mit Vertretungsmacht gehandelt, treffen die Rechtsfolgen ausschließlich den Vertretenen. Ein Vertrag kommt dann unmittelbar zwischen dem Vertretenen und dem Dritten zustande.
Formen des Handelns in fremdem Namen
Vertretung mit Vertretungsmacht
Ein Vertreter kann für einen Vertretenen wirksam handeln, wenn er hierzu bevollmächtigt ist. Die Vertretungsmacht kann durch Gesetz (zum Beispiel Eltern für Kinder) oder durch Rechtsgeschäft (Vollmacht) begründet sein.
Handeln ohne Vertretungsmacht („falsus procurator“)
Handelt jemand ohne ausreichende Vertretungsmacht, sogenannter „falsus procurator“, sind die abgegebenen Erklärungen schwebend unwirksam. Der Vertretene hat die Wahl, das Geschäft zu genehmigen (§ 177 BGB) oder abzulehnen. Ohne Genehmigung haftet der Handelnde nach § 179 BGB gegenüber dem Geschäftspartner auf Erfüllung oder Schadenersatz.
Handeln unter fremdem Namen (Identitätsmissbrauch)
Handelt jemand schlicht „unter“ fremdem Namen, liegt ein Identitätsmissbrauch vor. Es entsteht regelmäßig kein Vertrag mit dem Namensgeber; vielmehr wird geprüft, ob eine Stellvertretung oder eine vollmachtlose Vertretung vorliegt. Ein Vertrag mit dem Handelnden selbst kommt nur in Ausnahmefällen zustande (Gutglaubensschutz des Dritten).
Abgrenzungen und Sonderfälle
Vertreter ohne Vertretungsmacht
Liegt keine Vertretungsmacht vor, stellt sich die Frage der Haftung und der Genehmigungsmöglichkeiten. Das Gesetz erlaubt eine nachträgliche Genehmigung durch den Vertretenen, womit das Geschäft rückwirkend wirksam wird. Andernfalls haftet der Handelnde nach Maßgabe des § 179 BGB primär selbst.
Pseudonym und Namensgebrauch
Im Onlinehandel und täglichen Rechtsverkehr kann auch der Gebrauch von Pseudonymen oder Künstlernamen eine Rolle spielen. Hierbei ist entscheidend, ob für den Geschäftspartner trotzdem erkennbar ist, wer der tatsächliche Vertragspartner sein soll.
Handeln „im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung“
Vom Handeln in fremdem Namen abzugrenzen ist das Handeln „im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung“. Hierbei liegen die wirtschaftlichen Folgen bei einer anderen Person, rechtlich wird das Geschäft aber für und gegen den Handelnden wirksam (z.B. Kommissionsgeschäft, § 383 HGB).
Rechtsfolgen und Haftungsfragen
Bindung des Vertretenen
Handelt der Vertreter wirksam mit ausreichender Vollmacht und im Namen des Vertretenen, werden Rechte und Pflichten ausschließlich beim Vertretenen begründet.
Eigenhaftung des Vertreters
Bei fehlender oder überschrittener Vertretungsmacht haftet der Vertreter dem Dritten gegenüber, es sei denn, der Dritte kannte den Mangel (§ 179 BGB).
Anfechtung und Willensmängel
Willensmängel beim Vertreter (z.B. Irrtum oder Täuschung) spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Nach § 166 BGB werden bei der Vertretung grundsätzlich die Willensmängel des Vertreters dem Vertretenen zugerechnet.
Internationale Aspekte
Die Vertretungsregelungen, insbesondere das Handeln in (unter) fremdem Namen, werden z.B. im UN-Kaufrecht (CISG) und im europäischen Vertragsrecht teilweise abweichend behandelt. Eine internationale Geschäftstätigkeit macht die Kenntnis der jeweiligen nationalen Besonderheiten unumgänglich.
