Begriff und Einordnung der Gründungsgesellschaft
Die Gründungsgesellschaft ist ein zivilrechtlicher Begriff des Gesellschaftsrechts und bezeichnet die Personenmehrheit oder Rechtsform, die im Vorfeld und im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft – regelmäßig einer Kapitalgesellschaft wie GmbH, UG (haftungsbeschränkt) oder AG – als Trägerin von Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit dem Gründungsvorgang auftritt. Sie ist Gegenstand intensiver rechtlicher Betrachtung und dient als Bindeglied zwischen der Vorgründungsphase und dem rechtlich eigenständigen Gesellschaftssubjekt. Der Begriff der Gründungsgesellschaft bezieht sich insbesondere auf den Zeitraum zwischen dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags (bei Kapitalgesellschaften: Satzung), aber vor der Eintragung im Handelsregister.
Rechtliche Stellung der Gründungsgesellschaft
1. Abgrenzung zur Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft
Die Gründungsgesellschaft ist von der sogenannten Vorgründungsgesellschaft und der Vorgesellschaft (auch Vor-GmbH oder Vor-AG) abzugrenzen:
- Die Vorgründungsgesellschaft existiert ab dem Zeitpunkt, in dem die Gründer einen Entschluss zur Gründung fassen und tätig werden, noch bevor der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen ist (z. B. bei der AG Vorvertrag gemäß § 29 AktG). In dieser Phase handelt es sich oftmals um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine offene Handelsgesellschaft (OHG), sofern Handelsgewerbe betrieben wird.
- Die Vorgesellschaft entsteht ab dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags (bei GmbH § 2 GmbHG, bei AG § 23 Abs. 1 AktG) und besteht bis zur Eintragung der neuen Gesellschaft ins Handelsregister als eigenständiges Rechtsgebilde.
Die Gründungsgesellschaft ist kein eigenes Rechtsinstitut, sondern ein Oberbegriff für die organisatorischen Zusammenschlüsse, die im Rahmen der Gesellschaftsgründung auftreten. Ihre konkrete rechtliche Ausgestaltung richtet sich nach dem jeweiligen Gründungsstadium.
2. Rechtsnatur der Gründungsgesellschaft
Die Rechtsnatur der Gründungsgesellschaft ergibt sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Stadien der Gesellschaftsbildung:
- Vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags: In der Regel Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) bzw. OHG (§§ 105 ff. HGB), soweit ein Handelsgewerbe betrieben wird.
- Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags, vor Eintragung: Es entsteht bei Kapitalgesellschaften eine Vorgesellschaft mit eigener Rechtsfähigkeit, aber noch nicht sämtliche Eigenschaften der künftigen Gesellschaft, vor allem keine Haftungsbeschränkung gegenüber Dritten.
Die Gründungsgesellschaft kann im Gründungsprozess Trägerin von Rechten und Pflichten sein und etwa Verträge schließen oder im Außenverhältnis auftreten. Die Mitglieder haften grundsätzlich persönlich und gesamtschuldnerisch, sofern keine Haftungsbeschränkungen greifen.
3. Rechtsfähigkeit und Vertretung
Die Rechtsfähigkeit der Gründungsgesellschaft ist abhängig vom erreichten Stadium der Gründung:
- Während der Vorgründung kann sie Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen, wobei die Gesellschafter nach gesetzlichen Grundlagen haften.
- Während der Vorgesellschaft wird diese, nach herrschender Meinung, als teilrechtsfähiges Gebilde angesehen (ständige Rechtsprechung des BGH). Mit Abschluss und notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrages kann die Vorgesellschaft bis zur Registereintragung beispielsweise Arbeitnehmer beschäftigen, Verträge schließen, Eigentum erwerben und Verbindlichkeiten eingehen.
Die Vertretung der Gründungsgesellschaft richtet sich nach den allgemeinen Regeln für die jeweilige Gesellschaftsform. In der Praxis handeln regelmäßig die Gründer als Vertreter.
Haftung im Gründungstadium
1. Haftung in der Vorgründungsgesellschaft
In der Vorgründungsphase haften die handelnden Personen – im Rahmen der §§ 705 ff. BGB beziehungsweise §§ 128 ff. HGB – grundsätzlich persönlich und gesamtschuldnerisch für die eingegangenen Verpflichtungen. Insbesondere im Fall der GbR besteht eine unbeschränkte, persönliche Haftung aller Gesellschafter für Gesellschaftsschulden.
2. Haftung im Stadium der Vorgesellschaft
Nach notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrags, aber vor Eintragung der neuen Gesellschaft erfolgt eine Haftungsverschiebung:
- Während der Vorgesellschaft haften die Gründer im Außenverhältnis grundsätzlich weiterhin persönlich und gesamtschuldnerisch.
- Mit Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister haftet die Gesellschaft künftig beschränkt, allerdings bleibt die Nachhaftung der Gründer für im Vorfeld eingegangene Verbindlichkeiten bis zur Registereintragung bestehen.
