Rechtliche Bedeutung des Begriffs „Green“
Der Begriff „Green“ wird im rechtlichen Kontext in einer Vielzahl von Anwendungsbereichen verwendet. Insbesondere im Umweltrecht, im Bereich des Marketings, der Finanzen, im Bau- und Energierecht sowie im Vertragswesen hat sich der Terminus etabliert. „Green“ fungiert hierbei als Sammelbegriff für nachhaltige, umweltfreundliche oder ressourcenschonende Eigenschaften von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen oder finanziellen Investitionen. Der Begriff unterliegt in seinen jeweiligen Anwendungsfeldern spezifischen rechtlichen Rahmenbedingungen, definierten Anforderungen und möglichen Haftungsrisiken.
Begriffsbestimmung und Abgrenzung
Im rechtlichen Verständnis ist „Green“ kein feststehender, abschließend definierter Terminus. Die Bedeutung ergibt sich stets aus dem sachlichen Zusammenhang sowie aus einschlägigen Richtlinien, Gesetzen und Normierungen, auf die verwiesen wird. Der Begriff kennzeichnet regelmäßig Produkte, Investitionen, Gebäude oder Prozesse, die auf eine Reduktion ökologischer Belastungen oder die Förderung von Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Besonders relevant ist dabei die Abgrenzung zu Begriffen wie „nachhaltig“, „klimafreundlich“, „umweltgerecht“ oder „energieeffizient“, welche teils synonym, teilweise aber auch abweichend verwendet werden.
Green im Umweltrecht
Begriffsverwendung und Auswirkungen im Umweltrecht
Im Umweltrecht verweist „Green“ meist auf rechtsverbindliche Vorgaben zur Reduzierung negativer Umwelteinflüsse. Er kommt in unterschiedlichen Rechtsakten und ökologischen Standards vor. Es werden umweltbezogene Kriterien definiert, die Produkte, Bauwerke oder Dienstleistungen erfüllen müssen, um als „Green“ deklariert werden zu dürfen.
Relevante Rechtsgrundlagen
- EU-Recht: Auf europäischer Ebene existieren verbindliche Vorgaben, etwa die sogenannte Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852), die nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten klassifiziert und bestimmte Begriffe wie „Green“ mit zwingenden Mindestanforderungen verknüpft.
- Deutsches Recht: In Deutschland finden sich Bezugnahmen auf „Green“ vor allem im Kreislaufwirtschaftsgesetz, Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie im Erneuerbare-Energien-Gesetz. Hier werden Anforderungen an die Ressourcen- und Energieeffizienz sowie an die Reduzierung von Emissionen gestellt.
- Internationale Abkommen: Übergeordnet sind Konventionen wie das Pariser Klimaabkommen maßgeblich für die Definition und Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit Emissionsreduktionsmaßnahmen.
Auswirkungen auf Unternehmen und Behörden
Unternehmen und staatliche Stellen sind bei der Werbung und Auslobung von „Green“-Eigenschaften rechtlich gehalten, objektiv nachprüfbare und belegbare Aussagen zu treffen. Eine missbräuchliche Verwendung kann zu wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen, aufsichtsrechtlichen Maßnahmen oder Haftungsrisiken führen.
Green im Wirtschafts- und Werberecht
Werberechtliche Anforderungen an „Green Claims“
Im Zusammenhang mit Produktkennzeichnungen und Werbeaussagen regeln das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie europäische Richtlinien die zulässige Nutzung des Begriffs „Green“. Werbeaussagen, die Produkte als „Green“ ausloben, müssen klar, wahrheitsgemäß und belegbar sein.
Greenwashing-Verbot
Das sog. Greenwashing-Verbot untersagt irreführende Umweltbehauptungen. Hierbei kommt es auf den tatsächlichen ökologischen Mehrwert des beworbenen Produktes oder der Dienstleistung an. Unzutreffende oder unbelegte Behauptungen können zu Abmahnungen, Unterlassungsklagen sowie zur Verhängung von Bußgeldern führen.
