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Grundsicherung im Alter


Begriff und rechtlicher Rahmen der Grundsicherung im Alter

Die Grundsicherung im Alter ist eine steuerfinanzierte Sozialleistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die der Absicherung des grundlegenden Lebensunterhalts von Menschen im Rentenalter dient, sofern deren Einkünfte und Vermögen nicht zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts ausreichen. Ziel dieser Leistung ist die Vermeidung von Altersarmut und die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.

Gesetzliche Grundlagen

Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)

Die Grundsicherung im Alter ist im Vierten Kapitel des SGB XII (§§ 41 ff. SGB XII) geregelt. Sie gilt für Personen, die die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht haben und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben oder sich rechtmäßig hier aufhalten.

Abgrenzung zu anderen Leistungen

Die Grundsicherung im Alter ist abzugrenzen von der Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) sowie von der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II („Hartz IV“). Hilfe zum Lebensunterhalt ist für Erwerbsunfähige unterhalb der Altersgrenze vorgesehen, während Leistungen nach dem SGB II dem Personenkreis der Erwerbsfähigen vorbehalten sind.

Anspruchsvoraussetzungen

Altersgrenze

Voraussetzung für einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter ist das Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Für Geburtsjahrgänge ab 1964 beträgt die Regelaltersgrenze 67 Jahre.

Bedarf und Bedürftigkeit

Leistungsberechtigt sind Personen, deren Einkommen und Vermögen zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts nicht ausreichen. Die Bedürftigkeit wird im Antragsverfahren individuell geprüft.

Wesentliche Anspruchsvoraussetzungen:

  • Erreichen der Altersgrenze
  • gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland
  • Unzureichendes Einkommen und/oder Vermögen

Nach § 43 SGB XII wird kein Anspruch gewährt, wenn unterhaltsverpflichtete Kinder ein Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro haben oder es innerhalb der letzten zehn Jahre zu einer erheblichen Schenkung kam.

Ausschluss bestimmter Gruppe

Leistungen können unter bestimmten Voraussetzungen, z.B. bei bewusstem Herbeiführen der Hilfebedürftigkeit (vgl. § 41a SGB XII), versagt oder entzogen werden. Ebenso besteht kein Anspruch bei dauerhaftem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung im Ausland oder für Personen im Vollzug einer Freiheitsstrafe.

Umfang der Leistungen

Notwendiger Lebensunterhalt

Der notwendige Lebensunterhalt umfasst:

  • Regelbedarfe (monatliche Pauschalen nach Regelbedarfsermittlungsgesetz)
  • Mehrbedarfe (z.B. bei Behinderung, Schwangerschaft)
  • Bedarfe für Unterkunft und Heizung (tatsächliche angemessene Aufwendungen, abhänging von örtlichen Richtlinien)
  • Einmalige Bedarfe (z.B. Erstausstattung bei Wohnungsbezug)

Auch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können übernommen werden, sofern keine Pflichtmitgliedschaft in einer gesetzlichen Versicherung besteht.

Anrechnung von Einkommen und Vermögen

Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten werden auf die Grundsicherungsleistung angerechnet. Zum Einkommen zählen beispielsweise Renten aller Art, Erwerbseinkommen, Unterhaltsleistungen sowie sonstige regelmäßige Einkünfte.

Vermögensfreigrenzen:
Ein Vermögen bis zu einem Freibetrag von 10.000 Euro (§ 90 SGB XII) bleibt unberücksichtigt. Für Ehe- oder Lebenspartner gelten höhere Freibeträge.

Nicht verwertbares Vermögen, wie etwa angemessener Hausrat oder selbst bewohnte angemessene Immobilien, sind geschützt.

Einbeziehung von Unterhaltsverpflichteten

Die Unterhaltsverpflichtung von Kindern wird nur geprüft, wenn deren Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro übersteigt. Unterhalb dieser Grenze findet keine Unterhaltsprüfung statt (§ 43 Abs. 2 SGB XII).

Leistungen für Ehe- und Lebenspartner

Leben Berechtigte in einer Ehe, eingetragenen Lebenspartnerschaft oder Bedarfsgemeinschaft, erfolgt eine gemeinsame Bedarfsprüfung. Einkommen und Vermögen der Partner werden berücksichtigt, Freibeträge jedoch anteilig berechnet.

Antragstellung und Verfahren

Antragsverfahren

Der Antrag auf Grundsicherung im Alter ist bei der zuständigen Sozialbehörde oder dem Sozialamt am Wohnsitz zu stellen. Die Leistung wird nicht automatisch, sondern ausschließlich auf Antrag gewährt. Die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt individuell im Rahmen des Verwaltungsverfahrens.

Mitwirkungspflichten

Antragsteller sind verpflichtet, alle relevanten Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen und entsprechende Nachweise einzureichen. Änderungen (z.B. beim Einkommen oder Wohnsituation) sind unverzüglich mitzuteilen.

Bewilligungszeitraum und Überprüfung

Leistungen werden in der Regel für zwölf Monate bewilligt. Danach wird erneut überprüft, ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Änderungen während des Bewilligungszeitraums können zur Anpassung oder Aufhebung der Leistung führen.

Rechtsfolgen und Rechtsmittel

Rückforderung und Sanktionen

Unberechtigt empfangene Leistungen können nach § 50 SGB X zurückgefordert werden. Darüber hinaus dürfen Leistungen versagt, entzogen oder vorläufig gewährt werden, wenn unklare oder unvollständige Angaben vorliegen.

Rechtsmittel

Gegen Entscheidungen der Behörde können Widerspruch und anschließend Klage beim Sozialgericht eingelegt werden. Die Rechtsmittel sind form- und fristgebunden.

Abgrenzung zu anderen Sozialleistungen

Die Grundsicherung im Alter ist grundsätzlich nachrangig gegenüber anderen vorrangigen Sozialleistungen, beispielsweise der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Pflegeversicherung. Sie schließt an deren Sicherungslücken an.

Statistik und aktuelle Entwicklungen

Anspruchsberechtigte

In Deutschland nehmen Millionen Menschen im Rentenalter Leistungen der Grundsicherung in Anspruch. Die Zahl der Leistungsberechtigten hat insbesondere im Zuge der demografischen Entwicklung zugenommen.

Gesetzliche Neuerungen

Mit den letzten Reformen, etwa der Anhebung der Vermögensfreigrenzen und der Erweiterung der geschützten Vermögensbestandteile, wurden die Zugangsvoraussetzungen zeitweise erleichtert. Regelmäßige gesetzlichen Anpassungen der Regelbedarfe sind vorgesehen.

Literaturhinweise und weiterführende Quellen

  • Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)
  • Regelbedarfsermittlungsgesetz
  • Leitfaden Grundsicherung im Alter, Bundessozialministerium

Fazit

Die Grundsicherung im Alter ist ein zentrales Instrument der sozialen Sicherung in Deutschland und stellt sicher, dass auch im Rentenalter ein menschenwürdiges Existenzminimum gesichert wird. Die Leistung ist streng bedarfsorientiert und orientiert sich an individuell ermittelten Bedarfen unter Berücksichtigung vorhandener Einkünfte und Vermögenswerte. Sie unterliegt dabei einer umfassenden gesetzlichen Regelung und fortlaufender Anpassung an sozioökonomische Entwicklungen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist berechtigt, Grundsicherung im Alter zu beantragen?

Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben Personen, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben. Diese Altersgrenze entspricht grundsätzlich dem Zeitpunkt, ab dem eine reguläre Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen werden könnte (je nach Geburtsjahrgang derzeit zwischen 65 und 67 Jahren). Darüber hinaus müssen die Betroffenen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenem Einkommen und Vermögen oder von unterhaltspflichtigen Personen (Eltern, Kindern) bestreiten können. Zu prüfen ist stets die Bedürftigkeit, das heißt, das Einkommen und Vermögen des Antragstellers darf bestimmte Freibeträge nicht übersteigen. Vorrangig sind andere vorrangigen Sozialleistungen (z.B. Renten, andere Sozialleistungen) auszuschöpfen. Ehe- oder Lebenspartner werden bei der Einkommens- und Vermögensprüfung miteinbezogen, sofern eine Bedarfsgemeinschaft besteht.

Welche Vermögensfreigrenzen gelten für die Grundsicherung im Alter?

Nach § 90 SGB XII bleibt ein sog. Schonvermögen von derzeit 10.000 Euro anrechnungsfrei (seit 1. Januar 2023, zuvor 5.000 Euro). Dazu zählen unter anderem Bargeld, Bankguthaben, Schmuck oder Lebensversicherungen. Für jede weitere im Haushalt lebende Person erhöht sich der Freibetrag um 500 Euro. Hinzu kommen die Unantastbarkeit von angemessenem Hausrat und einer selbst bewohnten, angemessenen Wohnung oder Immobilie, sofern sie nicht als unangemessen groß gilt. Vermögen oberhalb der Freibeträge ist in erster Linie zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen; auch Schenkungen in bestimmter zeitlicher Nähe zum Antrag können zurückgefordert werden. Überdies gibt es weitere Ausnahmeregelungen, etwa für angemessene Vorsorgevermögen.

