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Grad der Behinderung

Grad der Behinderung (GdB): Begriff, Bedeutung und Einordnung

Der Grad der Behinderung (GdB) beschreibt in Deutschland das Ausmaß gesundheitlicher Beeinträchtigungen und ihrer Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Er wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgestellt. Werte darunter gelten als Beeinträchtigung ohne rechtliche Folgen. Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor.

Der GdB ist diagnoseübergreifend: Er beruht nicht auf der bloßen Benennung einer Krankheit, sondern auf der tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigung und deren Dauerhaftigkeit. Erfasst werden körperliche, seelische, geistige und Sinnesbeeinträchtigungen sowie bestimmte chronische Erkrankungen. Altersübliche Einschränkungen werden dabei nicht als Behinderung bewertet.

Abgrenzungen und verwandte Konzepte

Behinderung, GdB und gesundheitliche Beeinträchtigung

Eine gesundheitliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn körperliche oder psychische Funktionen, geistige Fähigkeiten oder Sinneswahrnehmungen dauerhaft eingeschränkt sind. Als Behinderung im rechtlichen Sinn gilt eine solche Beeinträchtigung, wenn sie die Teilhabe in relevanter Weise erschwert. Der GdB ist der rechtliche Maßstab, mit dem diese Erschwernis in Stufen bewertet wird.

Abgrenzung zum Begriff der Erwerbsfähigkeit

Der GdB ist kein Maßstab für Arbeitsfähigkeit. Er bewertet die Auswirkungen im gesamten Lebensbereich, nicht nur im Arbeitsleben. Von ihm zu unterscheiden sind Bewertungen, die sich allein auf die berufliche Leistungsfähigkeit beziehen.

Abgrenzung zu anderen Graden

In einzelnen Entschädigungs- oder Versorgungssystemen wird statt des GdB ein eigener Grad für Schädigungsfolgen verwendet. Diese Systeme haben andere Zielsetzungen und Bewertungsmaßstäbe; sie sind nicht mit dem GdB gleichzusetzen.

Feststellungsverfahren

Zuständigkeit und Antrag

Die Feststellung des GdB erfolgt durch die zuständige Behörde des jeweiligen Bundeslandes (häufig Versorgungsämter oder Landesämter für Soziales). Grundlage ist ein Verwaltungsverfahren, in dem medizinische Unterlagen ausgewertet und bei Bedarf fachärztliche Stellungnahmen eingeholt werden.

Medizinische Bewertung und bundeseinheitliche Maßstäbe

Die Einschätzung folgt bundeseinheitlichen medizinischen Bewertungsmaßstäben. Diese ordnen typischen Funktionsstörungen Orientierungswerte zu und berücksichtigen Schwere, Verlauf, Stabilität und Therapieerfolg. Vorübergehende Zustände bleiben außer Betracht; maßgeblich ist eine auf absehbare Zeit anhaltende Beeinträchtigung. Bei bestimmten Erkrankungen werden Beobachtungszeiträume (Heilungsbewährung) angesetzt.

Gesamt-GdB und mehrere Beeinträchtigungen

Bestehen mehrere Beeinträchtigungen, werden deren Auswirkungen in einer Gesamtwürdigung zusammengeführt. Eine einfache Addition einzelner Werte findet nicht statt. Erhöht sich die Gesamtbelastung durch Wechselwirkungen deutlich, kann dies einen höheren Gesamt-GdB rechtfertigen.

Dauer, Befristung und Überprüfung

Die Feststellung kann unbefristet oder befristet erfolgen. Befristungen kommen insbesondere in Betracht, wenn eine Veränderung der gesundheitlichen Situation erwartet wird. Ändern sich die Verhältnisse wesentlich, kann die Behörde den GdB anpassen. Entscheidungen können rückwirkende Zeiträume umfassen, wenn die Voraussetzungen bereits früher erfüllt waren.

Gleichstellung

Personen mit einem GdB von 30 oder 40 können unter bestimmten arbeitsbezogenen Bedingungen einer schwerbehinderten Person gleichgestellt werden. Die Gleichstellung betrifft vor allem den Kündigungsschutz und die Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben; sie ändert den GdB nicht.

Rechtsfolgen und Nachteilsausgleiche

Schwerbehindertenstatus

Ab einem GdB von 50 besteht der Status als schwerbehinderter Mensch. Dieser ist mit besonderen Schutzrechten und Nachteilsausgleichen verbunden, die der Teilhabe und dem Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile dienen.

Beschäftigung und Arbeitsschutz

Rechtliche Folgen umfassen insbesondere zusätzlichen Erholungsurlaub, besonderen Kündigungsschutz, Beteiligung der Interessenvertretung schwerbehinderter Menschen, Fördermöglichkeiten für Beschäftigung und Ausbildung sowie Pflichten des Arbeitgebers zur behinderungsgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes. Öffentliche und private Arbeitgeber mit einer bestimmten Beschäftigtenzahl haben eine Beschäftigungsquote zu erfüllen; bei Nichterfüllung fällt eine Ausgleichsabgabe an.

Steuerliche Erleichterungen

Der GdB kann pauschale steuerliche Entlastungen begründen. Bei bestimmten Merkzeichen kommen weitere steuerliche Vergünstigungen in Betracht.

