Grundsätze der guten Laborpraxis (GLP)
Die Grundsätze der guten Laborpraxis (englisch: Good Laboratory Practice, GLP) beschreiben ein Qualitätssicherungssystem für nicht-klinische Laborstudien, insbesondere im Rahmen von Prüfungen der Sicherheit von chemischen Stoffen. GLP wurde entwickelt, um die Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Reproduzierbarkeit und internationale Anerkennung von Prüfdaten zu fördern. Die Grundsätze stellen einen wesentlichen Bestandteil der regulatorischen Prüfung von Chemikalien, Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden und vergleichbaren Substanzen dar. Im rechtlichen Kontext dienen sie der Einhaltung von Vorgaben zum Schutz von Mensch und Umwelt vor potenziellen Risiken chemischer Produkte.
Rechtlicher Hintergrund
Historische Entwicklung
Die Entwicklung der GLP-Grundsätze begann in den 1970er Jahren als Reaktion auf erhebliche Mängel bei der Durchführung und Dokumentation von toxikologischen Studien. Nachdem bekannt wurde, dass viele Ergebnisse und Berichte unvollständig, falsch oder manipuliert waren, ergriffen Regierungen und Behörden Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Die Vereinigten Staaten von Amerika etablierten erstmals 1978 verbindliche GLP-Vorschriften durch die Food and Drug Administration (FDA) sowie die Environmental Protection Agency (EPA). In Europa folgte 1981 die Definition von GLP durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), deren Regelungen von der Europäischen Union übernommen wurden.
GLP im internationalen Regelwerk
Rechtliche Grundlagen für die GLP sind insbesondere:
- Die OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis (OECD Principles of GLP, zu finden im OECD-Dokument ENV/MC/CHEM(98)17)
- Die Richtlinien 2004/10/EG und 2004/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
- Die Chemikaliengesetzgebung (z. B. das deutsche Chemikaliengesetz, die EU-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH))
- Die Vorgaben nationaler Regelungen, z.B. die Chemikalienprüfungsgesetze der jeweiligen Mitgliedstaaten
Die OECD-Prinzipien wurden international anerkannt und bilden die Basis für gegenseitige Akzeptanz von GLP-Prüfdaten zwischen den OECD-Mitgliedsstaaten (Mutual Acceptance of Data, MAD).
Definition und Zielsetzung
GLP umfasst organisatorische Abläufe, Verfahrensweisen und Bedingungen, unter denen nicht-klinische gesundheits- und umweltrelevante Sicherheitsprüfungen von Chemikalien geplant, durchgeführt, überwacht, aufgezeichnet, berichtet und archiviert werden. Ziel ist ein standardisiertes Vorgehen, das die Qualität und Unversehrtheit der dabei gewonnenen Daten sicherstellt.
Anwendungsbereich
Die Anforderungen der Guten Laborpraxis gelten verbindlich für Prüfungen, die zur Einreichung bei Behörden im Rahmen der Zulassung oder Registrierung von Stoffen oder Produkten dienen. Typische Anwendungsbereiche sind dabei:
- Toxikologische und ökotoxikologische Prüfungen von Industriechemikalien, Pflanzenschutzmitteln, Biozidprodukten und Arzneimitteln
- Umweltverhaltensstudien
- Physikalisch-chemische Untersuchungen
Nicht von GLP erfasst sind klinische Studien am Menschen, die nach den Grundsätzen der Guten Klinischen Praxis (GCP) durchgeführt werden.
Wesentliche rechtliche Anforderungen der GLP
Grundelemente
Die OECD-Prinzipien und die EU-Vorgaben definieren folgende zentrale Elemente:
- Personal: Eindeutige Festlegung von Verantwortlichkeiten, Qualifikation und kontinuierliche Schulung sowie periodische Unterweisungen.
