Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Familienrecht»Gütergemeinschaft, fortgesetzte

Gütergemeinschaft, fortgesetzte


Fortgesetzte Gütergemeinschaft – Definition und rechtliche Grundlagen

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft ist eine besondere Form des ehelichen Güterstands nach deutschem Familienrecht. Sie tritt in einem spezifischen Fall ein, wenn im Rahmen einer bestehenden Gütergemeinschaft einer der Ehegatten verstirbt und besondere gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sind. Im Mittelpunkt steht dabei der Fortbestand der Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Ehegatten und bestimmten Erben des Verstorbenen. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft wird in den §§ 1483 bis 1518 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt und stellt eine eigenständige Erscheinung im Zusammenhang mit Ehe und Erbfolge dar.

Voraussetzungen der fortgesetzten Gütergemeinschaft

Die Entstehung einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ist an mehrere rechtliche Voraussetzungen geknüpft:

  • Vorliegen einer Gütergemeinschaft: Zunächst muss zwischen den Eheleuten der Güterstand der Gütergemeinschaft bestanden haben. Dies setzt den Abschluss eines entsprechenden Ehevertrags oder eine entsprechende Verfügung voraus.
  • Tod eines Ehegatten: Die fortgesetzte Gütergemeinschaft kommt ausschließlich infolge des Todes eines Ehegatten zustande.
  • Bestimmung durch Ehevertrag oder letztwillige Verfügung: Voraussetzung ist weiter, dass im Ehevertrag, Testament oder Erbvertrag ausdrücklich bestimmt wurde, dass die Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten mit bestimmten Erben fortgesetzt werden soll (§ 1483 BGB).
  • Zugehörigkeit der Erben: In der Regel sind nur Abkömmlinge (also Kinder oder Enkelkinder) des verstorbenen Ehegatten zu einer Fortsetzung berechtigt. Andere Erben können nur beteiligt werden, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.
  • Kein Ausschluss durch Erben: Die Erben, die in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten, können dieses Recht durch ausdrückliche Erklärung ablehnen. Ohne Annahme erfolgt kein Eintritt.

Rechtsnatur der fortgesetzten Gütergemeinschaft

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft ist kein neuer Güterstand, sondern die Fortführung des alten Güterstands der Gütergemeinschaft, jedoch in modifizierter Form. Sie stellt eine Mischform zwischen familien- und erbrechtlichen Elementen dar. Die verwitwete Person und die zur Fortsetzung berufenen Erben bilden nunmehr eine Gemeinschaft am Gesamtgut (Vermögen, das in die Gütergemeinschaft eingebracht wurde).

Umfang der fortgesetzten Gütergemeinschaft

Das Gesamtgut

Kernstück bleibt das Gesamtgut, jenes Vermögen, das während des Bestehens der Gütergemeinschaft gemeinsames Vermögen der Ehegatten war. Mit dem Tod eines Ehegatten geht das Gesamtgut im Wege der Gesamtrechtsnachfolge – soweit nicht einzelne Gegenstände ausgenommen sind – auf die fortgesetzte Gütergemeinschaft über.

Sonder- und Eigengut

Das Sondergut und das Eigengut unterliegen nicht der fortgesetzten Gütergemeinschaft, sondern fallen mit Erbfall in das Alleineigentum der jeweiligen Berechtigten oder werden Gegenstand der gewöhnlichen Erbfolge.

Rechtsstellung der Beteiligten

Überlebender Ehegatte

Der überlebende Ehegatte bleibt Verwaltungs- und Nutzungsbefugter des Gesamtguts. Er hat gemeinsam mit den zur Fortsetzung berufenen Erben die Verwaltung zu führen, wobei ihm besondere Verwaltungsrechte zustehen (§ 1497 BGB).

Mitberechtigte Erben

Die Erben erlangen eine Mitberechtigung am Gesamtgut. Sie sind Miteigentümer in der fortgesetzten Gütergemeinschaft und können über ihren Anteil am Gesamtgut nicht isoliert verfügen. Zwischen überlebendem Ehegatten und Miterben entsteht ein Gesamthandverhältnis, das die gemeinschaftliche Verwaltung und Verfügung über das Vermögen erfordert.

Verwaltung und Vertretung

Die Verwaltung des Gesamtguts obliegt dem überlebenden Ehegatten, wobei die Miterben in bestimmten Fällen der Mitwirkung bedürfen oder dieser zustimmen müssen, insbesondere bei außergewöhnlichen oder grundstücksbezogenen Verfügungen.

Eine Teilung des Gesamtguts ist während des Bestehens der fortgesetzten Gütergemeinschaft grundsätzlich ausgeschlossen (§ 1505 BGB). Damit wird das Vermögen als Einheit geschützt und eine Zersplitterung verhindert.

