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Gleichgeschlechtliche Beziehungen


Begriff und Bedeutung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen

Gleichgeschlechtliche Beziehungen bezeichnen Partnerschaften oder Ehen zwischen zwei Menschen gleichen Geschlechts. Dieses gesellschaftliche und rechtliche Phänomen hat in den letzten Jahrzehnten weltweit an Relevanz gewonnen und unterliegt in zahlreichen Rechtsordnungen einer stetigen Weiterentwicklung. Im Folgenden werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und Regelungen in Deutschland sowie relevante internationale Aspekte umfassend dargestellt.

Historische Entwicklung gleichgeschlechtlicher Beziehungen im Recht

Strafrechtliche Verfolgung und Entkriminalisierung

Lange Zeit unterlagen gleichgeschlechtliche Beziehungen in vielen Staaten, darunter auch Deutschland, strafrechtlichen Verboten. Insbesondere war der sogenannte § 175 des deutschen Strafgesetzbuchs von 1871 bis 1994 in Kraft, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte. Im Jahr 1994 wurde dieser Paragraph ersatzlos gestrichen, womit die strafrechtliche Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in Deutschland beendet wurde.

Anerkennung und Gleichstellung

Die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen entwickelte sich schrittweise weiter. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden in vielen Ländern Partnerschaftsgesetze eingeführt, bevor die vollständige Gleichstellung mit der Ehe durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare („Ehe für alle“) erfolgte. In Deutschland trat dieses Gesetz zum 1. Oktober 2017 in Kraft.

Gesetzliche Regelungen in Deutschland

Eingetragene Lebenspartnerschaft

Mit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) im Jahr 2001 wurde in Deutschland erstmals eine rechtliche Institution für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen. Diese „eingetragene Lebenspartnerschaft“ ermöglichte es Paaren gleichen Geschlechts, ihre Beziehung in ähnlicher Weise wie eine Ehe rechtlich abzusichern. Rechte und Pflichten ähnelten weitgehend denen der Ehe, unterschieden sich jedoch in einzelnen Punkten, wie beispielsweise im Adoptionsrecht.

Wesentliche Inhalte des Lebenspartnerschaftsgesetzes

  • Begründung

Die Begründung einer Lebenspartnerschaft erfolgte durch Anmeldung beim Standesamt.

  • Rechtsfolgen

Hierzu zählten unter anderem gegenseitige Unterhaltspflichten, Erb- und Versorgungsrechte.

  • Beendigung

Die Aufhebung richtete sich nach ähnlichen Vorschriften wie die Scheidung einer Ehe.

Seit Einführung der „Ehe für alle“ im Jahr 2017 ist die Begründung neuer Lebenspartnerschaften in Deutschland nicht mehr möglich, bestehende Lebenspartnerschaften können jedoch auf Wunsch in eine Ehe umgewandelt werden.

Ehe für alle

Mit Einführung der „Ehe für alle“ stehen gleichgeschlechtlichen Paaren sämtliche ehelichen Rechte und Pflichten offen. Dies umfasst insbesondere:

  • Eheschließung vor dem Standesamt
  • Adoptionsrecht: Volles gemeinsames Adoptionsrecht
  • Unterhaltsrecht
  • Steuerrecht: Geltung des Ehegattensplittings
  • Erbrecht
  • Versorgungs- und Sozialrecht
  • Scheidungsrecht

Nach deutschem Recht ist die Ehe ausdrücklich geschlechtsneutral formuliert (§ 1353 BGB), sodass keine rechtlichen Unterschiede zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Ehen bestehen.

Familienrechtliche Aspekte

Gleichgeschlechtliche Paare können gemeinsam Kinder adoptieren. Dabei finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Adoption uneingeschränkt Anwendung. Die Elternschaft kann auch durch künstliche Befruchtung und die Anerkennung der „Mitmutterschaft“ begründet werden, sofern ein Partner das Kind geboren hat.

Steuerrechtliche Gleichstellung

Im Steuerrecht genießen gleichgeschlechtliche Ehen dieselbe Stellung wie verschiedengeschlechtliche. Das sogenannte „Ehegattensplitting“, ehebedingte Freibeträge und gemeinsame Veranlagung standen zwar ab 2013 auch eingetragenen Lebenspartnerschaften offen, sind aber nach Einführung der Ehe für alle nun direkt für alle Ehen anwendbar.

