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Grundrente


Begriff und Einführung zur Grundrente

Die Grundrente ist eine sozialrechtliche Leistung in Deutschland, die zum 1. Januar 2021 mit dem Grundrentengesetz eingeführt wurde. Sie dient dem Ziel, langjährig versicherten Rentnerinnen und Rentnern, deren Erwerbstätigkeit zu niedrigen Einkommen geführt hat, einen Zuschlag zur gesetzlichen Rente zu verschaffen. Ziel ist es, Lebensleistungen von Menschen zu honorieren, die trotz langer Beitragszeiten auf Grund geringer Einkommen von Altersarmut bedroht sind. Die Grundrente ergänzt die herkömmliche Altersrente und nimmt eine wichtige Stellung im System der sozialen Sicherung ein.


Historischer und Gesetzlicher Hintergrund

Gesetzgebung zur Grundrente

Die Grundrente wurde durch das am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Grundrentengesetz (Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährig Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Erhöhung weiterer Leistungen) eingeführt. Die maßgeblichen Regelungen finden sich vor allem in den §§ 76g bis 76m Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Zielsetzung

Die gesetzgeberische Intention lag darin, langjährig Beitragszahlende mit unterdurchschnittlichen Einkommen besserzustellen und so eine auskömmlichere Alterssicherung zu gewährleisten, ohne dabei eine umfassende Bedürftigkeitsprüfung vorzusehen.


Anspruchsvoraussetzungen

Mindestversicherungszeit

Ein Anspruch auf Grundrente besteht nur für Personen, die mindestens 33 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen können. Als Grundrentenzeiten gelten insbesondere Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung, Kindererziehungszeiten, Zeiten der Pflege von Angehörigen sowie Zeiten mit Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation.

Grundrentenzeiten im Einzelnen

  • Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung oder selbständiger Tätigkeit
  • Zeiten der Kindererziehung (maximal 10 Jahre pro Kind)
  • Pflegezeiten bei Pflege naher Angehöriger
  • Zeiten der Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation

Geringfügiges Einkommen

Voraussetzung ist, dass die während der Erwerbsjahre erzielten Einkünfte unter dem Durchschnittseinkommen lagen. Die Voraussetzungen orientieren sich an sogenannten Entgeltpunkten: Der Durchschnittswert liegt bei etwa 0,4 bis 0,8 Entgeltpunkten pro Jahr.

Rentenbeginn

Die Grundrente wird mit dem Beginn des regulären Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Sie wird als Zuschlag auf die jeweilige Monatsrente gewährt.


Berechnung der Grundrente

Zuschlagsberechnung

Die Grundrente berechnet sich nach den individuellen Entgeltpunkten, die in den berücksichtigungsfähigen Zeiten erworben wurden. Bei Vorliegen von mindestens 33 Grundrentenjahren und maximal 35 Grundrentenjahren wird ein gestaffelter Zuschlag gewährt, der bei 35 Jahren die volle Grundrente erreicht.

Grundsatz der Zuschlagsberechnung

  • Zuschlag erfolgt auf Basis der in den rentenrechtlich relevanten Zeiten erworbenen Entgeltpunkte.
  • Maximal werden 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr bei der Berechnung zugrunde gelegt.
  • Zeiten mit weniger als 0,3 Entgeltpunkten pro Jahr bleiben unberücksichtigt.
  • Für jedes berücksichtigte Jahr wird der Zuschlag berechnet und der monatlichen Rente hinzugerechnet.

Einkommensermittlung und Freibeträge

Für den Bezug der Grundrente gilt ein Einkommenstest, der eine Bedürftigkeitsprüfung vermeidet, aber hohe zusätzliche Einkommen ausschließt beziehungsweise zur Anrechnung bringt. Berücksichtigt werden dabei sämtliche Einkünfte des Antragstellers einschließlich Betriebsrenten, Kapitaleinkünften und Mieteinnahmen. Übersteigt das zu berücksichtigende Einkommen bestimmte Freibeträge, wird die Grundrente anteilig gekürzt.

Freibeträge (Stand 2023)

  • Für Alleinstehende: 1.250 EUR monatlich (brutto, abgabenfrei)
  • Für Ehepaare/Lebenspartner: 1.950 EUR monatlich

Einkommen oberhalb der Freibeträge wird zu 60 % auf die Grundrente angerechnet, ein weiterer Anteil oberhalb einer zweiten Einkommensschwelle zu 100 %.


Verfahren und Antragstellung

Die Grundrente wird grundsätzlich ohne gesonderten Antrag von der Deutschen Rentenversicherung anhand der gespeicherten Versicherungsdaten gewährt. Eine Prüfung relevanter Einkommensdaten findet automatisiert in einem Austauschverfahren mit den Finanzbehörden statt.

