Begriff und Einordnung der Gründungsgesellschaft
Als Gründungsgesellschaft wird die rechtliche und organisatorische Phase verstanden, in der eine künftige Gesellschaft entsteht, aber noch nicht endgültig in das Register eingetragen ist. Der Begriff umfasst unterschiedliche Stadien, in denen die Gründerinnen und Gründer bereits zusammenwirken, Vermögenswerte bündeln, Verträge vorbereiten oder schon am Markt auftreten. Die genaue rechtliche Einordnung hängt von der später angestrebten Rechtsform ab.
Was bedeutet Gründungsgesellschaft?
Die Gründungsgesellschaft beschreibt das Gebilde der Gründerinnen und Gründer, das zunächst als Zusammenschluss organisiert ist, um die spätere Gesellschaft zu errichten. Je nach Fortschritt der Gründung unterscheidet man vor allem zwischen dem frühesten Stadium (Vorgründung) und dem Zwischenstadium nach Beurkundung des Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung (Vorgesellschaft, häufig mit dem Zusatz „in Gründung“ oder „i.G.“).
Abgrenzung: Vorgründungsgesellschaft, Vorgesellschaft, eingetragene Gesellschaft
Die Vorgründungsgesellschaft besteht, bevor formale Gründungsschritte wie eine notarielle Beurkundung erfolgen. Nach Beurkundung und vor Registereintrag besteht die Vorgesellschaft (z. B. „GmbH i.G.“). Mit der Eintragung entsteht die endgültige Gesellschaft in der vorgesehenen Rechtsform; die Gründungsphase endet, und Rechte sowie Pflichten werden der eingetragenen Gesellschaft zugeordnet.
Rechtsnatur und Auftreten nach Gesellschaftsform
Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG) – Phasen und Besonderheiten
Vorgründungsgesellschaft
Vor Errichtungshandlungen treten die Gründerinnen und Gründer regelmäßig als Zusammenschluss auf, der wie eine einfache Personengesellschaft wirkt. In dieser Phase werden zumeist Verträge vorbereitet, Entwürfe abgestimmt und Pflichten untereinander verteilt. Nach außen sind die handelnden Personen in der Regel persönlich verantwortlich.
Vorgesellschaft/„i.G.“
Mit der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags entsteht bei Kapitalgesellschaften ein eigenständiges Gebilde, das in der Praxis als Vorgesellschaft bezeichnet wird. Es kann unter der vorgesehenen Firma mit dem Zusatz „in Gründung“ auftreten, Verträge schließen und Vermögen halten. Diese Vorgesellschaft dient ausschließlich dem Übergang zur eingetragenen Gesellschaft und ist in ihrem Zweck gebunden.
Übergang zur eingetragenen Gesellschaft
Mit der Eintragung in das Register wird die endgültige Gesellschaft Trägerin der bis dahin begründeten Rechte und Pflichten der Vorgesellschaft. Die Gründungsgesellschaft geht in der eingetragenen Einheit auf; bereits geschlossene Verträge werden grundsätzlich übernommen, soweit sie der Gründungssphäre zuzurechnen sind.
Personengesellschaften (GbR, OHG, KG)
Bei Personengesellschaften ergibt sich häufig kein eigenständiges Zwischenstadium wie bei Kapitalgesellschaften. Die Gründungsphase kann dennoch rechtlich bedeutsam sein, etwa bezüglich des gemeinsamen Auftretens, der Haftung für eingegangene Verpflichtungen und der Eintragungspflicht bei kaufmännischem Geschäftsbetrieb (z. B. OHG, KG). Das Auftreten ohne klare Kennzeichnung kann zu persönlicher Haftung der Beteiligten führen.
Vereine und Genossenschaften
Auch bei Vereinen und Genossenschaften existieren Gründungsphasen mit vorbereitenden Beschlüssen, Satzungsannahme und Registereintragung. In dieser Zeit stehen Vertretung, Auftreten im Geschäftsverkehr und Verantwortlichkeit der Gründungsmitglieder im Vordergrund.
Haftung und Verantwortung
Innen- und Außenhaftung der Vorgründungsgesellschaft
In der frühen Vorgründungsphase haften die Beteiligten grundsätzlich persönlich für Verpflichtungen, die sie gemeinsam eingehen. Im Innenverhältnis können Ausgleichs- und Aufwendungsregelungen vereinbart werden, was die persönliche Außenhaftung gegenüber Dritten jedoch nicht ohne Weiteres ausschließt.
Haftung in der Vorgesellschaft und Handelndenhaftung
Die Vorgesellschaft ist nach außen selbst Trägerin von Rechten und Pflichten. Wer allerdings vor der Eintragung im Namen der künftigen Gesellschaft handelt, kann neben der Vorgesellschaft persönlich als Handelnder haften. Diese persönliche Verantwortung betrifft insbesondere Verbindlichkeiten, die vor der Eintragung begründet wurden und eng mit dem Gründungsgeschehen zusammenhängen.
