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Halter von Tieren


Begriff und rechtliche Einordnung des Tierhalters

Definition des Halters von Tieren

Als „Halter von Tieren“ wird im deutschen Recht die Person bezeichnet, die die tatsächliche Herrschaft über ein Tier ausübt und dessen Betreuung, Versorgung und Nutzung dauerhaft übernimmt. Der Halter trägt gegenüber Dritten und dem Staat Verantwortung für das Tier, insbesondere im Hinblick auf Schadensereignisse und das Tierwohl.

Die Rechtsprechung und das Gesetz differenzieren zwischen dem Tierhalter, dem Eigentümer und dem bloßen Besitzer eines Tieres. Während sich der Eigentümer auf die rechtliche Zuordnung des Tieres nach Sachenrecht bezieht, ist der Halter diejenige Person, die die umfassende tatsächliche Sachherrschaft ausübt und das Risiko trägt, das mit dem Tier verbunden ist.

Abgrenzung zum Eigentümer und Besitzer

Nicht jeder Tierbesitzer oder Eigentümer ist automatisch Halter im rechtlichen Sinne. Die Haltereigenschaft hängt davon ab, wer die Verantwortung für das Tier übernommen hat, wer über seine Aufenthaltsorte bestimmt und es regelmäßig betreut. Auch ein langfristiger Entleiher oder Pächter kann als Halter gelten, selbst wenn er nicht Eigentümer des Tieres ist.

Der Begriff des Besitzers im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 854 BGB) darf nicht mit der Haltereigenschaft verwechselt werden. Ein kurzfristiger Tierhüter, etwa ein Tierpfleger im Urlaub, ist in der Regel nicht Halter, sondern bloß vorübergehender Betreuer.

Gesetzliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Im deutschen Zivilrecht finden sich zentrale Regelungen zur Haftung des Tierhalters in den §§ 833 ff. BGB.

Gefährdungshaftung nach § 833 BGB:
Die Haftung des Tierhalters ist eine Gefährdungshaftung. Danach haftet der Halter grundsätzlich für Schäden, die sein Tier verursacht, unabhängig von eigenem Verschulden. Die Halterhaftung setzt voraus, dass das Tier eine eigenständige, von ihm nicht zu beherrschende Handlung ausgeführt hat.

Unterscheidung zwischen Luxustieren und Nutztieren:
Das BGB unterscheidet zwischen Luxustieren (z. B. Heimtiere wie Hunde oder Katzen) und Nutztieren (z. B. Milchkühe, Arbeitspferde). Für Nutztierhalter ist die Haftung nach § 833 S. 2 BGB unter bestimmten Umständen eingeschränkt (Exkulpation, wenn angemessene Aufsicht gewährleistet wurde).

Tierschutzgesetz (TierSchG)

Das Tierschutzgesetz regelt die Verantwortung des Tierhalters insbesondere im Hinblick auf das Wohl des Tieres. Nach § 2 TierSchG ist der Halter verpflichtet, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend zu ernähren, pflegen und unterzubringen.

Spezifische Vorschriften für besondere Tierarten

Für bestimmte Tiere existieren zusätzliche gesetzliche Vorgaben, insbesondere für Hunde (Hundeverordnungen der Bundesländer), Tiere landwirtschaftlicher Betriebe sowie sogenannte gefährliche Tiere.

Pflichten und Verantwortlichkeiten des Tierhalters

Aufsichtspflicht und Verkehrssicherung

Der Halter muss dafür sorgen, dass von seinem Tier keine Gefahr für Dritte ausgeht. Das umfasst angemessene Verwahrung, Beaufsichtigung und Schutzmaßnahmen, je nach Tierart und -verhalten. Halter von Hunden unterliegen ggf. besonderen gesetzlichen Auflagen, etwa Leinenpflichten oder Maulkorbzwang in bestimmten Bereichen.

Haftung gegenüber Dritten

Kommt es durch das Verhalten des Tieres zu einem Schaden an Personen oder Sachen, haftet der Halter im Rahmen der Tierhalterhaftung. Eine Tierhalterhaftpflichtversicherung ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben (außer in einigen Bundesländern für Hunde), jedoch ratsam.

