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Google Street View: Rechtliche Einordnung und Rahmenbedingungen

Google Street View ist ein auf dem Kartendienst Google Maps basierender Dienst, der Nutzern die virtuelle Erkundung von Straßen und öffentlichen Plätzen weltweit ermöglicht. Durch die Verwendung speziell ausgestatteter Kamerafahrzeuge, die Panoramabilder im 360-Grad-Winkel aufnehmen, entsteht eine begehbare Ansicht von Städten, Dörfern und Sehenswürdigkeiten. Der folgende Artikel untersucht systematisch die rechtlichen Implikationen und Anforderungen, die mit Betrieb und Nutzung von Google Street View einhergehen, insbesondere im europäischen und deutschen Rechtskontext.


Datenschutzrechtliche Aspekte

Personenbezogene Daten und Gesichtserkennung

Die Verarbeitung personenbezogener Daten steht im Zentrum der rechtlichen Bewertung von Google Street View. Beim Befahren öffentlicher Straßen werden nicht nur Gebäude und Fahrzeuge, sondern auch Passanten, Autokennzeichen und Hausnummern erfasst. Diese Daten können gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) als personenbezogen gelten, sofern sie Rückschlüsse auf eine identifizierbare Person zulassen.

Google ist nach europäischem Recht dazu verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre zu implementieren. Dazu zählt insbesondere die automatische Verpixelung von Gesichtern und Kfz-Kennzeichen, bevor Bildmaterial veröffentlicht wird.

Betroffenenrechte und Widerspruchsmöglichkeiten

Betroffene, deren Hausfassade, Grundstück oder Person von den Kameras erfasst wurde, können gemäß DSGVO und ergänzenden Vorschriften des Telemediengesetzes (TMG) der Veröffentlichung widersprechen. Google bietet hierzu ein Online-Formular, mit dem Anwohner die Unkenntlichmachung ihrer Immobilien beantragen können. Auch nach Veröffentlichung besteht weiterhin das Recht auf Löschung oder Verpixelung, sofern berechtigte Interessen dargelegt werden.


Urheberrechtliche Rahmenbedingungen

Schutz von Bauwerken und Kunstwerken

Bei der Veröffentlichung von Street-View-Bildern sind urheberrechtliche Vorschriften zu beachten. In Deutschland gilt insoweit § 59 UrhG (Panoramafreiheit): Architekturwerke, Kunstwerke und Skulpturen, die dauerhaft im öffentlichen Straßenraum platziert sind, dürfen grundsätzlich fotografiert und deren Abbildung auch kommerziell genutzt werden. Dies gilt jedoch nicht für Innenaufnahmen oder Kunstwerke auf Privatgrundstücken, sofern diese nicht von öffentlichem Grund uneingeschränkt einsehbar sind.

Persönlichkeitsrecht

Recht am eigenen Bild

Das „Recht am eigenen Bild“ ist ein zentrales Persönlichkeitsrecht und durch das Kunsturhebergesetz (§§ 22, 23 KUG) geschützt. Hiernach dürfen Bilder von Personen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden. Ausnahmen greifen dann, wenn die Abgebildeten nur „Beiwerk“ neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit sind und die Abbildung keine Herabwürdigung beinhaltet. Die von Google praktizierte Verpixelung dient dazu, Konflikte aus dem Persönlichkeitsrecht möglichst auszuschließen.

Schutz der Privatsphäre und Abwehrrechte

Louisquellenschutz, Schutz gegen Ausforschung von Wohnverhältnissen und Schutz der Privatheit spielen beim Betrieb von Street View eine zentrale Rolle. Verdeckte oder nicht einsehbare Bereiche privater Grundstücke dürfen nicht zugänglich gemacht oder veröffentlicht werden. Hier können direkt Unterlassungsansprüche gegenüber Google geltend gemacht werden, wenn gegen diese Grundsätze verstoßen wird.


Eigentums- und Hausrecht

Rechte von Grundstückseigentümern

Grundstückseigentümer können sich grundsätzlich nicht gegen die Aufnahme von Ansichten aus öffentlich zugänglichem Raum wehren, sofern keine Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Das Anfertigen von Bildaufnahmen vom öffentlichen Straßenraum ist rechtlich zulässig, solange keine besonderen Schutzinteressen (z.B. denkmalgeschützte Anlagen mit Zugangsverbot) entgegenstehen. Das Betreten von Privatgrund ohne Erlaubnis bleibt jedoch untersagt.