Kapitalerhaltung und Differenz-/Verlustdeckung
Bei Kapitalgesellschaften ist das zur Gründung eingesetzte Kapital während der Vorgesellschaft zweckgebunden. Es dient vorrangig der Ausstattung der künftigen Gesellschaft und darf nicht durch gründungsexterne Entnahmen aufgezehrt werden. Reicht das vorhandene Vermögen der Vorgesellschaft bei Eintragung nicht aus, um das zugesagte Kapital vollständig darzustellen, können besondere Ausgleichspflichten gegenüber der späteren Gesellschaft entstehen.
Firma, Auftritt im Geschäftsverkehr und Transparenz
Namenszusatz „in Gründung“/„i.G.“
Der Namenszusatz „in Gründung“ oder „i.G.“ macht den Übergangscharakter der Vorgesellschaft deutlich und dient der Transparenz gegenüber Geschäftspartnern. Dadurch wird erkennbar, dass die Eintragung noch nicht erfolgt ist und besondere Haftungsregeln gelten können.
Geschäftspapiere, Impressum und Registerbezug
Im Geschäftsverkehr wird erwartet, dass der Gründungsstatus klar erkennbar ist, insbesondere in Angeboten, E-Mails, Vertragsformularen und auf der Website. Sobald eine Registernummer vorliegt, wird diese üblicherweise angegeben. Vorher steht die kennzeichnende Firmierung mit Gründungszusatz im Vordergrund.
Verträge in der Gründungsphase
Vorverträge, Übernahme und Zuordnung
Verträge können bereits in der Gründungsphase geschlossen werden. Entscheidend ist, in wessen Namen gehandelt wird: im Namen der Vorgründungsgesellschaft, der Vorgesellschaft („i.G.“) oder persönlich. Nach Eintragung gehen regelmäßig die Rechtsbeziehungen der Vorgesellschaft auf die eingetragene Gesellschaft über. Verpflichtungen der Vorgründungsgesellschaft können dagegen eine ausdrückliche Übernahme oder Neuvereinbarung erfordern, wenn nicht von vornherein eine klare Zurechnung vorgesehen war.
Arbeits- und Mietverhältnisse, Dauerschuld
Bei Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miete, Leasing, Dienst- und Arbeitsverträge) ist die eindeutige Zuordnung zur Vorgesellschaft und der spätere Übergang auf die eingetragene Gesellschaft bedeutsam. Der Übergang erfolgt üblicherweise, wenn die Verträge in der Gründungssphäre abgeschlossen wurden und die Eintragung erfolgt ist.
Organisation, Geschäftsführung und Vertretung
Entscheidungsfindung unter Gründerinnen und Gründern
In der Vorgründungsphase gelten die zwischen den Beteiligten getroffenen Absprachen. Sie betreffen unter anderem Beiträge, Stimmrechte, Kostentragung, Geheimhaltung und die Zuweisung von Rechten an Entwicklungen, Marken oder Software. Klare Regelungen erleichtern den Übergang zur Vorgesellschaft und späteren Gesellschaft.
Bestellung von Geschäftsführung/Vorstand in der Vorgesellschaft
Mit Beurkundung werden bei Kapitalgesellschaften typischerweise Leitungsorgane bestellt. Sie vertreten die Vorgesellschaft nach außen und sind für die ordnungsgemäße Durchführung der Gründung verantwortlich. Dazu gehört auch die Sicherung des Gründungskapitals und die Einhaltung der formalen Schritte bis zur Eintragung.
Finanzierung, Einlagen und Vermögensbindung
Bareinlagen, Sacheinlagen, verdeckte Sacheinlage
Einlagen können in Geld oder als Sachen/Dienste erfolgen, soweit die gewählte Rechtsform dies vorsieht. Bei Kapitalgesellschaften bestehen während der Gründung erhöhte Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Werthaltigkeit von Einlagen. Gestaltungen, bei denen Bareinlagen zeitnah durch Sachzuweisungen kompensiert werden, können als verdeckte Sacheinlagen bewertet werden und besondere Folgen für die Kapitalausstattung haben.
Nutzung des Gründungskapitals
Das Gründungskapital dient der Ausstattung der künftigen Gesellschaft. Ausgaben müssen in erkennbarer Verbindung mit dem Gründungszweck stehen. Entnahmen, die diese Zweckbindung unterlaufen, können Ausgleichs- oder Erstattungspflichten auslösen.
Rechnungslegung, Steuern und Aufsicht
Beginn der Buchführungspflichten
Sobald in der Gründungsphase ein auf Dauer angelegter Geschäftsbetrieb aufgenommen wird, beginnen regelmäßig Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten nach den allgemeinen Grundsätzen der jeweiligen Rechtsform. Spätestens mit Eintragung gelten die einschlägigen Pflichten der gewählten Gesellschaftsform.
