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Grunderwerbsteuer (GrESt)


Begriff und Rechtsgrundlagen der Grunderwerbsteuer (GrESt)

Die Grunderwerbsteuer (GrESt) ist eine Verkehrsteuer, die in Deutschland bei dem Erwerb von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten anfällt. Ihre rechtliche Grundlage findet die Grunderwerbsteuer im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), das die Erhebung, Bemessung und Ausgestaltung dieser Steuer abschließend regelt. Die Steuer wird von den Ländern erhoben und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Bundesländer.

Steuergegenstand und Erwerbsvorgänge

Erwerbstatbestand

Die Grunderwerbsteuer knüpft an den Erwerb eines inländischen Grundstücks an. Erfasst werden insbesondere Rechtsvorgänge, durch die ein Grundstück oder ein grundstücksgleiches Recht auf eine andere Person übertragen wird. Hierzu zählen insbesondere Kaufverträge (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), Tauschverträge, bestimmte Rechtsgeschäfte im Rahmen von Zwangsversteigerungen und Erwerbsübertragungen im Wege der Erbauseinandersetzung.

Rechtsauslösende Vorgänge

Neben dem klassischen Grundstückskaufvertrag können auch zahlreiche weitere Vorgänge zur Entstehung der Grunderwerbsteuer führen, darunter:

  • Erwerb von Anteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften (Share Deals), insbesondere wenn durch die Übertragung mindestens 90 % der Anteile an einer Gesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen (§ 1 Abs. 2a, 2b GrEStG).
  • Rechtsgeschäfte, die einer Eigentumsübertragung wirtschaftlich gleichkommen.
  • Einbringung von Grundstücken in eine Gesellschaft im Rahmen gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen.

Die Steuerpflicht entsteht bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über den Grundstückserwerb, sofern das Erfordernis der notariellen Beurkundung erfüllt wurde.

Steuerpflicht und Steuerschuldner

Schuldner der Grunderwerbsteuer

Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer sind gemäß § 13 GrEStG grundsätzlich sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer eines Grundstücks, wobei in der Praxis oftmals der Erwerber die Steuer trägt. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen haften unter Umständen auch die Gesellschaft selbst sowie deren Gesellschafter.

Steuerpflichtige Vorgänge und Ausnahmen

Nicht jeder Erwerbsvorgang unterliegt der Grunderwerbsteuer. Ausgenommen sind unter anderem:

  • Erwerbe durch Erbfolge (§ 3 Nr. 1 GrEStG)
  • Grundstücksübertragungen unter Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern (§ 3 Nr. 4 GrEStG)
  • Erwerbsvorgänge zwischen Unternehmen, die zu einem Unternehmen gehören (Konzernprivileg, § 6a GrEStG)
  • Vorgänge, bei denen der Gegenwert weniger als 2.500 EUR beträgt (§ 3 Nr. 1 Satz 1 GrEStG).

Bemessungsgrundlage und Steuersätze

Ermittlung der Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist in der Regel der Wert der Gegenleistung, meist der Kaufpreis (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Bei Tauschverträgen ist dies der Wert des jeweils hingegebenen Grundstücks oder Rechts. Bei Erwerbsvorgängen ohne vereinbarte Gegenleistung wird der Grundstückswert herangezogen, zum Beispiel der sogenannte Grundbesitzwert nach Bewertungsgesetz.

Steuersätze und regionale Unterschiede

Die Steuerhöhe richtet sich nach der Bemessungsgrundlage und dem in den einzelnen Bundesländern festgelegten Steuersatz. Dieser Steuersatz variiert bundesweit zwischen 3,5 % und 6,5 % des Kaufpreises (Stand 2024):

  • Thüringen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Saarland: 6,5 %
  • Hessen: 6 %
  • Baden-Württemberg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt: 5 %
  • Bayern, Sachsen: 3,5 %

Die landesrechtlichen Unterschiede machen die Grunderwerbsteuer zu einer bedeutenden steuerlichen Einflussgröße beim Immobilienerwerb.