Haftung und Gläubigerzugriff

Haftung für Verbindlichkeiten

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft haftet grundsätzlich weiterhin für alle vorbestehenden gemeinsamen Verbindlichkeiten. Darüber hinaus haften die Mitglieder für Verbindlichkeiten, die aus der fortgesetzten Verwaltung entstehen. Besondere Bestimmungen gelten für Nachlassverbindlichkeiten, für die die Erben anteilig mit ihrem eigenen Vermögen haften können.

Gläubigerzugriff

Gläubiger der fortgesetzten Gütergemeinschaft können grundsätzlich nur auf das Gesamtgut zugreifen. Verbindlichkeiten des Erblassers, die nicht das Gesamtgut betreffen, berechtigen nur zu einem Zugriff auf den Erbteil des Schuldners.

Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endet regelmäßig durch folgende Ereignisse:

  • Tod des überlebenden Ehegatten: Mit dem Ableben des zweiten Ehegatten geht das Gesamtgut in die gewöhnliche Erbengemeinschaft über.
  • Auseinandersetzung: Durch bekannte Auseinandersetzungsakte, insbesondere Teilung des Gesamtguts, Aufhebung der Gemeinschaft durch Vereinbarung oder gerichtliche Entscheidung.
  • Verzicht oder Ausschluss: Die Erben können auf die Fortsetzung verzichten oder durch Ehevertrag oder Testament davon ausgeschlossen werden.

Mit der Beendigung erfolgt die Aufteilung des Gesamtguts unter den Berechtigten nach den allgemeinen Vorschriften für Gesamthandsgemeinschaften (§ 1512 ff. BGB).

Steuerliche und praktische Aspekte

Neben den zivilrechtlichen Regelungen hat die fortgesetzte Gütergemeinschaft Auswirkungen auf erbschafts- und schenkungssteuerliche Fragestellungen, insbesondere hinsichtlich der Bewertung und Zurechnung des Gesamtguts im Erbfall.

Praktisch ist die fortgesetzte Gütergemeinschaft heute von geringer Bedeutung, da die meisten Ehen im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft geführt werden. Dennoch kann sie insbesondere im landwirtschaftlichen und unternehmerischen Bereich genutzt werden, um Vermögenswerte einheitlich und ungeteilt zu erhalten.

Zusammenfassung

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft stellt ein rechtlich komplexes Konstrukt im deutschen Familien- und Erbrecht dar. Sie ermöglicht es, dass das während der Ehe angesammelte Vermögen nach dem Tod eines Ehegatten in einer besonderen Form von Gemeinschaft fortbesteht. Dabei entstehen umfangreiche Mitbestimmungs- sowie Verwaltungsrechte und Pflichten für die beteiligten Personen. Die gesetzlichen Anforderungen an Form und Inhalt sowie die spezifischen Rechtsfolgen machen eine genaue Prüfung und Gestaltung bei Eintritt des Erbfalls erforderlich. Die Regelungen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind abschließend in den §§ 1483 bis 1518 BGB erfasst.

Häufig gestellte Fragen

Welche Auswirkungen hat die Fortsetzung der Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten auf die Vermögensverhältnisse?

Nach deutschem Recht kann die Gütergemeinschaft gemäß § 1482 BGB nach dem Tod eines Ehegatten auf Wunsch der überlebenden Ehegattin oder eines gemeinschaftlichen Abkömmlings fortgesetzt werden. Dies hat tiefgreifende Konsequenzen für die Vermögensverhältnisse: Das Gesamtgut bleibt bestehen und wird nicht wie im Regelfall bei Beendigung der Gütergemeinschaft auseinandergesetzt. Diese Fortsetzung findet im Rahmen einer sogenannten fortgesetzten Gütergemeinschaft statt, die neben dem überlebenden Ehegatten auch gemeinschaftliche Abkömmlinge, die die Fortsetzung verlangen, als Mitberechtigte am Gesamtgut einbezieht. Damit sind diese Personen gesamthänderisch am Gesamtgut beteiligt. Das Einzelvermögen der verstorbenen Person geht auf die Erben über; das Gesamtgut bleibt allerdings gemeinschaftliches Vermögen der fortsetzenden Personen. Verfügungen über das Gesamtgut sind nur gemeinsam möglich, was Einfluss auf die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse hat und oft zu rechtlich komplexen Situationen bei der Vermögensverwaltung sowie bei der Auseinandersetzung später führen kann.

Welche Formvorschriften gelten für die Erklärung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft?

Die Erklärung, die Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten fortzusetzen, unterliegt bestimmten Formvorschriften nach deutschem Recht (§ 1482 Abs. 2 BGB). Sie muss in notariell beurkundeter Form abgegeben werden, sofern nicht bereits ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag mit entsprechender Bestimmung vorliegt. Die Erklärung kann sowohl vom überlebenden Ehegatten als auch von gemeinschaftlichen Abkömmlingen abgegeben werden, wobei diese innerhalb einer gesetzlichen Frist erfolgen muss, die mit dem Todestag des Ehegatten beginnt. Wird die Erklärung nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form abgegeben, tritt die Fortsetzung nicht ein, und es erfolgt eine reguläre Auseinandersetzung des Gesamtguts.

