Grenzregelung bei Grundstücken
Die Grenzregelung bei Grundstücken bezeichnet sämtliche rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, die zur Festlegung, Berichtigung oder Anpassung von Grundstücksgrenzen durchgeführt werden. Sie spielt eine zentrale Rolle im Grundstücksrecht und ist in Deutschland insbesondere im Zusammenhang mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Grundbuchrecht sowie dem öffentlichen Vermessungsrecht relevant. Ziel einer Grenzregelung ist die eindeutige und dauerhaft gesicherte Feststellung bzw. Anpassung der Grenze zwischen benachbarten Liegenschaften, um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen.
Definition und Anwendungsbereich
Eine Grenzregelung umfasst alle Vorgänge, mit denen die Lage, der Verlauf oder der Bestand einer Grundstücksgrenze festgestellt, verändert oder korrigiert wird. Häufig erfolgt eine Grenzregelung, wenn Unklarheiten oder Streitigkeiten hinsichtlich des Grenzverlaufs bestehen, zum Beispiel durch natürliche Veränderungen, fehlerhafte Eintragungen im Kataster oder Nutzung der Grundstücke über die ursprüngliche Grenze hinaus.
Grundsätzlich ist zwischen der lediglich feststellenden Grenzfeststellung und der grenzverändernden Grenzregelung zu unterscheiden. Die Grenzregelung im engeren Sinne meint die einvernehmliche oder gerichtliche Anpassung des Grenzverlaufs, worunter beispielsweise eine Grenzbereinigung, Grenzberichtigung oder ein Grenztausch fallen kann.
Rechtliche Grundlagen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Das BGB regelt im Abschnitt über das Sachenrecht, speziell in den §§ 912 ff., Fragen der Grundstücksgrenze und deren rechtlichen Folgen. Beispielhaft ist die Vorschrift zur Überbauung (§ 912 BGB), nach der es Regelungen für die unbewusste Errichtung von Gebäuden über die Grenze hinaus gibt.
Vermessungsrecht und Katasterrecht
Die eigentliche Festlegung physischer Grenzen erfolgt im Rahmen des Vermessungsrechts, das Ländersache ist. Die Vermessungs- und Katastergesetze der Bundesländer bestimmen das Verfahren zur Grenzfeststellung, Grenzvermessung, Grenzabmarkung sowie das hierzu verpflichtende amtliche Liegenschaftskataster. Im Liegenschaftskataster sind die Flurstücke mit ihrem Grenzverlauf dokumentiert und öffentlich nachprüfbar.
Grundbuchrecht
Die im Kataster ausgewiesenen Grenzen sind maßgeblich für das Grundbuch, welches die dinglichen Rechte an Grundstücken dokumentiert. Veränderungen von Grenzen – etwa durch eine Grenzregelung – müssen in beiden Registern (Kataster und Grundbuch) synchronisiert werden.
Formen der Grenzregelung
Einvernehmliche Grenzregelung
Die meisten Grenzregelungen erfolgen einvernehmlich zwischen den beteiligten Grundstückseigentümern. Dies kann durch einen Grenzfeststellungsvertrag, einen Grenzänderungsvertrag oder einen Tauschvertrag geschehen. Notwendig sind in aller Regel die Beurkundung durch eine(n) Notar(in) sowie die Mitwirkung des Kataster- und Grundbuchamts.
Grenzfeststellungsvertrag
Mit einem Grenzfeststellungsvertrag einigen sich die Parteien verbindlich auf den Verlauf einer bisher unsicheren oder streitigen Grenze.
Grenzberichtigung
Bei geringfügigen Abweichungen des Grenzverlaufs, beispielsweise durch historische Messfehler, ist eine Grenzberichtigung möglich (§ 894 BGB), die ohne eigentliche Eigentumsübertragung und mit vergleichsweise einfachen Mitteln realisiert wird.
Grundstückstausch und Teilung
Im Zuge einer Grenzregelung kann auch ein Tausch von Grundstücksteilen erfolgen, was grundbuchrechtlich als Grundstückstausch und vermessungsrechtlich als Flurstücksveränderung behandelt wird. Ebenso ist eine Grundstücksteilung durch Teilungserklärung möglich.
Gerichtliche Grenzregelung
Kommt eine Einigung nicht zustande, kann ein gerichtliches Verfahren notwendig werden. Das Grenzfeststellungsverfahren nach § 919 BGB erlaubt es einem Eigentümer, die Feststellung einer Grundstücksgrenze zu verlangen. Das Amtsgericht entscheidet dann auf Klage über den tatsächlichen Verlauf der Grenze.
Im Fall von Grenzstreitigkeiten kann das Gericht auch eine Grenzbereinigung oder, in Ausnahmefällen, eine Grenzverschiebung anordnen. Eine endgültige Regelung ist durch die Eintragung ins Grundbuch und Kataster sicherzustellen.
Grenzfeststellung und -abmarkung
Grenzfeststellung
Die Grenzfeststellung erfolgt in der Regel durch ein amtliches Vermessungsverfahren. Behörden oder hierzu befugte Vermessungsingenieure nehmen auf Antrag die örtliche Feststellung der Grenze vor, messen diese ein und dokumentieren das Ergebnis im Liegenschaftskataster.
Abmarkung
Nach der Vermessung erfolgt die tatsächliche Abmarkung, also die sichtbare Kennzeichnung der festgestellten Grenze mittels Grenzsteinen, Pfählen oder anderen Markierungen. Die Abmarkung ist hoheitlich geschützt und darf nicht eigenmächtig verändert werden.
Kosten und Verfahrensbeteiligung
Die Kosten einer Grenzregelung, einschließlich Vermessung, Beurkundung und Registereintragungen, werden in der Regel von den beteiligten Eigentümern entsprechend dem Wert der zu regelnden Grundstücksteile getragen. Beteiligungen etwaiger Nachbarn oder sonstiger Rechteinhaber via Anhörung sind nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Nachbarrechtliche Regelungen
Das Nachbarrecht regelt die Nutzung und den Schutz von Grundstücken gegenüber angrenzenden Liegenschaften (z. B. in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder). Es ist von der eigentlichen Grenzregelung zu unterscheiden, da es vorrangig um die Nutzung, nicht aber um die Grenzfeststellung oder -änderung geht.
Überbau, Besitzwechsel und Ersitzung
Fehlerhafte Grenzverläufe und jahrelang bestehende Besitzverhältnisse können dazu führen, dass Teile eines Nachbargrundstücks ersessen werden oder Überbauregelungen anzuwenden sind. Auch diese Themen spielen im Rahmen von Grenzregelungen eine Rolle, sind aber eigenständige Rechtsinstitute.
Bedeutung für die Praxis
Die genaue Grenzregelung und -dokumentation sind wesentlich für Rechtssicherheit, Streitvermeidung und Werterhaltung von Grundstücken. Im Immobilienverkehr (z. B. Kauf, Verkauf, Bauvorhaben, Erbschaften) ist die eindeutige Grenzfestlegung unverzichtbar, da sie die Grundlage für alle dispositions- und verkehrsrechtlichen Vorgänge bildet.
Zusammenfassung
Die Grenzregelung bei Grundstücken schafft klare Verhältnisse über den Verlauf von Grundstücksgrenzen und ist ein zentrales Instrument zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten zwischen Grundstücksnachbarn. Sie stützt sich auf eine Vielzahl von gesetzlichen Normen insbesondere im BGB, im Kataster- und Vermessungsrecht sowie im Grundbuchrecht und wird durch behördliche und, falls notwendig, gerichtliche Verfahren realisiert. Die exakte Feststellung, Eintragung und Abmarkung der Grenzen ist unerlässlich für die Rechtssicherheit im Grundstücksverkehr.
Häufig gestellte Fragen
Was ist zu tun, wenn die Grenze zwischen zwei Grundstücken unklar ist und Streit entsteht?
In Fällen, in denen die genaue Grenze zwischen zwei Grundstücken streitig ist, schreibt die deutsche Rechtsordnung verschiedene Wege zur Klärung vor. Zunächst empfiehlt sich eine Einsichtnahme in das Liegenschaftskataster, welches amtliche Vermessungsdaten enthält und die Grenzverläufe dokumentiert. Sollte dies keine Klarheit verschaffen oder Zweifel aufkommen, kann eine Grenzanzeige oder eine Grenzfeststellung durch das zuständige Katasteramt beantragt werden. Diese Verfahren werden von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren durchgeführt und führen zu einer verbindlichen Feststellung der Grenze. In strittigen Fällen, in denen eine Einigung unter Nachbarn nicht erzielt werden kann, besteht zusätzlich die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung durch eine sogenannte Grenzvermessung gemäß § 919 BGB zu erwirken. Hierbei sollte vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Güteverhandlung, etwa vor einer Schiedsstelle, angestrebt werden, da viele Bundesländer dies als obligatorisch vorschreiben. Kläger und Beklagter tragen in der Regel die Kosten der Vermessung anteilig, sofern vom Gericht keine andere Regelung getroffen wird.
Wer ist für die Unterhaltung und Instandhaltung der Grenzzeichen (zum Beispiel Grenzsteine) zuständig?
Nach geltendem Recht liegt die Verantwortung für die Erhaltung der Grenzzeichen, etwa Grenzsteine oder Grenzmarkierungen, grundsätzlich bei den aktuellen Grundstückseigentümern der angrenzenden Flurstücke. Beschädigungen, absichtliche Veränderungen oder das Entfernen von Grenzzeichen ist gemäß § 274 StGB als Sachbeschädigung strafbar und kann zivil- sowie strafrechtliche Folgen haben. Die Instandsetzung beschädigter oder verschwundener Grenzzeichen erfolgt in der Regel auf gemeinsame Kosten der beteiligten Eigentümer, es sei denn, eine Partei hat die Beschädigung oder Entfernung zu vertreten. Bestehen Unsicherheiten über den exakten Verlauf der Grenzlinie nach Verlust eines Grenzzeichens, ist ebenfalls eine kostenpflichtige Grenzfeststellung durch das Katasteramt angebracht.