Steuererhebung und Verfahrensablauf

Anzeige- und Mitwirkungspflichten

Die Vertragspartner (insbesondere der Notar) sind verpflichtet, den Grundstückserwerb unverzüglich dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen (§ 18 GrEStG). Mit der Anzeige werden die notwendigen Informationen für die Steuerfestsetzung übermittelt.

Festsetzung und Erhebung

Nach Eingang der Anzeige ergeht ein Steuerbescheid. Die Grunderwerbsteuer wird in der Regel einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides fällig. Erst nach vollständiger Zahlung der Grunderwerbsteuer erteilt das Finanzamt die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung, die zur Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch notwendig ist (§ 22 GrEStG).

Haftung bei Nichterfüllung

Wird die Grunderwerbsteuer nicht entrichtet, besteht eine gesamtschuldnerische Haftung beider Parteien. Die Grundbuchämter dürfen ohne Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung keine Umschreibung des Eigentums vornehmen.

Steuerliche Besonderheiten und Gestaltungsmöglichkeiten

Share Deals und gesellschaftsrechtliche Erwerbsvorgänge

Die Übertragung von Anteilen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften wird seit den Änderungen des GrEStG in den Jahren 2021 und 2024 verstärkt erfasst. Share Deals unterliegen der Grunderwerbsteuer, wenn mindestens 90 % der Anteile innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen oder mindestens 90 % der Beteiligung vereint werden (§ 1 Abs. 2a, 2b GrEStG).

Steuervergünstigungen und Befreiungstatbestände

Neben den gesetzlichen Ausnahmen sieht das GrEStG Vergünstigungen in bestimmten Fällen vor:

  • Einbringung von Grundstücken in Familiengesellschaften
  • Grundstücksübertragungen zur Kapitalerhöhung einer Gesellschaft
  • Bestimmte Umwandlungsvorgänge nach UmwG (z.B. Verschmelzungen, Spaltungen), sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind

Rückgängigmachung von Erwerbsvorgängen

Wird ein Erwerbsvorgang rückgängig gemacht, besteht gemäß § 16 GrEStG unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung oder Erstattung der bereits gezahlten Steuer. Voraussetzungen sind insbesondere die Rückabwicklung innerhalb von zwei Jahren nach Erwerb und der Nachweis der Auflösung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts (z. B. Rücktritt).

Grunderwerbsteuer im internationalen Kontext und EU-Rechtsrahmen

Die Grunderwerbsteuer ist in fast allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union etabliert, doch sind Höhe, Bemessungsgrundlagen und Ausnahmen oftmals unterschiedlich geregelt. Die Steuer gilt grundsätzlich nur für Erwerbsvorgänge bezüglich inländischer Grundstücke.

Einige Besonderheiten und Einschränkungen ergeben sich aus dem Europarecht, insbesondere im Hinblick auf grenzüberschreitende Transaktionen und die Kapitalverkehrsfreiheit.

Bedeutung der Grunderwerbsteuer für die Praxis

Die Grunderwerbsteuer stellt für private wie auch institutionelle Erwerber eine bedeutende Kostenposition beim Erwerb von Grundbesitz dar. Sie beeinflusst die Kalkulation beim Erwerb von Immobilien maßgeblich und ist insbesondere bei komplexen gesellschaftsrechtlichen Strukturen und immobilienbezogenen Unternehmensübernahmen von erheblicher Bedeutung.

Auch auf dem Wohnungsmarkt und bei der Förderung von Wohneigentum spielt die Grunderwerbsteuer als Kostenfaktor eine wichtige Rolle. Diskussionen über eine Reform und Senkung der Steuer sowie eine Entlastung für Eigennutzer sind fortlaufend Bestandteil der politischen Auseinandersetzung.

Literatur

  • Grunderwerbsteuergesetz in der jeweils geltenden Fassung
  • Anwendungserlasse der Finanzverwaltung zur GrESt
  • Kommentarliteratur zum Grunderwerbsteuergesetz

Hinweis: Der Text bietet eine umfassende Übersicht zur Grunderwerbsteuer, erhebt aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine individuelle Beratung.