Nachweispflichten
Unternehmen sind verpflichtet, objektive Nachweise für die als „Green“ bezeichneten Eigenschaften bereitzuhalten. Dies kann durch Zertifikate, Testberichte oder öffentlich zugängliche Studien erfolgen.
Umgang mit Labels und Zertifikaten
Die Verwendung von Labels wie „Green Label“, „Green Seal“ oder ähnliches unterliegt rechtlichen Prüfkriterien. Es muss sichergestellt werden, dass verwendete Siegel oder Zertifikate durch anerkannte Organisationen vergeben sind und die zugrunde liegenden Kriterien transparent und überprüfbar sind.
Green Finance und Green Bonds
Bedeutung im Finanzmarktrecht
Der Begriff „Green“ nimmt im Finanzmarktrecht eine wachsende Rolle ein, insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten Green Bonds. Dies sind Anleihen, deren Mittel ausschließlich zur Finanzierung ökologisch nachhaltiger Projekte verwendet werden.
Rechtliche Anforderungen an Green Bonds
Europäische Rechtsakte, insbesondere die EU-Taxonomie und die geplante EU Green Bond-Standards-Verordnung, legen verbindliche Offenlegungspflichten und Zulässigkeitskriterien fest. Emittenten müssen den ökologischen Nutzen der mit den Anleihen finanzierten Projekte transparent darlegen und kontrollierbar dokumentieren.
Offenlegungs- und Transparenzpflichten
Finanzmarktteilnehmer, insbesondere Fonds und Kreditinstitute, müssen bei der Auslobung nachhaltiger („Green“) Finanzprodukte detaillierte Informationen zu den ökologischen Aspekten bereitstellen und Offenlegungsanforderungen nach der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) erfüllen.
Green im Bau- und Mietrecht
Begriffsverwendung im Immobilienbereich
Im Bereich Bau- und Mietrecht beschreibt „Green“ Immobilien, die ökologische Bau- und Energieeffizienzstandards aufweisen. Dies wird durch Normen wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) unterlegt.
Green Building Standards
- Leed, DGNB, BREEAM: Internationale Verarbeitung der Begrifflichkeit „Green Building“ erfolgt durch private und öffentliche Zertifizierungssysteme, welche Anforderungen an Materialwahl, Energieeffizienz, Wasserverbrauch und Emissionen definieren.
- Gesetzliche Maßgaben: In Deutschland werden Energiestandards durch gesetzliche Vorgaben sowie durch ergänzende kommunale Satzungen gesetzt.
Relevanz im Mietrecht
Im Mietrecht sind „Green“-Klauseln zunehmend verbreitet. Sie verpflichten Mieter und Vermieter zu einem nachhaltigkeitsorientierten Verhalten, etwa im Rahmen von Betriebskostenregelungen oder Modernisierungspflichten. Die Rechtsprechung befasst sich hierbei mit der Wirksamkeit solcher Vereinbarungen und deren Folgen für Kostentragung und Vertragsdurchführung.
Haftung und Rechtsdurchsetzung bei Verwendung von „Green“
Mögliche Haftungsrisiken
Die rechtswidrige oder missbräuchliche Verwendung des Begriffs „Green“ kann zu unterschiedlichen Haftungsrisiken führen, etwa im Bereich des Wettbewerbsrechts, des Vertragsrechts sowie gegenüber Behörden und Dritten.
Wettbewerbsrechtliche Haftung
Unternehmen riskieren Abmahnungen und Unterlassungsklagen bei verdecktem oder irreführendem Gebrauch umweltbezogener Aussagen (vgl. §§ 3, 5 UWG).
Vertragliche Haftung
Werden in Verträgen Green-Klauseln nicht eingehalten, können Gegenparteien Nacherfüllung, Schadensersatz oder Rückabwicklung verlangen. Die Gerichte überprüfen hierbei, ob die als „Green“ bezeichneten Eigenschaften objektiv nachprüfbar erfüllt sind.
