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Grundtabelle


Begriff und rechtlicher Rahmen der Grundtabelle

Die Grundtabelle ist ein zentraler Begriff im deutschen Einkommensteuerrecht. Sie bildet die Basis für die Berechnung der Einkommensteuer für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Einzelpersonen (§ 32a Abs. 1 EStG). Insbesondere dient sie der Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer bei Alleinstehenden, verwitweten oder geschiedenen Steuerpflichtigen sowie nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern im Falle der Einzelveranlagung. Als amtliche Steuertabelle ist die Grundtabelle Bestandteil der steuerlichen Systematik zur progressiven Besteuerung natürlicher Personen in Deutschland.

Gesetzliche Grundlage

Die rechtlichen Grundlagen der Grundtabelle finden sich im Einkommensteuergesetz (EStG), insbesondere in § 32a EStG, welcher die Tarifvorschriften für die Bemessung der Einkommensteuer aufführt. Kernpunkte sind hierbei:

  • § 32a Abs. 1 EStG: Steuerberechnung nach Grundtabelle für Einzelpersonen
  • § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG: Wahl der Einzelveranlagung oder Zusammenveranlagung bei Ehegatten bzw. Lebenspartnern

Die Grundtabelle unterliegt den gesetzlichen Anpassungen des Einkommensteuertarifs und wird jährlich durch das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Lohnsteuer-Richtlinien und amtlicher Bekanntmachungen aktualisiert.

Anwendungsbereich der Grundtabelle

Besteuerung nach der Grundtabelle

Die Grundtabelle gilt grundsätzlich für folgende Personengruppen:

  • Ledige, verwitwete oder geschiedene Steuerpflichtige
  • Ehegatten oder Lebenspartner, die einzeln veranlagt werden oder dauernd getrennt leben

Eine Anwendung der Grundtabelle erfolgt bei der Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer (§ 32a EStG) für das jeweilige z.v.E. (zu versteuerndes Einkommen). Die Grundtabelle ist damit die Ausgangslage für die Steuerberechnung, sofern keine besonderen Tarifvorschriften (Splittingverfahren, besondere Tarife) einschlägig sind.

Abweichung vom Grundtarif: Splittingverfahren

Für zusammen veranlagte Ehegatten und eingetragene Lebenspartner findet stattdessen die Splittingtabelle (§ 32a Abs. 5 EStG) Anwendung, die eine steuermindernde Wirkung aufgrund der hälftigen Einkommenszuordnung auf beide Partner entfaltet.

Besondere Vorschriften und Ausschlüsse

Bestimmte steuerlich begünstigte Sachverhalte, wie die Anwendung von Sondertarifen (z.B. für Entschädigungen gem. § 34 EStG), werden nicht nach der Grundtabelle, sondern nach individuellen Tarifvorschriften besteuert.

Aufbau und Funktionsweise der Grundtabelle

Progressiver Steuertarif

Die Grundtabelle bildet die Grundlage des progressiven Steuertarifs im deutschen Einkommensteuerrecht. Das zu versteuernde Einkommen wird in progressive Zonen eingeteilt:

  1. Grundfreibetrag
  2. Progressionszone 1 (Erste Stufe der Besteuerung)
  3. Progressionszone 2 (Zweite Stufe der Besteuerung)
  4. Proportionalzone
  5. Reichensteuer

Die konkrete Ausgestaltung der Tarifzonen und die jeweiligen Steuersätze sowie Berechnungsformeln leiten sich unmittelbar aus § 32a Abs. 1 EStG ab und werden jährlich angepasst.

Veröffentlichungen und amtliche Tabellen

Die Grundtabelle wird jährlich vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Sie enthält tabellarisch die für bestimmte Einkommen relevante Steuerlast. Arbeitnehmer verwenden häufig den in Lohnsteuertabellen eingepflegten Grundtarif zur Feststellung des monatlichen Lohnsteuerabzugs.

Bedeutung in Verwaltung und Rechtsprechung

Bedeutung in der Steuerverwaltung

Die Grundtabelle ist Referenzwerkzeug für Finanzämter und steuergesetzlich verpflichtende Abrechnungsgrundlage im Besteuerungsverfahren. Die Finanzverwaltung ist gehalten, bei gesetzlich vorgeschriebener Einzelveranlagung ausschließlich auf die Grundtabelle zurückzugreifen. Eine anderweitige Tarifwahl ist ausgeschlossen und führt im Besteuerungsbescheid ggf. zur Rechtswidrigkeit mit entsprechender Anfechtungsmöglichkeit (Einspruch und Klage).

Rechtschutzmöglichkeiten

Bei der Anwendung der Grundtabelle sind Steuerpflichtige berechtigt, steuerliche Fehlbeträge, etwa durch fehlerhafte Tarifauswahl, im Rahmen des Einspruchsverfahrens (§ 347 AO) oder der Anfechtungsklage (§ 40 FGO) geltend zu machen. Entscheidungen der Finanzgerichte nehmen regelmäßig auf die zutreffende Anwendung der richtigen Steuertabelle Bezug.

Unterschied zur Splittingtabelle und weitere Tarifvarianten

Grundtabelle versus Splittingtabelle

  • Grundtabelle: Anwendung auf Einzelpersonen bzw. einzeln veranlagte Ehepartner oder Lebenspartner
  • Splittingtabelle: Anwendung für zusammen veranlagte Ehepaare oder Lebenspartnerschaften, günstigere Steuerlast durch hälftige Einkommenszurechnung (§ 32a Abs. 5 EStG)

Weitere spezifische Steuertabellen

Neben Grund- und Splittingtabelle existieren auch besondere Tarifvorschriften (zum Beispiel für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG), die jedoch keinen Einfluss auf die Anwendung der Grundtabelle im Bereich des Grundtarifs nehmen.

Gesetzeshistorie und aktuelle Entwicklungen

Historische Entwicklung

Die Einführung der Grundtabelle zum Zwecke einer gleichmäßigen und gerechteren Besteuerung stammt aus der Reform des Einkommenssteuerrechts nach dem Zweiten Weltkrieg. Seither unterliegt sie regelmäßigen Anpassungen, zuletzt durch die jährlichen steuerrechtlichen Gesetzesnovellen, wie das Jahressteuergesetz und Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Grundfreibetrags.

Aktuelle Veränderungen

Durch Anhebungen des Grundfreibetrags, Verschiebungen im Tarifverlauf (z.B. Reduzierung der sogenannten Kalten Progression) und Sondermaßnahmen im Zuge von steuerpolitischen Reformen wird die Grundtabelle laufend modifiziert.

Literatur, Quellen und weiterführende Informationen

  • Einkommensteuergesetz (§ 32a EStG)
  • Bundesfinanzministerium: Amtliche Bekanntmachungen zur Grundtabelle
  • Bundessteuerblatt (BStBl.)
  • Lohnsteuerrichtlinien (LStR)
  • Bundeszentralamt für Steuern: Veröffentlichungen zu Steuertarifen und Tabellen

Hinweis: Die in der Grundtabelle dargestellten Zahlenwerte, Steuersätze und Berechnungsformeln werden jährlich neu festgelegt und können zum jeweiligen Veranlagungszeitraum abweichen.


Mit dieser umfassenden Darstellung bietet der Artikel eine vollständige rechtliche Erläuterung zur Grundtabelle als zentralem Instrument der deutschen Einkommensteuer.

Häufig gestellte Fragen

Wird die Grundtabelle im Steuerrecht automatisch angewendet oder muss ihr Gebrauch beantragt werden?

Die Anwendung der Grundtabelle im deutschen Steuerrecht erfolgt automatisch, sofern keine besonderen Voraussetzungen vorliegen, die zur Anwendung der Splittingtabelle führen (beispielsweise bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten oder Lebenspartnern). Die Finanzverwaltung prüft im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung anhand des Familienstandes und gegebenenfalls der Steuerklasse, ob die Grundtabelle oder die Splittingtabelle zu verwenden ist. Steuerpflichtige müssen den Gebrauch der Grundtabelle daher grundsätzlich nicht gesondert beantragen. Allerdings ist es im Rahmen der Steuereinreichung unerlässlich, den korrekten Familienstand und gegebenenfalls den Veranlagungswunsch anzugeben, da ansonsten eine fehlerhafte Tabellenanwendung möglich ist.

Welche rechtlichen Folgen hat eine fehlerhafte Anwendung der Grundtabelle?

Eine fehlerhafte Anwendung der Grundtabelle kann zu erheblichen steuerlichen Nachteilen oder zu Unstimmigkeiten gegenüber der Finanzverwaltung führen. Kommt es beispielsweise zur Anwendung der Grundtabelle anstelle der eigentlich zutreffenden Splittingtabelle, so wird in der Regel eine höhere Steuerlast berechnet. Dies kann zu einem Einspruchsverfahren führen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids einlegen muss (§ 355 Abs. 1 AO). Wird der Fehler erkannt, kann entweder eine Korrektur des Steuerbescheids nach § 129 AO (offensichtliche Unrichtigkeit) oder gegebenenfalls nach § 173 AO (nachträglich bekannt gewordene Tatsachen) erfolgen. In manchen Fällen kann eine Festsetzungsverjährung (§ 169 AO) der Berichtigung entgegenstehen, sodass der Fehler dann dauerhaft steuerlich wirksam bleibt.

Wann kommt die Grundtabelle im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung nicht zur Anwendung?

Die Grundtabelle ist in der Einkommensteuer grundsätzlich für unbeschränkt steuerpflichtige, ledige Personen oder Personen, die sich nicht für die Zusammenveranlagung mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartner entschieden haben, vorgesehen. Sie kommt nicht zur Anwendung, wenn steuerlich ein Veranlagungsfall nach dem sogenannten Ehegattensplitting oder Lebenspartnersplitting anzunehmen ist, d.h., wenn zwei Ehegatten/Lebenspartner die Zusammenveranlagung wählen. In diesen Fällen ist zwingend die Splittingtabelle anzuwenden, um den Splittingtarif zu berücksichtigen (§ 32a Abs. 5 EStG). Auch bei besonderen Veranlagungsformen wie der besonderen Veranlagung im Jahr der Eheschließung wird die Grundtabelle nicht genutzt.

Welche Rechtsgrundlagen regeln die Verwendung der Grundtabelle?

Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Anwendung der Grundtabelle sind insbesondere im Einkommensteuergesetz (EStG) zu finden. § 32a Abs. 1 EStG beschreibt die Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer für steuerpflichtige Einzelpersonen (Grundtabelle). Ergänzend regeln die jährlich vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Einkommensteuertabellen die konkrete Anwendung der Grundtabelle. Weitere einschlägige Vorschriften finden sich in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sowie in Verwaltungsanweisungen, die die jeweilige Handhabung und Aktualisierung festlegen. Auch maßgebliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann die Anwendung und Auslegung der Grundtabelle beeinflussen.

Hat die Grundtabelle Einfluss auf andere steuerliche Vergünstigungen oder Freibeträge?

Die Grundtabelle selbst ist primär für die Berechnung des steuerpflichtigen Grundbetrags maßgeblich und beeinflusst die Höchstbetragsberechnungen, Progression und Tarifstruktur. Sie bildet die Basis für die Steuerberechnung nach Abzug relevanter Freibeträge wie dem Grundfreibetrag, Werbungskostenpauschale etc. Allerdings wirkt sich die Wahl der Grundtabelle nicht unmittelbar auf die Höhe von persönlichen Freibeträgen oder anderen steuerlichen Vergünstigungen aus. Vielmehr werden diese Vergünstigungen unabhängig ermittelt und im Rahmen der Steuerfestsetzung berücksichtigt, bevor der Tarif gemäß Grundtabelle auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen angewandt wird.

Können nachträgliche Änderungen des Familienstands Auswirkungen auf die Anwendung der Grundtabelle haben?

Ja, nachträgliche Änderungen des Familienstands, wie beispielsweise eine Eheschließung oder Scheidung, haben direkte Auswirkungen auf die rechtliche Anwendung der Grundtabelle. Wird ein Steuerpflichtiger im Laufe des Kalenderjahres verheiratet und beantragt die Zusammenveranlagung, ist rückwirkend für das gesamte Jahr die Splittingtabelle anzuwenden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu muss dies in der Steuererklärung ordnungsgemäß angegeben werden. Umgekehrt kann im Falle einer Scheidung wieder die Grundtabelle zur Anwendung kommen, sofern keine besonderen Regelungen für das Veranlagungsjahr greifen. Die rechtlich korrekte Anwendung ist somit immer vom Familienstand am Ende des Veranlagungszeitraums und ggf. vom gewählten Veranlagungsform abhängig.

Welche Bedeutung hat die Grundtabelle in der Lohnsteuer?

Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist die Grundtabelle für die monatliche Berechnung der Lohnsteuer maßgeblich, wenn ein Arbeitnehmer der Steuerklasse I, II, IV oder VI zugeordnet ist. Das Lohnsteuerabzugsverfahren basiert auf den Werten der Grundtabelle, sofern nicht durch Heirat und Wahl der Steuerklassen III/V eine Anwendung der Splittingtabelle erforderlich wird. Arbeitgeber sind verpflichtet, die entsprechenden Tabellen korrekt anzuwenden und die einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen. Irrtümliche Anwendung einer nicht passenden Tabelle kann haftungsrechtliche Folgen für den Arbeitgeber nach sich ziehen (§ 42d EStG).