Legal Lexikon

Wiki»Grundwasserabgabe (wenn agrarisch motiviert)

Grundwasserabgabe (wenn agrarisch motiviert)


Grundwasserabgabe bei agrarischer Nutzung

Die Grundwasserabgabe ist im deutschen Wasser- und Umweltrecht eine öffentliche Abgabe, die für die Entnahme von Grundwasser erhoben wird. Die rechtlichen Grundlagen finden sich auf Bundes- und Landesebene, wobei die spezifischen Ausgestaltungen in den jeweiligen Bundesländern variieren können. Wird Grundwasser insbesondere für landwirtschaftliche (agrarische) Zwecke genutzt, gelten bei Erhebung, Bemessung und Befreiung von der Grundwasserabgabe besondere rechtliche Regelungen. Im Folgenden werden Definition, Rechtsgrundlagen, Anwendungsbereich, Bemessungsgrundlage sowie relevante Ausnahmen und Sonderregelungen umfassend beleuchtet.


Definition und Zielsetzung der Grundwasserabgabe

Die Grundwasserabgabe ist eine öffentlich-rechtliche Abgabe, die für die Nutzung des Grundwassers, insbesondere die Entnahme oder das Zutagefördern, erhoben wird. Sie verfolgt umweltpolitische und lenkende Ziele, vor allem den nachhaltigen und sparsamen Umgang mit der Ressource Grundwasser zu fördern. Die Abgabe stellt zudem ein wirtschaftliches Steuerungsinstrument dar, mit dessen Hilfe externe Kosten der Grundwassernutzung internalisiert und klimaschützende sowie wasserwirtschaftliche Ziele gefördert werden.


Rechtsgrundlagen

Bundesrechtlicher Rahmen

Die maßgeblichen bundesrechtlichen Vorgaben ergeben sich aus:

  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Das WHG regelt die Bewirtschaftung der Gewässer in Deutschland. Die Erhebung von Abgaben für die Grundwasserentnahme wird in § 9 Abs. 2 WHG geregelt, wonach die Bundesländer ermächtigt werden, entsprechende Abgaben zur Umsetzung wasserwirtschaftlicher Ziele einzuführen.

Landesrechtliche Konkretisierung

Die konkrete Ausgestaltung erfolgt durch Landesgesetze, beispielsweise:

  • Wasserabgabengesetze (z.B. Wassergesetz für Baden-Württemberg, Niedersächsisches Wassergesetz, Hessisches Wassergesetz)
  • Ausführungsverordnungen der Länder

Die Höhe der Abgabe, Tatbestandsmerkmale, Bemessungsgrundlagen und Ausnahmen für die Land- und Forstwirtschaft werden landesrechtlich im Detail festgelegt.


Anwendungsbereich und Tatbestand

Kreis der Abgabepflichtigen

Abgabepflichtig ist, wer Grundwasser entnimmt oder zutage fördert. Im Wesentlichen betrifft dies:

  • Land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit eigenen Brunnen- oder Quellenanlagen
  • Unternehmen des Gartenbaus
  • Fischereibetriebe mit Teichanlagen, soweit diese das Grundwasser nutzen

Agrarisch motivierte Grundwasserentnahme

Wenn die Entnahme unmittelbar oder mittelbar der Versorgung landwirtschaftlicher Flächen, der Bewässerung oder der Tränkung von Nutztieren dient, spricht man von agrarisch motivierter Grundwasserabgabe.


Bemessungsgrundlage und Abgabesatz

Bemessungsgrundlage

Die Abgabe wird grundsätzlich nach der geförderten Menge Grundwasser bemessen, die regelmäßig in Kubikmetern (m³) erfasst wird. Die Ermittlung erfolgt üblicherweise anhand von Messvorrichtungen (Wasserzähler, Messsonden). In Ausnahmefällen kann auch eine Schätzung erfolgen.

Abgabesatz

Der Abgabesatz wird als Betrag je entnommenem Kubikmeter festgelegt. Er bewegt sich in der Praxis häufig zwischen 0,005 und 0,15 € pro m³, variiert jedoch je nach Bundesland und Nutzungsart. Für die landwirtschaftliche Nutzung gelten in der Regel ermäßigte Sätze, um eine ausgewogene Belastung sicherzustellen.


