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Grundkapital


Begriff und rechtliche Grundlagen des Grundkapitals

Das Grundkapital ist ein zentrales Element des Kapitalgesellschaftsrechts im deutschsprachigen Raum, insbesondere im Kontext der Aktiengesellschaft (AG) sowie der Europäischen Gesellschaft (SE). Es handelt sich um das in der Satzung (Statuten) einer Gesellschaft festgelegte Kapital, das durch die Ausgabe von Aktien bei der Gründung oder bei Kapitalerhöhungen aufgebracht und dauerhaft erhalten werden soll. Das Grundkapital dient dem Gläubigerschutz und bildet die Grundlage für die Beteiligung der Aktionäre an der Gesellschaft sowie deren Rechte.


Rechtlicher Rahmen des Grundkapitals

Gesetzliche Verankerung

Das Grundkapital einer Aktiengesellschaft ist zwingend gesetzlich vorgeschrieben und in Deutschland im Aktiengesetz (AktG), in Österreich im Aktiengesetz (AktG) sowie in der Schweiz im Obligationenrecht (OR) detailliert geregelt. Die Errichtung, Erhaltung und Veränderung des Grundkapitals unterliegen strengen rechtlichen Vorgaben zum Schutz der Gläubiger und der Rechtssicherheit im Wirtschaftsverkehr.

Höhe und Festlegung

Das Grundkapital wird bei Gründung der Gesellschaft in der Satzung verbindlich festgelegt. Nach § 7 AktG (Deutschland) beträgt das Mindestgrundkapital einer Aktiengesellschaft 50.000 Euro. In Österreich liegt es ebenfalls bei 70.000 Euro (§ 6 AktG), wovon zumindest ein Viertel einzuzahlen ist. In der Schweiz regelt Art. 621 OR für die Aktiengesellschaft ein Mindestkapital von 100.000 CHF, wovon mindestens 20% und in jedem Fall 50.000 CHF einbezahlt werden müssen.

Die Erhöhung oder Herabsetzung des Grundkapitals erfordert einen satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung und die Eintragung in das Handelsregister (§§ 182 ff. AktG). Neben der ordentlichen Kapitalerhöhung kann das Grundkapital zur Durchführung strategischer Maßnahmen – wie Umstrukturierungen und Sanierungen – herabgesetzt werden.

Charakter und Funktion

Kapitalbindung und Schutz der Gläubiger

Das einmal festgelegte Grundkapital dient als Haftungsfonds der Gesellschaft gegenüber ihren Gläubigern. Es soll sicherstellen, dass ein gewisser Finanzierungsspielraum dauerhaft zur Verfügung steht und nicht ohne gesellschaftsrechtliche Formalitäten entzogen werden kann. Die Kapitalbindungsvorschriften verhindern, dass durch unangemessene Ausschüttungen an die Anteilseigner das haftende Vermögen unzulässig geschmälert wird.

Unterschied zum Eigenkapital

Das Grundkapital stellt einen Teil des Eigenkapitals der Gesellschaft dar und ist von eventuellen Rücklagen und Gewinnvorträgen abzugrenzen. Es bleibt wertmäßig während des Bestehens der Gesellschaft grundsätzlich unverändert, es sei denn, es wird durch Kapitalmaßnahmen erhöht oder herabgesetzt.


Zusammensetzung und Aktienstruktur

Aktien und Nennwert

Das Grundkapital ist bei der Aktiengesellschaft in Aktien zerlegt, denen jeweils ein bestimmter Nennwert zugeordnet ist. Alternativ kann es sich um Stückaktien handeln (§ 8 AktG), bei denen das Verhältnis zum Grundkapital durch die Anzahl der Aktien beschrieben wird. Die Summe der Nennbeträge aller ausgegebenen Aktien entspricht dem Grundkapital der Gesellschaft.