- Prüfeinrichtung: Beschreibung und Instandhaltung der Bauwerke, Räumlichkeiten, Geräte und Infrastruktur zur Sicherstellung der Integrität der Studienumgebung.
- Prüfleiter: Verantwortliche Person mit umfassender Aufsichtsfunktion, Einhaltung der GLP, Untersuchung aller relevanten Methoden und Abläufe.
- Prüfplan und Standardarbeitsanweisungen (SOPs): Studien werden durch einen offiziellen, vorab genehmigten Prüfplan definiert. Für alle routinemäßigen, kritischen Aufgaben bestehen schriftliche Standardarbeitsanweisungen.
- Archivierung: Aufbewahrung sämtlicher Aufzeichnungen, Originaldaten, Prüfberichte und Proben gemäß den nationalen Aufbewahrungsfristen.
- Qualitätssicherung: Einrichtung eines eigenständigen Qualitätssicherungssystems zur internen Überwachung der Einhaltung von GLP in allen Arbeitsabläufen.
Dokumentation und Nachvollziehbarkeit
Zu den verbindlichen GLP-Grundsätzen zählt die vollständige, genaue, zeitnahe und nachvollziehbare Dokumentation sämtlicher Schritte im Prüfprozess. Manipulation, Änderungen ohne nachvollziehbare Begründung oder das nachträgliche Verändern von Daten sind untersagt.
Überwachung und Akkreditierung
Die Einhaltung der GLP ist regelmäßig durch nationale Überwachungsbehörden zu prüfen. In Deutschland erfolgt dies durch die zuständigen GLP-Überwachungsbehörden der Länder, in Österreich durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, in der Schweiz durch das Bundesamt für Gesundheit. Die Überwachung umfasst Inspektionen der Einrichtungen sowie Audits der Studien.
Rechtsfolgen der Nichteinhaltung
Auswirkungen auf Prüfberichte
Werden die GLP-Anforderungen nicht oder nur unzureichend erfüllt, können Prüfberichte von den Behörden als nicht geeignet für Zulassungs- oder Registrierungsverfahren eingestuft werden. Damit folgt regelmäßig die Ablehnung eines Zulassungsantrags beziehungsweise die Verpflichtung zur Wiederholung und Nachbesserung der Prüfungen.
Sanktionen
Neben behördlichen Maßnahmen wie Untersagung des Betriebs können Verstöße gegen GLP-Vorschriften auch zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa durch den Entzug von Anerkennungen oder in schweren Fällen durch Geld- oder Freiheitsstrafen.
Bedeutung für die internationale Anerkennung von Prüfdaten
Die Einhaltung der GLP-Grundsätze ermöglicht den betroffenen Unternehmen und Institutionen, ihre Prüfdaten in allen Ländern, die die OECD-Prinzipien anwenden, einzureichen und anerkennen zu lassen. Diese gegenseitige Akzeptanz bietet erhebliche wirtschaftliche und regulatorische Vorteile, da Mehrfachuntersuchungen im internationalen Warenverkehr vermieden werden können.
Literatur und weiterführende Informationen
- OECD: Principles of Good Laboratory Practice (GLP), Dokumente und Richtlinien
- Richtlinie 2004/10/EG vom 11. Februar 2004 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der Grundsätze der guten Laborpraxis
- Deutsches Chemikaliengesetz (insbesondere §19a ff.)
- Leitfäden und Veröffentlichungen der nationalen GLP-Überwachungsstellen
Fazit
Die Grundsätze der guten Laborpraxis stellen ein anerkanntes, international harmonisiertes Regelwerk zur Sicherstellung von Qualität, Integrität und Nachvollziehbarkeit nicht-klinischer Sicherheits- und Umweltstudien dar. Sie sind im chemikalienrechtlichen Zulassungs- und Prüfverfahren unverzichtbar und bilden ein zentrales Element der behördlichen Risiko- und Gefahrenbewertung für Mensch und Umwelt. Die umfassende rechtliche Normierung und Kontrolle der GLP gewährleisten einen hohen Standard und tragen damit maßgeblich zur Sicherheit und Transparenz im Umgang mit chemischen Prüfsubstanzen bei.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP) in Deutschland und der Europäischen Union?
