Begriff und rechtliche Einordnung des Girokontos
Das Girokonto ist ein Konto bei einem Kreditinstitut, das vor allem dem bargeldlosen Zahlungsverkehr, der Abwicklung von Überweisungen, Einzügen und Zahlungsanweisungen sowie der Verwahrung von Guthaben dient. Es ist im Geschäftsverkehr sowie im privaten Bereich das zentrale Instrument für den Zahlungsverkehr und spielt eine maßgebliche Rolle in nahezu allen wirtschaftlichen Transaktionen.
Rechtsgrundlagen des Girokontos
Grundlagen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Das Girokonto fußt überwiegend auf zivilrechtlichen Regelungen. Ein Girokonto basiert rechtlich auf einem sogenannten Kontokorrentvertrag gemäß §§ 355 ff. HGB (Handelsgesetzbuch) in Verbindung mit einem Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 675f BGB. Dieser Vertragstyp verpflichtet das kontoführende Kreditinstitut, für den Kontoinhaber Einzahlungen, Auszahlungen und Überweisungen entgegenzunehmen und entsprechende Buchungen vorzunehmen.
Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)
Mit Inkrafttreten des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) wurden die europäischen Vorgaben aus der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) national umgesetzt. Der Zahlungsdiensterahmenvertrag erfasst das Rechtsverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kontoinhaber hinsichtlich der Ausführung von Zahlungsvorgängen innerhalb des Girokontos sowie die daraus resultierenden Rechte und Pflichten beider Parteien.
Vertragstypische Rechte und Pflichten
Pflichten des Kreditinstituts
Das Kreditinstitut verpflichtet sich, den Zahlungsverkehr im Auftrag des Kontoinhabers durchzuführen, für die ordnungsgemäße Kontoführung Sorge zu tragen und regelmäßig über die Kontobewegungen zu informieren. Zu den Sorgfaltspflichten zählt auch die Einhaltung datenschutzrechtlicher Anforderungen und die Erfüllung von Informationspflichten gemäß §§ 675c ff. BGB.
Pflichten des Kontoinhabers
Der Kontoinhaber verpflichtet sich, das Konto im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen zu führen, Überziehungen nur im Rahmen eines eingeräumten Dispositionskredites vorzunehmen sowie die vereinbarten Entgelte (Kontoführungsgebühr, Buchungsposten) zu entrichten.
Kontenarten und rechtliche Besonderheiten
Einzelkonto und Gemeinschaftskonto
Einzelkonto
Hier steht allein dem Inhaber die Verfügungsgewalt zu. Rechtlich ist nur er berechtigt und verpflichtet.
Gemeinschaftskonto
Gemeinschaftskonten treten meist als sogenannte „Oder-Konten“ auf. Beide (oder mehrere) Kontoinhaber sind gemeinsam berechtigt, unabhängig von einander über das Guthaben zu verfügen. Gesetzliche Grundlage bildet § 428 BGB (Gesamtschuldnerische Haftung). Bei sogenannten „Und-Konten“ sind Verfügungen nur gemeinschaftlich möglich, was besondere Vereinbarungen voraussetzt.
Pfändungsschutzkonto (P-Konto)
Ein Girokonto kann auf Antrag in ein Pfändungsschutzkonto umgewandelt werden. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich in §§ 850k ZPO. Es schützt das Kontoguthaben bis zu der Pfändungsfreigrenze vor Zugriffen durch Gläubiger und soll insbesondere die Existenzsicherung gewährleisten.
Geschäftskonto
Ein Geschäftsgirokonto dient dem Zahlungsverkehr von Unternehmen und unterliegt gesonderten vertraglichen und handelsrechtlichen Bestimmungen. Für die Führung gelten die gleichen rechtlichen Grundsätze, jedoch können abweichende Vorschriften aus dem HGB und steuerrechtliche Anforderungen Anwendung finden.
Zahlungsverkehrsrechtliche Aspekte
Überweisungen, Lastschrift und Daueraufträge
Das rechtliche Rahmenwerk für die Durchführung von Überweisungen, Lastschriften und Daueraufträgen ist unter anderem in §§ 675c bis 676c BGB geregelt. Die Vorschriften bestimmen die Haftung bei Fehlbuchungen, Rückgaberechte, Autorisierung und Widerrufsfristen.
Bargeldtransaktionen
Ein- und Auszahlungen sind klassische Hauptleistungspflichten im Zusammenhang mit dem Girokonto und im BGB und im HGB geregelt. Die Vorschriften zum Eigentumsübergang bei Bareinzahlung sind insbesondere für den Kontoinhaber und das Kreditinstitut von Relevanz.
Verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen
Informationspflichten und Vertragsunterlagen
Kreditinstitute sind verpflichtet, vor und bei Vertragsschluss umfassende Informationen bereitzustellen. Die Informationspflichten ergeben sich aus den §§ 675d und 675i BGB sowie aus der Preisangabenverordnung (PAngV). Weiterhin ist der Kontoinhaber über alle wesentlichen Vertragsbestandteile, Entgelte und Risikoaufklärung zu informieren.
Widerrufsrecht
Bei Girokonten, die im Fernabsatz (z.B. online oder telefonisch) eröffnet werden, besteht gemäß §§ 312g, 355 BGB grundsätzlich ein gesetzliches Widerrufsrecht für Verbraucher, sofern keine gesetzlichen Ausnahmen greifen.
Datenschutz und Kontosicherheit
Datenschutz
Die Datenverarbeitung im Rahmen des Girokontos unterliegt den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Kontobewegungen und personenbezogene Daten dürfen nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben genutzt und gespeichert werden.
Kontosicherheit und Missbrauchsschutz
Das Kreditinstitut haftet nach Maßgabe des § 675y BGB für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge, mit bestimmten Einschränkungen, etwa bei grob fahrlässigem Verhalten des Kontoinhabers. Zur Sicherung von Online-Banking-Zugängen kommen Zwei-Faktor-Authentisierung und weitere Sicherheitsmerkmale zum Einsatz.
Beendigung und Kündigung des Girokontos
Das Girokonto kann von beiden Vertragsparteien gekündigt werden. Die Kündigungsmöglichkeiten und -fristen richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen und nach den Vorschriften der §§ 675f und 675h BGB. Bei Verbrauchern ist ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gesetzlich vorgesehen, sofern keine Mindestvertragslaufzeiten vereinbart sind.
Steuerrechtliche Behandlung
Guthaben auf dem Girokonto sind Bestandteil der steuerlichen Bemessungsgrundlage, sofern kapitalertragsteuerpflichtige Zinsen anfallen. Für Freistellungsaufträge und die Abführung der Kapitalertragsteuer gelten die Bestimmungen nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).
Durch die klare Verzahnung verschiedener Rechtsgebiete stellt das Girokonto ein zentrales Element des deutschen Zivil- und Wirtschaftsrechts dar. Seine rechtliche Ausgestaltung trägt maßgeblich zur Rechtssicherheit und zum Schutz der beteiligten Parteien im Zahlungsverkehr bei.
Häufig gestellte Fragen
Wer hat in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf die Eröffnung eines Girokontos (Basiskonto)?
Nach dem Zahlungskontengesetz (ZKG) hat grundsätzlich jede Person mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einen Anspruch auf Eröffnung eines sogenannten Basiskontos bei einer kontoführenden Bank in Deutschland. Dies gilt unabhängig von einer festen Wohnadresse oder dem Aufenthaltstitel. Das Basiskonto stellt sicher, dass auch gesellschaftlich benachteiligte Gruppen – etwa Obdachlose, Geflüchtete oder Personen ohne festen Wohnsitz – Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr erhalten. Banken dürfen einen Antrag auf Eröffnung eines Basiskontos nur unter den im ZKG klar definierten Ausnahmefällen ablehnen, beispielsweise wenn der Antragsteller bereits ein Zahlungskonto in Deutschland besitzt, welches die Nutzung aller Basisfunktionen ermöglicht, oder wenn die Führung des Kontos gegen geldwäscherechtliche Vorschriften verstößt. Ablehnungen müssen schriftlich sowie unter Angabe von Gründen erfolgen. Gegen die Ablehnung steht dem Antragsteller der Weg zur BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) als Aufsichtsbehörde offen.
Wann darf eine Bank ein Girokonto kündigen?
Ein Kreditinstitut kann ein Girokonto grundsätzlich unter Einhaltung der gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen kündigen, sofern vertraglich nichts anderes festgelegt ist. Bei Basiskonten gilt eine besondere Schutzvorschrift nach dem ZKG: Die Kündigung ist nur in Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel im Falle von Missbrauch (z.B. betrügerische Handlungen, Beihilfe zur Geldwäsche), bei vorsätzlich unwahren Angaben im Eröffnungsantrag oder wenn das Konto seit mehr als 24 Monaten nicht genutzt wurde und keine berechtigten Interessen des Kunden entgegenstehen. Im Allgemeinen müssen Banken bei der Kündigung die Vorgaben des § 675h BGB beachten und die Kündigung begründen, wenn es sich um Verbraucher handelt. Eine fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, wie etwa groben Pflichtverletzungen des Kunden oder erheblichem Zahlungsverzug.