Privilegierungen, Ermäßigungen und Befreiungen

Ausnahmetatbestände

Landwirtschaftliche Betriebe profitieren teils von Sonderregelungen. Die wichtigsten Privilegien sind:

  • Bagatellgrenze: Bis zu einer bestimmten Entnahmemenge werden keine Abgaben erhoben (meist zwischen 3.000 und 10.000 m³/Jahr).
  • Befreiungstatbestände: In zahlreichen Landesgesetzen sind bestimmte Zwecke, wie die unmittelbare Versorgung von Hof- und Haustieren oder Bewässerung kleiner landwirtschaftlicher Flächen, von der Abgabepflicht ausgenommen.

Reduzierte Abgabesätze/Vergünstigungen

Für den Bereich der Landwirtschaft können auf Antrag ermäßigte Sätze in Anspruch genommen werden, insbesondere zur Förderung der Sicherstellung der landwirtschaftlichen Produktion, der Versorgungssicherheit und der Bewahrerung der Kulturlandschaften.


Verfahren und Verwaltung

Anzeigepflichten und Nachweis

Abgabepflichtige müssen die Entnahme jährlich anzeigen und die entnommenen Mengen nachweisen. Dies erfolgt in der Regel über die zuständigen unteren Wasserbehörden oder Landesämter für Umwelt. Unrichtige oder unterlassene Angaben können mit Bußgeldern oder Nachveranlagungen geahndet werden.

Festsetzung und Erhebung

Die Festsetzung der Abgabe erfolgt durch Verwaltungsakt. Rechtsmittel gegen Gebührenbescheide können binnen eines Monats bei der zuständigen Verwaltungsbehörde eingelegt werden.


Zweckbindung und Verwendung der Einnahmen

Viele Bundesländer schreiben im Wasserrecht eine Zweckbindung der Mittel ausdrücklich vor. Die Einnahmen aus der Grundwasserabgabe sind zweckgebunden für Maßnahmen zum Schutz und zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Grundwasserressourcen einzusetzen (z.B. Förderprogramme zur Wassereinsparung in der Landwirtschaft, Sanierung von Altlasten, Monitoringprogramme).


Umwelt-, Europa- und Verfassungsrechtlicher Kontext

Umweltrechtliche Einordnung

Die Grundwasserabgabe ist Bestandteil der Wasserbewirtschaftung und der Erfüllung der Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG). Deutschland wird verpflichtet, die mengenmäßige und chemische Belastung des Grundwassers nachhaltig zu steuern.

Verfassungsrechtliche Zulässigkeit

Die Erhebung der Grundwasserabgabe ist als Sonderabgabe grundgesetzkonform, solange ein spezifischer Finanzierungszweck verfolgt wird und eine gruppenspezifische Belastung vorliegt (vgl. Bundesverfassungsgericht, diverse Entscheidungen).


Rechtsprechung und Verwaltungspraxis

Im Bereich der agrarisch motivierten Grundwasserabgabe existiert eine umfangreiche Rechtsprechung, insbesondere zu Abgrenzungsfragen zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Nutzung, zur Anwendbarkeit von Bagatellgrenzen und zur Ausgestaltung von Befreiungstatbeständen. Die Rechtsprechung betont regelmäßig, dass eine differenzierte, am Schutzzweck orientierte Auslegung der landwirtschaftlichen Privilegierungen zu erfolgen hat.


Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Im Zuge des Klimawandels und zunehmender Trockenperioden gewinnt die Begrenzung und Lenkung der Bewässerung durch die Grundwasserabgabe weiter an Bedeutung. Novellierungen des Wasserrechts und Anpassungen der Abgabensätze, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft, sind Gegenstand laufender politischer und rechtlicher Diskussionen.


Zusammenfassung

Die Grundwasserabgabe bei agrarisch motivierter Nutzung ist ein zentrales Steuerungsinstrument des Wasserrechts. Sie dient dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung der Grundwasserressourcen. Agrarbetriebe unterliegen besonderen gesetzlichen Regelungen, die eine ausgewogene Balance zwischen wirtschaftlicher Belastung und ökologischer Verantwortung gewährleisten. Die komplexen Rechtsgrundlagen auf Bundes- und Landesebene erfordern eine sorgfältige Beachtung der jeweiligen Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf Privilegierungen, Bagatellgrenzen und Ermäßigungen für landwirtschaftlich motivierte Grundwasserentnahmen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach deutschem Recht abgabepflichtig, wenn Grundwasser zu landwirtschaftlichen Zwecken entnommen wird?

