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Grundvermögen


Definition und Grundlagen des Grundvermögens

Das Grundvermögen ist ein zentraler Begriff im deutschen Steuerrecht, insbesondere im Zusammenhang mit der Bewertung von Vermögensgegenständen für steuerliche Zwecke. Er findet unter anderem im Bewertungsgesetz (BewG) sowie im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) Anwendung. Das Grundvermögen umfasst dabei bestimmte unbewegliche Vermögensgegenstände wie Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte sowie Gebäude. Der Begriff unterscheidet sich und grenzt sich explizit von anderen Vermögensarten, wie dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen sowie dem Betriebsvermögen, ab.

Gesetzliche Einordnung

Das Grundvermögen ist hauptsächlich in den §§ 68-103 Bewertungsgesetz (BewG) definiert. Nach § 70 BewG zählen hierzu alle bebauten und unbebauten Grundstücke im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie bestimmte grundstücksgleiche Rechte, die nicht Land- und Forstwirtschaftsvermögen oder Betriebsvermögen zuzuordnen sind.

Abgrenzung des Grundvermögens

Gegenüber dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen

Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, soweit sie einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, fallen nach § 33 BewG unter das land- und forstwirtschaftliche Vermögen. Klassische Beispiele sind landwirtschaftliche Flächen und Forstgrundstücke.

Gegenüber dem Betriebsvermögen

Grundstücke, die einem Betriebsvermögen zuzurechnen sind, zählen nicht zum Grundvermögen, sondern werden als Betriebsgrundstücke geführt. Dies gilt insbesondere für Grundstücke, die Betriebsvermögen eines inländischen Betriebs sind (§ 99 BewG).

Umfang und Inhalt des Grundvermögens

Grundstücke

Grundstücke im Sinne des Grundvermögens umfassen:

  • Unbebaute Grundstücke
  • Bebaute Grundstücke (z. B. mit Wohngebäuden, Geschäftsgebäuden, gemischt genutzten Immobilien)
  • Teileigentum und Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
  • Erbbaurechte

Grundstücksgleiche Rechte

Zum Grundvermögen zählen neben den Grundstücken auch grundstücksgleiche Rechte. Hierzu gehören insbesondere:

  • Erbbaurechte (§§ 1 ff. Erbbaurechtsgesetz)
  • Wohnungserbbaurechte
  • Teileigentumserbbaurechte

Andere grundstücksgleiche Rechte werden von den jeweils einschlägigen Gesetzen erfasst und unterliegen ebenfalls der Bewertung als Grundvermögen, sofern sie nicht anderen Vermögensarten zugeordnet werden.

Bewertung des Grundvermögens

Bewertungsverfahren nach dem Bewertungsgesetz

Für die steuerliche Bewertung von Grundvermögen sieht das Bewertungsgesetz nach §§ 183-198 verschiedene Verfahren vor:

  1. Vergleichswertverfahren: Wird überwiegend für Wohnungseigentum, Teileigentum und Ein- bzw. Zweifamilienhäuser verwendet.
  2. Ertragswertverfahren: Kommt vor allem bei Mehrfamilienhäusern, Mietwohngrundstücken sowie gemischt genutzten Grundstücken zur Anwendung.
  3. Sachwertverfahren: Wird genutzt, wenn Vergleichs- oder Ertragswertverfahren nicht anwendbar sind, beispielsweise bei eigengenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern.

Die Wahl des Bewertungsverfahrens richtet sich nach der Art des zu bewertenden Grundvermögens und den gesetzlichen Vorgaben.

Steuerliche Relevanz

Die Bewertung des Grundvermögens dient insbesondere der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer und Grundsteuer. Zu diesem Zweck werden regelmäßig vom zuständigen Finanzamt Einheitswerte bzw. Grundsteuerwerte festgestellt.

Steuerliche und zivilrechtliche Bedeutung

Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Im Rahmen der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ist die zutreffende Bewertung von Grundvermögen entscheidend für die Höhe der Steuerlast. Hier gelten die besonderen Bewertungsmethoden und -parameter gemäß Bewertungsgesetz, wobei Freibeträge und Steuerklassen regelmäßig Anwendung finden.

Grundsteuer

Für Zwecke der Grundsteuer bildet das Grundvermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grundsteuer. Hierzu wurde mit der Grundsteuerreform das Bewertungsverfahren reformiert.

Eintragung im Grundbuch

Grundvermögen wird im Grundbuch geführt. Bei Eigentumsübergang (z. B. im Rahmen von Kauf, Erbschaft oder Schenkung) erfolgt die Eintragung des neuen Eigentümers bzw. des Inhabers eines grundstücksgleichen Rechts.