Häufig gestellte Fragen

Wann entsteht die Grunderwerbsteuerpflicht bei einem Grundstückskaufvertrag?

Die Grunderwerbsteuerpflicht entsteht grundsätzlich mit dem Abschluss eines Kaufvertrags oder eines anderen Rechtsgeschäfts, das auf die Übertragung eines inländischen Grundstücks gerichtet ist, gemäß § 38 Absatz 1 Satz 1 und § 14 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Sie ist also bereits bei der rechtswirksamen Unterzeichnung des Vertrages gegeben, unabhängig davon, ob die tatsächliche Eigentumsübertragung, beispielsweise die Eintragung im Grundbuch, später erfolgt. Entscheidend ist, dass der Vertrag zivilrechtlich verbindlich geschlossen wurde und kein Rücktrittsvorbehalt besteht. Die Steuerpflicht kann auch bereits durch einen bindenden Vorvertrag ausgelöst werden, wenn dieser die spätere Abwicklung des Eigentumserwerbs zwingend vorschreibt. Im Fall von Veräußerungen im Rahmen von Zwangsversteigerungen oder -verwaltungen entsteht die Steuerpflicht mit dem Zuschlag. Teilweise sind auch Rechtsgeschäfte mit aufschiebender Bedingung steuerpflichtig, sobald die Bedingung eintritt. Zu beachten ist, dass die eigentliche Steuerforderung erst nach Aufforderung durch das zuständige Finanzamt zu entrichten ist.

Wer ist Steuerschuldner der Grunderwerbsteuer und kann für die Zahlung in Anspruch genommen werden?

Nach § 13 GrEStG sind regelmäßig sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer eines Grundstücks Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer. Das bedeutet, dass das Finanzamt den Steuerbetrag von beiden Parteien einfordern kann, bis die Steuer vollständig beglichen ist – im Innenverhältnis wird jedoch in der Regel vertraglich festgelegt, dass der Käufer die Steuer zahlt. Es können auch weitere Personen Steuerschuldner sein, beispielsweise bei einer Übertragung im Gesellschaftsrecht (etwa Gesellschafter oder Gesellschaften bei Einbringungen oder Umwandlungen). Die inanspruchgenommene Person hat jedoch nach Zahlung einen Erstattungsanspruch gegen den anderen, sofern im Innenverhältnis eine abweichende Kostenaufteilung vereinbart wurde. Die amtliche Festsetzung erfolgt regelmäßig an den Erwerber als Hauptadressaten, aber rechtlich ist es dem Finanzamt erlaubt, beliebig unter den Gesamtschuldnern zu wählen.

Wie und innerhalb welcher Fristen muss die Grunderwerbsteuer angemeldet und bezahlt werden?

Gemäß § 18 GrEStG ist das notarielle Beurkundungsverfahren maßgeblich für die Anmeldung der Grunderwerbsteuer. Der Notar ist verpflichtet, den Erwerbsvorgang unverzüglich dem zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Im Anschluss stellt das Finanzamt einen Grunderwerbsteuerbescheid aus. Die darin festgesetzte Grunderwerbsteuer ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu zahlen (§ 15 GrEStG). Die Entrichtung der Steuer ist zwingende Voraussetzung für die Erteilung einer sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung, ohne die keine Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgen kann. Bei Nichteinhaltung der Frist entstehen Säumniszuschläge, außerdem kann der Grundbuchvollzug blockiert werden. Eine eigenständige Anmeldung durch die Parteien ist gesetzlich zwar möglich, kommt aber praktisch kaum vor, da der Notar stets beteiligt ist.

Unterliegen auch Grundstücksschenkungen der Grunderwerbsteuer?