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Abstandsflächen zu benachbarten Grundstücken?
Die gesetzlichen Bestimmungen zu Abstandsflächen finden sich in den jeweiligen Landesbauordnungen der Bundesländer. Sie legen verbindlich fest, welcher Mindestabstand bei baulichen Anlagen zur Grundstücksgrenze eingehalten werden muss. Dieser Abstand variiert je nach Nutzung, Art der Bebauung sowie regionalen Vorschriften und beträgt meist zwischen 2,50 und 3 Metern. Die Abstandsflächen sind so bemessen, dass Belichtung, Belüftung und Brandschutz auch auf dem Nachbargrundstück gewährleistet sind. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, sind Nachbarn zur Anfechtung und zur Einforderung von Rückbau- bzw. Anpassungsmaßnahmen berechtigt. Grenzbebauungen bedürfen regelmäßig einer schriftlichen Zustimmung des Nachbargrundstückseigentümers und deren Eintrag in das Grundbuch.
Wie kann eine Grenzüberbauung rechtlich bewertet werden und welche Konsequenzen hat sie?
Eine Grenzüberbauung liegt vor, wenn ein Gebäude oder Gebäudeteil über die Grundstücksgrenze hinaus auf das Nachbargrundstück ragt. Nach § 912 BGB besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenannter Überbauschutz für den Bauherrn. Dies gilt, wenn der Überbau weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgte und der Nachbar nicht rechtzeitig widersprochen hat. In einem solchen Fall kann der Nachbar die Beseitigung des Überbaus nicht verlangen, sondern lediglich eine Entschädigung fordern. Die Höhe der Entschädigung orientiert sich regelmäßig am Verkehrswert des überbauten Grundstückteils. Erfolgt der Überbau jedoch wider besseren Wissens oder wurde der Überbau rechtzeitig beanstandet, kann der Nachbar den Rückbau verlangen.
Wie ist zu verfahren, wenn eine bestehende Einfriedung (z. B. Zaun oder Hecke) die Grundstücksgrenze überschreitet?
Eine Überschreitung der Grundstücksgrenze durch Einfriedungen wie Zäune, Mauern oder Hecken stellt sowohl zivilrechtlich eine Besitzstörung als auch eine Besitzverletzung nach § 1004 BGB dar. Der beeinträchtigte Nachbar kann die Entfernung oder Zurücksetzung der Einfriedung verlangen. Die Durchsetzung des Anspruchs kann zunächst außergerichtlich, erforderlichenfalls auch gerichtlich erfolgen. Landesnachbarrechtsgesetze enthalten teils ergänzende Regelungen bezüglich der Art, Höhe und Lage von Einfriedungen, insbesondere im Hinblick auf den sogenannten Einfriedungszwang. Eigenmächtige Eingriffe ohne vorherige Abstimmung mit dem Nachbarn oder ohne behördliche Klärung können zu Rückbauansprüchen und Schadensersatzforderungen führen.
Können Grenzregelungen auch vertraglich zwischen Nachbarn modifiziert werden?
Grenzregelungen und etwaige Toleranzen können grundsätzlich durch privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Grundstücksnachbarn angepasst werden, sofern sie nicht gegen zwingende öffentlich-rechtliche Vorgaben (zum Beispiel Bauordnungs- oder Abstandsflächenrecht) verstoßen. Solche Vereinbarungen sind grundsätzlich schriftlich abzufassen und bedürfen oftmals einer notariellen Beurkundung sowie der Eintragung ins Grundbuch, wenn dauerhafte Rechte oder Nutzungen begründet werden. Rechtlich bindend sind sie nur für die Vertragsparteien und deren Rechtsnachfolger.
Was bedeutet der Begriff der „geklärten Grenze“ und welche Rechtswirkungen hat sie?
Eine „geklärte Grenze“ liegt vor, wenn der Grenzverlauf aufgrund amtlicher Vermessung, Katastereintrag oder anerkannter privatrechtlicher Vereinbarung eindeutig bestimmt ist und keine Zweifel am Grenzverlauf bestehen. Die Feststellung dieser geklärten Grenze hat hohe rechtliche Bedeutung: Sie ist für die Beteiligten und alle Rechtsnachfolger verbindlich, bildet die Grundlage für (bau-)rechtliche Entscheidungen sowie Eintragungen und gilt vor Gericht als beweiskräftig. Wer dennoch wider besseren Wissens hiergegen verstößt, handelt unter Umständen rechtswidrig und haftet auf Unterlassung, Schadensersatz oder Rückbau.