Übergang vom Gründungsstadium zur voll rechtsfähigen Gesellschaft
Mit der Eintragung der neuen Gesellschaft ins Handelsregister (z. B. bei der GmbH nach § 11 Abs. 1 GmbHG, bei der AG nach § 41 Abs. 1 AktG) entsteht die Gesellschaft als juristische Person mit voller Rechtsfähigkeit. Die bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Rechte und Pflichten der Gründungsgesellschaft werden in der Regel kraft Gesetzes auf die eingetragene Gesellschaft übergeleitet.
Insbesondere tritt die Gesellschaft in die bereits geschlossenen Verträge der Gründungsgesellschaft ein, soweit sie in ihrem Namen oder für ihre Zwecke abgeschlossen wurden. Dies betrifft Arbeitsverträge, Mietverträge, Kaufverträge sowie Gründungsaufwendungen.
Besondere Aspekte und Anforderungen an die Gründungsakte
1. Gründungsaufwand und Vorbelastungsverträge
Gründungsgesellschaften tätigen im Zuge der Gründung häufig sogenannte Vorbelastungsverträge, die später von der eingetragenen Gesellschaft übernommen werden (z. B. Anmietung von Geschäftsräumen). Die Behandlung solcher Aufwendungen und die Frage, inwieweit sie von der späteren Gesellschaft übernommen werden, ist gesetzlich geregelt (§§ 26, 27 GmbHG, §§ 22, 23 AktG).
2. Offenlegungspflichten
Im Hinblick auf die Gründung und die Übernahme von Verbindlichkeiten besteht regelmäßig eine Offenlegungspflicht im Rahmen des Registerverfahrens. Insbesondere bei der Gründung einer Aktiengesellschaft sind nach § 32 AktG bestimmte Vorgänge offen zu legen.
Fazit
Die Gründungsgesellschaft ist zentraler Bestandteil des Gesellschaftsrechts und hat hohe praktische wie rechtliche Relevanz im Rahmen der Entstehung neuer Unternehmensformen. In ihrer Ausgestaltung und Haftungsfolge unterliegt sie einer komplexen rechtlichen Analyse, wobei insbesondere die Abgrenzung zu Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft, die Haftungsfragen und der Übergang in die eingetragene Gesellschaft im Fokus stehen. Ihre genaue rechtliche Einordnung folgt aus dem Gesellschaftsvertrag, dem Gründungsstadium und der gewählten Gesellschaftsform.
Quellen und weiterführende Literatur
- Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
- Aktiengesetz (AktG)
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Handelsgesetzbuch (HGB)
- Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz
- Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar
- Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten für eine Gründungsgesellschaft bis zur Eintragung ins Handelsregister?
Vor der Eintragung ins Handelsregister existiert die gegründete Gesellschaft rechtlich nur als sogenannte Vor-Gesellschaft bzw. Gründungsgesellschaft. In dieser Phase ist die Gesellschaft noch nicht als juristische Person im Handelsregister eingetragen und kann demnach selbst keine vollwertigen Rechte und Pflichten begründen. Die Gesellschafter haften während dieser Zeit grundsätzlich persönlich und gesamtschuldnerisch für sämtliche im Namen der Gründungsgesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten. Erst mit der Eintragung entsteht etwa bei der GmbH oder AG die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen. Bis dahin ist die Gründungsgesellschaft als GbR (bei mehreren Gründern) oder als Einzelunternehmen zu behandeln, was bedeutet, dass auch die Vorschriften dieser Rechtsformen zur Anwendung kommen. Verträge und Geschäfte, die für die spätere Gesellschaft abgeschlossen werden, sind rechtlich dem Prinzip der fehlenden Transparenz hinsichtlich des endgültigen Vertragspartners unterworfen, was rechtliche Unsicherheiten mit sich bringen kann, falls die Eintragung letztlich nicht erfolgt.
Welche Pflichten treffen die Gesellschafter während der Gründungsphase gegenüber Dritten?
Die Gesellschafter haben während der Gründungsphase maßgebliche Pflichten gegenüber Dritten, insbesondere Gläubigern und Geschäftspartnern. Sie müssen vor allem deutlich machen, dass sich die Gesellschaft noch in Gründung befindet („GmbH in Gründung“, „AG in Gründung“, etc.), damit für Dritte erkennbar ist, dass noch keine eingetragene juristische Person existiert. Bei Unterlassung drohen Schadensersatzansprüche und eine persönliche Haftung für sämtliche Verbindlichkeiten. Weiterhin müssen sie die vereinbarten Einlagen pünktlich erbringen und dürfen keine Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen leisten, die den Gründungszweck gefährden („Verbot der Auszahlungen vor Eintragung“). Auch sind sie verpflichtet, die Eintragung im Handelsregister unverzüglich anzustreben, um eine möglichst kurze Phase der persönlichen Haftung zu gewährleisten.
