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Gleichstellungsbeauftragte


Begriff und Rechtsgrundlagen der Gleichstellungsbeauftragten

Die Gleichstellungsbeauftragte ist eine institutionalisierte Stelle in öffentlichen Verwaltungen und bestimmten anderen Organisationen, die dazu dient, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben und im öffentlichen Dienst zu fördern sowie bestehende Benachteiligungen abzubauen. Ihre Aufgaben, Rechte und Pflichten sind vor allem in den jeweiligen Landesgleichstellungsgesetzen (LGG) und im Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) geregelt. In diesem Zusammenhang hat die Gleichstellungsbeauftragte eine gesetzlich verankerte und unabhängige Funktion als Interessenvertretung zur Umsetzung des Gleichstellungsgebots.


Aufgaben und Funktionen der Gleichstellungsbeauftragten

Förderung und Durchsetzung der Gleichstellung

Zu den Hauptaufgaben der Gleichstellungsbeauftragten gehört die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb der Behörde oder Einrichtung. Sie achtet darauf, Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts zu beseitigen und unterstützt die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Hierzu überwacht sie Maßnahmen bei Stellenausschreibungen, Einstellungen, beruflichen Entwicklungen sowie Förderprogrammen zur Erreichung eines ausgewogenen Anteils beider Geschlechter in allen Hierarchieebenen.

Mitwirkung und Initiativrecht

Die Gleichstellungsbeauftragte ist frühzeitig und umfassend an allen Angelegenheiten der Dienststelle oder Organisation zu beteiligen, die Auswirkungen auf die Gleichstellung haben können. Dazu zählen Personalmaßnahmen, Strukturveränderungen sowie Regelungen zu Arbeitszeiten und Teilzeitmodellen. Durch ein weitgehendes Initiativrecht kann die Gleichstellungsbeauftragte eigene Vorschläge zur Förderung der Gleichstellung einbringen.

Kontrollfunktion und Beratung

Die Gleichstellungsbeauftragte kontrolliert, ob die gesetzlichen Vorgaben zur Gleichstellung eingehalten werden, und berät Beschäftigte und Leitung bei Verdacht auf Diskriminierung oder bei Fragen zur Umsetzung des Gleichstellungsauftrags. Sie wirkt darauf hin, Diskriminierungen zu unterbinden und Gleichstellungsmaßnahmen kontinuierlich weiterzuentwickeln.


Rechtlicher Status und rechtlicher Schutz

Wahl, Bestellung und Stellung

Die Gleichstellungsbeauftragte wird in der Regel von den weiblichen Beschäftigten der Dienststelle oder Verwaltungseinheit gewählt. Sie hat einen eigenen rechtlichen Status, der ihre Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit sichert. Gesetzlich vorgesehen ist, dass ihr aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben keine Nachteile entstehen dürfen (Benachteiligungsverbot, § 28 BGleiG).

Beteiligungs- und Anhörungsrechte

Eine zentrale rechtliche Befugnis ist das umfassende Beteiligungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten. Bei Maßnahmen mit Gleichstellungsbezug muss sie frühzeitig und kontinuierlich informiert werden. Ihr steht in bestimmten Personalangelegenheiten, wie bei Einstellungen, Versetzungen und Beförderungen, ein Anhörungsrecht zu. Sie kann Maßnahmen mit einer sogenannten „Gleichstellungseinrede“ beanstanden und deren Umsetzung verzögern oder die Personalvertretung informieren.

Geheimhaltungspflichten und Datenschutz

Die Gleichstellungsbeauftragte unterliegt der Pflicht zur vertraulichen Behandlung aller im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen personenbezogenen Daten (Verschwiegenheitspflicht). Sie hat dabei insbesondere die Bestimmungen des Datenschutzes einzuhalten.


Gesetzliche Grundlagen

Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)

Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) gilt für die Bundesverwaltung und legt die Stellung, Wahl, Aufgaben sowie die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten fest (§§ 17-32 BGleiG). Es schreibt die Gleichstellungsförderung als durchgängiges Leitprinzip vor und enthält Vorgaben für Gleichstellungspläne sowie für die umfassende Berichterstattung.

Landesgleichstellungsgesetze (LGG)

In jedem Bundesland bestehen eigene Gleichstellungsgesetze, in denen die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten an den dortigen Dienststellen geregelt ist. Diese Gesetze sehen jeweils vergleichbare Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte vor, evtl. bestehen Unterschiede bezüglich der Wahlmodalitäten und des Umfangs der Beteiligung.