Veränderungen des Grundkapitals

Kapitalerhöhung

Eine Erhöhung des Grundkapitals ist durch Ausgabe neuer Aktien möglich. Zu unterscheiden sind:

  • Ordentliche Kapitalerhöhung (§§ 182 ff. AktG): Beschluss der Hauptversammlung, Eintragung und Durchführung;
  • Bedingte Kapitalerhöhung (§ 192 AktG): Nur unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. zur Bedienung von Wandel- oder Optionsrechten);
  • Genehmigtes Kapital (§ 202 AktG): Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats kann innerhalb bestimmter Zeitspanne das Grundkapital bis zu einem festgelegten Maximalbetrag erhöhen.

Kapitalherabsetzung

Die Herabsetzung des Grundkapitals kann zum Ausgleich von Verlusten, zur Rückzahlung von Kapitalanteilen oder zur Befreiung der Anteilseigner von weiteren Einzahlungen erfolgen (§§ 222 ff. AktG). Sie erfordert einen Beschluss der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit und ist an strenge Publikations- und Gläubigerschutzvorschriften geknüpft.


Bedeutung des Grundkapitals beim Gläubigerschutz

Funktion als Haftungsbasis

Das Grundkapital bildet die haftende Summe gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Im Insolvenzverfahren ist es maßgebliche Bezugsgröße für die Feststellung der Überschuldung (§ 19 InsO). Eine Auszahlung des Grundkapitals an die Aktionäre (Kapitalrückzahlung außerhalb geregelter Kapitalherabsetzungen) ist gesetzlich unzulässig, um die Substanz des Unternehmens zu sichern.

Kapitalerhaltungsvorschriften

Um die Integrität des Grundkapitals zu gewährleisten, regeln §§ 57 ff. AktG, dass Zuwendungen an die Aktionäre grundsätzlich verboten sind, soweit sie das Grundkapital betreffen. Nur etwaige Gewinne können als Dividende ausgeschüttet werden, nicht jedoch Kapitalanteile oder Rücklagen, die dem Grundkapital gleichgestellt sind.


Offenlegung und Eintragung

Handelsregister

Das Grundkapital und jede Änderung desselben erfordern zwingend die Eintragung in das Handelsregister (§ 7 AktG, § 6 AktG Ö, Art. 643 OR). Nur durch die Eintragung entfaltet die Veränderung rechtliche Wirkung gegenüber Dritten.

Publizität und Transparenz

Die Angaben zum Grundkapital müssen in sämtlichen Satzungsunterlagen, im Geschäftsbericht und auf Geschäftsbriefen der Gesellschaft klar benannt werden (§ 80 AktG). Diese Publizität gewährleistet Transparenz für Aktionäre, Gläubiger und Geschäftspartner.


Rechtliche Besonderheiten im europäischen Kontext

Grundkapital bei der Europäischen Gesellschaft (SE)

Auch für die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) ist ein Mindestgrundkapital vorgeschrieben; es beträgt nach der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 mindestens 120.000 Euro. Die Vorschriften zur Kapitalerhaltung und den möglichen Veränderungen lehnen sich an das deutsche und europäische Aktienrecht an und stellen eine vergleichbare Sicherungsfunktion bereit.

Grundkapital bei anderen Kapitalgesellschaften

Im Unterschied zur Aktiengesellschaft existiert bei anderen Gesellschaftsformen, etwa der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), das Stammkapital als Pendant zum Grundkapital. Gleichwohl unterscheiden sich Anzahl, Ausgestaltung und Funktion der Kapitalanteile in bedeutenden rechtlichen Aspekten.