Wer kann nach dem Tod eines Ehegatten die Fortsetzung der Gütergemeinschaft verlangen?

Zur Fortsetzung der Gütergemeinschaft berechtigt sind ausschließlich der überlebende Ehegatte und die gemeinschaftlichen Abkömmlinge (in der Regel die Kinder oder deren Abkömmlinge, sofern ein Kind bereits verstorben ist). Andere Erben oder Abkömmlinge, die nicht gemeinschaftlich sind (zum Beispiel aus einer früheren Ehe des Verstorbenen), sind hingegen nicht berechtigt, die Fortsetzung zu verlangen. Jeder berechtigte Beteiligte kann individuell erklären, ob er an der Fortsetzung teilnimmt, und durch seine Beteiligung unmittelbare Mitberechtigung am Gesamtgut erlangen.

Kann das Gesamtgut nach dem Tod einer fortsetzenden Person auseinandergesetzt werden, und wie erfolgt dies rechtlich?

Ja, das Gesamtgut kann jederzeit durch Erklärung eines Mitberechtigten auseinandergesetzt werden. Die Auseinandersetzung richtet sich nach den Vorschriften der §§ 1483 ff. BGB. Grundsätzlich erfolgt eine Teilung des Gesamtguts unter den fortsetzenden Personen, wobei zunächst gemeinschaftliche Verbindlichkeiten des Gesamtguts zu begleichen sind. Die Teilung des verbleibenden Vermögens richtet sich nach den gesetzlichen Erbquoten oder den vertraglichen Vereinbarungen. Maßgeblich ist, dass es sich um eine echte Gesamthandsgemeinschaft handelt, sodass jedem Mitberechtigten kein bestimmter Anteil am einzelnen Gegenstand, sondern ein ideeller Anteil am Gesamtgut zusteht.

Welche Rechtsfolgen hat die Aufnahme eines neuen Mitglieds in die fortgesetzte Gütergemeinschaft?

Die Aufnahme neuer Mitglieder in die fortgesetzte Gütergemeinschaft kann allein aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder durch Vereinbarung nach Maßgabe der §§ 1484-1486 BGB erfolgen. Ein neu aufgenommener gemeinschaftlicher Abkömmling tritt gesamthänderisch in die bestehende Gemeinschaft ein und erwirbt damit Rechte und Pflichten im Hinblick auf das Gesamtgut, insbesondere Teilnahme am Verwaltungs- und Verfügungsrecht über das Gesamtgut sowie an den Erträgen. Damit verbunden ist auch eine gesamtschuldnerische Haftung für Nachlassverbindlichkeiten, die das Gesamtgut betreffen. Zugleich wird der Eintritt Dritter in die Gütergemeinschaft durch die gesetzlichen Voraussetzungen und vertragliche Vereinbarungen der bereits Beteiligten maßgeblich bestimmt.

Wie wird das Verwaltungs- und Verfügungsrecht in der fortgesetzten Gütergemeinschaft geregelt?

In der fortgesetzten Gütergemeinschaft üben die Mitberechtigten das Verwaltungs- und Verfügungsrecht grundsätzlich gemeinschaftlich aus. Verfügungen über Gegenstände des Gesamtguts, wie zum Beispiel der Verkauf von Immobilien, sind daher nur mit Zustimmung aller Mitberechtigten möglich. Dies führt im Alltag häufig zu einer erschwerten Handhabung größerer Vermögensbewegungen, da Einstimmigkeit erforderlich ist. Die Verwaltung im Ganzen kann einzelnen Mitgliedern durch gemeinsame Beschlussfassung übertragen werden, solange dem keine zwingenden gesetzlichen Schutzvorschriften entgegenstehen. Die fortgesetzte Gesamthandsgemeinschaft unterscheidet sich diesbezüglich signifikant vom Alleineigentum oder von einfachen Bruchteilsgemeinschaften.

Was geschieht mit den Schulden des Gesamtguts bei Fortsetzung der Gütergemeinschaft?

Schulden, die das Gesamtgut betreffen, bleiben auch nach dem Tod eines Ehegatten und der Fortsetzung der Gütergemeinschaft bestehen und haften weiterhin als Verbindlichkeiten gemeinschaftlich für das Gesamtgut. Das bedeutet, dass sämtliche Mitberechtigte gesamtschuldnerisch für diese Schulden einstehen. Neue Schulden, die nach dem Tod eines Ehegatten im Rahmen des fortgesetzten Bestands des Gesamtguts entstehen, werden ebenfalls gemeinschaftlich getragen. Bei Auseinandersetzung der fortgesetzten Gütergemeinschaft werden zunächst die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten beglichen, bevor eine Verteilung des verbleibenden Vermögens stattfinden kann. Erben, die nicht Teil der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind, haften für solche Schulden grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen weiter, sofern diese nicht auf sie persönlich übergehen.