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Gewohnheitsverbrecher


Begriff und Definition des Gewohnheitsverbrechers

Ein Gewohnheitsverbrecher ist eine Person, die wiederholt bestimmte Straftaten begeht und dabei eine gesteigerte kriminelle Neigung erkennen lässt. Die rechtliche Erfassung dieses Begriffs erfolgte historisch im deutschen Strafrecht, insbesondere im Zusammenhang mit der Strafzumessung und der vorbehaltenen Maßregeln der Sicherung und Besserung. Die Definition und rechtlichen Folgen für Gewohnheitsverbrecher sind primär durch das Strafgesetzbuch (StGB) sowie durch besondere gesetzliche Regelungen geprägt.

Historische Entwicklung des Begriffs

Ursprünge im deutschen Strafrecht

Bereits im frühen 20. Jahrhundert wurden gewohnheitsmäßige Straftäter als spezifische Tätergruppe im Strafrecht betrachtet und mit besonderen Rechtsfolgen versehen. Der Begriff „Gewohnheitsverbrecher“ wurde durch das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 institutionalisiert. Ziel war, persistenten Straftätern mit einer erhöhten Gefährlichkeit und Rückfallneigung gesondert zu begegnen.

Gesetzliche Verankerung und spätere Entwicklungen

Mit Einführung der Maßregeln der Sicherung und Besserung (§§ 61 ff. StGB) wurde im Nachgang die Bezeichnung „Gewohnheitsverbrecher“ im Sprachgebrauch abgelöst, aber in älteren Gesetzestexten und Rechtsprechungen findet sich der Begriff weiterhin. Heutige Regelungen sprechen vorrangig von „wiederholten Straftaten“ oder „Hangtäter“.

Rechtliche Merkmale eines Gewohnheitsverbrechers

Merkmale der Habitualität

Die Gewohnheitstäterschaft setzt voraus, dass eine Person innerhalb bestimmter Zeiträume mehrfach vergleichbare Straftaten begeht. Wesentlich ist dabei die Täterpersönlichkeit, die eine erhöhte Neigung zu bestimmten kriminellen Verhaltensweisen aufweist. Die Motivation ist dabei regelmäßig nicht impulsiv, sondern von Dauerhaftigkeit und krimineller Energie geprägt.

Abgrenzung zum Wiederholungstäter

Der Begriff des Gewohnheitsverbrechers ist vom einfachen Wiederholungstäter abzugrenzen. Ein Wiederholungstäter begeht erneut Straftaten derselben Art, ohne dass bereits eine verfestigte kriminelle Neigung bestehen muss. Der Gewohnheitsverbrecher hingegen zeichnet sich durch die dauerhafte Bereitschaft zu solchen Taten aus und stellt dadurch eine höhere Gefahr für die Allgemeinheit dar.

Gesetzliche Grundlagen und Rechtsfolgen

Maßregeln der Sicherung und Besserung

Das deutsche Strafrecht sieht für Täter mit gesteigerter Rückfallgefahr besondere Maßregeln der Sicherung und Besserung vor. Diese umfassen insbesondere die Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB, die bei bestimmten schweren Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung sowie bei einschlägiger Vorverurteilung angeordnet werden kann.

Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung

Die Anordnung einer Sicherungsverwahrung setzt voraus, dass ein Täter wiederholt Straftaten von erheblicher Schwere begangen hat und vom Gericht zum Zeitpunkt der Verurteilung festgestellt wird, dass von ihm weiterhin erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen (§ 66 StGB). Dies betrifft insbesondere Personen, die nach ihrer Straffälligkeit als „gefährliche Rückfalltäter“ eingeschätzt werden.

Strafschärfende Berücksichtigung

Das regelmäßige Begehen von Straftaten wird bei der Strafzumessung gemäß § 46 StGB als strafschärfender Umstand gewertet. Gerichte berücksichtigen dabei die kriminelle Haltung und die durch Habitualität gesteigerte Gefährlichkeit des Täters.

Weitere Rechtsfolgen und Maßnahmen

Daneben können zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, etwa Führungsaufsicht (§ 68 StGB) oder bestimmte Berufsverbote (§ 70 StGB), die speziell auf die Gefahrenabwehr und Prävention künftiger Straftaten abzielen.

Begriffliche und gesellschaftsrechtliche Einordnung

Terminologische Entwicklung

Heute wird der Begriff „Gewohnheitsverbrecher“ aufgrund seiner historischen Belastung und seiner vagen Abgrenzung zumeist vermieden. Die moderne Rechtswissenschaft spricht stattdessen von „Hangtätern“, „gefährlichen Rückfalltätern“ oder bezeichnet Personen entsprechend als „rezidivierende Täter“. Gleichwohl bleibt die Rechtsfigur bedeutend für die Anordnung präventiver Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit.

Bedeutung im Vergleich zum internationalen Recht

Verschiedene Rechtssysteme kennen analoge Regelungen, etwa im angelsächsischen Rechtskreis die sog. „habitual offender laws“ in den USA, die als „Three Strikes Laws“ bekannt wurden und die Sanktionierung von Wiederholungstätern regeln.

Kritik und verfassungsrechtliche Aspekte

Verfassungsrechtliche Kontrolle

Die Maßnahmen gegen Gewohnheitsverbrecher, insbesondere die Sicherungsverwahrung, unterliegen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach betont, dass solche Maßnahmen nur unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und mit ausreichendem Rechtsschutz zulässig sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 – 2 BvR 2365/09).

Menschenrechtliche Dimension

Der Umgang mit habitualen Straftätern steht auch im Fokus europäischer und internationaler Menschenrechtsnormen, etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Sicherungsverwahrung wird in ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an spezifische materielle und prozedurale Voraussetzungen geknüpft.

Zusammenfassung

Der Begriff Gewohnheitsverbrecher beschreibt eine Person mit ausgeprägter krimineller Neigung, die wiederholt vergleichbare Straftaten begeht und damit als besonders gefährlich für die Allgemeinheit eingestuft wird. Die rechtliche Einordnung erfolgt heute vorrangig über spezielle Maßnahmen wie die Sicherungsverwahrung und strafschärfende Bewertung bei der Strafzumessung. Während der Begriff selbst im modernen Strafrecht weitgehend durch neutralere und differenzierende Begriffe ersetzt wurde, bleiben die damit verbundenen Rechtsfragen bedeutend für Praxis, Gesetzgebung und Rechtsprechung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit jemand als Gewohnheitsverbrecher gilt?

Im rechtlichen Kontext wird ein Gewohnheitsverbrecher dadurch charakterisiert, dass er wiederholt bestimmte Straftaten begeht, wobei dies regelmäßig aufgrund eines besonderen Hangs zur Begehung solcher Straftaten geschieht. Es bedarf mehrerer schwerer Straftaten, die typischerweise in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen. Das deutsche Strafrecht, insbesondere § 66 Strafgesetzbuch (StGB), enthält Vorgaben dazu, ab wann und unter welchen Voraussetzungen eine Person als Gewohnheitsverbrecher angesehen werden kann. So muss in der Regel eine Vielzahl einschlägiger Verurteilungen vorliegen, wobei die begangenen Delikte eine erhebliche kriminelle Energie und eine wiederholte Tatbegehung erkennen lassen. Darüber hinaus erfolgt eine genaue Überprüfung des individuellen Rückfallrisikos und der Gefährlichkeit des Täters für die Allgemeinheit. Die Feststellung des Status als Gewohnheitsverbrecher erfolgt stets durch ein Gericht, welches auf Grundlage dokumentierter Vorstrafen, der Art und Weise der Deliktsbegehung sowie weiterer Persönlichkeitseigenschaften des Täters entscheidet.

Welche strafrechtlichen Konsequenzen ergeben sich für Gewohnheitsverbrecher?

Wird eine Person rechtlich als Gewohnheitsverbrecher eingestuft, drohen ihr weitreichende strafrechtliche Konsequenzen. Insbesondere kann gemäß § 66 StGB die sogenannte Sicherungsverwahrung angeordnet werden, eine Maßregel der Besserung und Sicherung, die über die eigentliche Strafhaft hinausgeht. Ziel ist es, die Allgemeinheit vor weiterhin zu erwartenden erheblichen Straftaten zu schützen. Außerdem kann bei der Strafzumessung die Tatsache der Gewohnheitsmäßigkeit straferschwerend wirken, insbesondere im Hinblick auf die Höhe und Dauer der Freiheitsstrafe. Strafmilderungen oder alternative Strafvollzugsformen treten in solchen Fällen meist in den Hintergrund, da der Gesetzgeber vom erhöhten Rückfallrisiko ausgeht.

Wie erfolgt die gerichtliche Feststellung eines Gewohnheitsverbrechers?