Rechte und Pflichten in der täglichen Praxis

Mitwirkung in Auswahlverfahren

Die Gleichstellungsbeauftragte ist aktiv bei Stellenausschreibungen, Bewerbungsverfahren und Auswahlentscheidungen zu beteiligen. Ziel ist die Verhinderung von Diskriminierungen nach dem Geschlecht im gesamten Auswahlprozess. Ist sie nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, können Auswahlverfahren im Nachhinein angefochten werden.

Teilnahme an Besprechungen

Die Gleichstellungsbeauftragte hat das Recht zur Teilnahme an allen dienstlichen Besprechungen und Sitzungen, die ihre Aufgaben berühren. Ihr steht Rederecht zu und sie kann Anträge und Stellungnahmen einbringen.

Fortbildung und Ausstattung

Die Dienststelle hat der Gleichstellungsbeauftragten die für ihre Tätigkeit notwendige Zeit, Infrastruktur (z.B. Büro, Technik), Personalressourcen sowie Zugang zu Fortbildungen bereitzustellen. Dadurch wird eine sachgerechte Wahrnehmung der umfassenden Aufgaben gewährleistet.


Rechtsschutz und Rechtsdurchsetzung

Beschwerderecht und gerichtliche Geltendmachung

Bei Verletzungen ihrer Rechte kann die Gleichstellungsbeauftragte interne und externe Beschwerdemechanismen nutzen. In Konfliktfällen kann sie den Personalrat oder die Dienststellenleitung einschalten. Im Streitfall besteht die Möglichkeit, im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes die Beteiligungsrechte einzuklagen.

Sanktionen bei Rechtsverstößen

Verstoßen Behörden gegen die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten, können daraus weitreichende Folgen bis zur Rücknahme von Personalmaßnahmen resultieren. Gleichstellungspläne und Maßnahmen können für unwirksam erklärt werden, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung nicht erfolgt ist.


Bedeutung und Entwicklungsperspektiven

Die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten bildet einen zentralen Baustein im deutschen Gleichstellungsrecht. Sie trägt entscheidend zur Umsetzung des Verfassungsauftrags aus Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz bei, wonach der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert. Die Funktion entwickelt sich fortlaufend weiter und gewinnt angesichts zunehmender Sensibilisierung für Diversität, Diskriminierungsschutz und moderne Arbeitsformen an Bedeutung.


Literatur und weiterführende Hinweise

  • Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG)
  • Landesgleichstellungsgesetze Hessen, NRW, Berlin u.a.
  • Artikel 3 Grundgesetz
  • Broschüren und Informationen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
  • Publikationen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Dieses Stichwort erläutert wesentliche rechtliche Aspekte, Aufgaben und die praktische Bedeutung der Gleichstellungsbeauftragten in Deutschland, entsprechend den maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten?

Die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten ist in Deutschland vor allem durch das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) und die jeweiligen Landesgleichstellungsgesetze geregelt. Im öffentlichen Dienst, insbesondere bei Bund, Ländern und Kommunen, gehören diese Regelungen zum Pflichtbestandteil der Personal- und Organisationspolitik. Sie konkretisieren Rechte, Pflichten und Beteiligungsmöglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten, legen Verfahren zur Bestellung und zur Amtsausübung fest und regeln wirksamen Rechtsschutz, zum Beispiel durch den Zugang zu den Verwaltungsgerichten. Ergänzend beziehen sich weitere Bestimmungen auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das insbesondere im Kontext des Diskriminierungsschutzes von Bedeutung ist. Zudem sind tarifvertragliche Regelungen sowie Dienstvereinbarungen oft heranzuziehen. Die gesetzlichen Grundlagen verpflichten Arbeitgeber dazu, Gleichstellung aktiv zu fördern und die Gleichstellungsbeauftragte bei allen Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung frühzeitig und umfassend zu beteiligen.

Welche Beteiligungsrechte hat die Gleichstellungsbeauftragte im Rahmen von Personalmaßnahmen?

Die Gleichstellungsbeauftragte verfügt über ausgeprägte Beteiligungsrechte, wenn es um Personalangelegenheiten geht, die die Gleichstellung von Frauen und Männern tangieren könnten. Nach den relevanten gesetzlichen Regelungen (z.B. § 17 BGleiG) ist sie insbesondere bei Einstellungen, Beförderungen, Versetzungen, Abordnungen und Entlassungen sowie bei der Ausgestaltung von Arbeitsbedingungen und bei dienstlichen Beurteilungen zu beteiligen. Ihre Stellung ist dabei mit einem weitgehenden Informations- und Anhörungsrecht versehen. Sie kann Stellungnahmen abgeben und Einwände erheben, die von der Dienststelle zu prüfen und zu dokumentieren sind. Bei Nichtbeachtung dieser Beteiligungsrechte besteht die Möglichkeit, bestimmte Personalmaßnahmen rechtlich anzufechten bzw. ihre Wirksamkeit anzuzweifeln.