Die rechtlichen Grundlagen für die Guten Laborpraxis (GLP) sind sowohl national als auch europäisch verankert. In Deutschland ist die GLP insbesondere durch das Chemikaliengesetz (ChemG) und die darauf basierende Chemikalien-Gebührenverordnung sowie die Chemikalien-Verbotsverordnung geregelt. Ein wesentlicher Bezugspunkt ist die Verordnung nach §19a ChemG, die explizit Anforderungen an die Durchführung nicht-klinischer gesundheits- und umweltrelevanter Sicherheitsprüfungen stellt. Die Einhaltung der GLP wird durch die „Verordnung über die Grundsätze der guten Laborpraxis (GLP-Verordnung)“ (GLP-V) und die Bekanntmachungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) näher bestimmt. Auf europäischer Ebene bildet die Richtlinie 2004/9/EG zur Inspektion und Überprüfung der guten Laborpraxis sowie die Richtlinie 2004/10/EG zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Anwendung der Grundsätze der Guten Laborpraxis in Versuchen mit Chemikalien die Basis. Diese Richtlinien wurden durch nationale Verordnungen in das deutsche Recht überführt. International koordiniert die OECD im Rahmen ihrer GLP-Richtlinien die Prinzipien, die von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht übertragen werden.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die Grundsätze der Guten Laborpraxis?
Bei Verstößen gegen die GLP-Grundsätze können verschiedene rechtliche Konsequenzen eintreten. Nach dem Chemikaliengesetz (§30 ChemG) können Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, die im Falle grober Verstöße in Strafverfahren münden können. Sanktionen umfassen dabei verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie den Widerruf oder die Aussetzung der GLP-Zertifizierung für das betroffene Prüflabor, Bußgelder, Nutzungsverbote von Prüfergebnissen und im Ausnahmefall auch strafrechtliche Maßnahmen bei vorsätzlicher Täuschung oder grober Nachlässigkeit. Zudem kann es, insbesondere im Rahmen der Produktzulassung oder Marktüberwachung, dazu kommen, dass Studienergebnisse und Prüfberichte, die unter Missachtung der GLP-Grundsätze angefertigt wurden, von den Behörden bei Zulassungsanträgen nicht anerkannt werden. Hierbei greifen auch europäische Vorgaben, nach denen GLP-Konformität eine grundlegende Voraussetzung für die Anerkennung von Prüfberichten ist.
Wer ist im rechtlichen Sinne für die Einhaltung der Guten Laborpraxis in einem Prüflabor verantwortlich?
Die rechtliche Gesamtverantwortung für die Einhaltung der Grundsätze der Guten Laborpraxis innerhalb eines Prüflabors trägt laut Gesetz der Prüfleiter (Study Director). Er ist dafür verantwortlich, dass sämtliche Aspekte der Planung, Durchführung, Auswertung und Berichterstattung einer Prüfung im Einklang mit den GLP-Regelungen stehen. Der Prüfungsleiter wird durch den Laborleiter (Test Facility Manager) unterstützt, der insbesondere für die personellen, sachlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie eine funktionierende Qualitätssicherung zuständig ist. Die rechtlichen Verpflichtungen dieser Personen sind in §5 Absatz 2 der GLP-Verordnung und ergänzend in den einschlägigen OECD-Dokumenten definiert. Fehlverhalten auf Leitungsebene gilt rechtlich als Organisationsverschulden und kann zu einer persönlichen Haftung führen.
Welche Behörden sind für die Kontrolle und Durchsetzung der GLP-Vorschriften zuständig?