Mobilität und weitere Nachteilsausgleiche

Je nach Merkzeichen bestehen Ermäßigungen oder unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr, Parkerleichterungen, Vergünstigungen bei der Kraftfahrzeugsteuer sowie Ansprüche auf Begleitperson im Nahverkehr.

Bildung, Rehabilitation und Teilhabeleistungen

Rechtsfolgen erstrecken sich auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben sowie Nachteilsausgleiche im Bildungsbereich. Ziel ist der Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile.

Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen

Schwerbehindertenausweis

Der Schwerbehindertenausweis dient als Nachweis des Status und der festgestellten Merkzeichen. Er enthält regelmäßig Angaben zur Gültigkeit und zu Merkzeichen; der konkrete Zahlenwert des GdB wird im Ausweis üblicherweise nicht ausgewiesen.

Merkzeichen und ihre Bedeutung

Merkzeichen kennzeichnen besondere Umstände der Behinderung und sind für bestimmte Nachteilsausgleiche maßgeblich. Häufige Merkzeichen sind:

  • G – erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
  • aG – außergewöhnliche Gehbehinderung
  • B – Notwendigkeit ständiger Begleitung
  • H – Hilflosigkeit
  • Bl – Blindheit
  • Gl – Gehörlosigkeit
  • TBl – Taubblindheit
  • RF – Ermäßigung beim Rundfunkbeitrag

Die Vergabe von Merkzeichen setzt jeweils besondere, eigenständige Voraussetzungen voraus und ist unabhängig vom bloßen GdB-Wert.

Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen

Bei Minderjährigen orientiert sich die Bewertung an altersentsprechender Entwicklung. Maßgeblich ist, inwieweit die Teilhabe im Vergleich zu Gleichaltrigen beeinträchtigt ist. Entwicklungsverzögerungen, angeborene Beeinträchtigungen und chronische Erkrankungen werden nach denselben Grundsätzen wie bei Erwachsenen beurteilt, jedoch mit kindbezogenem Maßstab.

Datenschutz und Offenlegung

Vertraulichkeit der Gesundheitsdaten

Angaben zum GdB und zu Merkzeichen sind Gesundheitsdaten mit besonderem Schutz. Behörden und beteiligte Stellen unterliegen dem Datenschutz. Nachweise werden nur dort verlangt, wo rechtliche Ansprüche oder Nachteilsausgleiche geprüft werden.

Mitteilung gegenüber Arbeitgebern

Eine Offenlegung ist grundsätzlich freiwillig. Für die Inanspruchnahme bestimmter Rechte im Arbeitsverhältnis kann die Mitteilung erforderlich sein. Benachteiligungen wegen der Behinderung sind unzulässig.

Änderung, Überprüfung und Rechtsschutz

Gegen Feststellungen können Rechtsbehelfe eingelegt werden. Änderungen sind möglich, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich verbessert oder verschlechtert oder neue Erkenntnisse vorliegen. Eine Herauf- oder Herabsetzung des GdB sowie die Vergabe oder der Entzug von Merkzeichen erfolgen durch erneute Prüfung.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Grad der Behinderung

Was bedeutet der Grad der Behinderung konkret?

Der GdB ist eine abgestufte Bewertung, wie stark eine dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschränkt. Er spiegelt nicht die Diagnose, sondern die funktionellen Auswirkungen wider.

Ab welchem Grad gilt eine Person als schwerbehindert?

Der Status als schwerbehinderter Mensch besteht ab einem GdB von 50. Darunter bestehen je nach GdB und Merkzeichen einzelne Nachteilsausgleiche; eine Gleichstellung ist unter bestimmten Voraussetzungen ab GdB 30 möglich.

Wie wird der Grad der Behinderung festgestellt?

Die Feststellung erfolgt durch die zuständige Landesbehörde auf Grundlage medizinischer Unterlagen und bundeseinheitlicher Bewertungsmaßstäbe. Das Ergebnis ist ein Bescheid mit Angabe des GdB und gegebenenfalls von Merkzeichen.

Werden mehrere Erkrankungen einfach addiert?

Nein. Bei mehreren Beeinträchtigungen wird ein Gesamt-GdB gebildet. Entscheidend sind die wechselseitigen Auswirkungen; eine bloße Summation einzelner Werte findet nicht statt.

Ist der Grad der Behinderung lebenslang gültig?

Nicht zwingend. Er kann befristet oder unbefristet festgestellt werden. Bei wesentlicher Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse ist eine Anpassung möglich.

Welche Rolle spielen Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis?

Merkzeichen kennzeichnen besondere Teilhabebeeinträchtigungen und sind Voraussetzung für bestimmte Nachteilsausgleiche, etwa im Nahverkehr, bei Parkerleichterungen oder in der Besteuerung.

Was bedeutet Gleichstellung bei GdB 30 oder 40?

Gleichgestellte Personen werden in bestimmten Bereichen des Arbeitsrechts schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, ohne dass sich der GdB ändert. Ziel ist der Schutz vor Benachteiligungen im Arbeitsleben.

Müssen Beschäftigte den GdB gegenüber dem Arbeitgeber offenlegen?

Eine Offenlegung ist grundsätzlich freiwillig. Für die Inanspruchnahme arbeitsrechtlicher Schutzrechte und Nachteilsausgleiche kann ein Nachweis erforderlich sein. Benachteiligungen wegen der Behinderung sind unzulässig.