Nach deutschem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sind natürliche und juristische Personen abgabepflichtig, sofern sie Grundwasser zu landwirtschaftlichen Zwecken entnehmen oder ableiten, sofern dafür eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung erforderlich ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG sowie die jeweiligen landesrechtlichen Ausführungsgesetze). Auch die bloße Entnahme durch Brunnen oder andere Entnahmevorrichtungen – unabhängig von der Menge – kann abgabepflichtig sein, soweit keine gesetzliche Ausnahme greift. Die Abgabe richtet sich grundsätzlich gegen den Inhaber der wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung, also regelmäßig den Betrieb oder die Person, die das Wasser letztlich nutzt. Pächter, Eigentümer oder Betreiber von landwirtschaftlichen Flächen oder Betrieben tragen die Verantwortung, wenn auf ihren Namen die wasserrechtliche Erlaubnis ausgestellt ist. Wird die Entnahme ohne entsprechende Erlaubnis durchgeführt, kann dennoch eine Abgabepflicht bestehen, wobei zusätzlich ordnungs- und strafrechtliche Konsequenzen drohen. Die genaue Bestimmung der Abgabepflichtigen ist im Einzelfall anhand der landesrechtlichen Vorschriften sowie der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse der jeweiligen Wasserversorgungsanlage zu prüfen.

Wie wird die Höhe der Grundwasserabgabe für landwirtschaftliche Entnahmen berechnet?

Die Bemessung der Grundwasserabgabe erfolgt nach Menge und Verwendungszweck des entnommenen Wassers. Die Berechnungsgrundlage legt das Wasserhaushaltsgesetz zugrunde und wird durch die Bundesländer in eigenen Ausführungsgesetzen und Abgabensätzen konkretisiert. Entscheidend ist in der Regel die tatsächlich (gegebenenfalls auch geschätzt) entnommene Wassermenge, gemessen durch Zähler oder per Schätzung anhand zugelassener Verfahren. Für landwirtschaftliche Zwecke gelten in vielen Bundesländern ermäßigte Abgabensätze im Vergleich zu industriellen oder gewerblichen Entnahmen. Die Abgabe wird in Euro pro Kubikmeter festgesetzt; in manchen Ländern gelten Mindest- oder Freibeträge, zum Beispiel für geringe Entnahmemengen oder bestimmte Bewässerungsformen. Eine falsche oder verspätete Mengenmeldung kann zu Nachforderungen und Bußgeldern führen. Sonderregelungen greifen, wenn das Wasser überwiegend zur Tierhaltung oder zum Betrieb von Tropfbewässerungen genutzt wird – genaue Details ergeben sich aus dem jeweiligen Landesrecht (z. B. Bayerisches Wassergesetz, Niedersächsisches Wassergesetz).

Gibt es Ausnahmen oder Befreiungen von der Grundwasserabgabe für Landwirte?

Ja, das Wasserhaushaltsgesetz sowie die Ländergesetze sehen verschiedene Freistellungen und Reduzierungen vor. Zentrale Ausnahmefälle sind typischerweise die Eigenversorgung eines landwirtschaftlichen Haushaltes mit einer geringen Grundwassermenge (die Mengen werden landesspezifisch geregelt, z.B. 3000 m³/Jahr in manchen Ländern) sowie die Nutzung für bestimmte Zwecke wie die Tränkung von Weidevieh, die als privilegiert angesehen werden. Für manche Bewässerungsarten (wie Tröpfchenbewässerung oder Tröpfschlauchsysteme) gibt es Absenkungen des Abgabesatzes oder Mengenfreigrenzen, um wassersparende Techniken zu fördern. In Niedrigwasserzeiten können kurzfristige zusätzliche Befreiungen eingeräumt werden, ebenso im Fall von Naturkatastrophen oder zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher Schäden. Befreiungen müssen in der Regel ausdrücklich beantragt und von der Wasserbehörde genehmigt werden. Eine pauschale generelle Befreiung für die Landwirtschaft existiert jedoch nicht.