Nachweis und Datenabgleich

Der Datenabgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzämtern ermöglicht die Ermittlung und Berücksichtigung der jeweiligen Einkünfte, ohne dass die Antragstellenden zusätzliche Einkommensnachweise einreichen müssen.


Steuerliche Behandlung der Grundrente

Die Grundrente zählt zu den steuerpflichtigen sonstigen Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Sie ist ebenso wie die reguläre gesetzliche Rente im Rahmen des nachgelagerten Besteuerungsprinzips zu versteuern. Für das Renteneintrittsjahr und die Folgejahre gelten die jeweils festgelegten Besteuerungsanteile der Regelaltersrente.


Wechselwirkung mit anderen Sozialleistungen

Anrechnung bei Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung

Die Grundrente wird bei den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII) nicht als Einkommen angerechnet, was Rentnerinnen und Rentner schützt, die trotz Grundrente weiterhin auf ergänzende finanzielle Unterstützung angewiesen sind.

Auswirkungen auf Wohngeld und Sozialleistungen

Auch für den Bezug von Wohngeld (WoGG) und anderen einkommensbezogenen Sozialleistungen ist die Grundrente durch einen Freibetrag begünstigt, um die Rentenzuschläge nicht zu neutralisieren.


Rechtsstreitigkeiten und Rechtsschutz

Sozialgerichtlicher Rechtsschutz

Entscheidungen zur Grundrente können – wie weitere rentenrechtliche Bescheide – im sozialgerichtlichen Verfahren überprüft werden. Die Widerspruchsfrist gegen einen ablehnenden Grundrentenbescheid beträgt in der Regel einen Monat. Im Streitfall folgt ein Verfahren vor dem Sozialgericht.


Kritik und Weiterentwicklung

Gesellschaftspolitische und rechtliche Debatte

Die Einführung der Grundrente war und ist weiterhin Gegenstand gesellschafts- und verfassungsrechtlicher Diskussionen, die sich vor allem auf Fragen der Gerechtigkeit, des Verwaltungsaufwands und der Finanzierung beziehen. Kritiker sehen weiterhin die Gefahr bestehender Altersarmut, während Befürwortende die Verbesserung der Lebenssituation für langjährig Versicherte betonen.


Literaturhinweise und weiterführende Rechtsquellen

  • Gesetz über die Grundrente (Grundrentengesetz) – BGBl. I 2020, S. 1666
  • Sozialgesetzbuch VI – §§ 76g ff. SGB VI
  • Informationsportal der Deutschen Rentenversicherung zur Grundrente
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Informationen zur Grundrente

Zusammenfassung

Die Grundrente ist eine zentrale Erweiterung der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch einen einkommensabhängigen Zuschlag die Altersversorgung langjährig beitragszahlender Menschen mit geringen Einkommen verbessert. Sie wird seit 2021 nach klar definierten versicherungs- und einkommensrechtlichen Kriterien gewährt, unterliegt jedoch fortlaufender politischer und gesellschaftlicher Diskussion. Die Grundrente wird weiterhin erheblichen Einfluss auf die Altersarmutsbekämpfung und das System der sozialen Sicherung in Deutschland haben.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch auf Grundrente zu haben?

Um einen Anspruch auf die Grundrente geltend machen zu können, ist Voraussetzung, dass der Antragsteller mindestens 33 Jahre an sogenannten Grundrentenzeiten nachweisen kann. Zu den Grundrentenzeiten zählen Pflichtbeitragszeiten aus Beschäftigung, selbstständiger Tätigkeit sowie Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen. Freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung werden hingegen nicht berücksichtigt. Entscheidend ist außerdem, dass der individuelle monatliche Rentenanspruch ohne Zuschlag bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet. Zu den rechtlichen Voraussetzungen gehört zudem, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Antragstellers im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs liegt, also in Deutschland. Besonders wichtig: Die Grundrente ist keine eigenständige Rente, sondern ein Zuschlag zur Rente, der lediglich den rentenrechtlichen Teil erhöht – sie ersetzt nicht die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung.

Werden andere Einkünfte bei der Grundrente angerechnet und wie erfolgt die rechtliche Prüfung dieser?

Ja, beim Anspruch auf Grundrente erfolgt eine umfassende Einkommensprüfung. Nach § 97a SGB VI werden sämtliche zu berücksichtigenden Einkommen, einschließlich Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Betriebsrenten, Kapitalerträgen und Mieteinnahmen, aber auch Einkommen des Ehepartners bei gemeinsamem Haushalt geprüft. Für die Ermittlung gelten die steuerrechtlichen Vorschriften, das heißt, es werden die zuletzt verfügbaren Steuerbescheide herangezogen. Das zu berücksichtigende Einkommen darf den Freibetrag von derzeit 1.317 Euro monatlich (Alleinstehende) beziehungsweise 2.055 Euro (Ehepaare) nicht übersteigen. Liegt das Einkommen darüber, wird die Grundrente reduziert oder entfällt vollständig. Es handelt sich um eine eigene Einkommensprüfung, die von der Deutschen Rentenversicherung anhand der Datenlage durchgeführt wird. Das Berufsgeheimnis und der Datenschutz gemäß DSGVO und SGB stehen hier in besonderem Fokus.