Wettbewerbsrechtliche Einschätzungen

Marktstellung und Missbrauchsfälle

Google Street View ist als Bestandteil von Google Maps ein marktbeherrschendes Produkt. Wettbewerbsrechtlich sind Fragen der Diskriminierung, des Zugangs zu Rohdaten für Mitbewerber und das Verhältnis zu anderen Kartendiensten von Bedeutung. Die Europäische Kommission beobachtet insbesondere, inwieweit Google in der Präsentation von Dienstleistungen auf Google Maps Neutralität wahrt oder eigene Angebote bevorzugt.


Unterschiedliche Rechtslage weltweit

Internationale Betrachtung

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb und die Nutzung von Street-View-Diensten variieren international erheblich. Während in Deutschland und anderen EU-Staaten strenge datenschutzrechtliche Vorgaben gelten, ist die Rechtslage beispielsweise in den USA liberaler. Einige Länder (beispielsweise Österreich und die Schweiz) haben den Dienst zwischenzeitlich blockiert bzw. unter besondere Bedingungen gestellt.


Haftung und Verantwortlichkeit

Verantwortlichkeit für Inhalte

Als Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz ist Google für veröffentlichte Inhalte grundsätzlich verantwortlich, insbesondere wenn Rechtsverletzungen gemeldet werden. Bei Bekanntwerden rechtswidriger Inhalte (z.B. Verletzung von Persönlichkeits-, Eigentums- oder Urheberrechten) ist Google verpflichtet, diese unverzüglich zu entfernen oder zu sperren („notice and take down“).


Fazit

Google Street View steht im Spannungsfeld zwischen Informationsinteresse der Öffentlichkeit und individuellen sowie kollektiven Schutzinteressen. Die Einhaltung datenschutzrechtlicher und persönlichkeitsrechtlicher Vorgaben, das Beachtung des Urheberrechts sowie die Achtung von Eigentumsrechten und wettbewerbsrechtlichen Standards sind entscheidend für die Rechtmäßigkeit des Dienstes. Rechtliche Auseinandersetzungen um Google Street View haben Vorbildcharakter und prägen die Entwicklung des digitalen Bildrechts maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen gelten für die Veröffentlichung von Bildmaterial bei Google Street View?

Die Veröffentlichung von Bildmaterial durch Google Street View unterliegt dem europäischen und insbesondere dem deutschen Datenschutzrecht, insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Personenbezogene Daten, die auf den Aufnahmen erkennbar sind – hierzu zählen insbesondere Gesichter von Passanten oder Kfz-Kennzeichen – dürfen grundsätzlich nicht ohne rechtliche Grundlage veröffentlicht werden. Google ist daher verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Anonymisierung personenbezogener Merkmale sicherzustellen. Dies erfolgt zumeist durch die automatische Unkenntlichmachung (Verpixelung) relevanter Bildinhalte. Betroffene Personen können darüber hinaus von ihrem Recht auf Widerspruch Gebrauch machen, beispielsweise indem sie die Unkenntlichmachung ihrer Wohngebäude oder Fahrzeuge beantragen. Die Verarbeitung und Veröffentlichung von Bildmaterial muss zudem einer Interessenabwägung standhalten, insbesondere im Kontext des berechtigten Interesses von Google an der Datenverarbeitung und etwaigen entgegenstehenden Interessen betroffener Personen an der Wahrung ihrer Privatsphäre.

Welche Möglichkeiten haben Betroffene, gegen die Darstellung ihres Hauses oder ihrer Person bei Google Street View vorzugehen?

Betroffene Personen haben verschiedene Rechte und Möglichkeiten, gegen die Veröffentlichung von Bildmaterial ihres Hauses oder ihrer Person bei Google Street View vorzugehen. Zentral ist das Recht auf Widerspruch gemäß Artikel 21 DSGVO. Betroffene können einen Antrag auf Unkenntlichmachung („Unblur“ oder „Blur Request“) direkt bei Google einreichen. Das Unternehmen ist verpflichtet, diesen Antrag unverzüglich zu prüfen und die gewünschten Bereiche dauerhaft zu verpixeln. Darüber hinaus besteht ein Beschwerderecht bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde. Im Einzelfall können auch zivilrechtliche Ansprüche, etwa auf Unterlassung gemäß §§ 823, 1004 BGB analog, sowie gegebenenfalls Schadensersatzansprüche wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung in Betracht kommen.

Welche rechtlichen Grundlagen erlauben Google die Erfassung und Veröffentlichung von Straßenbildern?

