Legal Lexikon

Handel


Begriff und rechtliche Grundlagen des Handels

Der Handel bezeichnet im rechtlichen Kontext die auf Dauer angelegte, planmäßige und selbstständige Tätigkeit der Beschaffung und Veräußerung von Waren oder Dienstleistungen, welche auf Austausch ausgerichtet ist. Handelsrechtlich werden unter Handel sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten verstanden, die durch Kauf und Verkauf charakterisiert sind. Die rechtlichen Regelungen ergeben sich primär aus dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), ergänzenden handels- und steuerrechtlichen Vorschriften sowie unionsrechtlichen Vorgaben.


Handelsrechtliche Einordnung

Kaufmannsbegriff

Das Handelsrecht unterscheidet zwischen Kaufleuten und Nichtkaufleuten. Nach § 1 HGB ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Das Handelsgewerbe ist nach § 1 Absatz 2 HGB jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, das Unternehmen erfordert aufgrund seines Umfangs keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Die Eintragung im Handelsregister ist für viele Handelsunternehmen verpflichtend und hat konstitutiv oder deklaratorisch Wirkung.

Handelsgewerbe und Handelsgeschäfte

Handelsgeschäfte bestehen aus Rechtsgeschäften, die ein Handelsgewerbe betreffen. Nach § 343 HGB sind Rechtsgeschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören, Handelsgeschäfte. Dies hat weitreichende rechtliche Konsequenzen, wie beispielsweise die Anwendbarkeit spezieller Vorschriften aus dem HGB und die Möglichkeit, abweichend vom Bürgerlichen Recht Vereinbarungen zu treffen.


Rechtsverhältnisse im Handel

Handelsrechtliche Verträge

Die wichtigsten Verträge im Handel sind der Kaufvertrag (insbesondere der Handelskauf, §§ 373 ff. HGB), der Kommissionsvertrag (§§ 383 ff. HGB), der Speditions- (§§ 453 ff. HGB) sowie der Frachtvertrag (§§ 407 ff. HGB). Diese Vertragsarten enthalten zahlreiche handelsrechtliche Besonderheiten, wie spezielle Untersuchungs- und Rügepflichten beim Handelskauf.

Handelskauf und besondere Rechtsfolgen

Der Handelskauf weist gegenüber dem allgemeinen Kaufrecht nach BGB deutliche Unterschiede auf, beispielsweise bei den Untersuchungs- und Rügepflichten (§§ 377, 378 HGB). Versäumt der Käufer eine nach ordnungsgemäßer Untersuchung erkennbare Mängelanzeige, gilt die Ware als genehmigt, sofern nicht ein bewusstes Verschweigen des Mangels vorliegt.

Handelsvertreter und Vertragshändler

Nach §§ 84 ff. HGB regeln Handelsvertreterverträge die rechtlichen Beziehungen zwischen Unternehmen und selbstständigen Vermittlern. Vertragshändler sind rechtlich eigenständig, stehen jedoch in einer vertriebsrechtlichen Beziehung zum Hersteller oder Lieferanten.


Organisation des Handels

Handelsregister

Das Handelsregister dient der Publizität und Beweissicherung der Rechtsverhältnisse im Handel. Eintragungen sind für viele unternehmerische Rechtsverhältnisse erforderlich, insbesondere bei Gründungen, Veränderungen oder Beendigungen von Handelsunternehmen.

Handelsfirma

Unter einer Handelsfirma versteht man den Namen, unter dem ein Kaufmann seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt (§ 17 HGB). Sie dient der Identifikation des Unternehmens im Rechtsverkehr und unterliegt bestimmten Formvorschriften sowie dem gesetzlichen Firmenschutz.

Prokura und Handlungsvollmacht

Die Prokura (§§ 48 ff. HGB) ist eine umfassende handelsrechtliche Vollmacht und erlaubt nahezu alle Arten von Rechtsgeschäften im Namen des Unternehmens. Die Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) ist hingegen eine eingeschränkte Vertretungsmacht für bestimmte Tätigkeiten.


Handelsrechtliche Publizität und Buchführung

Buchführungspflicht und Jahresabschluss

Kaufleute unterliegen nach §§ 238 ff. HGB der Buchführungspflicht. Sie müssen Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß dokumentieren und zum Geschäftsjahresende Jahresabschlüsse (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) erstellen. Für große Unternehmen gelten zusätzliche Anforderungen an die Prüfung und Veröffentlichung (PublG, §§ 325 ff. HGB).