Welche Aufbewahrungspflichten und Nachweispflichten bestehen im Zusammenhang mit der Antragstellung der Grundrente?

Im rechtlichen Kontext müssen Antragsteller grundsätzlich sämtliche für die Grundrente relevanten Nachweise wie Rentenunterlagen, Nachweise über Beschäftigungszeiten, Nachweise über Zeiten der Kindererziehung oder Pflege sowie Einkommensnachweise bereitstellen. Während die Deutsche Rentenversicherung auf bereits vorliegende Daten zurückgreift, kann sie im Einzelfall zusätzliche Nachweise verlangen. Die Aufbewahrungspflichten für diese Dokumente richten sich nach § 50 Abs. 2 SGB X, wonach Unterlagen fünf Jahre nach Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens aufbewahrt werden müssen. Bei fehlerhaften oder unvollständigen Angaben droht der Widerruf des Grundrentenzuschlags sowie die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Leistungen, gestützt durch §§ 45 ff. SGB X.

Wie erfolgt das rechtliche Verfahren im Falle eines Widerspruchs gegen eine ablehnende Entscheidung zur Grundrente?

Im Falle einer Ablehnung des Antrags auf Grundrente durch die Deutsche Rentenversicherung kann der betroffene Antragsteller gemäß § 84 SGG (Sozialgerichtsgesetz) innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich Widerspruch einlegen. Die Rentenversicherung prüft daraufhin den Sachverhalt erneut im Rahmen des Widerspruchsverfahrens. Wird auch hier kein stattgebender Bescheid erlassen, besteht die Möglichkeit, innerhalb eines weiteren Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides Klage beim Sozialgericht zu erheben. Während des gesamten Verfahrens gelten die allgemeinverwaltungsrechtlichen Grundsätze nach SGB X und XI, insbesondere die Amtsermittlungspflicht (§ 20 SGB X) und der Grundsatz der rechtlichen Gehörs (§ 24 SGB X).

Welche Bedeutung hat die Mitwirkungspflicht nach dem SGB I im Zusammenhang mit dem Bezug der Grundrente?

Die Mitwirkungspflicht als rechtliche Obliegenheit ist im SGB I (§§ 60 ff.) geregelt und verpflichtet den Antragsteller, bei der Feststellung seines Grundrentenanspruchs aktiv mitzuwirken. Konkret bedeutet dies, dass der Antragsteller alle für die Prüfung relevanten Tatsachen offenlegen und gegebenenfalls entsprechende Nachweise beibringen muss – darunter auch Informationen über Einkommen und zu berücksichtigende Zeiten. Wird dieser Mitwirkungspflicht nicht oder nicht ausreichend nachgekommen, kann der Antrag auf Grundlage von § 66 SGB I abgelehnt oder der Grundrentenzuschlag entzogen werden.

Welche rechtlichen Regelungen gelten bei zu Unrecht bezogenen Grundrenten-Leistungen?

Wird nachträglich festgestellt, dass die Bewilligung des Grundrentenzuschlags auf falschen Angaben, unvollständigen Auskünften oder sonstigem Fehlverhalten des Antragstellers beruht, hat die Rentenversicherung nach § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts) die Möglichkeit, die Bewilligung zurückzunehmen. Zusätzlich ergeht gestützt auf § 50 SGB X ein Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Leistungen. Besteht der Verdacht auf vorsätzlichen Betrug, kann zudem ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren nach § 263 StGB eingeleitet werden.

Wie wird die Grundrente rechtlich im Verhältnis zur Grundsicherung im Alter behandelt?

Grundrente und Grundsicherung im Alter sind zwei eigenständige sozialrechtliche Leistungen. Während die Grundrente ein rentenrechtlicher Zuschlag zur gesetzlichen Altersrente ist, dient die Grundsicherung im Alter (SGB XII) der Sicherung des Existenzminimums bei unzureichendem eigenem Einkommen. Im rechtlichen Kontext ist entscheidend, dass der Zuschlag durch die Grundrente nicht auf die Leistungen der Grundsicherung angerechnet wird (§ 82 Abs. 4 SGB XII). Das bedeutet, auch Bezieher von Grundsicherung können zusätzlich von der Grundrente profitieren, sofern ein entsprechender Rentenanspruch besteht. Dennoch müssen bei einem Antrag auf Grundsicherung alle Einkünfte, einschließlich des Grundrentenzuschlags, angegeben werden.