Bedeutung im Wirtschaftsverkehr
Gerade im Unternehmensalltag und im Handelsrecht ist das Handeln in fremdem Namen von zentraler Bedeutung. Typische Anwendungsfälle sind:
- Prokura und Handlungsvollmacht
- Organe juristischer Personen (z.B. Geschäftsführer einer GmbH)
- Da Vertreter häufig als Vermittler auftreten, ist die Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften für die Rechtssicherheit bei Verträgen von großer Bedeutung.
Zusammenfassung
Das Handeln in (unter) fremdem Namen ist ein Kernelement des Zivilrechts und beeinflusst maßgeblich das Zustandekommen und die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften. Es regelt, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Person für eine andere wirksam handeln kann und welche Folgen sich aus solchen Geschäften ergeben. Die gesetzlichen Vorschriften bilden die Grundlage für zahlreiche wirtschaftliche Abläufe und sind für die Rechtssicherheit im Geschäftsleben unerlässlich. Das Verständnis der Abgrenzung zu ähnlich klingenden Begriffen wie Handeln „unter fremdem Namen“ sowie zu Sonderfällen sichert eine sachgerechte Anwendung im Rechtsalltag.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Handeln in fremdem Namen wirksam ist?
Damit das Handeln in fremdem Namen – also im Rahmen einer Stellvertretung – rechtswirksam werden kann, müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 164 ff. BGB) erfüllt sein: Zunächst bedarf es einer eigenen Willenserklärung des Vertreters, das heißt, der Vertreter muss rechtsgeschäftlich tätig werden und eine eigene Willensäußerung abgeben. Weiterhin muss der Vertreter die Erklärung ausdrücklich oder erkennbar „im Namen des Vertretenen“ abgeben, was das sogenannte Offenkundigkeitsprinzip verlangt. Der Dritte muss also eindeutig erkennen können, wer der Vertretene ist – andernfalls findet ein „Handeln unter fremdem Namen“ statt, das andere Rechtsfolgen haben kann. Schließlich ist eine wirksame Vertretungsmacht erforderlich, die sich aus einer Vollmacht (Innen- oder Außenvollmacht), gesetzlichen Vorschriften (z. B. Eltern für ihr Kind) oder gerichtlicher Bestellung ergeben kann. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, ist das Geschäft rechtlich unwirksam oder bindet im Zweifel nur den Vertreter selbst („falsus procurator“).
Welche Risiken bestehen, wenn ohne Vertretungsmacht in fremdem Namen gehandelt wird?
Handelt jemand ohne Vertretungsmacht in fremdem Namen, ist das Rechtsgeschäft zunächst schwebend unwirksam. Das bedeutet, dass der Vertretene es nachträglich genehmigen kann (§ 177 BGB). Bis zur Genehmigung hängt die Wirksamkeit des Geschäfts also von der Entscheidung des Vertretenen ab. Verweigert der Vertretene die Genehmigung, wird das Geschäft endgültig unwirksam. In diesem Fall haftet der Handelnde unter Umständen persönlich gegenüber dem Vertragspartner auf Erfüllung oder auf Schadensersatz nach § 179 BGB, es sei denn, der Dritte wusste oder musste wissen, dass keine Vertretungsmacht bestand oder wollte aus anderen Gründen kein Geschäft mit dem Vertretenen abschließen. Damit besteht für alle Beteiligten ein erhebliches Risiko hinsichtlich der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit des Geschäfts.
Welche Bedeutung kommt dem Offenkundigkeitsprinzip beim Handeln in fremdem Namen zu?
Das Offenkundigkeitsprinzip ist ein zentrales Element beim Handeln in fremdem Namen und schreibt vor, dass der Vertreter bei Vertragsschluss unmissverständlich offenlegen muss, dass und für wen er handelt. Ist dies nicht der Fall und wird die Vertretung nicht kenntlich gemacht, kommt der Vertrag im Zweifel nur mit dem Handelnden selbst zustande. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei sogenannten unternehmensbezogenen Geschäften, wo das Auftreten für ein Unternehmen typischerweise erwartet wird – kann dies anders sein. Das Offenkundigkeitsprinzip gewährleistet somit den Schutz des Vertragspartners, der wissen muss, mit wem er sich rechtlich verpflichtet. Missachtung dieses Prinzips kann zur eigenen Vertragsbindung des Vertreters führen.