Publizitätswirkung des Handelsregisters

Die Eintragungen im Handelsregister entfalten gegenüber Dritten sogenannte negative und positive Publizitätswirkung (§§ 15 ff. HGB). Dies bedeutet, dass die Öffentlichkeit auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der dortigen Angaben vertrauen darf.


Internationales und Europäisches Handelsrecht

Grenzüberschreitender Handel

Im internationalen Kontext sind Normen wie das UN-Kaufrecht (CISG), das internationale Privatrecht und zahlreiche bilaterale Abkommen relevant. Diese Regelungen bestimmen unter anderem das anwendbare Recht, Gerichtsstände und Erfüllungsorte in grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen.

Europäischer Binnenmarkt

Das Handelsrecht im europäischen Binnenmarkt berücksichtigt die unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 ff. AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV). Unternehmen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union genießen Niederlassungsfreiheit und können Handelsaktivitäten grenzüberschreitend ausüben.


Besonderheiten und Ausnahmen im Handel

Sonderregelungen für bestimmte Handelszweige

Einige Handelsformen unterliegen spezialgesetzlichen Regelungen, beispielsweise der Wertpapierhandel (WpHG), der Online-Handel (Fernabsatzrecht) oder der Agrarhandel. Diese gesetzlichen Anforderungen betreffen beispielsweise Informationspflichten, Verbraucherschutzvorschriften und branchenspezifische Zulassungserfordernisse.

Handelshemmnisse

Trotz weitreichender Liberalisierung existieren verschiedene Handelshemmnisse, etwa durch staatliche Regulierungen, nationale Schutzvorschriften oder spezifische Genehmigungspflichten.


Zusammenfassung und Bedeutung des Handels im Recht

Der Handel ist ein zentrales Element des Wirtschaftslebens, dessen rechtliche Rahmenbedingungen durch das Handelsrecht, das Bürgerliche Recht und das öffentliche Recht umfassend geregelt werden. Die rechtlichen Bestimmungen sorgen für Rechtssicherheit, Transparenz im Geschäftsverkehr und ermöglichen eine effiziente Abwicklung von Handelsgeschäften. Das Handelsrecht gewährleistet außerdem einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen am Handel beteiligten Parteien und dient dem Schutz des Vertrauens der Marktteilnehmer in die Handlungsfähigkeit kaufmännischer Unternehmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten treffen Händler beim Abschluss von Kaufverträgen nach deutschem Recht?

Händler sind beim Abschluss von Kaufverträgen nach deutschem Recht an eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen gebunden, welche vor allem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt sind. Sie müssen dem Käufer die vereinbarte Ware frei von Sach- und Rechtsmängeln übergeben und das Eigentum daran verschaffen (§§ 433 BGB). Im Rahmen des Handelsverkehrs, wenn beide Parteien Kaufleute sind, trifft den Käufer die Obliegenheit zur Untersuchung und Rüge von Mängeln nach § 377 HGB. Händler müssen außerdem Informationspflichten einhalten, insbesondere im Fernabsatz oder im elektronischen Geschäftsverkehr (z.B. Widerrufsbelehrung, Angaben zum Unternehmer, zum Produkt, zu Preisen und Lieferbedingungen gemäß §§ 312d ff. BGB und Art. 246 EGBGB). Bei Versäumnis dieser Pflichten drohen Abmahnungen, Schadensersatzansprüche oder ggf. Rückabwicklungen von Verträgen.

Wie haftet der Händler bei Lieferverzug rechtlich?

Bei Lieferverzug haftet der Händler grundsätzlich nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 ff. BGB auf Schadensersatz, sofern ihn ein Verschulden trifft. Voraussetzung ist, dass ein verbindlicher Liefertermin vereinbart wurde und der Kunde den Händler nach Überschreiten dieses Termins zur Lieferung auffordert (Mahnung), es sei denn, ein bestimmter Termin ist ausdrücklich als Fixgeschäft vereinbart. Kommt der Händler in Verzug, ist er verpflichtet, dem Käufer den aus dem Verzug entstehenden Schaden zu erstatten, darunter fallen z.B. Mehrkosten für eine Ersatzbeschaffung. Zudem behält der Käufer unter Umständen das Recht, nach erfolgloser Fristsetzung vom Vertrag zurückzutreten (§ 323 BGB) sowie, bei Vorliegen der Voraussetzungen, auf Schadensersatz statt der Leistung zu bestehen.