Die Feststellung, ob jemand als Gewohnheitsverbrecher gilt, obliegt dem zuständigen Strafgericht. Dabei wird auf Basis der vorhandenen Verurteilungen, der Begleitumstände der Taten sowie unter Berücksichtigung etwaiger psychiatrischer Gutachten geprüft, ob die gesetzlichen Merkmale eines Gewohnheitsverbrechers erfüllt sind. Insbesondere wird ermittelt, ob zwischen den einzelnen Taten ein sogenannter Hang besteht, also eine innere Haltung oder Neigung zur Begehung weiterer Straftaten. Das Gericht zieht dabei die Vorstrafenregister genauso heran wie aktuelle Gutachten über die Gefährlichkeit des Täters. Die Entscheidung wird im Urteil detailliert begründet.

Welche Rolle spielt die Sicherungsverwahrung bei Gewohnheitsverbrechern?

Die Sicherungsverwahrung ist eine besondere präventive Maßregel, die zusätzlich zur Freiheitsstrafe verhängt werden kann – vor allem bei sogenannten gefährlichen Rückfalltätern oder Gewohnheitsverbrechern. Sie ist im § 66 StGB geregelt und dient einem präventiven Schutz der Allgemeinheit. Das Gericht kann diese anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass der Täter nach Verbüßung seiner Strafe weitere erhebliche Straftaten begehen wird. Die Sicherungsverwahrung bedeutet, dass der Betroffene nach der Freiheitsstrafe weiterhin in einer speziellen Einrichtung untergebracht wird, bis von ihm keine Gefahr mehr ausgeht. Ihre Anordnung ist jedoch an strenge gesetzliche Voraussetzungen und eine besonders sorgfältige gerichtliche Prüfung gebunden, auch im Hinblick auf Grundrechtsfragen.

Grenzen und Schutzmechanismen bei der rechtlichen Beurteilung von Gewohnheitsverbrechern

Das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention setzen der strafrechtlichen Verfolgung und Behandlung von Gewohnheitsverbrechern erhebliche Grenzen, insbesondere hinsichtlich der Menschenwürde und Verhältnismäßigkeit. Die Sicherungsverwahrung unterliegt beispielsweise regelmäßigen Überprüfungen durch Gericht und Sachverständige, um sicherzustellen, dass sie nicht länger als nötig vollstreckt wird. Außerdem ist eine rückwirkende Anordnung oder Verlängerung nachträglich nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, um das Rückwirkungsverbot und Vertrauen auf Rechtsklarheit zu wahren. Bei der Feststellung eines Gewohnheitsverbrechers müssen alle relevanten Umstände umfassend gewürdigt werden, insbesondere die individuelle Schuld, Prognosen zur Rückfallgefahr und Möglichkeiten sozialer Integration.

Gibt es spezielle Rechtsmittel gegen die Einstufung als Gewohnheitsverbrecher oder gegen Sicherungsverwahrung?

Gegen die gerichtliche Entscheidung, eine Person als Gewohnheitsverbrecher einzustufen oder Sicherungsverwahrung anzuordnen, stehen dem Betroffenen sämtliche gewöhnlichen Rechtsmittel des deutschen Strafprozessrechts offen. Dazu gehören insbesondere Berufung, Revision und – im Falle fundamentaler Grundrechtsverstöße – Verfassungsbeschwerde. In Bezug auf die Sicherungsverwahrung kann außerdem regelmäßig die Überprüfung der weiteren Vollzugsnotwendigkeit bei Gericht beantragt werden. In schwerwiegenden Fällen ist sogar eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte möglich.

Welche Rolle spielt das Vorstrafenregister im Zusammenhang mit der Einstufung als Gewohnheitsverbrecher?

Das Vorstrafenregister, offiziell das Bundeszentralregister, dokumentiert sämtliche strafrechtlichen Verurteilungen einer Person und spielt damit eine zentrale Rolle bei der rechtlichen Beurteilung als Gewohnheitsverbrecher. Es ermöglicht dem Gericht, nachzuvollziehen, wie häufig und in welchem Ausmaß der Betroffene bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Für die Beurteilung des sogenannten Hangs zur Begehung weiterer Straftaten, wie im § 66 StGB gefordert, ist die Chronologie und die Art der Straftaten im Register entscheidend. Auch fachpsychiatrische Gutachten sowie aktuelle Lebensumstände werden hinzugezogen, das Register bleibt jedoch regelmäßig die wichtigste Grundlage für die Prognoseentscheidung.