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen beim Identitätsnachweis zur Kontoeröffnung?
Gemäß dem Geldwäschegesetz (GwG) sind Banken verpflichtet, die Identität des Kontoinhabers sowie gegebenenfalls wirtschaftlich Berechtigter zu prüfen. Deshalb ist bei der Kontoeröffnung ein Identitätsnachweis zwingend erforderlich. Dies geschieht üblicherweise durch Vorlage eines gültigen amtlichen Ausweisdokuments (Personalausweis oder Reisepass). Bei natürlichen Personen aus Nicht-EU-Staaten kann zudem eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder -bescheinigung gefordert werden. Die Identitätsprüfung kann persönlich in der Filiale, per PostIdent oder online im VideoIdent-Verfahren erfolgen – jeweils nach strengen rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Dokumentation und Datensicherheit. Die Bank darf ohne diese Identifizierung das Konto nicht eröffnen, da andernfalls ein Verstoß gegen das GwG vorliegt.
Wie ist der Schutz von Guthaben auf Girokonten rechtlich geregelt?
Das Guthaben auf Girokonten ist in Deutschland durch die gesetzliche Einlagensicherung nach dem Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) geschützt. Demnach sind pro Kunde und Bank Einlagen bis zu 100.000 Euro abgesichert; dies betrifft sowohl Einzel- als auch Gemeinschaftskonten, wobei die Sicherungsgrenze jeweils pro Person gilt. Viele Banken gehören darüber hinaus freiwilligen Sicherungseinrichtungen an, die höhere Beträge abdecken. Im Falle einer Insolvenz des Kreditinstituts übernimmt die zuständige Entschädigungseinrichtung die Auszahlung der gesicherten Einlagen. Für bestimmte Ausnahmefälle, wie etwa Gelder aus dem Verkauf einer privatgenutzten Immobilie, kann der gesetzliche Schutz temporär auf bis zu 500.000 Euro ausgeweitet werden.
Haben Dritte einen rechtlichen Zugriff auf das Girokonto eines Schuldners?
Gläubiger können grundsätzlich im Rahmen der Zwangsvollstreckung auf das Girokonto eines Schuldners zugreifen, insbesondere durch Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 829 ZPO (Zivilprozessordnung). Der Schuldner hat jedoch das Recht, das betreffende Konto als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) führen zu lassen. Auf einem P-Konto ist automatisch ein monatlicher Freibetrag vor Pfändungen geschützt, sodass bestimmte Beträge für den Lebensunterhalt erhalten bleiben. Banken sind gesetzlich verpflichtet, ein bestehendes Girokonto auf Wunsch des Kunden in ein P-Konto umzuwandeln; die Umwandlung darf nicht verweigert werden (§ 850k ZPO). Gläubiger können nur auf darüber hinausgehende Beträge zugreifen.
Welche Rechte haben Erben gegenüber der Bank bezüglich eines Girokontos des Verstorbenen?
Nach deutschem Erbrecht (§§ 1922 ff. BGB) treten Erben in alle Rechtsverhältnisse des Verstorbenen ein, wozu auch das Girokonto zählt. Die Bank ist verpflichtet, ein bestehendes Girokonto nach Vorlage eines Erbnachweises (Testamentseröffnungsprotokoll, Erbschein, oder Nachlasszeugnis) an die Erben auszugeben. Bis zur eindeutigen Feststellung der Erbfolge ist die Bank berechtigt, Auszahlungen oder Kontoverfügungen zu verweigern, um sich vor Haftungsrisiken zu schützen. Miterben müssen gemeinschaftlich handeln; Einzelverfügungen sind insofern unzulässig, solange kein Alleinerbe festgestellt wurde oder eine entsprechende Vollmacht vorliegt. Die Bank haftet gegenüber den Erben für die ordnungsgemäße Verwaltung und Abwicklung des Kontos.
Unterliegen Girokonten dem Datenschutz und wie ist dieser gesetzlich ausgestaltet?
Die Führung eines Girokontos und die dabei erhobenen personenbezogenen Daten unterliegen strikt der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Die Bank darf personenbezogene Daten nur erheben, speichern und verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung des Vertragsverhältnisses sowie aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen (z. B. GwG, Steuerrecht) zwingend erforderlich ist. Eine Weitergabe an Dritte – insbesondere an Auskunfteien wie die SCHUFA – darf nur unter Einhaltung der gesetzlichen Informations- und Einwilligungspflichten erfolgen. Kunden haben umfassende Rechte, u. a. auf Auskunft, Berichtigung, Löschung und Einschränkung der Verarbeitung ihrer Daten. Bei Datenschutzverstößen können sich Betroffene an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden.