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Grundstücksverkehr, landwirtschaftlicher


Begriff und Bedeutung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs

Der landwirtschaftliche Grundstücksverkehr umfasst sämtliche Rechtsgeschäfte, durch die landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Betriebe im Eigentum übertragen werden. Im Mittelpunkt stehen der Kauf, die Veräußerung, die Teilung sowie sonstige Übertragungen an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Das Ziel der gesetzlichen Regelungen zum landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr ist es, eine ordnungsgemäße Agrarstruktur sicherzustellen und die Zersplitterung landwirtschaftlicher Betriebe zu verhindern.

Gesetzliche Grundlagen des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs

Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG)

Das Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) bildet die zentrale rechtliche Grundlage für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr in Deutschland. Es legt fest, dass der Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken grundsätzlich einer behördlichen Genehmigung bedarf (§ 2 GrdstVG). Die Genehmigungspflicht gilt insbesondere für

  • Kaufverträge,
  • Tauschverträge,
  • Grundstücksschenkungen,
  • sowie Erbauseinandersetzungen, sofern sie Grundstücksübertragungen beinhalten.

Anwendungsbereich und Ausnahmen

Nicht unter das GrdstVG fallen Rechtsgeschäfte unter Miteigentümern, Erbfälle, Erwerb durch Enteignung und bestimmte Erwerbstatbestände wie die Umwandlung von Gesellschaftsvermögen in Einzelvermögen. Für landwirtschaftlich genutzte Flächen gelten dabei spezielle Größenordnungen: Bis zu einer festen Flächen- oder Wertgrenze (je nach Bundesland meist zwischen 2.000 m² und 5.000 m², teils nach Wert bemessen) kann eine Genehmigungsfreiheit bestehen.

Landesrechtliche Vorschriften

Neben dem GrdstVG existieren ergänzende landesrechtliche Agrarstrukturgesetze. Diese dienen der Feinsteuerung des Grundstücksverkehrs im jeweiligen Bundesland und können zusätzliche Genehmigungstatbestände oder Einschränkungen vorsehen.

Zielsetzungen und Schutzzwecke des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrsrechts

Die wesentlichen Ziele der Regulierung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs sind:

  • Erhalt leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe: Die Zersplitterung landwirtschaftlicher Flächen soll verhindert und eine sinnvolle Bewirtschaftung sichergestellt werden.
  • Verhinderung spekulativer Grundstücksgeschäfte: Die Preisentwicklung soll nicht durch außerlandwirtschaftliche Investoren verfälscht werden.
  • Förderung der Agrarstruktur: Die Flächenbelastung für Betriebe soll tragfähig bleiben; dabei werden besonders Junglandwirte beim Erwerb bevorzugt behandelt.

Genehmigungsverfahren im landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr

Antragstellung und Prüfungsmaßstäbe

Beim Abschluss eines genehmigungspflichtigen Geschäfts prüft die zuständige Grundstücksverkehrsbehörde, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung oder deren Versagung vorliegen. Das Prüfverfahren ist in den §§ 9 bis 13 GrdstVG geregelt.

Die zentrale Prüfungsfrage ist, ob durch das Geschäft die Agrarstruktur beeinträchtigt wird. Versagt wird die Genehmigung zum Beispiel, wenn:

  • durch den Erwerb landwirtschaftliche Flächen ihrer Zweckbestimmung entzogen werden,
  • die Flurstücke unwirtschaftlich zersplittert,
  • oder zu überhöhten Kaufpreisen veräußert werden, was eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung langfristig erschwert.

Beteiligung Dritter und Vorkaufsrechte

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens werden oftmals auch berufsständische Institutionen oder landwirtschaftliche Interessenvertretungen beteiligt. Zudem sieht das Grundstücksverkehrsrecht spezielle Vorkaufsrechte zugunsten Landwirten und mitunter auch zugunsten des Siedlungsunternehmens (z. B. BVVG) vor.

Folgen einer fehlenden Genehmigung

Ein ohne Genehmigung abgeschlossenes Rechtsgeschäft ist schwebend unwirksam (§ 16 GrdstVG). Erst mit Erteilung der erforderlichen Genehmigung entfaltet das Rechtsgeschäft volle Wirksamkeit. Bei endgültiger Versagung der Genehmigung ist das Rechtsgeschäft nichtig.

Besondere Vorschriften bei landwirtschaftlichen Betriebsübertragungen

Hofübergabeverträge

Im Rahmen familieninterner Betriebsübertragungen, etwa bei der Hofübergabe, gelten teils Erleichterungen. Die Regelungen hierzu finden sich auch in speziellen Höfeordnungen einiger Bundesländer. Dennoch kann auch hierbei die Genehmigungspflicht unter dem GrdstVG bestehen, vor allem bei Übertragungen außerhalb des engsten Familienkreises.