Fazit: Rechtliche Bedeutung und wirtschaftliche Funktion des Grundkapitals

Das Grundkapital stellt einen zentralen, von der Satzung festgelegten und besonders geschützten Bestandteil des Eigenkapitals einer Aktiengesellschaft dar. Die gesetzlichen Vorschriften über die Errichtung, Veränderung und Erhaltung sichern den Gläubigerschutz und gewährleisten die Rechtssicherheit im Gesellschaftsrecht. Angesichts seiner Funktion als Haftungsbasis und Ordnungsrahmen für Kapitalmaßnahmen ist das Grundkapital von fundamentaler Bedeutung für Bestands- und Funktionsfähigkeit jeder Aktiengesellschaft im deutschen, österreichischen sowie im europäischen Rechtsraum.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Mindestsumme des Grundkapitals bei einer Aktiengesellschaft?

Die rechtlichen Anforderungen an das Grundkapital einer Aktiengesellschaft (AG) ergeben sich aus dem Aktiengesetz (AktG). Nach § 7 AktG muss das Grundkapital mindestens 50.000 Euro betragen. Diese Summe stellt die gesetzliche Untergrenze dar und darf bei der Gründung der Gesellschaft nicht unterschritten werden. Zudem muss das Grundkapital in der Satzung der Gesellschaft ausdrücklich festgelegt werden. Jede Erhöhung oder Herabsetzung des Grundkapitals bedarf eines satzungsändernden Beschlusses der Hauptversammlung sowie einer Eintragung ins Handelsregister. Das Grundkapital dient sowohl dem Gläubigerschutz als auch der Festlegung der finanziellen Basis der Gesellschaft. Besonderheiten ergeben sich zudem bei der Einlage: Grundsätzlich können Sacheinlagen nur dann eingebracht werden, wenn sie in der Satzung genau beschrieben werden und ein Sachgründungsbericht sowie eine Bewertung durch einen Wirtschaftsprüfer vorliegt. Die Einhaltung der Mindestkapitalanforderung wird vom Registergericht vor Eintragung der Gesellschaft geprüft.

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Erhöhung des Grundkapitals?

Die Erhöhung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft ist in den §§ 182 ff. AktG detailliert geregelt. Eine Kapitalerhöhung kann entweder durch Ausgabe neuer Aktien (ordentliche Kapitalerhöhung), durch Ausgabe neuer Aktien gegen Sacheinlagen (Sacheinlagekapitalerhöhung) oder aus Gesellschaftsmitteln (Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, § 207 AktG) erfolgen. Voraussetzung ist grundsätzlich ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§ 182 Abs. 1 AktG). Zudem muss die Kapitalerhöhung notariell beurkundet und ins Handelsregister eingetragen werden, um wirksam zu sein. Dem Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre (§ 186 AktG) kommt hierbei ebenfalls eine zentrale Bedeutung zu, da es vor Verwässerung schützen soll. Schließlich sind bei einer Sacheinlage die einzubringenden Werte genau zu beziffern und zu überprüfen.

Welche Einschränkungen bestehen für die Verwendung des Grundkapitals?

Das Grundkapital einer AG stellt eine feste Eigenkapitalposition dar, die laut Gesetz nicht an die Aktionäre ausgeschüttet oder für gewöhnliche Ausgaben verwendet werden darf. Ausschüttungen sind ausschließlichen aus dem Bilanzgewinn möglich (§ 57 AktG). Das Grundkapital dient Gläubigerschutzinteressen, da es den Gläubigern als Mindestgarantie dient. Insbesondere verbietet § 57 Abs. 1 AktG die Rückgewähr von Einlagen an Aktionäre aus dem Grundkapital, mit Ausnahme gesetzlich geregelter Fälle, wie zum Beispiel der ordnungsgemäßen Kapitalherabsetzung. Aus diesem Grund ist auch bei Dividendenzahlungen darauf zu achten, dass sie nicht das Grundkapital berühren. Ebenso dürfen Rücklagen oder Sonderposten nicht ohne Weiteres an Aktionäre ausgekehrt werden, wenn dadurch das Grundkapital unterschritten würde.

Welche Voraussetzungen gelten für die Kapitalherabsetzung?

