Begriff und rechtliche Definition von Haltestellen
Allgemeine Beschreibung
Eine Haltestelle ist ein speziell ausgewiesener Ort im öffentlichen Verkehrsraum, an dem Linienverkehrsmittel des öffentlichen Personenverkehrs (insbesondere Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen und Oberleitungsbusse) regelmäßig planmäßig zum Ein- und Ausstieg der Fahrgäste anhalten. Haltestellen kennzeichnen die Schnittstelle zwischen Fahrzeug und öffentlichem Verkehrsraum. Sie stellen einen zentralen Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur dar und sind für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) unerlässlich.
Abgrenzung und Begriffsbestimmung in Gesetzen
Straßenverkehrsrecht
Im deutschen Straßenverkehrsrecht ist die Haltestelle vor allem durch die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert und geregelt. Die einschlägigen Bestimmungen finden sich insbesondere in:
- § 12 StVO (Halten und Parken)
- § 20 StVO (Öffentliche Verkehrsmittel und Schulbusse)
- § 45 StVO (Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen)
- § 2 PBefG (Betriebspflicht und Beförderungspflicht)
Im Sinne der StVO ist eine Haltestelle üblicherweise durch das Verkehrszeichen 224 („Haltestelle“) gekennzeichnet, das ausschließlich für Linienbusse und sonstige öffentliche Verkehrsmittel gilt.
Personenbeförderungsrecht
Das Personenbeförderungsgesetz unterscheidet zwischen Haltestellen für den Linienverkehr (§ 2 Absatz 1 Nr. 3 PBefG) und Haltestellen für sonstige Zwecke (wie z. B. Gelegenheitsverkehr). Die eigentliche Errichtung, Ausgestaltung und der Betrieb von Haltestellen unterliegen Genehmigungspflichten und besonderen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Zugänglichkeit.
Baurechtliche und straßenrechtliche Aspekte
Aus baurechtlicher Sicht gelten Haltestellen grundsätzlich als Verkehrsflächen gemäß den Vorschriften des Baugesetzbuchs (BauGB), sofern sie in das städtische oder kommunale Straßenland integriert sind. Die Verantwortung für die Anordnung, Unterhaltung und Gestaltung obliegt in der Regel dem Träger der Straßenbaulast, meist der jeweiligen Kommune oder Stadt.
Rechtliche Grundlagen und Regelungen für Haltestellen
Kennzeichnung und Anordnung von Haltestellen
Verkehrsrechtliche Kennzeichnung
Die Kennzeichnung einer Haltestelle geschieht im Straßenverkehr durch das Verkehrszeichen 224 nach StVO. Die genaue Anordnung erfolgt laut § 45 StVO durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Haltestellenfredige Zonen werden zudem häufig durch Linienführung und Fahrbahnmarkierungen gekennzeichnet, die das Halten und Parken anderer Fahrzeuge im Bereich der Haltestelle untersagen.
Zugänglichkeit und Gestaltung
Rechtlich vorgegeben ist zudem die barrierefreie Gestaltung von Haltestellen. Gemäß § 8 Absatz 3 PBefG müssen Haltestellen, insbesondere im ÖPNV, schrittweise barrierefrei ausgestaltet werden. Dies betrifft insbesondere die Anlage von Haltestellenbereichen, Warteflächen, behindertengerechte Zugänge und die Ausstattung mit Blindenleitsystemen.
Haltestellenschild und räumlicher Geltungsbereich
Das Haltestellenschild (Zeichen 224 StVO) markiert den Beginn der Haltestelle. Die Ausdehnung der Haltestelle wird durch Zusatzzeichen oder durch eine allgemeingültige Längenausdehnung (meist 15 Meter vor und hinter dem Schild) geregelt. In größeren Anlagen ist der Haltestellenbereich eventuell durch Bodenmarkierungen gekennzeichnet.
Pflichten und Rechte der Verkehrsbeteiligten
Für den ÖPNV und Haltestellenbetreiber
Betreiber von Haltestellen unterliegen einer Reihe von Verkehrssicherungs-, Instandhaltungs- und Überwachungspflichten. Diese umfassen, je nach örtlicher Zuständigkeit:
- Sicherstellung des gefahrlosen Zu- und Ausstiegs
- Unterhaltung und Reinigung der Haltestellenanlagen
- Beseitigung von Gefahrenquellen (z. B. Glättebeseitigung im Winterdienst)
Versäumnisse können im Falle von Personen- oder Sachschäden zu Haftungsansprüchen führen.
Fahrgastrechte
Haltestellen sind integraler Bestandteil des Beförderungsvertrags. Fahrgäste haben Anspruch auf sichere, zugängliche und in hinreichendem Umfang ausgestattete Haltestellen (§ 1 PBefG i.V.m. Art. 3 Abs. 3 GG (Gleichbehandlung)). Die Einhaltung entsprechender Standards ist daher auch Gegenstand von Abnahmeprüfungen und Qualitätskontrollen.