Welche Rolle spielen Unterhaltspflichtige bei der Grundsicherung im Alter?

Nach § 43 Abs. 1 SGB XII sind unterhaltspflichtige Kinder grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Eltern Unterhalt zu leisten, solange deren Jahreseinkommen unter 100.000 Euro brutto liegt. Erst bei Überschreiten dieser Grenze erfolgt eine Prüfung, ob und in welchem Umfang ein finanzieller Beitrag zum Lebensunterhalt der Eltern geleistet werden kann. Das Sozialamt kann in solchen Fällen die Angaben der Kinder zum Einkommen und ggf. eine finanzielle Beteiligung verlangen. Nicht berücksichtigt wird das Einkommen von Schwiegerkindern. Auch Eltern sind nur äußerst selten gegenüber ihren Kindern zur Zahlung heranzuziehen, insbesondere wenn diese Grundsicherung erhalten.

Wie wird das Einkommen bei der Berechnung der Leistungen berücksichtigt?

Zur Ermittlung des individuellen Leistungsanspruchs wird nach § 82 SGB XII das gesamte anrechenbare Einkommen geprüft und auf den Bedarf angerechnet. Hierzu zählen Renten, Pensionen, Einkünfte aus Vermietung, Betriebsrenten, Kapitaleinkünfte sowie sonstige regelmäßige Einnahmen. Abzugsfähig sind bestimmte Freibeträge, etwa ein Pauschbetrag für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Grundfreibeträge für bestimmte Erwerbstätige, sowie besondere Bedarfe, etwa bei hohen Aufwendungen für Gesundheit oder Pflege. Einmalige Einnahmen werden ebenfalls bedarfsmindernd angerechnet. Es gelten detaillierte Regelungen zu Einkommensarten und -bereinigung, die je nach Einzelfall differenziert anzuwenden sind.

Welche Wohn- und Heizkosten werden übernommen?

Die Leistungen der Grundsicherung im Alter schließen grundsätzlich die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ein, wie sie tatsächlich anfallen (§ 42a SGB XII). Die Angemessenheit richtet sich nach örtlichen Mietspiegeln und den Vorgaben der Kommunen. Hierzu zählen Miete (bei Mietwohnungen), Nebenkosten (inklusive Betriebskosten), Heizung und ggf. notwendige einmalige Nebenkostennachzahlungen. Nicht übernommen werden Kosten, die über das ortsübliche Maß hinausgehen, es sei denn, ein Umzug ist im Einzelfall nicht zumutbar. Eigenheim- und Wohnungseigentümer werden hinsichtlich der anerkannten Kosten wie Tilgung, notwendigen Erhaltungsaufwendungen, Grundsteuer und baurechtlich vorgeschriebenen Auflagen im Rahmen des Angemessenen berücksichtigt.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für Antragsteller?

Bezieher von Grundsicherung im Alter unterliegen nach §§ 60 ff. SGB I umfassenden Mitwirkungspflichten. Sie müssen alle für die Leistungsgewährung erheblichen Tatsachen offenlegen, insbesondere vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu Einkommen, Vermögen, Wohnsituation und etwaigen Unterhaltsverpflichtungen machen. Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen sind umgehend anzuzeigen. Bei begründetem Zweifel kann das Amt die Vorlage von Nachweisen und Kontoauszügen, sowie die Erklärung zur Vermögens- oder Erbschaftssituation verlangen. Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten kann zur Ablehnung, Einstellung oder Rückforderung von Leistungen führen.

Welche Rechtsmittel stehen bei Ablehnung oder Kürzung der Leistungen zur Verfügung?

Im Falle einer Ablehnung, Kürzung oder Rückforderung der Grundsicherung besteht das Recht, binnen eines Monats Widerspruch gegen den Verwaltungsbescheid beim zuständigen Sozialamt einzulegen (§ 84 SGG). Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, ist eine Klage vor dem örtlich zuständigen Sozialgericht innerhalb eines weiteren Monats zulässig. Verfahren im Sozialrecht sind für Antragsteller grundsätzlich gerichtskostenfrei. In dringenden Fällen kann zugleich ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt werden (§ 86b SGG), etwa wenn existenzielle Leistungen entfallen und ein Nachteil nicht wiedergutgemacht werden kann. Gegen abschließende Gerichtsentscheidungen ist ggf. die Berufung möglich, sofern die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.