Die Kapitalherabsetzung ist in den §§ 222-240 AktG geregelt und erlaubt unter engen Voraussetzungen eine Verringerung des Grundkapitals. Sie kann aus verschiedenen Gründen erfolgen, etwa um Verluste auszugleichen (verdeckte Kapitalherabsetzung) oder um nicht mehr benötigtes Kapital an die Aktionäre zurückzuzahlen (ordentliche Kapitalherabsetzung). Dies setzt grundsätzlich einen Beschluss der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit voraus. Darüber hinaus müssen die Gläubiger der Gesellschaft durch öffentliche Bekanntmachung über das Vorhaben informiert und ihnen eine Sicherheitsleistung angeboten werden (§ 232 AktG). Die Kapitalherabsetzung wird erst mit Eintragung ins Handelsregister wirksam. Zugleich hat die Gesellschaft nach erfolgter Herabsetzung zu versichern, dass alle Gläubiger befriedigt beziehungsweise gesichert wurden. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen wird vom Registergericht überprüft.

Welche Rolle spielt das Grundkapital im Zusammenhang mit dem Gläubigerschutz?

Das Grundkapital dient im deutschen Aktienrecht als zentrale Haftungsmasse für die Gesellschaftsgläubiger. Es stellt eine Mindestabsicherung dar, damit Gläubiger im Falle einer Insolvenz wenigstens eine gewisse Deckung ihrer Forderungen erwarten können. Dieses Prinzip ist eng mit der sogenannten Kapitalbindung verknüpft: Einlagen auf das Grundkapital dürfen grundsätzlich nicht wieder an die Aktionäre ausgezahlt werden (§ 57 AktG). Zudem setzt das Aktiengesetz vor jeder Auszahlung beispielsweise von Dividenden voraus, dass das Grundkapital unangetastet bleibt (§ 150 AktG). Kapitalherabsetzungen und Rückzahlungen werden deshalb nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen und mit besonderem Gläubigerschutz gestattet. Dieser Schutz wird zudem regelmäßig durch die Prüfpflicht des Registergerichts bei Maßnahmen am Grundkapital und durch die Anforderungen an Jahresabschlüsse umgesetzt.

Wie wird das Grundkapital bei der Gründung einer Aktiengesellschaft rechtlich behandelt?

Bei der Gründung einer Aktiengesellschaft muss das in der Satzung festgelegte Grundkapital von mindestens 50.000 Euro vollständig gezeichnet werden (§ 36 AktG). Die Einlagenpflicht besteht bereits bei Gründung und muss im Gründungsbericht belegt werden. Mindestens ein Viertel des Ausgabebetrags jeder Aktie sowie der volle Betrag von etwaigen über den Nennwert hinausgehenden Beträgen (Agio) sind vor der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister einzuzahlen (§ 36a AktG). Sacheinlagen sind genau zu beziffern und durch ein Bewertungsgutachten zu belegen (§ 36 Abs. 2 AktG). Die Einhaltung der Einzahlungsvorschriften überwacht das Registergericht; erst nach dessen Prüfung erfolgt die Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister, womit die AG rechtlich wirksam entsteht.

Welche Angaben zum Grundkapital müssen im Handelsregister veröffentlicht werden?

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 4 AktG ist das Grundkapital bei Anmeldung der Aktiengesellschaft zwingend zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Darüber hinaus sind Kapitalerhöhungen oder -herabsetzungen, nicht jedoch darauf folgende Einzahlungen oder sonstige Veränderungen, ebenfalls im Handelsregister zu verlautbaren. Das Handelsregister enthält auch Angaben über die Art und den Umfang der ausgegebenen Aktien, deren Nennbetrag sowie etwaige bestehende Genehmigungen zur Erhöhung des Grundkapitals (genehmigtes Kapital) oder ein bedingtes Kapital. Dadurch wird die Transparenz für Gläubiger, Aktionäre und sonstige interessierte Dritte gewährleistet, damit diese sich jederzeit über die Eigenkapitalstruktur der Gesellschaft informieren können.