Sonstige Verkehrsteilnehmer
Andere Verkehrsteilnehmer sind verpflichtet, sich an die besonderen Regelungen im Bereich von Haltestellen zu halten. Dies betrifft:
- Halte- und Parkverbot im Bereich der Haltestelle (§ 12 StVO)
- Sorgfaltspflichten beim Vorbeifahren an haltenden Linienfahrzeugen (§ 20 StVO), insbesondere hinsichtlich des Passierens bei aus- und einsteigenden Fahrgästen, ggf. Schrittgeschwindigkeit.
Verstöße können als Ordnungswidrigkeit oder im Schadensfall sogar als Straftat geahndet werden.
Errichtung, Betrieb und Genehmigung von Haltestellen
Genehmigungsrechtliche Grundsätze
Die Errichtung und der Betrieb von Haltestellen bedürfen einer behördlichen Genehmigung. Zuständig ist dabei die jeweils örtliche Straßenverkehrsbehörde oder – im Fall bundeseigener Straßen – die höhere Straßenbaubehörde. Die Genehmigung umfasst:
- Festlegung von Standort und Gestaltung
- Sicherstellung verkehrsrechtlicher und baulicher Anforderungen
- Regelung von Ersatzhaltestellen bei Baumaßnahmen
Haftung und Verkehrssicherungspflichten
Betreiber und Eigentümer von Haltestellen haben weitreichende Verkehrssicherungspflichten. Dies bedeutet:
- Beseitigung von Gefahrenquellen, wie Schnee, Eis oder baulichen Mängeln
- Beleuchtung und Sauberkeit der Haltestelle
- Schutz vor Missbrauch durch Unbefugte
Die Missachtung kann zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen oder öffentlich-rechtlichem Einschreiten der Ordnungsbehörden führen.
Besonderheiten von Haltestellen im rechtlichen Kontext
Schulbus- und Sonderhaltestellen
Für Schulbus- und Sonderhaltestellen gelten nach § 20 Abs. 4 StVO zusätzliche Schutzvorschriften, etwa verpflichtendes Anhalten des Kfz-Verkehrs, sobald Kinder aus- oder einsteigen. Hier ist der Schutz besonders hoch angesetzt.
Haltestellen im privaten Siedlungsbereich
In Wohnanlagen oder auf Betriebsgelände eingerichtete Haltestellen unterliegen teilweise anderen rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere wenn kein öffentlicher Linienverkehr besteht. Hier greifen in erster Linie privatrechtliche Regelungen und das Ordnungsrecht der jeweiligen Kommune.
Zusammenfassung
Haltestellen sind rechtlich klar definierte Bereiche, die durch eine Vielzahl von Vorschriften im Straßenverkehrsrecht, Personenbeförderungsrecht, Baurecht und Ordnungsrecht geregelt werden. Sie dienen dem sicheren und geordneten Betrieb des Linien- und Schulbusverkehrs und unterliegen speziellen Regelungen hinsichtlich Planung, Bau, Betrieb und Verkehrssicherung. Betreiber, Verkehrsteilnehmer und Behörden treffen hier weitreichende Rechte und Pflichten, die zur Verkehrssicherheit, Zugänglichkeit und reibungslosen Funktionalität des öffentlichen Nahverkehrs beitragen.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Errichtung und Kennzeichnung von Haltestellen?
Die Errichtung und Kennzeichnung von Haltestellen unterliegt in Deutschland insbesondere dem Straßenverkehrsrecht, namentlich der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), sowie den hierfür ergangenen Verwaltungsvorschriften. Nach § 12 StVO ist das Halten und Parken an Haltestellen von Linienbussen und Straßenbahnen, die durch das Zeichen 224 („Haltestelle“) kenntlich gemacht sind, grundsätzlich untersagt, um den öffentlichen Nahverkehr nicht zu behindern. Die konkrete Einrichtung einer Haltestelle erfolgt in Abstimmung mit der Straßenverkehrsbehörde und, sofern notwendig, unter Beteiligung weiterer Behörden wie etwa der Verkehrsunternehmen oder dem öffentlichen Träger. Dabei sind auch Vorgaben aus dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zu beachten, das u.a. Anforderungen an Barrierefreiheit und Infrastruktur stellt. Die genaue Ausgestaltung (wie etwa Haltestellenbuchten, Fahrgastunterstände, Beleuchtung und Informationseinrichtungen) orientiert sich zusätzlich an technischen Regelwerken, wie den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt) sowie DIN-Normen. Darüber hinaus greifen kommunale Satzungen, die weiterführende Bestimmungen enthalten können.
Wer ist für die Instandhaltung und Verkehrssicherheit von Haltestellen verantwortlich?