Die juristische Grundlage für die Erfassung und Veröffentlichung von Straßenbildern durch Google Street View besteht primär im sogenannten „berechtigten Interesse“ nach Artikel 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Dieses Interesse bezieht sich auf die unternehmerischen Zwecke von Google, insbesondere zur Bereitstellung von Kartendiensten und Navigationshilfen. Darüber hinaus gibt es Ausnahmeregelungen für die Erstellung von Bildaufnahmen im öffentlichen Raum, sofern keine spezifische Erlaubnis erforderlich ist und keine Intimsphären verletzt werden. Allerdings sind die Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§§ 823, 1004 BGB analog) sowie die Vorschriften über das Recht am eigenen Bild nach § 22 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) zu beachten. Sobald Personen erkennbar sind oder private Grundstücke betroffen sind, sind besondere Einschränkungen zu berücksichtigen.

Gibt es gesetzliche Vorgaben zur Verpixelung von Gesichtern oder Kfz-Kennzeichen in Street View?

Ja, für die Veröffentlichung von Aufnahmen, auf denen Personen oder Kennzeichen identifizierbar sind, bestehen umfassende rechtliche Vorgaben. Nach deutschem Datenschutzrecht – konkret gemäß der Auslegung durch die Datenschutzkonferenz und Gerichtsentscheidungen – dürfen solche identifizierbaren Merkmale ohne Einwilligung der Betroffenen nicht gezeigt werden. Daher ist Google verpflichtet, Gesichter, Kfz-Kennzeichen und andere personenbezogene Daten automatisch zu verpixeln, bevor die Bilder veröffentlicht werden. Dies erfolgt durch den Einsatz spezieller Softwareverfahren im Rahmen der Bildbearbeitung. Darüber hinaus muss ein nachgelagerter Widerspruch jederzeit möglich sein, um zusätzliche Wünsche der Betroffenen zur Verpixelung zu berücksichtigen. Die Einhaltung dieser Maßgaben wird regelmäßig von den Datenschutzbehörden überprüft.

Wie werden Beschwerden von Betroffenen im Rahmen von Google Street View bearbeitet?

Beschwerden von Betroffenen im Kontext von Google Street View werden in einem mehrstufigen Verfahren behandelt. Zunächst ist Google verpflichtet, dem Beschwerdeweg für datenschutzrechtliche Anliegen ein offenes und transparentes Verfahren zu bieten. Nach Eingang eines Antrags auf Unkenntlichmachung prüft Google diesen unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage und führt die gewünschte Verpixelung in der Regel zeitnah durch. Erhält Google eine Datenschutzbeschwerde, die auf eine angeblich rechtswidrige Veröffentlichung hinweist, ist das Unternehmen verpflichtet, diese gründlich zu prüfen und dem Betroffenen innerhalb einer angemessenen Frist zu antworten. Zusätzlich steht Betroffenen der Weg zur zuständigen nationalen Datenschutzaufsichtsbehörde offen, falls Google dem Anliegen nicht oder nicht ausreichend nachkommt.

Unter welchen Umständen ist die Veröffentlichung von Bildmaterial von Privatgrundstücken bei Google Street View zulässig?

Die Veröffentlichung von Bildmaterial von Privatgrundstücken ist nur dann zulässig, wenn dabei keine berechtigten Interessen des Grundstückseigentümers oder anderer Betroffener verletzt werden. Dies ergibt sich aus einer Interessenabwägung gemäß Artikel 6 Abs. 1 lit. f DSGVO. Kommt es zu einer Beeinträchtigung von Rechten wie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder dem Hausrecht, ist Google verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz dieser Rechte zu ergreifen, etwa durch Verpixelung des Grundstücks. Privatgrundstücke, die von öffentlichen Straßen aus sichtbar sind, dürfen grundsätzlich aufgenommen werden, sofern keine besonderen Schutzinteressen entgegenstehen. Stehen allerdings Aufnahmen von nicht einsehbaren Bereichen oder des Innenbereichs eines Grundstücks im Raum, ist dies ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen unzulässig.

Wer ist bei Verstößen gegen den Datenschutz durch Google Street View verantwortlich und wie werden Verstöße sanktioniert?

Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von Google Street View ist die Google LLC bzw. deren europäische Niederlassung als Verantwortliche im Sinne der DSGVO definiert. Im Fall von Datenschutzverstößen können die zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden konkrete Anordnungen treffen, die Löschung von Bildmaterial verlangen oder die Verarbeitung untersagen. Bei schweren oder wiederholten Verstößen drohen zudem Bußgelder gemäß Artikel 83 DSGVO, die sich an der Schwere und Dauer des Verstoßes sowie am Umsatz des Unternehmens orientieren können. Darüber hinaus können betroffene Personen innerhalb des zivilrechtlichen Klagewegs Schadensersatz nach Artikel 82 DSGVO geltend machen.