Ausblick und Entwicklung
Der Begriff „Green“ wird rechtlich künftig weiter an Bedeutung gewinnen. Neben immer präziser gefassten gesetzlichen Anforderungen ist mit einer weiteren Harmonisierung der Begriffsverwendung auf europäischer und internationaler Ebene zu rechnen. Insbesondere die Entwicklung einheitlicher Kennzeichnungssysteme und verbindlicher Nachhaltigkeitsstandards dürfte im Zusammenhang mit „Green“-Produkten und -Investitionen zunehmen.
Zusammenfassung
„Green“ bezeichnet im rechtlichen Kontext ökologische, nachhaltige oder ressourcenschonende Eigenschaften von Produkten, Dienstleistungen, Bauwerken und Finanzierungen. Die rechtlichen Anforderungen sind je nach Anwendungsgebiet unterschiedlich, erfassen aber insbesondere Werbeaussagen, Finanzmarktprodukte, Bauwerke und Vertragsgestaltungen. Maßgeblich ist stets die Nachweisbarkeit, Transparenz und Belegbarkeit der ausgewiesenen Umwelteigenschaften sowie die Einhaltung einschlägiger gesetzlicher Rahmenbedingungen. Die missbräuchliche Verwendung kann zu umfangreichen Haftungs- und Sanktionsrisiken führen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für Unternehmen im Rahmen von Green Claims?
In der Europäischen Union und Deutschland unterliegen sogenannte „Green Claims“, also umweltbezogene Werbeaussagen, strengen rechtlichen Vorgaben. Basis hierfür sind insbesondere die EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Richtlinie 2005/29/EG), das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und in einzelnen Fällen das Umweltbundesamt sowie sektorale Vorschriften wie die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR). Unternehmen dürfen demnach keine irreführenden Angaben über die Umweltfreundlichkeit oder Nachhaltigkeit ihrer Produkte, Dienstleistungen oder ihres Unternehmens machen. Aussagen wie „klimaneutral“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ müssen eindeutig, belegbar und überprüfbar sein. Die Beweislast für die Richtigkeit liegt beim Unternehmen, das durch unabhängige Studien, Zertifikate oder anerkannte Standards den Wahrheitsgehalt seiner Behauptungen nachweisen können muss. Falschangaben können zu Abmahnungen, Unterlassungsverfügungen, Bußgeldern und Imageschäden führen. Ab 2026 verschärft sich zudem die EU-weite Rechtslage im Rahmen der Green Claims Directive, sodass noch detailliertere Nachweise und Offenlegungen erforderlich werden.
Welche rechtlichen Risiken bestehen beim Einsatz von Greenwashing?
Greenwashing, also das bewusste oder fahrlässig irreführende Bewerben eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Unternehmens als umweltfreundlich, obwohl dies nicht zutrifft, kann zu massiven rechtlichen Konsequenzen führen. Verstöße gegen das UWG können durch Mitbewerber, Verbraucherverbände oder Wettbewerbszentrale abgemahnt und gerichtlich verfolgt werden. Zusätzlich können Verbraucherrechte auf Unterlassung und Schadensersatz geltend gemacht werden. Auch kartellrechtliche Aspekte und Spezialgesetze wie die Preisangabenverordnung können betroffen sein. Im Einzelfall drohen straf- oder bußgeldrechtliche Sanktionen, insbesondere, wenn Verbräuche oder Emissionswerte falsch angegeben werden. Die Rechtsprechung wird zunehmend strenger; sogar Geldstrafen und Verkaufsverbote sind möglich. Im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes können zudem neben zivilrechtlichen zudem behördliche Konsequenzen, wie Prüfungen und Anordnungen, erfolgen.
Wie müssen Umwelt- und Nachhaltigkeitsangaben rechtlich belegt werden?