Können Verträge schon vor Eintragung der Gesellschaft wirksam geschlossen werden?
Verträge können auch vor der Eintragung im Namen der zu gründenden Gesellschaft abgeschlossen werden. In rechtlicher Hinsicht gilt jedoch, dass der Vertragspartner zunächst nur gegenüber den handelnden Gründern (bzw. der Gründungsgesellschaft als BGB-Gesellschaft) Rechte und Pflichten erwerben kann. Kommt die Eintragung später zustande, können diese Verträge gemäß § 41 GmbHG (analog auch bei der AG) auf die eingetragene Gesellschaft „übergeleitet“ werden, so dass ab diesem Zeitpunkt ausschließlich diese haftet. Scheitert jedoch die Eintragung, bleiben sämtliche Rechtsfolgen und Verpflichtungen bei den handelnden Gesellschaftern, weshalb es ratsam ist, Verträge explizit unter die aufschiebende Bedingung der erfolgreichen Eintragung zu stellen.
Wie ist die Haftung bei einer Gründungsgesellschaft ausgestaltet?
Die Haftung in der Gründungsphase ist intensiv und weicht erheblich von der nach Eintragung geltenden Haftungsbeschränkung ab. Für jede während dieser Zeit geschlossene Verpflichtung haften alle Gründer persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch. Diese Haftung kann auch nicht durch interne Absprachen eingeschränkt werden und setzt auch dann ein, wenn ein Dritter fälschlicherweise davon ausgeht, dass bereits eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestehet. Die Haftung entfällt nur für Verbindlichkeiten, die nach erfolgter Eintragung und ausschließlich im Namen der Firma übernommen wurden. Darüber hinaus kann eine Haftung auch für bereits eingebrachte Vermögenswerte oder Leistungen bestehen, falls sich diese als für die spätere Gesellschaft „verloren“ erweisen.
Welche rechtlichen Folgen ergeben sich aus einer fehlgeschlagenen Handelsregistereintragung?
Misslingt die Handelsregistereintragung, etwa weil gesetzliche Mindestanforderungen (z.B. Stammkapital, Formvorschriften) nicht erfüllt werden oder formelle Fehler vorliegen, bleibt die Gesellschaft als solche rechtlich nicht existent. Die bis dahin eingegangenen Verpflichtungen und Geschäfte sind dann ausschließlich den Initiatoren (Gründern) persönlich zuzurechnen. Das bedeutet, dass Gläubiger ausschließlich gegen diese vorgehen können. Gleichzeitig können sich die Gesellschafter untereinander auf einen Stillstand der Gesellschaft und ggf. deren Auflösung verständigen (§§ 730 ff. BGB). Besteht Streit darüber, wer welche Pflichten im Umgang mit den Assets bzw. Schulden trägt, greifen die Vorschriften zur „Rückabwicklung“ der BGB-Gesellschaft.
Welche Rechtsform hat die Gründungsgesellschaft bis zur Eintragung?
Bis zur Eintragung ins Handelsregister agiert die Gründungsgesellschaft grundsätzlich als sogenannte „Vor-GmbH“, „Vor-AG“ oder – im juristischen Sinne – als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sofern es mehrere Gründer gibt. Bei einem Einzelgründer handelt es sich rechtlich um ein Einzelunternehmen. Im Gesellschaftsrecht spricht man ausdrücklich von einer Vorgründungsgesellschaft in dem Zeitraum zwischen Beschlussfassung des Gesellschaftsvertrags und Anmeldung zur Eintragung sowie von einer Vorgesellschaft im Zeitraum zwischen Anmeldung und tatsächlicher Eintragung. Erst mit letzterer ist die juristische Person entstanden. In der Praxis ist diese Abfolge besonders relevant im Insolvenzfall, da sich die Ansprüche der Gläubiger und die Zugriffsrechte auf das Gesellschaftsvermögen nach der jeweils aktuellen Stufe richten.
Welche Relevanz hat die Eintragung im Handelsregister für bestehende Verträge der Gründungsgesellschaft?
Mit der Eintragung in das Handelsregister treten die Geschäfte der Gründungsgesellschaft grundsätzlich in den Bestand der endgültigen Gesellschaft über. Die Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen werden damit von der juristischen Person übernommen, und zugleich entfällt die persönliche Haftung der Gesellschafter für zukünftig begründete Verbindlichkeiten dieser Verträge. Bereits vor der Eintragung geschlossene Verträge werden also „adoptiert“, sofern sie für den Zweck der Gesellschaft abgeschlossen wurden und keine entgegenstehenden Regelungen enthalten. Für Altverbindlichkeiten, die klar der Gründungsphase zuzuordnen sind, verbleibt eine Nachhaftung der Gesellschafter jedoch weiterhin bestehen, insbesondere dann, wenn Dritte getäuscht oder die Eintragung vorsätzlich verzögert wurde.