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Grundgesetz (GG)

Begriff und Stellung des Grundgesetzes (GG)

Das Grundgesetz ist die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Es legt die grundlegende Ordnung des Staates fest, bestimmt die Verteilung staatlicher Macht und garantiert elementare Freiheits- und Gleichheitsrechte. Als höchste innerstaatliche Norm bindet es alle staatlichen Stellen und ist Maßstab für das gesamte Recht in Deutschland. Seine Funktionen reichen von der Festlegung der Staatsform und der Organisation der Verfassungsorgane über die Regelung der Gesetzgebung und der Beziehungen zwischen Bund und Ländern bis hin zum Schutz der Würde und Freiheit des Menschen.

Entstehung und Entwicklung

Das Grundgesetz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Antwort auf die Erfahrungen mit Diktatur und staatlicher Willkür geschaffen. Es war zunächst als Übergangsordnung angelegt und entwickelte sich mit der staatlichen Einigung Deutschlands zur dauerhaft geltenden Verfassung. Seit seinem Inkrafttreten wurde es mehrfach angepasst, um gesellschaftliche, technische und europäische Entwicklungen einzubeziehen. Seine Prägung durch die Idee einer wertgebundenen, freiheitlichen und sozialen Ordnung wirkt fort.

Aufbau und Systematik

Gliederung

Das Grundgesetz beginnt mit einer Selbstvergewisserung über die Wertebasis des Gemeinwesens. Es stellt die Grundrechte an den Anfang und ordnet ihnen eine herausgehobene Stellung zu. Es folgen Bestimmungen zur Staatsorganisation, insbesondere zu Parlament, Regierung, Bundesrat, Staatsoberhaupt und dem Gericht, das über die Vereinbarkeit von Recht und Verfassung wacht. Weitere Teile regeln die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, das Finanzwesen, die Gesetzgebung, die Verwaltung, das gerichtliche System sowie besondere Lagen wie Verteidigungs- und Katastrophenfälle.

Normcharakter

Das Grundgesetz enthält unmittelbar geltende Rechte und institutionelle Sicherungen. Neben klaren Geboten und Verboten enthält es Leitentscheidungen, die die gesamte Rechtsordnung prägen, etwa zur Freiheitssicherung, zur Bindung staatlichen Handelns an Recht und Gerechtigkeit sowie zur Solidarität in der föderalen Ordnung.

Grundprinzipien

Menschenwürde und Freiheitsordnung

Die Würde jedes Menschen ist unantastbar und bildet die tragende Grundlage der gesamten Verfassungsordnung. Daran knüpft eine freiheitliche Grundordnung an, die individuelle Selbstbestimmung schützen und staatliche Eingriffe begrenzen soll.

Demokratie und Rechtsstaat

Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus. Sie wird in Wahlen und Abstimmungen sowie durch besondere Organe ausgeübt. Der Rechtsstaat bindet staatliches Handeln an Gesetz und Gerechtigkeit, gewährleistet effektiven Rechtsschutz und stellt die Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen sicher.

Sozialstaat

Das Gemeinwesen hat eine soziale Verantwortung. Die Ordnung soll soziale Teilhabe ermöglichen und Ungleichgewichte ausgleichen, ohne die Freiheit des Einzelnen übermäßig zu beschränken.

Föderalismus

Deutschland ist ein Bundesstaat. Länder besitzen eigene Verfassungen, Parlamente, Regierungen und Gerichte. Der Bund und die Länder teilen sich die Aufgaben und kooperieren, insbesondere über den Bundesrat, in Gesetzgebung und Verwaltung.

Gewaltenteilung

Legislative, Exekutive und Judikative sind funktional getrennt, kontrollieren und begrenzen einander. Diese Ordnung soll Machtkonzentration verhindern und Freiheit sichern.

Grundrechte

Schutzbereich und Bedeutung

Die Grundrechte sichern Freiheit, Gleichheit und Teilhabe. Sie wirken als Abwehrrechte gegenüber dem Staat und setzen ihm Grenzen. Zugleich entfalten sie eine Leitfunktion für die gesamte Rechtsordnung und prägen die Auslegung einfacher Gesetze.

Freiheits- und Gleichheitsrechte

Geschützt sind insbesondere Persönlichkeitsentfaltung, Glauben und Weltanschauung, Meinungsäußerung, Versammlung, Vereinigungen, Eigentum, Berufsausübung, Familie und die Unverletzlichkeit der Wohnung. Gleichheitsrechte gewährleisten die Gleichbehandlung und schützen vor willkürlicher Ungleichbehandlung.