Wie ist das Wahlverfahren für Gleichstellungsbeauftragte geregelt?

Das Wahlverfahren für Gleichstellungsbeauftragte ist detailliert im Bundesgleichstellungsgesetz und in den jeweiligen Landesgesetzen festgelegt. Wählbar sind ausschließlich weibliche Beschäftigte der jeweiligen Dienststelle oder des jeweiligen Betriebes. Die Wahl wird in der Regel von der Personalabteilung vorbereitet und durchgeführt, wobei häufig ein Wahlvorstand eingesetzt wird. Stimmberechtigt sind meist alle weiblichen Beschäftigten der Dienststelle. Die Gleichstellungsbeauftragte wird in geheimer Wahl gewählt, häufig für eine Amtszeit von vier bis sechs Jahren – eine Wiederwahl ist möglich. Die genaue Verfahrensweise (Wahlvorschläge, Durchführung, Bekanntgabe des Ergebnisses) unterliegt gesetzlichen Vorgaben und kann durch Dienstvereinbarungen weiter präzisiert werden.

Unterliegt die Gleichstellungsbeauftragte besonderen Schutzvorschriften hinsichtlich Kündigung und Versetzung?

Die Gleichstellungsbeauftragte genießt einen besonderen Kündigungs- und Versetzungsschutz, vergleichbar mit dem von Betriebsratsmitgliedern oder Personalräten. Gemäß § 20 BGleiG und den entsprechenden Bestimmungen der Landesgesetze ist eine ordentliche Kündigung während der Amtszeit und bis zu einem Jahr nach deren Beendigung grundsätzlich unzulässig. Auch eine Abordnung oder Versetzung gegen ihren Willen ist nur unter besonderen, gesetzlich sehr eng auszulegenden Voraussetzungen möglich. Ziel dieses Schutzes ist, die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit der Tätigkeit sicherzustellen und Diskriminierungen oder Benachteiligungen aufgrund des Amtes zu verhindern.

Welche Möglichkeiten hat die Gleichstellungsbeauftragte, Entscheidungen der Dienststellenleitung anzufechten?

Kommt die Gleichstellungsbeauftragte zu dem Schluss, dass eine Maßnahme gegen Gleichstellungsvorschriften verstößt oder sie nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde, kann sie eine sogenannte Beanstandung erheben. Nach den einschlägigen Gesetzen (z.B. § 25 BGleiG) hat diese Beanstandung aufschiebende Wirkung, das heißt, die maßgebliche Maßnahme darf zunächst nicht umgesetzt werden. Wird keine Einigung erzielt, kann die Gleichstellungsbeauftragte innerhalb einer vorgeschriebenen Frist das zuständige Gericht (Verwaltungsgericht) anrufen. So wird rechtlich sichergestellt, dass Gleichstellungsbelange auch tatsächlich beachtet werden und die Gleichstellungsbeauftragte ein effektives Mitspracherecht hat.

Welche Pflichten bestehen für die Dienststelle im Umgang mit der Gleichstellungsbeauftragten?

Die Dienststelle ist gesetzlich verpflichtet, die Gleichstellungsbeauftragte bei allen Maßnahmen und Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung rechtzeitig und umfassend zu informieren und zu beteiligen. Dies betrifft insbesondere Personalmaßnahmen, aber auch organisatorische Veränderungen, die Beschäftigungsbedingungen beeinflussen könnten. Die Dienststelle muss es der Gleichstellungsbeauftragten ermöglichen, ihre Aufgabe unabhängig und eigenverantwortlich wahrzunehmen. Dazu gehört der Zugang zu allen erforderlichen Unterlagen, die Bereitstellung von Arbeitsmitteln und eines eigenen Budgets sowie die Freistellung von den regulären dienstlichen Aufgaben in entsprechendem Umfang. Verstöße gegen diese Pflichten können zu rechtlichen Folgen führen und unter Umständen die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen.

Inwieweit ist die Gleichstellungsbeauftragte zur Verschwiegenheit verpflichtet?

Die Gleichstellungsbeauftragte unterliegt ebenso wie andere Interessenvertretungen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht. Dies ist gesetzlich ausdrücklich normiert (z.B. § 21 BGleiG). Sie ist dazu verpflichtet, sämtliche personenbezogenen Daten sowie vertrauliche Informationen, die ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werden, geheim zu halten – insbesondere gegenüber unbeteiligten Dritten. Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich sowohl auf dienstliche als auch auf private Informationen, die sie im Zusammenhang mit Gleichstellungsanliegen erhält. Ihre Verletzung kann dienstrechtliche und in bestimmten Fällen sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.