Besonderheiten im internationalen Kontext

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, etwa wenn sich Grundstücke im Ausland befinden, kommt es hinsichtlich der Zuordnung zum Grundvermögen zu einer differenzierten steuerlichen Behandlung. Hier greifen oftmals Doppelbesteuerungsabkommen und besondere Vorschriften des Außensteuerrechts.

Praxisrelevante Abgrenzungsfragen

Die präzise Einordnung einzelner Vermögensgegenstände als Grundvermögen kann in der Praxis komplex sein, insbesondere bei gemischt genutzten Grundstücken, Sondernutzungsrechten oder bei Übertragungen von Erbbaurechten. Maßgeblich sind hier die Festlegungen im Bewertungsgesetz sowie die jeweils einschlägige Rechtsprechung.

Literatur und weiterführende Regelungen

Neben dem Bewertungsgesetz und dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind weitere Regelungen, etwa das Wohnungseigentumsgesetz, das Erbbaurechtsgesetz und die Grundbuchordnung, für das Verständnis und die rechtliche Behandlung des Grundvermögens von Bedeutung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert und differenziert die Gesetzesanwendung fortlaufend.


Zusammenfassung:
Das Grundvermögen bezeichnet im deutschen Steuerrecht die Gesamtheit der Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte, die weder zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen noch zum Betriebsvermögen zählen. Die genaue Abgrenzung und Bewertung unterliegt detaillierten gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Bewertungsgesetz. Die Kenntnis dieser Vorschriften ist für die korrekte steuerliche Behandlung und Bewertung im Rahmen von Erbschaft, Schenkung, Grundsteuer sowie im Grundbuchwesen unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten beim Erwerb von Grundvermögen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts?

Der Erwerb von Grundvermögen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie beispielsweise Gemeinden oder staatliche Institutionen, unterliegt in Deutschland speziellen rechtlichen Vorgaben. Diese betreffen insbesondere den Anwendungsbereich des Grundbuchrechts (§§ 873 ff. BGB) sowie die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, wie etwa des Grunderwerbsteuergesetzes beziehungsweise Befreiungen nach § 4 GrEStG. Besonderheiten gibt es vielfach bei der Veräußerung oder beim Erwerb zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, da hier teils vergaberechtliche und haushaltsrechtliche Anforderungen greifen (z.B. § 90 Abs. 1 GemO, Vergabeverordnung). Die Prüfung der Zulässigkeit von Grundstücksgeschäften fällt unter die originäre Zuständigkeit der jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörden. Ferner bestehen Eintragungs- und Genehmigungserfordernisse, wenn das Grundvermögen besonderen Bindungen (wie Erbbaurechten oder Baulasten) unterliegt. Kommt es zu Belastungen mit Grundpfandrechten, bedarf es im öffentlichen Bereich regelmäßig spezifischer Innenverhältnisse und Zustimmungserklärungen, beispielsweise durch Gremienentscheidungen.

Welche gesetzlichen Vorschriften regeln den Schutz von Vorkaufsrechten bei Grundvermögen?

Vorkaufsrechte bei Grundvermögen werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und durch Sondergesetze geregelt. Gemäß §§ 463 ff. BGB kann per Vertrag ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht vereinbart werden, durch das der Vorkaufsberechtigte im Verkaufsfall in das Kaufgeschäft eintreten kann. Daneben bestehen öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte, etwa nach dem Baugesetzbuch (BauGB), insbesondere in § 24 BauGB, wo Kommunen zum Schutz der Stadtentwicklung Grundstücke bevorzugt erwerben können. Die Ausübung dieser Vorkaufsrechte ist an strikte Formalia gebunden: Für das schuldrechtliche Vorkaufsrecht gilt die notarielle Beurkundungspflicht gemäß § 873 BGB, bei öffentlichen Vorkaufsrechten insbesondere eine Frist zur Ausübung von zwei Monaten ab Mitteilung des Kaufvertrages. Der Eintragung im Grundbuch (Abteilung II) kommt rechtsklarstellende Wirkung zu, während bei kommunalen Vorkaufsrechten weitere Genehmigungs- und Anfechtungsmöglichkeiten nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz bestehen. Verletzt der Veräußerer ein bestehendes Vorkaufsrecht, entstehen in der Regel Schadensersatz- oder Erfüllungsansprüche.

Wie ist die Belastung von Grundvermögen mit Grundpfandrechten rechtlich ausgestaltet?