Diskriminierungsverbot und Antidiskriminierungsrecht

Grundgesetz und Menschenrechte

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sichert nach Artikel 3 Abs. 1 und 3 die Gleichbehandlung aller Menschen. Weder Geschlecht noch sexuelle Orientierung dürfen einen Grund für Benachteiligungen darstellen. Diese Gleichstellung wurde durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts zusätzlich gestützt und weiter konkretisiert.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Benachteiligungen unter anderem aufgrund der sexuellen Identität in verschiedenen Lebensbereichen wie Arbeitswelt, Bildung und Versorgung mit Waren und Dienstleistungen.

Internationale Rechtslage

Europäische Union

Die Europäische Union setzt sich mit der Antidiskriminierungsrichtlinie (RL 2000/78/EG) für die Gleichstellung ein. Obwohl keine harmonisierte Regelung zum Ehe- oder Partnerschaftsrecht auf europäischer Ebene existiert, werden gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Fragen der Niederlassungsfreiheit und Aufenthaltsrechten zunehmend anerkannt.

Weitere Staaten

Die Rechtslage hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Beziehungen unterscheidet sich international erheblich. In vielen europäischen Staaten, Nordamerika und einigen Ländern Südamerikas und Ozeaniens sind gleichgeschlechtliche Eheschließungen möglich. In anderen Staaten besteht lediglich die Möglichkeit eingetragener Partnerschaften, während in wiederum anderen Staaten gleichgeschlechtliche Beziehungen strafrechtlich verfolgt werden.

Schutzrechte und internationale Herausforderungen

Gleichgeschlechtliche Paare genießen, insbesondere im Rahmen internationaler Aufenthalte oder grenzüberschreitender Rechtsverhältnisse, einen durch internationale Abkommen und das Diskriminierungsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gestärkten Schutz. Dennoch besteht vielfach Unsicherheit bei der Anerkennung von Ehen oder elterlichen Beziehungen, wenn gleichgeschlechtliche Paare in einen Staat reisen oder umziehen, in dem ihre Partnerschaft keine rechtliche Anerkennung erfährt.

Ausblick

Die Entwicklung der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ist weiterhin einem Wandel unterzogen, insbesondere in Anbetracht gesellschaftlicher und internationaler Einflüsse. Die aktuelle deutsche Gesetzgebung stellt eine vollständige Gleichstellung sicher und schützt vor Diskriminierung. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten und im internationalen Kontext bestehen jedoch weiterhin Herausforderungen.


Zusammenfassung:
Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind Partnerschaften oder Ehen zwischen Personen gleichen Geschlechts. Ihre rechtliche Anerkennung hat sich in Deutschland – von der jahrhundertelangen Kriminalisierung über die eingetragene Lebenspartnerschaft bis hin zur Öffnung der Ehe – nachhaltig verändert. Heute sind gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich weitgehend gleichgestellt, profitieren von umfassendem Diskriminierungsschutz und genießen dieselben Rechte wie verschiedengeschlechtliche Paare. International bestehen jedoch Unterschiede, die im Einzelfall zu beachten sind.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen gibt es für die Eheschließung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren in Deutschland?

Seit dem 1. Oktober 2017 können gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland rechtlich eine Ehe eingehen. Zuvor war lediglich eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz möglich. Für die Eheschließung müssen die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein wie bei verschiedengeschlechtlichen Paaren: Beide Partner müssen volljährig und geschäftsfähig sein, dürfen nicht bereits verheiratet bzw. in einer Lebenspartnerschaft gebunden sein und dürfen nicht in gerader Linie miteinander verwandt sein (z. B. Eltern-Kind, Geschwister). Die Anmeldung zur Eheschließung erfolgt beim zuständigen Standesamt. Im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen werden in Deutschland anerkannt, sofern die formalen Voraussetzungen des Eheschließungsortes eingehalten wurden, wobei beachtet werden muss, dass die Anerkennung erschwert sein kann, falls die Ehe aus Sicht des deutschen Rechts im Ausland als nicht zulässig gelten würde (z. B. bei Minderjährigkeit).

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft?

Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurden auch sämtliche Rechte und Pflichten, die zuvor ausschließlich verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren zustanden, auf gleichgeschlechtliche Ehepaare übertragen. Dies betrifft unter anderem das Eherecht (z. B. Zugewinngemeinschaft, Name), das Unterhaltsrecht, das Erbrecht sowie das Adoptionsrecht. Bestehende Lebenspartnerschaften werden weiterhin rechtlich anerkannt, neue können seit 2017 jedoch nicht mehr eingegangen werden. Die Lebenspartnerschaft beinhaltet weitgehend die gleichen Rechte und Pflichten wie die Ehe, allerdings bestehen in Detailfragen weiterhin Unterschiede, beispielsweise beim Adoptionsrecht, sofern die Partnerschaft nicht in eine Ehe umgewandelt wurde.

Welche Regelungen gelten bezüglich Adoption und Sorgerecht für gleichgeschlechtliche Paare?

Seit der Eheöffnung haben gleichgeschlechtliche Ehepaare das volle gemeinschaftliche Adoptionsrecht. Sie können somit auch gemeinsam ein nichtleibliches Kind adoptieren und erhalten das gleiche Sorgerecht wie verschiedengeschlechtliche Ehepaare. Für Lebenspartnerschaften galt zuvor lediglich das sogenannte Sukzessivadoptionsrecht, bei dem ein Partner ein bereits vom anderen adoptiertes Kind in einem separaten Verfahren adoptieren durfte. Bei leiblichen Kindern eines Ehepartners kann der andere Partner das Kind im Rahmen der Stiefkindadoption adoptieren, wodurch beide Partner als rechtliche Eltern gelten. Zuständigkeit und Verfahren richten sich nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Adoptionsrechts (§§ 1741 ff. BGB).

Können gleichgeschlechtliche Paare gemeinsam steuerlich veranlagt werden?

Ja, gleichgeschlechtliche Ehepaare haben im Steuerrecht die gleichen Rechte wie verschiedengeschlechtliche Ehepaare. Dies beinhaltet insbesondere das Ehegattensplitting, welches eine gemeinsame Veranlagung zur Einkommensteuer sowie zahlreiche steuerliche Vergünstigungen ermöglicht. Auch für eingetragene Lebenspartnerschaften besteht diese Möglichkeit seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (2013), rückwirkend bis zur Einführung dieser Partnerschaftsform. Nach der Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe bleibt die gemeinsame steuerliche Veranlagung ebenfalls bestehen.

Wie sieht der rechtliche Schutz vor Diskriminierung für gleichgeschlechtliche Paare aus?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Personen in Deutschland vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, beispielsweise im Arbeitsleben, bei Miete oder beim Zugang zu Dienstleistungen. Gleichgeschlechtliche Paare sind somit gesetzlich gegen Benachteiligungen geschützt. Im Familienrecht und Öffentlichen Recht ist auch durch die Öffnung der Ehe eine Gleichstellung vorgesehen. Dennoch können in Einzelfällen, etwa im internationalen Kontext, aufgrund abweichender Rechtslagen anderer Staaten Probleme auftreten, die außerhalb des Schutzbereichs des deutschen Rechts liegen.

Welche Besonderheiten gibt es bei der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und Familienformen im Ausland?

Die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Ehen oder Lebenspartnerschaften im Ausland hängt jeweils von den dortigen nationalen Gesetzen ab. Während viele europäische und außereuropäische Länder inzwischen gleichgeschlechtliche Ehen anerkennen, verweigern manche Staaten jegliche Anerkennung oder stellen bestimmte Voraussetzungen (z. B. Wohnsitzpflicht, Inlandsform). Dies kann Auswirkungen auf das Sorge- und Aufenthaltsrecht, Namensrecht oder steuerliche Aspekte haben. Vor Auslandsreisen oder einem geplanten Umzug ins Ausland sollten sich betroffene Paare über die Rechtslage im Zielland informieren.

Müssen bestehende Lebenspartnerschaften in eine Ehe umgewandelt werden?

Nein, bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften behalten ihre Rechtswirkung und müssen nicht in eine Ehe umgewandelt werden. Die Umwandlung in eine Ehe ist freiwillig und kann seit Oktober 2017 beim Standesamt beantragt werden. Mit der Umwandlung erhalten beide Partner nach deutschem Recht alle Rechte einer Ehe. Neue Lebenspartnerschaften können seit dem 01.10.2017 nicht mehr begründet werden, bestehende Lebenspartnerschaften werden allerdings weiterhin anerkannt und können auch in Zukunft rechtlich Bestand haben.