Bindung der öffentlichen Gewalt

Alle staatlichen Ebenen und ihre Träger sind an die Grundrechte gebunden. Einschränkungen sind nur auf gesetzlicher Grundlage, zu legitimen Zielen und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig. Wesentliche Entscheidungen, die Grundrechte berühren, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage von hinreichender Bestimmtheit.

Schutzpflichten und Wirkung zwischen Privaten

Der Staat hat die Aufgabe, Grundrechte nicht nur zu achten, sondern sie auch wirksam zu schützen. Grundrechte beeinflussen zudem Rechtsbeziehungen zwischen Privaten, indem sie bei der Auslegung und Anwendung des Zivilrechts berücksichtigt werden.

Staatsorganisation

Verfassungsorgane des Bundes

Das Parlament beschließt Gesetze und kontrolliert die Regierung. Der Bundesrat vertritt die Länder. Die Bundesregierung leitet die Politik und die Verwaltung des Bundes. Das Staatsoberhaupt nimmt repräsentative Aufgaben wahr und hat bestimmte Mitwirkungsrechte. Das höchste Gericht wahrt die Verfassung und entscheidet über Verfassungsstreitigkeiten.

Kontrolle und Verantwortlichkeit

Die Organe kontrollieren einander: parlamentarische Kontrolle der Regierung, richterliche Kontrolle staatlichen Handelns, Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung. Diese Verschränkung dient der Machtbegrenzung und Funktionsfähigkeit der Staatsordnung.

Kommunale Ebene

Gemeinden und Kreise haben das Recht auf Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. Sie regeln wesentliche Angelegenheiten vor Ort eigenverantwortlich.

Gesetzgebung und Normenhierarchie

Zuständigkeiten

Bund und Länder teilen sich Gesetzgebungskompetenzen. Der Bund regelt zentral bedeutsame Materien, die Länder sind in ihrem Bereich eigenständig. Es existieren Bereiche, in denen der Bund Rahmenvorgaben setzen kann und Bereiche, in denen die Länder den Vorrang haben.

Verfahren

Ein Gesetz durchläuft Entwurf, parlamentarische Beratung und Beschluss. In vielen Fällen wirkt der Bundesrat mit. Nach Ausfertigung und Verkündung tritt das Gesetz in Kraft. Verordnungen und Satzungen werden auf Grundlage gesetzlicher Ermächtigungen erlassen.

Rangordnung der Normen

Das Grundgesetz steht an der Spitze. Darunter folgen Bundesgesetze, Landesverfassungen im Rahmen des Bundesrechts, Landesgesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen und Verwaltungsakte. Niederrangiges Recht darf höherrangigem Recht nicht widersprechen.

Föderalismus im Detail

Mitwirkung der Länder

Die Länder wirken über den Bundesrat an der Bundesgesetzgebung mit. Sie vollziehen einen Großteil der Bundesgesetze in eigener Verwaltung. Finanzielle Beziehungen werden im Rahmen eines geordneten Ausgleichssystems gestaltet.

Kooperation und Eigenverantwortung

Föderalismus verbindet Wettbewerb um gute Lösungen mit solidarischer Zusammenarbeit. Gemeinsame Aufgaben werden koordiniert, ohne die Eigenständigkeit der Länder aufzugeben.

Verfassungsänderung und Ewigkeitsgarantie

Änderbarkeit

Das Grundgesetz kann geändert werden, jedoch nur mit besonders hohen politischen Mehrheiten und unter Beachtung formeller und materieller Grenzen. Änderungen müssen ausdrücklich erfolgen und den Kernbestand der Verfassung respektieren.

Ewigkeitsgarantie

Bestimmte Grundentscheidungen sind unabänderlich. Dazu zählen die Bindung an die Würde des Menschen, die Gliederung in Länder, die Mitwirkung der Länder, die Grundsätze von Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat sowie die Grundrechte in ihrem Wesensgehalt. Dieser Kern schützt die Identität der Verfassung dauerhaft.

Verhältnis zu internationalem und europäischem Recht

Offenheit und Einbindung

Das Grundgesetz ist offenen für internationale Zusammenarbeit. Völkerrechtliche Regeln werden berücksichtigt. Deutschland ist Teil der europäischen Rechtsgemeinschaft; das Unionsrecht beansprucht im Anwendungsbereich Geltungsvorrang. Zugleich achtet das Grundgesetz auf die Wahrung der verfassungsrechtlichen Identität und der Grundrechtsstandards.

Spannungsfelder

In der Praxis kann es zu Abgrenzungsfragen zwischen nationalem Verfassungsrecht, Unionsrecht und Völkerrecht kommen. Diese werden im Dialog der Gerichte und Institutionen bearbeitet.