Unternehmen sind verpflichtet, jede umweltbezogene Behauptung mit hinreichenden, überprüfbaren und neutralen Nachweisen zu stützen. Die Rechtslage fordert, dass etwa CO2-Kompensationen, nachhaltige Rohstoffquellen oder Recyclingquoten durch wissenschaftliche Studien, anerkannte Zertifikate (z.B. EU Ecolabel, Blauer Engel, FSC, Fairtrade) oder unabhängige Auditoren bestätigt werden müssen. Die Nachweise sind aktuell und transparent zu halten, dem Durchschnittsverbraucher verständlich zur Verfügung zu stellen und im Streitfall auf Nachfrage vorzulegen. Auch die Bezugnahme auf den gesamten Lebenszyklus eines Produktes (Life Cycle Assessment, LCA) wird zunehmend rechtlich gefordert. Fehlen diese Nachweise oder sind sie zweifelhaft, gilt der Claim als unwahr – mit entsprechenden rechtlichen Folgen.
Welche Rolle spielen nationale und europäische Gesetze beim „Green Marketing“?
Das „Green Marketing“ unterliegt in Deutschland sowohl nationalen Gesetzen (UWG, BGB, Verpackungsgesetz, Energiewirtschaftsgesetz) als auch europäischen Vorgaben (UCP-Richtlinie, Green Claims Directive, CSRD, SFDR, Taxonomie-Verordnung). Die EU setzt dabei häufig Mindeststandards, die von den Mitgliedstaaten verschärft werden können. Während die EU mit der Green Claims Directive einen einheitlichen Rechtsrahmen schaffen möchte, gelten bis zu deren Inkrafttreten weiterhin die bestehenden nationalen Vorschriften, sodass Unternehmen sowohl die deutsche als auch die europäische Rechtslage berücksichtigen müssen. Verstöße können daher sowohl vor deutschen als auch vor europäischen Gerichten geahndet werden.
Gibt es verbindliche Standards für Umweltlabel und Zertifikate?
Für viele Umweltlabel und Nachhaltigkeitszertifikate existieren europaweit und in Deutschland rechtlich verbindliche Standards, wie etwa für das EU Ecolabel, den Blauen Engel oder das Bio-Siegel. Der Einsatz dieser Labels ist nur nach erfolgreichem Prüfverfahren durch eine autorisierte Stelle und unter Einhaltung spezifischer Vergabekriterien zulässig. Die Anforderungen sind je nach Siegel unterschiedlich detailliert geregelt, beinhalten jedoch meist konkrete Prüfprotokolle, erneute Kontrollen in bestimmten Fristen sowie Melde- und Transparenzpflichten. Missbrauch oder unzulässige Nutzung solcher Siegel oder die Vorspiegelung nicht vorhandener Zertifizierungen stellen eine Ordnungswidrigkeit nach § 5 UWG und können strafrechtlich relevant sein.
Welche Anforderungen gelten bezüglich Transparenz und Offenlegung bei Green Claims?
Für Green Claims gelten strenge Transparenz- und Offenlegungspflichten. Unternehmen müssen detailliert offenlegen, wie die Nachhaltigkeits- oder Umweltvorteile erzielt werden und welche wissenschaftlichen Grundlagen oder Methoden angewendet wurden. Dies umfasst etwa Offenlegungspflichten über die verwendeten Berechnungsmethoden bei CO2-Bilanzen, Angaben zu Kompensationsmechanismen und exakte Definitionen verwendeter Begriffe. Nach der Green Claims Directive (noch im Gesetzgebungsprozess) werden EU-weit einheitliche Mindestanforderungen an die Nachvollziehbarkeit, Sichtbarkeit und Nachprüfbarkeit von Green Claims eingeführt. Bereits heute fordert das UWG, dass alle maßgeblichen Informationen leicht zugänglich und für Verbraucher verständlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Verstöße werden sowohl von Wettbewerbern als auch von Verbraucherverbänden rechtlich verfolgt.