Tierhalter und Mitverschulden Dritter

Hat der Geschädigte durch eigenes Verhalten zur Schadensentstehung beigetragen (Mitverschulden gemäß § 254 BGB), kann die Haftung des Halters anteilig reduziert werden.

Aufsichtspflichtverletzung und Strafrecht

Neben der zivilrechtlichen Haftung kann eine Verletzung der Sorgfaltspflichten auch strafrechtliche Konsequenzen auslösen, insbesondere, wenn die Verletzung der Aufsichtspflicht zu einer Körperverletzung oder einem sonstigen Schaden führt.

Beendigung der Haltereigenschaft

Die Eigenschaft als Halter endet, sobald die tatsächliche Herrschaft über das Tier freiwillig oder durch äußere Umstände endgültig aufgegeben wird. Bei der dauerhaften Abgabe des Tieres an einen neuen Verantwortlichen (z. B. Verkauf, Schenkung oder Übergabe zur dauerhaften Pflege) erlischt die Haltereigenschaft.

Sonderfälle und Ausnahmefälle

Gemeinschaftliche Tierhaltung

In Fällen gemeinschaftlicher Tierhaltung (z. B. Familien, WGs, Zuchtgemeinschaften) können mehrere Personen Halter im Sinne des Gesetzes sein. Hier greift eine gesamtschuldnerische Haftung, sodass jeder für den Gesamtschaden einstehen muss, der durch das Tier verursacht wird.

Tierhüter und Verrichtungsgehilfen

Personen, die im Auftrag des Halters vorübergehend auf das Tier aufpassen (Tierhüter), gelten rechtlich nicht als Halter, sondern als Erfüllungsgehilfen des Halters, mit der Folge, dass die grundsätzliche Halterhaftung beim Hauptverantwortlichen verbleibt.

Tiere ohne bekannte Halter

Findet jemand ein herrenloses Tier, etwa einen entlaufenen Hund, und kümmert sich dauerhaft um es, kann mit der Zeit eine Haltereigenschaft entstehen, verbunden mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten.

Zusammenfassung

Der Halter von Tieren ist zentrale Figur im deutschen Tierrecht und trägt die umfassende Verantwortung sowohl für das Tierwohl als auch für die von seinem Tier ausgehenden Gefahren. Die Haltereigenschaft bringt sowohl Pflichten als auch Haftungsrisiken mit sich. Eine klare Differenzierung zwischen Eigentümer, Besitzer, Tierhüter und tatsächlichem Halter ist für die rechtliche Beurteilung verschiedener Konstellationen unerlässlich. Der verantwortungsbewusste Umgang mit den Rechtspflichten der Tierhaltung ist zentraler Baustein des Zusammenlebens von Menschen und Tieren in der Gesellschaft.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet für Schäden, die durch ein Tier verursacht werden?

Im deutschen Recht gilt grundsätzlich die sogenannte Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB. Der Halter eines Tieres ist demnach für Schäden verantwortlich, die sein Tier verursacht, unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft (Gefährdungshaftung). Dies umfasst sowohl Sachschäden als auch Personenschäden. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Nutztieren, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt dienen: Hier haftet der Halter nur, wenn ihm ein Verschulden nachgewiesen werden kann (§ 833 Satz 2 BGB). Wichtig ist, dass Halter nicht zwingend Eigentümer des Tieres sein müssen; entscheidend ist, wer die tatsächliche Herrschaft über das Tier ausübt, das Risiko trägt und für dessen Betreuung aufkommt.

Welche Pflichten hat ein Tierhalter zur Gefahrenabwehr?

Ein Tierhalter ist verpflichtet, alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um von seinem Tier ausgehende Gefahren zu vermeiden. Dazu zählt insbesondere die Beaufsichtigung des Tieres, die Verwendung geeigneter Sicherungsmittel (beispielsweise Leine oder Maulkorb bei Hunden, Zäune bei Weidetieren) sowie die Wahl eines geeigneten Aufenthaltsortes. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten richten sich nach Art, Rasse, Alter und bisherigen Verhaltens des Tieres sowie den örtlichen Gegebenheiten. Kommt ein Halter seinen Sicherungspflichten nicht ausreichend nach und verursacht das Tier dadurch einen Schaden, kann dies zu einer erhöhten Haftung oder im Einzelfall sogar zu einem Mitverschulden des Geschädigten führen.