Die Verantwortung für die Instandhaltung und Sicherstellung der Verkehrssicherheit von Haltestellen ist rechtlich differenziert geregelt und richtet sich maßgeblich nach Eigentums- und Betreiberverhältnissen. Grundsätzlich obliegt die Verkehrssicherungspflicht demjenigen, der die tatsächliche Sachherrschaft über die Haltstelle ausübt, häufig also dem jeweiligen Verkehrsunternehmen oder der Kommune. Im Rahmen dieser Verkehrssicherungspflicht muss der Verantwortliche regelmäßig Kontrollgänge durchführen, Schäden umgehend beheben und Gefahrenstellen absichern. Die ordnungsgemäße Beleuchtung, Sauberkeit, Funktionsfähigkeit von Fahrgastunterständen und technischen Einrichtungen sind sicherzustellen. Kommt der Verantwortliche seiner Pflicht nicht nach und entstehen daraus Schäden (z.B. durch Glätte, defekte Einrichtungen), kann dies zu zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen oder auch zu ordnungsbehördlichen Sanktionen führen. Die Kommune kann die Instandhaltung per Satzung auch teilweise auf Dritte (z.B. Werbefirmen oder Verkehrsverbünde) übertragen.
Welche Regelungen gelten bezüglich der Barrierefreiheit von Haltestellen?
Im rechtlichen Kontext ist die Barrierefreiheit von Haltestellen vor allem durch das Personenbeförderungsgesetz (PBefG), insbesondere § 8 Absatz 3, sowie durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt. Öffentliche Verkehrsunternehmen und Kommunen sind verpflichtet, bis spätestens 2022 (mit Ausnahmemöglichkeiten) sämtliche Haltestellen barrierefrei auszubauen oder zumindest den barrierefreien Zugang prioritär sicherzustellen. Dies umfasst bauliche Maßnahmen wie die Anhebung von Bordkanten, tastbare Leitsysteme für Sehbehinderte, akustische Ansagen und optische Fahrgastinformationen. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn ein unverhältnismäßiger Aufwand nachgewiesen wird, wobei die Belange von Menschen mit Behinderungen und mobilitätseingeschränkten Personen immer vorrangig einzubeziehen sind. Landesrechtliche Ausführungsgesetze und kommunale Satzungen ergänzen die bundesrechtlichen Vorgaben.
Welche Bestimmungen gelten bezüglich Halt- und Parkverboten an Haltestellen?
Halt- und Parkverbote an Haltestellen sind in § 12 Absatz 3 StVO präzise geregelt. Danach ist das Halten auf der Fahrbahn bis zu 15 Meter vor und hinter einem Haltestellenschild (Zeichen 224) untersagt, sofern das Haltestellenschild am rechten Fahrbahnrand steht; in Einbahnstraßen, auf Straßen mit einer besonderen Markierung oder mit baulichem Haltestellenbereich können abweichende Regelungen gelten. Für Taxis ist ebenfalls ein Haltverbot an Bus- und Straßenbahnhaltestellen während der Betriebszeiten vorgesehen, es sei denn, durch Zusatzschilder werden Ausnahmen geregelt. Verstöße gegen Halt- und Parkverbote können als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern und ggf. Abschleppmaßnahmen geahndet werden. Das Verbot dient sowohl der ungehinderten An- und Abfahrt von Nahverkehrsfahrzeugen als auch dem Schutz der Fahrgäste im Ein- und Ausstiegsbereich.
Welche Haftungsregelungen gelten bei Unfällen im Bereich von Haltestellen?
Die Haftung bei Unfällen im Bereich von Haltestellen ist vielschichtig und richtet sich nach unterschiedlichen Rechtsgrundlagen. Die Haftung des Verkehrsunternehmens ergibt sich meist aus vertraglicher Beziehung, wenn der Schaden im Zusammenhang mit der Nutzung des öffentlichen Verkehrsmittels steht (z.B. beim Ein- oder Aussteigen). Bei Unfällen aufgrund mangelhafter Haltestelleninfrastruktur greift die deliktische Haftung des Inhabers der Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 BGB („Verletzung von Verkehrssicherungspflichten“). Kommt es zu einem Unfall durch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer (z.B. durch Missachtung von Haltverboten), können diese nach § 823 BGB und gegebenenfalls nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) haftbar gemacht werden. Die Besonderheit: Selbst bei Mitverschulden des Geschädigten (z.B. unachtsames Betreten der Fahrbahn) findet eine Haftungsteilung gemäß § 254 BGB statt.
Welche Vorgaben gibt es bezüglich der Einrichtung temporärer Haltestellen?
Temporäre Haltestellen, etwa im Zuge von Umleitungen, Bauarbeiten oder Veranstaltungen, unterliegen ebenfalls der StVO und müssen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde genehmigt werden. Besondere Vorgaben bestehen hinsichtlich der Kennzeichnung, Sichtbarkeit und Erreichbarkeit – so ist mindestens das Verkehrszeichen 224 (Haltestelle) anzubringen und eine sichere Zu- und Abgangsmöglichkeit zu gewährleisten. Auch temporäre Haltestellen unterliegen den Anforderungen an Barrierefreiheit, sofern dies technisch und organisatorisch möglich ist. Die Verkehrssicherungspflichten und Haftungsregeln gelten analog zu permanenten Haltestellen. Die Einrichtung temporärer Haltestellen muss zudem mit den Fahrplanvorschriften und den Betriebsabläufen der Verkehrsunternehmen koordiniert werden.