Die Belastung von Grundvermögen mit Grundpfandrechten (Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld) ist in den §§ 1113 bis 1190 BGB geregelt. Zur Entstehung eines Grundpfandrechts bedarf es stets der Einigung des Grundstückseigentümers über die Belastung (Auflassung bzw. Bewilligung) und die Eintragung des Rechts im Grundbuch. Im Grundbuch werden Grundpfandrechte in Abteilung III eingetragen, wobei jede Belastung eine genaue dingliche Sicherung des Gläubigers darstellt. Rechtlich besonders relevant ist der Vorrang der Eintragungen (Rangfolge), welcher bestimmt wird durch den Zeitpunkt der Antragstellung zur Eintragung (§ 879 BGB). Grundpfandrechte können sowohl zur Sicherung laufender Kredite als auch zur Absicherung anderer geldwerter Ansprüche dienen. Die Ablösung oder Löschung eines Grundpfandrechts erfordert die Zustimmung des Gläubigers und eine Löschungsbewilligung sowie die entsprechende Eintragung im Grundbuch. Bei Verwertung, insbesondere im Rahmen der Zwangsvollstreckung, finden die §§ 1147 ff. BGB Anwendung.

Welche Anzeige- und Genehmigungspflichten bestehen beim Verkauf von Grundvermögen?

Der Verkauf von Grundvermögen bedarf zur dinglichen Wirksamkeit gemäß § 873 BGB der notariellen Beurkundung und Grundbucheintragung. Darüber hinaus sind bestimmte Verkäufe genehmigungspflichtig: Bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken ist nach dem Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG) regelmäßig eine behördliche Genehmigung der Veräußerung einzuholen. Öffentlich-rechtliche Restrictions bestehen zudem bei Geschäften mit ausländischen Käufern nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Bei Erbbaurechten sowie Grundstücken in Erhaltungssatzungsgebieten nach § 172 BauGB kann ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Kommune bestehen, das ebenfalls angezeigt werden muss. Weiterhin sind im Rahmen der Anti-Geldwäsche-Gesetzgebung (insbesondere § 10 GwG) umfangreiche Anzeigepflichten durch den Notar zu beachten. Ebenso müssen gegebenenfalls steuerliche Pflichten, wie die Grunderwerbsteuer-Anzeige nach § 18 GrEStG, erfüllt werden.

Welche Rolle spielen Dienstbarkeiten im rechtlichen Kontext des Grundvermögens?

Dienstbarkeiten (Grunddienstbarkeiten, beschränkt persönliche Dienstbarkeiten und Nießbrauch) sind beschränkte dingliche Rechte an einem Grundstück, geregelt in den §§ 1018 ff. BGB. Mit einer Dienstbarkeit wird einem anderen das Recht eingeräumt, das belastete Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen beziehungsweise Nutzungen oder Handlungen zu dulden bzw. auszuschließen (z.B. Wegerecht, Leitungsrecht, Wohnrecht). Die Entstehung einer Dienstbarkeit setzt neben der Einigung zwischen Berechtigten und Grundstückseigentümer insbesondere die Eintragung im Grundbuch voraus, womit die Dienstbarkeit rechtskräftig und gegenüber jedermann wirksam wird. Es besteht eine klare Unterscheidung zwischen Grunddienstbarkeiten zugunsten eines jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks (herrschendes Grundstück) und beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten einer bestimmten Person. Die Löschung oder Änderung einer Dienstbarkeit bedarf erneut der Grundbucheintragung und ggf. Genehmigungen. Bei einer Veräußerung des Grundstücks bleibt die Dienstbarkeit dem neuen Eigentümer gegenüber bestehen, soweit sie im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs eingetragen ist.

Welche rechtlichen Folgen hat die Aufteilung von Grundvermögen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG)?

Mit der Aufteilung von Grundvermögen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) entsteht rechtlich ein besonderes Miteigentum an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an bestimmten Raumeinheiten (Wohnungen oder gewerblichen Einheiten). Die rechtstechnische Umsetzung erfolgt durch die Teilungserklärung (§ 8 WEG), die notariell zu beurkunden und im Grundbuch einzutragen ist. Dadurch entstehen selbständige, grundbuchfähige Sondereigentumseinheiten, an denen wiederum Rechte wie Hypotheken oder Grundschulden bestellt werden können. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird Trägerin der gemeinschaftlichen Verwaltung und ist rechtlich handlungsfähig (§§ 9a, 10 WEG). Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums unterliegt strengen formellen Regeln, insbesondere hinsichtlich Beschlussfassung, Anfechtung und gerichtlicher Durchsetzung. Bei Veräußerungen ist jeweils das bestehende Sondereigentum maßgeblich, Pflicht zur Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer kann durch Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung geregelt sein. Reparatur-, Instandhaltungs- und Kostentragungspflichten werden durch das WEG sowie die Gemeinschaftsordnung bestimmt und sind im Grundbuch sowie in der Eigentümerversammlung abgebildet.