Für die Überwachung und Kontrolle der Einhaltung der GLP-Grundsätze sind in Deutschland die nach Landesrecht bestimmten GLP-Überwachungsbehörden zuständig. Meist sind dies die jeweiligen Landesämter für Verbraucherschutz, Umweltbehörden oder spezielle GLP-Inspektionsstellen. Auf Bundesebene koordinieren das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie das Umweltbundesamt (UBA) die Tätigkeiten. Die Behörden führen Inspektionen durch, nehmen Auditierungen und Überprüfungen der Labore vor und sind berechtigt, erforderliche Maßnahmen zur Wiederherstellung der GLP-Konformität anzuordnen. Sie dokumentieren ihre Feststellungen in Inspektionsberichten, können Auflagen erteilen und sind mit Sanktionsbefugnissen im Rahmen der bestehenden Gesetze ausgestattet.
Welche Anforderungen bestehen hinsichtlich der Dokumentation und Archivierung im Rahmen der GLP aus rechtlicher Sicht?
Aus rechtlicher Sicht existieren strenge Vorgaben für die Dokumentation und Langzeitarchivierung von GLP-relevanten Unterlagen. Gemäß § 6 GLP-Verordnung sowie den OECD-Prinzipien müssen sämtliche Rohdaten, Berichte, Prüfpläne und relevante Korrespondenz fälschungssicher dokumentiert und mindestens zehn Jahre – in bestimmten Fällen auch länger – aufbewahrt werden. Dies betrifft sowohl papierbasierte als auch elektronische Dokumente. Die rechtliche Verantwortung für die sachgerechte Archivierung liegt beim Prüfleiter und der jeweiligen Testeinrichtung. Eine missbräuchliche Vernichtung, Manipulation oder unvollständige Führung der Aufzeichnungen kann als schwerer Verstoß gegen die GLP angesehen werden und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Wie ist die internationale Anerkennung von GLP-Prüfergebnissen rechtlich geregelt?
Die internationale Anerkennung von GLP-Prüfergebnissen ist im Rahmen des OECD-Mutual Acceptance of Data (MAD) Systems rechtlich abgesichert. Nach diesem System erkennen die Unterzeichnerstaaten, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, Japan, USA und weitere Industriestaaten, die unter GLP erstellten Prüfberichte gegenseitig an, sofern sie den OECD-Grundsätzen entsprechen und von einer anerkannten GLP-Institution zertifiziert sind. In der EU ergibt sich diese Verpflichtung insbesondere aus der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH), die für bestimmte Stoffprüfungen die GLP-Konformität zur Voraussetzung der Datenakzeptanz macht. Rechtsgrundlage ist zudem das TRIPS-Abkommen (Art. 39), das den internationalen Austausch von Sicherheitsdaten fördert und absichert.
Dürfen Prüfungen ohne GLP-Zertifizierung für rechtsrelevante Zulassungsverfahren herangezogen werden?
Nach deutschem und europäischem Recht dürfen Prüfungen, die nicht unter GLP-Bedingungen durchgeführt wurden, in rechtsrelevanten Zulassungsverfahren grundsätzlich nicht akzeptiert werden, soweit diese Prüfungen nach den einschlägigen Regelungen (z.B. ChemG, REACH-Verordnung, Pflanzenschutzgesetz) der GLP-Pflicht unterliegen. Das bedeutet, dass beispielsweise toxikologische oder ökotoxikologische Studien, die zur Beurteilung der Sicherheit chemischer Stoffe eingereicht werden, zwingend unter GLP durchgeführt und von einer behördlich anerkannten Einrichtung zertifiziert sein müssen. Ausnahmen bestehen lediglich, wenn in Sonderfällen behördenseitig eine andere Bewertung erfolgt und dies hinreichend begründet wird; dies ist rechtlich jedoch die Ausnahme. Ohne GLP-Zertifikat können Studien verworfen oder nachgefordert werden, was zu erheblichen Verzögerungen bei Zulassungsverfahren führen kann.