Grundstücksschenkungen unterliegen grundsätzlich nicht der Grunderwerbsteuer, da sie unter die Ausnahmetatbestände des § 3 GrEStG fallen, insbesondere unter § 3 Nr. 2, wenn das Grundstück im Wege der Schenkung unter Lebenden oder im Wege der Erbfolge übertragen wird. In diesen Fällen wird stattdessen regelmäßig Schenkung- oder Erbschaftsteuer fällig, sofern die schenkungs- bzw. erbschaftsteuerlichen Freibeträge überschritten werden. Zu beachten ist, dass die GrESt-Befreiung auf reine unentgeltliche Zuwendungen begrenzt ist; bei gemischten Schenkungen (teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich) kann Grunderwerbsteuer auf den entgeltlichen Teil anfallen. Bei Schenkungen unter Ehegatten oder in gerader Linie finden zudem weitere Befreiungen Anwendung.

Gibt es Ausnahmen oder Befreiungstatbestände von der Grunderwerbsteuerpflicht?

Das Grunderwerbsteuergesetz enthält zahlreiche Ausnahmen, von denen die wichtigsten in § 3 und § 6 GrEStG geregelt sind. Dazu zählen neben Schenkungen und Erbfällen insbesondere Übertragungen zwischen Ehegatten und in gerader Linie verwandten Personen, sofern es sich um unentgeltliche Vorgänge handelt. Befreiungen gibt es auch bei bestimmten gesellschaftsrechtlichen Vorgängen, wie der Übertragung von Grundstücken im Rahmen von Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns, wenn die Voraussetzungen des § 6a GrEStG erfüllt sind. Ausgenommen sind ferner Grundstücksübertragungen zwischen Gesamthandsgemeinschaften und ihren Gesellschaftern sowie bestimmte Vorgänge im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft (§ 3 Nr. 1 GrEStG). Die jeweiligen Voraussetzungen sind jedoch eng auszulegen und stets im Einzelfall zu prüfen.

Was gilt bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen an grundbesitzenden Gesellschaften?

Die Grunderwerbsteuer kann auch ausgelöst werden, wenn keine unmittelbare Grundstücksübertragung erfolgt, sondern stattdessen Anteile an einer Gesellschaft, die Grundstücke besitzt (grundbesitzende Gesellschaft), übertragen werden. Nach § 1 Abs. 2a und 3 GrEStG wird die Steuer in der Regel dann ausgelöst, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer solchen Gesellschaft innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übertragen werden (sog. „Share Deals“). Hierdurch sollen Steuergestaltungen unterbunden werden, bei denen der Grundstücksbesitz formal über die Gesellschaft unangetastet bleibt, tatsächlich aber durch Anteilsübertragungen die wirtschaftliche Verfügung verändert wird. Besondere Regelungen gelten hierbei für Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, deren genaue steuerliche Behandlung von der Art und dem zeitlichen Ablauf der Anteilsübertragungen abhängt.

Kann die Grunderwerbsteuer rückwirkend aufgehoben oder erstattet werden?

Eine rückwirkende Aufhebung oder Erstattung der Grunderwerbsteuer ist nur unter bestimmten, eng umgrenzten Voraussetzungen möglich. Insbesondere sieht § 16 GrEStG vor, dass die Steuer aufgehoben oder erstattet wird, wenn das der Besteuerung zugrunde liegende Rechtsgeschäft innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht wird (zum Beispiel durch Rücktritt, Anfechtung oder Aufhebung des Kaufvertrags), sofern das Grundstück noch nicht auf den Erwerber umgeschrieben wurde. Die Aufhebung oder Erstattung erfolgt nur für den tatsächlich betroffenen Steuerteil. Ebenfalls kann bei gewissen Irrtumsfällen, bei Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts oder bei Steuerfestsetzung trotz Befreiungstatbestand eine Änderung des Steuerbescheids beantragt werden (§ 17 AO). Zu beachten ist aber, dass bei Vertragsanpassungen oder -aufhebungen, die lediglich steuerliche Gründe verfolgen oder missbräuchlich erfolgen, das Finanzamt eine Aufhebung verweigern kann.