Muss ein Tierhalter eine Haftpflichtversicherung abschließen?

Für Hundehaltende besteht in vielen deutschen Bundesländern eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung; diese Pflicht kann sich regional unterscheiden und hängt oft von der Rasse oder Größe des Hundes ab. Für andere Tierarten, etwa Katzen oder Kleintiere, besteht in der Regel keine gesetzliche Versicherungspflicht, wird aber dringend empfohlen, da die Haftungsfolgen für den Halter sehr weitreichend sein können. Die private Haftpflichtversicherung schließt Schäden durch Tiere nur dann ein, wenn sie nicht zu den sogenannten „Luxustieren“ zählen. Für Pferde-, Hunde- und bestimmte Wildtierhalter ist daher eine gesonderte Tierhalterhaftpflichtversicherung unerlässlich.

Was ist der Unterschied zwischen Tierhalter und Tieraufseher aus rechtlicher Sicht?

Der Tierhalter ist diejenige Person, die die wirtschaftliche und tatsächliche Herrschaft über das Tier inne hat, für dessen Unterhalt sorgt und das Risiko für von dem Tier ausgehende Gefahren trägt. Demgegenüber ist der Tieraufseher gemäß § 834 BGB eine Person, die mit der unmittelbaren Führung und Beaufsichtigung des Tieres auf Anweisung des Halters betraut ist (z.B. Hundesitter, Reitbeteiligung, Freunde oder Familienmitglieder beim Ausführen eines Tieres). Während der Halter grundsätzlich unabhängig von einem Verschulden haftet, haftet der Tieraufseher nur bei nachgewiesenem eigenen Verschulden, also wenn er die Aufsichtspflichten verletzt und dadurch ein Schaden eintritt.

Welche Erlaubnis- und Meldepflichten gelten für Tierhalter?

Abhängig von der Tierart gelten unterschiedliche Erlaubnis- und Meldepflichten. Halter bestimmter Tierarten (zum Beispiel Hunde bestimmter Rassen, exotische Wildtiere oder Nutztiere) unterliegen besonderen Meldepflichten bei der zuständigen Ordnungsbehörde oder sogar einer Haltungserlaubnis. Für Hunde ist beispielsweise in vielen Bundesländern eine Anmeldung bei der Stadt oder Gemeinde vorgeschrieben, ebenso besteht oftmals Steuerpflicht. Bei der Haltung gefährlicher Tiere nach den Landesgesetzen muss eine Haltungserlaubnis eingeholt werden, bei Meldeversäumnis oder fehlender Erlaubnis drohen Bußgelder und im Ernstfall ein Tierhalteverbot.

Welche Konsequenzen drohen bei Verletzung von Halterpflichten?

Verstößt ein Tierhalter gegen seine gesetzlichen Pflichten, drohen sowohl zivilrechtliche als auch verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen. Zivilrechtlich kann der Geschädigte Schadensersatz oder Schmerzensgeld verlangen. Verwaltungsrechtlich sind Maßnahmen wie die Anordnung des Maulkorbes, die Leinenpflicht, Haltungsbeschränkungen oder ein komplettes Tierhalteverbot möglich. Unter bestimmten Umständen kann die Verletzung von Halterpflichten auch Straftatbestände erfüllen, beispielsweise nach dem Tierschutzgesetz oder im Falle der fahrlässigen Körperverletzung nach § 229 StGB.

Kann die Haftung des Halters durch vertragliche Abreden eingeschränkt werden?

Im Rahmen privatrechtlicher Vereinbarungen ist eine Haftungsbeschränkung grundsätzlich möglich, jedoch findet diese ihre Grenzen im Gesetz. Eine völlige Freizeichnung des Tierhalters von der Gefährdungshaftung ist im Hinblick auf Dritte, insbesondere bei Personenschäden, regelmäßig unwirksam. Gegenüber Personen, die gelegentlich oder im berechtigten Eigeninteresse das Tier führen (wie Freunde oder Nachbarn), können Haftungsausschlüsse im Einzelfall wirksam vereinbart werden, sofern keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Halters vorliegt. Zu beachten ist hier zudem § 104 SGB VII, wonach bei Arbeitsunfällen unter bestimmten Voraussetzungen die Haftung beschränkt oder ausgeschlossen sein kann.