Bewertung und Preisprüfung

Zur Vermeidung von Spekulationen sieht das Grundstücksverkehrsrecht eine Preisprüfung vor. Wird der Kaufpreis als überhöht angesehen, kann die Genehmigung versagt werden. Die Bewertung erfolgt auf Basis von regionalen Bodenrichtwerten und orientiert sich an vergleichbaren Transaktionen.

Flurbereinigung und Bodenrecht

Ein enger Zusammenhang besteht zwischen dem landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr und dem Flurbereinigungsrecht. Im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren kann es zur Neuordnung und Zusammenlegung von Flächen kommen. Rechtsgeschäfte in diesem Zusammenhang sind oft von Teilen der Vorschriften des GrdstVG ausgenommen oder unterliegen besonderen vorzugsweisen Regelungen.

Internationale Aspekte des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs

Für Personen oder Gesellschaften mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland sieht das Grundstücksverkehrsrecht zusätzliche Prüfungen und teils erschwerte Erwerbsbedingungen vor. Hintergrund ist der Schutz des heimischen landwirtschaftlichen Marktes sowie der Agrarstruktur.

Steuerrechtliche Aspekte beim landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr

Der Erwerb oder die Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke unterliegt zusätzlich bestimmten steuerlichen Vorschriften, wie der Grunderwerbsteuer, Einkommensteuer (z. B. Spekulationsgewinne) sowie erbschaft- und schenkungssteuerlichen Regelungen. Steuerermäßigungen sind häufig davon abhängig, dass die landwirtschaftliche Nutzung fortgeführt wird.

Literatur und weiterführende Regelungen

Literaturhinweise

  • Kommentar zum Grundstücksverkehrsgesetz: Bodenrecht, Immobilienrecht, Agrarrecht
  • Lehrbücher zum Agrarrecht

Weitere Normen (Auswahl)

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – insbesondere §§ 873 ff. (Erwerb von Grundstücken)
  • Reichssiedlungsgesetz, Reichshöfeordnung (regional teilweise noch bedeutsam)
  • Grundstücksteilungsgesetz

Der landwirtschaftliche Grundstücksverkehr ist ein hochreguliertes Rechtsgebiet, das dem Schutz und der nachhaltigen Entwicklung der Agrarstruktur dient. Seine Regelungen sichern eine langfristige, funktionsfähige Landwirtschaft in Deutschland und wirken gleichsam als Steuerungsinstrument gegen spekulative und agrarstrukturschädliche Entwicklungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer benötigt eine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz beim Erwerb landwirtschaftlicher Flächen?

Beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke ist gemäß dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) grundsätzlich eine Genehmigung durch die zuständige Behörde (in der Regel das Amt für Landwirtschaft oder die Landwirtschaftsbehörde) erforderlich. Dies gilt sowohl für natürliche als auch für juristische Personen, die landwirtschaftlich genutzte Grundstücke kaufen oder tauschen möchten. Die Genehmigungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Erwerber selbst bereits Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen ist oder nicht. Der Antrag auf Genehmigung muss durch den Erwerber, meist im Rahmen der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages, eingereicht werden. Ohne die Genehmigung ist der zugrunde liegende Erwerbsvertrag schwebend unwirksam. Ziel der Genehmigungspflicht ist es, die Zersplitterung landwirtschaftlicher Betriebe zu verhindern, die agrarische Struktur zu sichern und unerwünschte Besitzverhältnisse – etwa durch Nichtlandwirte oder Investoren ohne landwirtschaftlichen Bezug – zu vermeiden.

Nach welchen Kriterien wird die Genehmigung nach Grundstücksverkehrsgesetz erteilt oder versagt?

Die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung erfolgt unter Würdigung verschiedener gesetzlicher Kriterien. Die wichtigste Voraussetzung ist, dass durch den Erwerb keine ungesunde Verteilung von Grund und Boden eintritt (§ 9 GrdstVG). Die Behörde prüft insbesondere, ob der Kauf die agrarstrukturellen Verhältnisse im ländlichen Raum nachteilig beeinflusst. Insbesondere ist relevant, ob der Erwerber Landwirt ist und das Grundstück in seinen landwirtschaftlichen Betrieb eingliedern kann. Auch kann die Genehmigung versagt werden, wenn vorrangig landwirtschaftliche Betriebe in der Umgebung ein berechtigtes Interesse am Erwerb angemeldet haben (Vorkaufsrecht) oder wenn die Veräußerung zu einer Bewirtschaftung durch Nichtlandwirte führen würde. Weiterhin ist zu prüfen, ob das Grundstück eine für die Landwirtschaft wesentliche Größe und Bedeutung hat. Kleinere Flächen unterhalb einer festgelegten Freigrenze sind von der Genehmigungspflicht häufig ausgenommen.

Welche Bedeutung hat das Vorkaufsrecht der Siedlungsbehörde beim landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr?