Welche rechtlichen Regelungen gelten für Gewährleistungsfristen im Handelsverkehr?

Nach deutschem Recht beträgt die gesetzliche Gewährleistungsfrist bei Kaufverträgen grundsätzlich zwei Jahre ab Ablieferung der Sache (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Im Handelsverkehr zwischen Kaufleuten kann die Frist jedoch vertraglich verkürzt werden, häufig auf ein Jahr, insbesondere für gebrauchte Sachen. Im unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt zudem die sofortige Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB, das heißt, offensichtliche Mängel müssen unverzüglich nach Lieferung gerügt werden, andernfalls verliert der Käufer seine Gewährleistungsrechte. Gegenüber Verbrauchern ist eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfristen im Regelfall nicht zulässig. Hier schützt das BGB Verbraucher durch zwingende Vorschriften zugunsten des Käufers.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei Handelsvertreterverträgen?

Handelsvertreterverträge sind in §§ 84 ff. HGB geregelt und betreffen die rechtliche Beziehung zwischen einem Unternehmer und dem selbstständigen Handelsvertreter, der Geschäfte vermittelt oder abschließt. Besonders hervorzuheben ist die Pflicht zur Interessenwahrung des Unternehmers (§ 86 HGB) und die Einhaltung von Wettbewerbsverboten (§ 90 HGB). Nach Vertragsbeendigung kann dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch zustehen (§ 89b HGB), um etwa die vom Vertreter geworbenen Kundenbeziehungen angemessen zu vergüten. Zudem sind Regelungen zur Kündigung und zu etwaigen Karenzentschädigungen für nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu beachten (§ 90a HGB).

Wann liegt im Handelsrecht ein Handelskauf vor und welche Besonderheiten bestehen?

Ein Handelskauf im Sinne des HGB liegt nach § 343 HGB vor, wenn mindestens einer der Vertragspartner Kaufmann ist und das Geschäft zum Betrieb dessen Handelsgewerbes gehört. Besonderheiten bestehen insbesondere hinsichtlich der Beweislast und der Pflicht zur Mängelrüge (§ 377 HGB), aber auch hinsichtlich der Verkürzung von Fristen und der Möglichkeit, bestimmte Vereinbarungen mündlich oder formlos zu treffen, sofern keine gesetzliche Schriftform vorgesehen ist. Weiterhin können Verzugszinsen nach § 352 HGB über den im BGB vorgesehenen Zinssätzen liegen.

Welche gesetzlichen Vorgaben sind beim Online-Handel zu beachten?

Beim Online-Handel (E-Commerce) greifen zahlreiche spezielle rechtliche Vorgaben, insbesondere aus dem BGB, dem Telemediengesetz (TMG), der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der Preisangabenverordnung (PAngV). Händler müssen insbesondere Informationspflichten gemäß § 312d BGB und Art. 246 EGBGB einhalten, darunter Widerrufsbelehrung, klare Informationen zu Preisen, Versandkosten, Lieferbedingungen, Zahlungsmethoden und Vertragslaufzeiten. Zudem ist ein ordnungsgemäßes Impressum erforderlich (§ 5 TMG), der Datenschutz muss beachtet werden und ein rechtskonformes Bestellprozess mit klarer Kennzeichnung des „zahlungspflichtig bestellen“-Buttons ist zwingend vorgeschrieben. Verstöße können zu Abmahnungen, Bußgeldern und Unterlassungsansprüchen führen.

Welche Bedeutung hat das Handelsregister für Händler?

Das Handelsregister ist ein öffentliches Verzeichnis, das von den Amtsgerichten geführt wird und in dem wesentliche rechtliche Tatsachen und Verhältnisse von Kaufleuten, Handelsgesellschaften, Genossenschaften und anderen Wirtschaftsakteuren eingetragen werden müssen. Für Händler bedeutet die Eintragung im Handelsregister beispielsweise die Erlangung der Kaufmannseigenschaft mit ihren Rechten und Pflichten. Eintragungen haben Publizitätswirkung (§ 15 HGB), was dazu führt, dass gutgläubige Dritte auf die Richtigkeit der Eintragungen vertrauen dürfen. Änderungen, wie z.B. Inhaberwechsel, Vertretungsberechtigungen oder Prokura, müssen umgehend angemeldet werden, um die Rechtssicherheit im Geschäftsverkehr zu gewährleisten.