Welche Rechtsfolgen hat das Handeln mittels gefälschter Vollmacht oder unter falschem Namen?
Wird mit gefälschter Vollmacht oder unter falschem Namen gehandelt, ist das zugrunde liegende Rechtsgeschäft regelmäßig unwirksam, da das Erfordernis einer wirksamen Vertretungsmacht nicht erfüllt ist. Der Vertragspartner kann in Fällen der bewussten Täuschung über die Identität oder Vertretungsmacht Ansprüche auf Schadensersatz aus culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) oder auf deliktischer Grundlage (§ 823 BGB) geltend machen. Zudem kann ein Betrug im strafrechtlichen Sinne (§ 263 StGB) vorliegen. Dem Vertretenen entstehen grundsätzlich keine Rechte und Pflichten aus dem Geschäft, es sei denn, er genehmigt es nachträglich ausdrücklich.
Wann hat der Vertretene ein Recht zur Genehmigung oder Ablehnung der ohne Vertretungsmacht vorgenommenen Handlung?
Der Vertretene hat frei darüber zu entscheiden, ob er ein ohne Vertretungsmacht in seinem Namen vorgenommenes Rechtsgeschäft nachträglich genehmigen möchte oder nicht (§ 177 BGB). Die Genehmigung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen und wirkt auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Erklärung zurück. Verweigert der Vertretene die Genehmigung, bleibt das Geschäft endgültig unwirksam und der Vertretene ist an das Geschäft nicht gebunden. Die freie Entscheidungsmöglichkeit schützt den Vertretenen vor ungewollten rechtlichen Bindungen, trägt aber auch zur Rechtssicherheit für den Dritten bei, indem dem Dritten nach angemessener Frist Klarheit über die Wirksamkeit des Geschäfts verschafft werden soll.
Welche Unterschiede bestehen zwischen gesetzlicher, organschaftlicher und rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht beim Handeln in fremdem Namen?
Die Vertretungsmacht beim Handeln in fremdem Namen kann gesetzlich, organschaftlich oder durch Vollmacht (=rechtsgeschäftlich) begründet sein. Die gesetzliche Vertretungsmacht ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, wie bei Eltern (für Minderjährige) oder Betreuer (nach Betreuungsrecht). Organschaftliche Vertretungsmacht ist die Befugnis von Organen juristischer Personen, etwa durch Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstandsmitglieder einer AG – dies ergibt sich aus Gesetz und der jeweiligen Satzung. Die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht wird durch eine Vollmachtserteilung zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter geschaffen. Unterschiede bestehen u. a. hinsichtlich Umfang, Entziehbarkeit und den Formerfordernissen der Vertretungsmacht, was für die Wirksamkeit des Handelns im fremden Namen entscheidend ist.
Welche Formvorschriften müssen beim Handeln in fremdem Namen beachtet werden?
Grundsätzlich ist für die Erteilung einer Vollmacht keine besondere Form vorgeschrieben (§ 167 BGB), sie kann also mündlich, schriftlich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Allerdings kann das zugrunde liegende Rechtsgeschäft einer bestimmten Form bedürfen (z. B. notarielle Beurkundung beim Grundstückskauf); dann muss die Vollmachtserteilung in derselben Form erfolgen (§ 167 Abs. 2 BGB). Fehlt es an der erforderlichen Form, ist das Geschäft oder die Vollmacht unwirksam. Spezielle Vorschriften gelten auch im Bereich der Vertretung von Gesellschaften, etwa bei Handelsvollmachten oder Prokura (§§ 48 ff. HGB), die regelmäßig schriftlich ins Handelsregister eingetragen werden müssen. Die Missachtung formeller Anforderungen kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.