Steuerliche Registrierung und Verantwortung
Die Gründungsgesellschaft kann steuerlich relevant werden, sobald Umsätze erzielt oder Beschäftigte angestellt werden. Anmeldungen und Erklärungen richten sich nach der tatsächlichen Tätigkeit und der angestrebten Rechtsform. Mit Eintragung tritt die eingetragene Gesellschaft in die steuerliche Stellung der Vorgesellschaft ein.
Scheitern der Gründung, Beendigung und Haftungsfolgen
Rückabwicklung und Liquidation
Kommt die Eintragung nicht zustande, ist die Gründung abzuwickeln. Vermögen und Verträge der Vorgründungs- oder Vorgesellschaft werden aufgelöst oder rückgeführt. Die Beteiligten tragen die eingegangenen Verpflichtungen entsprechend ihrer Verantwortung, insbesondere, wenn sie als Handelnde aufgetreten sind.
Fortführung als andere Rechtsform
Wird auf die Eintragung verzichtet, kann die Zusammenarbeit der Beteiligten in einer anderen Rechtsform fortgesetzt werden. Dabei bleiben die zuvor begründeten Verpflichtungen bestehen und sind der fortgeführten Einheit oder den Personen zuzuordnen, die sie eingegangen haben.
Abgrenzung und typische Missverständnisse
Die Gründungsgesellschaft ist keine endgültige Rechtsform, sondern ein Sammelbegriff für Übergangszustände. Häufige Missverständnisse betreffen die Annahme fehlender Haftung vor der Eintragung, die unklare Verwendung der Firma ohne Gründungszusatz oder die Vermischung von Privat- und Gründungskapital. Klarheit über Stadium, Vertretung und Vermögensbindung ist für die rechtssichere Zuordnung von Rechten und Pflichten wesentlich.
Häufig gestellte Fragen
Was ist eine Gründungsgesellschaft im engeren Sinn?
Im engeren Sinn bezeichnet die Gründungsgesellschaft die Einheit, die nach Beurkundung des Gesellschaftsvertrags bis zur Registereintragung besteht, häufig mit dem Zusatz „in Gründung“ oder „i.G.“. Sie dient ausschließlich dem Übergang zur eingetragenen Gesellschaft und bündelt bereits Rechte und Pflichten.
Ist eine Gründungsgesellschaft bereits rechtsfähig?
Die Vorgesellschaft von Kapitalgesellschaften tritt nach außen als eigenständige Einheit auf und kann Verträge schließen. In der Vorgründungsphase vor Beurkundung handelt es sich hingegen regelmäßig um einen Zusammenschluss der Gründerinnen und Gründer, bei dem die handelnden Personen persönlich verantwortlich sein können.
Wer haftet für Verpflichtungen vor der Eintragung?
Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft treffen primär deren Vermögen. Personen, die vor der Eintragung im Namen der künftigen Gesellschaft handeln, können zusätzlich persönlich als Handelnde haften. In der Vorgründungsphase haften die Beteiligten in der Regel persönlich für eingegangene Verpflichtungen.
Darf eine Gründungsgesellschaft bereits Geschäfte tätigen?
Die Vorgesellschaft kann am Markt auftreten und Verträge schließen, soweit dies dem Gründungszweck dient. Dabei sind die Bindung des Gründungskapitals und die besondere Verantwortung der Handelnden zu beachten. In der Vorgründungsphase ist das Auftreten den beteiligten Personen zuzurechnen.
Muss der Zusatz „i.G.“ geführt werden?
Der Zusatz „in Gründung“ oder „i.G.“ wird verwendet, um den Übergangsstatus bis zur Eintragung transparent zu machen und Fehlvorstellungen über die bereits eingetretene Rechtslage zu vermeiden. Er erleichtert die klare Zuordnung von Erklärungen und Haftung.
Was geschieht mit Verträgen nach der Eintragung?
Rechtsbeziehungen der Vorgesellschaft gehen mit Eintragung regelmäßig auf die eingetragene Gesellschaft über. Verträge aus der Vorgründungsphase können eine ausdrückliche Übernahme erfordern, sofern sie nicht eindeutig der Gründungssphäre zugeordnet wurden.
Was passiert, wenn die Eintragung scheitert?
Bei Ausbleiben der Eintragung ist die Gründung abzuwickeln. Verpflichtungen werden nach den Regeln der Vorgründungs- oder Vorgesellschaft erfüllt, häufig unter persönlicher Verantwortung der Beteiligten, die gehandelt haben. Eine Fortführung in anderer Rechtsform ist möglich, ändert aber nichts an zuvor begründeten Pflichten.