Welche Mitteilungspflichten bestehen im Rahmen der Grundwasserabgabe für landwirtschaftliche Betriebe?

Landwirtschaftliche Betriebe, die zur Grundwasserabgabe verpflichtet sind, müssen regelmäßig Mengenerklärungen über die entnommene Wassermenge abgeben. Die Form und Frist dieser Meldungen sind in den Ausführungsgesetzen der Bundesländer geregelt. Üblicherweise erfolgt die Meldung jährlich. Werden Wassermengenzähler verwendet, sind deren Stände zu dokumentieren und der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Bei fehlenden Messeinrichtungen muss die entnommene Menge nach anerkannten Schätzverfahren bestimmt werden; hierüber sind oft zusätzliche Nachweise zu führen. Meldungen sind fristgerecht einzureichen, andernfalls drohen Schätzungsverfahren und Bußgelder. Bei Änderungen der Betriebsstruktur, der Art der Nutzung oder bei Einstellung der Grundwasserentnahme ist die Behörde umgehend zu informieren.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen abgabenrechtliche Pflichten im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Grundwasserentnahme?

Verstöße gegen die rechtlichen Pflichten bei der Grundwasserabgabe – insbesondere bei nicht gemeldeter, nicht genehmigter oder zu hoch deklarierter Entnahme – können mit empfindlichen Sanktionen belegt werden. Hierzu zählen Bußgelder nach dem Wasserhaushaltsgesetz und den Ländergesetzen, aber auch Nachzahlungsverpflichtungen für unterlassene oder unvollständige Meldungen. Die Wasserbehörde kann zudem die Nutzung untersagen oder beschränken. Bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen abgaben- oder wasserrechtliche Vorschriften kann es im Einzelfall auch zu strafrechtlichen Ermittlungen kommen, beispielsweise wegen unerlaubter Grundwasserentnahme. Daneben bestehen zivilrechtliche Haftungsrisiken, etwa bei Verunreinigung oder Beeinträchtigung von Nachbargrundstücken infolge unsachgemäßer Wasserentnahme.

Wie erfolgt die Kontrolle und Überwachung der Grundwasserentnahme und der Abgabepflicht landwirtschaftlicher Betriebe durch die Behörden?

Die Überwachung der Grundwasserentnahme und der Einhaltung abgabenrechtlicher Pflichten obliegt den zuständigen Wasserbehörden der Länder oder der jeweiligen Landkreise. Die Kontrolle erfolgt durch Auswertung der abgegebenen Mengenerklärungen, durch Vor-Ort-Kontrollen und Inspektionen sowie stichprobenartige Überprüfungen der Messeinrichtungen. Bei Verdacht auf unrechtmäßige Entnahmen können Sonderermittlungen eingeleitet und auch Zwangsmaßnahmen (z.B. behördliche Versiegelung einer Entnahmestelle) angeordnet werden. Die Behörden sind befugt, alle relevanten Unterlagen einzusehen und gegebenenfalls externe Sachverständige hinzuzuziehen. Werden Unregelmäßigkeiten festgestellt, folgen verwaltungsrechtliche Maßnahmen, Bußgelder und ggf. Strafanzeigen. Betriebe sind verpflichtet, die Einsichtnahme und Kontrolle zu dulden.

Welche Rechtsmittel stehen Landwirten gegen Abgabenbescheide im Bereich Grundwasserentnahme offen?

Gegen Abgabenbescheide der Wasserbehörden steht grundsätzlich der Rechtsweg offen. Nach Zugang eines Abgabenbescheides können Landwirte innerhalb eines Monats Widerspruch bei der erlassenden Behörde einlegen (sofern das jeweilige Landesrecht ein Widerspruchsverfahren vorsieht). Wird dem Widerspruch nicht stattgegeben, kann Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt eine vollständige Überprüfung von Sach- und Rechtslage. Es besteht die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu beantragen, sollte die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides angeordnet worden sein (z.B. durch Aussetzung der Zahlungspflicht bis zur endgültigen Entscheidung). Maßgeblich sind die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und die landesrechtlichen Bestimmungen zum Abgabewesen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die fristgerechte Einlegung und ausreichende Begründung des Widerspruchs bzw. der Klage.