Verfassungswirklichkeit und Kontrolle

Verfassungsgerichtsbarkeit

Ein oberstes Gericht prüft Gesetze und staatliches Handeln am Maßstab des Grundgesetzes. Es entscheidet über Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen, zwischen Bund und Ländern sowie über Verfahren, in denen Einzelne die Verletzung grundrechtlicher Positionen rügen. Seine Entscheidungen prägen das Verfassungsleben und sichern die Einheit der Verfassung.

Durchsetzung der Grundrechte

Grundrechte sind einklagbar. Gerichte überprüfen, ob staatliches Handeln rechtmäßig und verhältnismäßig ist. Verwaltung und Gesetzgeber sind verpflichtet, die Vorgaben des Grundgesetzes zu beachten und umzusetzen.

Bedeutung im Alltag und Symbolik

Das Grundgesetz wirkt in viele Lebensbereiche: Schule, Beruf, Medien, Familie, Eigentum, öffentliche Sicherheit und politische Teilhabe. Es ist Leitbild politischer Kultur, Gegenstand der staatsbürgerlichen Bildung und Bezugspunkt öffentlicher Debatten. Staatliche Amtsträger verpflichten sich, seine Ordnung zu wahren.

Abgrenzungen und Begriffe

Grundgesetz und einfaches Recht

Das Grundgesetz steht über einfachen Gesetzen und Verordnungen. Es bindet den Gesetzgeber und schützt vor Mehrheitsentscheidungen, die zentrale Freiheits- und Gleichheitsgarantien beeinträchtigen würden.

Begriffsgebrauch

Die Abkürzung „GG“ steht für Grundgesetz. Es wird häufig als Synonym für Verfassung verwendet, bezeichnet aber historisch den besonderen Entstehungskontext und die bewusste Betonung des provisorischen Charakters in der Anfangsphase.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist das Grundgesetz (GG)?

Das Grundgesetz ist die Verfassung Deutschlands. Es regelt die staatliche Ordnung, schützt Grundrechte und legt fest, wie Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zusammenspielen. Als höchste Norm bindet es alle staatlichen Ebenen.

Warum heißt es Grundgesetz und nicht Verfassung?

Die Bezeichnung spiegelt den historischen Entstehungskontext wider. Ursprünglich war eine Übergangsordnung beabsichtigt. Mit der staatlichen Einheit wurde das Grundgesetz zur dauerhaft geltenden Verfassung, ohne dass der Name geändert wurde.

Welche Rechte garantiert das Grundgesetz?

Es gewährleistet grundlegende Freiheits- und Gleichheitsrechte, etwa den Schutz der Persönlichkeit, der Meinung, der Religion, der Versammlung, des Eigentums und der Familie sowie die Gleichbehandlung. Diese Rechte binden den Staat und prägen die gesamte Rechtsordnung.

Wie wird das Grundgesetz geändert?

Änderungen sind nur mit besonders hohen politischen Mehrheiten möglich. Sie müssen formal als Verfassungsänderungen beschlossen und veröffentlicht werden. Der unantastbare Kern der Verfassung darf dabei nicht verändert werden.

Welche Rolle hat das Bundesverfassungsgericht?

Es wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Es kann Gesetze für unvereinbar erklären, staatliche Maßnahmen überprüfen und Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen sowie zwischen Bund und Ländern entscheiden. Einzelne können in einem besonderen Verfahren die Verletzung grundrechtlicher Positionen rügen.

Wie wirkt das Grundgesetz in den Ländern?

Die Länder besitzen eigene Verfassungen und Gesetze, die mit dem Grundgesetz vereinbar sein müssen. Über den Bundesrat wirken die Länder an der Bundesgesetzgebung mit und vollziehen vielfach Bundesrecht in eigener Verantwortung.

Welches Verhältnis besteht zwischen Grundgesetz und EU-Recht?

Das Unionsrecht beansprucht im Anwendungsbereich Geltungsvorrang. Das Grundgesetz ist europarechtsfreundlich, achtet aber auf die Wahrung der verfassungsrechtlichen Identität und der Grundrechtsstandards. Abgrenzungsfragen werden in einem rechtlichen Dialog geklärt.

Was bedeutet die Ewigkeitsgarantie?

Sie schützt den Kernbestand der Verfassung vor Änderungen. Unantastbar sind insbesondere die Menschenwürde, die Grundprinzipien von Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat, die föderale Ordnung und die Mitwirkung der Länder sowie der Wesensgehalt der Grundrechte.