Nach § 4 GrdstVG steht bestimmten öffentlichen Stellen, insbesondere der Siedlungsbehörde (meist vertreten durch die Landwirtschaftsverwaltung), ein gesetzliches Vorkaufsrecht beim Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken zu. Dieses Vorkaufsrecht kann ausgeübt werden, wenn der Erwerb durch Dritte die Agrarstruktur beeinträchtigen könnte und die Fläche besser in einen existenzsichernden oder entwicklungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb eingegliedert werden kann. Ziel ist es, eine sinnvolle Flächenkonzentration zugunsten ortsansässiger Betriebe zu fördern und Spekulationskäufe durch Nichtlandwirte zu unterbinden. Die Siedlungsbehörde muss innerhalb einer bestimmten Frist nach Anzeige des Kaufvertrags entscheiden, ob sie ihr Vorkaufsrecht ausübt. Wird das Vorkaufsrecht geltend gemacht, tritt die Siedlungsbehörde zu den Bedingungen des abgeschlossenen Kaufvertrages als Erwerberin in den Vertrag ein.

Welche Rolle spielt der Verkehrswert im Genehmigungsverfahren?

Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Grundstücksverkehrsgesetz spielt der Verkehrswert des Grundstücks eine maßgebliche Rolle. Ein auffällig überhöhter Kaufpreis (sogenannte „Überpreisbildung“) kann darauf hindeuten, dass der Erwerb nicht primär landwirtschaftlichen, sondern spekulativen Interessen dient. Die Genehmigungsbehörden sind verpflichtet zu prüfen, ob der vereinbarte Kaufpreis den ortsüblichen landwirtschaftlichen Bodenwert erheblich übersteigt. Ist dies der Fall, kann die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG versagt werden, da überhöhte Preise als Agrarstruktur gefährdend angesehen werden. In der Praxis wird zur Feststellung des angemessenen Preises häufig ein Gutachten eingefordert oder auf Bodenrichtwerte zurückgegriffen.

Welche Ausnahmen von der Genehmigungspflicht bestehen beim landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr?

Das Grundstücksverkehrsgesetz sieht verschiedene Ausnahmen vor, bei denen ein landwirtschaftlicher Grundstückserwerb nicht genehmigungspflichtig ist (§ 3 GrdstVG). Hierzu zählen insbesondere Grundstücke, die aufgrund ihrer Größe oder Bodenart (z. B. Gärten, Hausgrundstücke) landwirtschaftlich unerheblich sind. Bundesländer können eigene Freigrenzen festlegen, bis zu welcher Flächengröße eine Genehmigung nicht erforderlich ist (zum Beispiel Flächen unter einem Hektar). Ebenfalls ausgenommen sind bestimmte Übertragungen innerhalb der Familie (im Rahmen von Erbfolge oder Schenkung), sowie Fälle, in denen die Übertragung im Wege der Zwangsversteigerung erfolgt oder zu öffentlichen Zwecken (z. B. Infrastrukturmaßnahmen) dient. Die genauen Ausnahmefälle variieren teils nach Landesrecht.

Was ist die Rechtsfolge eines fehlenden Genehmigungsbescheids nach dem Grundstücksverkehrsgesetz?

Fehlt die erforderliche Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz, ist der notarielle Kaufvertrag über das landwirtschaftliche Grundstück zunächst schwebend unwirksam (§ 6 GrdstVG). Das bedeutet, dass der Vertrag erst mit Vorlage der behördlichen Genehmigung voll wirksam und vollziehbar wird. Wird die Genehmigung endgültig versagt, bleibt der Vertrag unwirksam und die Rückabwicklung ist vorzunehmen, etwaige bereits erbrachte Leistungen sind zurückzuerstatten. Die Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch kann ohne den Nachweis der Genehmigung durch die zuständige Behörde nicht erfolgen.

Wie ist das Verfahren zur Einholung der Genehmigung ausgestaltet?

Das Verfahren zur Einholung der Genehmigung ist streng formalisiert. Nach notariellem Kaufvertragsabschluss zeigt der Notar den Vertrag der zuständigen Behörde an. Anschließend prüft die Behörde den Antrag hinsichtlich der agrarstrukturrechtlichen Voraussetzungen, holt ggf. Stellungnahmen von Landwirtschaftskammern und Siedlungsbehörde ein und ermittelt relevante Tatsachen, wie etwa den Status des Erwerbers (Landwirt/Nichtlandwirt), Größe und Lage des Grundstücks sowie den Kaufpreis. Es gelten festgelegte Fristen, innerhalb derer die Behörde über die Genehmigung zu entscheiden hat. Die Entscheidung ergeht mittels schriftlichem Bescheid, der sowohl dem Erwerber als auch dem Veräußerer und dem Notar zur Kenntnis gebracht wird. Gegen die Entscheidung ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Nur bei Vorliegen der Genehmigung oder einer Freistellung kann die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgen.