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Gewinneinkünfte


Begriff und Abgrenzung der Gewinneinkünfte

Gewinneinkünfte sind ein zentrales Begriffspaar im deutschen Steuerrecht und bezeichnen jene Arten von Einkünften, die durch unternehmerische oder selbstständige Tätigkeit erzielt werden und sich im Einkommensteuergesetz (EStG) insbesondere von den Überschusseinkünften abgrenzen. Gewinneinkünfte sind maßgebend für die Bestimmung der Steuerpflicht sowie für die Ermittlung der steuerbaren Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuer.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG zählen Gewinneinkünfte zu den sieben Einkunftsarten des deutschen Einkommensteuerrechts. Sie unterscheiden sich von den sogenannten Überschusseinkünften, bei denen der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten besteuert wird. Gewinneinkünfte werden hingegen durch Betriebsvermögensvergleich oder Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt.

Gesetzliche Grundlagen der Gewinneinkünfte

Die rechtliche Grundlage für Gewinneinkünfte findet sich im Einkommensteuergesetz. Entsprechend § 2 Abs. 1 S. 1 EStG sind folgende Einkunftsarten als Gewinneinkünfte zu qualifizieren:

  • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG)
  • Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
  • Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG)

Demgegenüber stehen die Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), zu denen beispielsweise Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung gehören.

Abgrenzung zu den Überschusseinkünften

Die Einordnung einer Einkunftsquelle als Gewinneinkunft oder Überschusseinkunft ist für die Bestimmung der Besteuerungsart sowie für die Anwendung zahlreicher steuerlicher Vorschriften von zentraler Bedeutung. Gewinneinkünfte unterliegen besonderen Gewinnermittlungsvorschriften, während Überschusseinkünfte mit Einnahmen und Werbungskosten ermittelt werden.

Arten der Gewinneinkünfte

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft umfassen alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, die mit dem Betrieb von Land- oder Forstwirtschaft in Zusammenhang stehen. Hierunter fallen insbesondere Produktion und Verwertung von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen, Gartenbau, Weinbau, Fischzucht sowie Imkerei. Die steuerliche Einkunftsermittlung kann hierbei durch Betriebsvermögensvergleich oder durch Durchschnittssätze erfolgen.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind in § 15 EStG geregelt. Voraussetzung ist eine selbstständige, nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht, die am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt und weder als land- und forstwirtschaftlich noch als selbständige Arbeit einzuordnen ist. Gewerbebetriebe unterliegen zudem der Gewerbesteuerpflicht nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns stehen zwei grundlegende Methoden zur Verfügung:

  • Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG): Der Gewinn ergibt sich aus der Differenz des Betriebsvermögens am Ende und zu Beginn des Wirtschaftsjahres, zuzüglich Entnahmen und abzüglich Einlagen.
  • Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG): Für bestimmte Steuerpflichtige mit geringerem Geschäftsumfang ist die vereinfachte Gewinnermittlung mittels Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben möglich.

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

Nach § 18 EStG zählen dazu insbesondere die freiberuflichen Tätigkeiten wie die Ausübung der Tätigkeiten als Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Architekt, sowie selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten. Übt eine Person mehrere Tätigkeiten aus, ist nach der Haupttätigkeit und den konkreten Umständen zu differenzieren.

Gewinnermittlung bei Gewinneinkünften

Grundsätze der Gewinnermittlung

Der Gewinn bei Gewinneinkünften ist grundsätzlich der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 1 EStG). Maßgeblich ist das Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung: Einnahmen und Ausgaben sind dem Wirtschaftsjahr zu zurechnen, in dem sie wirtschaftlich verursacht wurden.

Betriebsvermögensvergleich

Der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG stellt die Standardmethode zur Gewinnermittlung dar. Maßgeblich sind hier die Werte am Anfang und Ende des Wirtschaftsjahres. Besonderheiten bestehen bei Personengesellschaften oder Mitunternehmerschaften hinsichtlich der Zurechnung von Wirtschaftsgütern.

Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Kleinunternehmer und Freiberufler, die nicht gesetzlich zur Buchführung verpflichtet sind, können nach § 4 Abs. 3 EStG ihren Gewinn ermitteln. Maßgeblich ist hier das Zufluss- und Abflussprinzip (§ 11 EStG).

Besonderheiten der Gewinnermittlung

Je nach Art der Gewinneinkünfte bestehen unterschiedliche Sonderregelungen, zum Beispiel Abschreibungen, Investitionsabzugsbeträge, Rückstellungsbildung, Bewertung des Umlaufvermögens sowie Behandlung von Sonderbetriebsvermögen.

Bedeutung der Gewinneinkünfte im Steuerrecht

Besteuerungsverfahren und Pflichten

Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften treffen eine Vielzahl von Mitteilungspflichten, etwa die Abgabe von Steuererklärungen, das Führen von Büchern und Aufzeichnungen sowie die Aufbewahrung von Unterlagen gemäß Abgabenordnung (AO).

Betriebsprüfung und Steuerfestsetzung

Gewinneinkünfte sind regelmäßig Gegenstand von Betriebsprüfungen durch die Finanzverwaltung. Fehler oder Unklarheiten bei der Gewinnermittlung können zu Steuernachforderungen, Verzugszinsen und ggf. steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen.

Abgrenzungsprobleme und Sonderfälle

Grenzfälle zwischen Gewinneinkünften und Überschusseinkünften

In der Beratungspraxis gibt es zahlreiche Fälle, in denen unklar ist, ob eine Tätigkeit als gewerblich, freiberuflich oder ebenfalls als andere Form der Gewinneinkunft zu qualifizieren ist. Maßgeblich hierfür sind die tatsächlichen Verhältnisse und die Auslegung aktueller Rechtsprechung, etwa des Bundesfinanzhofs (BFH).

Mitunternehmerschaften

Personengesellschaften wie die Offene Handelsgesellschaft (OHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) erzielen Gewinneinkünfte, wobei die Einkünfte den einzelnen natürlichen Personen anteilig zugerechnet werden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG).

Zusammenfassung

Gewinneinkünfte sind ein zentraler Bestandteil des deutschen Einkommensteuerrechts und zeichnen sich durch spezifische Einkunftsarten und Methoden der Gewinnermittlung aus. Sie bilden die Grundlage für zahlreiche steuerliche Pflichten, Besteuerungsregelungen und Abgrenzungen, die sowohl für Unternehmen als auch für selbständig Tätige von erheblicher Bedeutung sind. Eine korrekte Zuordnung, Ermittlung und Deklaration der Gewinneinkünfte ist für die ordnungsgemäße Besteuerung und die Vermeidung von steuerlichen Risiken unerlässlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen für die Qualifikation von Einkünften als Gewinneinkünfte gemäß deutschem Steuerrecht vorliegen?

Gewinneinkünfte liegen vor, wenn Einkünfte einer der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG genannten Einkunftsarten zugeordnet werden können: Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sowie selbstständige Arbeit (§ 18 EStG). Rechtlich entscheidend sind hierbei unterschiedliche Kriterien je nach Einkunftsart. Bei der Land- und Forstwirtschaft ist maßgeblich, ob eine planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren erfolgt. Im Gewerbebetrieb müssen Kriterien wie Selbstständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gegeben sein; zudem darf keine Tätigkeit vorliegen, die unter die selbständige Arbeit oder eine andere Einkunftsart fällt. Bei freiberuflicher, selbstständiger Tätigkeit ist die persönliche Arbeitskraft, eigenverantwortliche Tätigkeit und besondere berufliche Qualifikation entscheidend. Ein gemeinsames Kriterium für alle Gewinneinkünfte ist die Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) oder – unter bestimmten Voraussetzungen – durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Es muss stets geprüft werden, ob es sich nicht lediglich um Überschusseinkünfte (z.B. aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung, Kapitalvermögen) handelt, da diese anderen steuerlichen Regelungen unterliegen.

Wie erfolgt die steuerliche Ermittlung des Gewinns bei Gewinneinkünften?

Die Gewinnermittlung richtet sich bei Gewinneinkünften grundsätzlich nach dem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) – auch als doppelte Buchführung bezeichnet -, sofern der Steuerpflichtige dazu verpflichtet ist oder freiwillig Bücher führt (insbesondere bei Kaufleuten gemäß HGB). Dabei wird die Differenz zwischen Betriebsvermögen am Ende und am Anfang des Wirtschaftsjahres – unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen – als Gewinn oder Verlust erfasst. Alternativ kann unter bestimmten Voraussetzungen (z.B. bei nicht buchführungspflichtigen Betrieben) die einfache Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG angewendet werden. Hier werden die im Kalenderjahr zugeflossenen Betriebseinnahmen den abgeflossenen Betriebsausgaben gegenübergestellt. Besondere Regelungen gelten beispielsweise für Land- und Forstwirte und bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel durch Pauschalierungen oder Sondervorschriften bei der Gewinnermittlung.

Welche steuerlichen Pflichten ergeben sich aus dem Bezug von Gewinneinkünften?

Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften sind grundsätzlich verpflichtet, eine Steuererklärung (Einkommensteuererklärung) abzugeben, in der der jeweilige Gewinn korrekt und vollständig erklärt wird. Darüber hinaus besteht je nach Art und Umfang der Tätigkeit unter Umständen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) und der Abgabenordnung (AO). Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen sind Jahresabschlüsse zu erstellen, gegebenenfalls mit Anhang und Lagebericht. Zudem kann die Pflicht zur Anmeldung und Abführung von Umsatzsteuer (§ 18 UStG), Gewerbesteuer (§ 2 GewStG) und ggf. weiteren Steuerarten bestehen. Auch die ordnungsgemäße Dokumentation aller betriebsrelevanten Vorgänge ist aus steuerrechtlicher Sicht zwingend einzuhalten, um der Nachweispflicht im Rahmen von Betriebsprüfungen nachzukommen. Verstöße gegen diese Pflichten können zu Hinzuschätzungen, Steuernachzahlungen und ggf. steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen.

Unterliegen alle Gewinneinkünfte der Gewerbesteuer?

Nein, nicht alle Gewinneinkünfte unterliegen der Gewerbesteuer. Lediglich Gewinneinkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sind grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig (§ 2 GewStG). Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) sowie aus selbständiger, freiberuflicher Arbeit (§ 18 EStG) unterliegen dagegen nicht der Gewerbesteuer, außer es handelt sich im Einzelfall tatsächlich um gewerbliche Tätigkeiten, die steuerlich fehlerhaft einer anderen Einkunftsart zugeordnet wurden. Es gilt daher im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob eine Tätigkeit als Gewerbebetrieb klassifiziert werden muss. Mischformen, wie etwa Zusammenschlüsse von Freiberuflern mit gewerblichen Tätigkeiten, führen unter Umständen zur sogenannten Infektion der freien Berufe mit Gewerblichkeitsmerkmalen und damit zur Gewerbesteuerpflicht (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).

Welche Bedeutung hat die Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen der Gewinneinkünfte?

Die Gewinnerzielungsabsicht ist ein zentraler Tatbestand für die Qualifikation von Einkünften als Gewinneinkünfte. Sie muss über die bloße Kostendeckung hinausgehen und auf nachhaltige Erzielung eines Totalgewinns ausgerichtet sein. Diese Absicht wird in der Regel anhand objektiver Anhaltspunkte überprüft, wie zum Beispiel die Art und Weise der Betriebsführung, die Nachhaltigkeit der Tätigkeit, die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr sowie vorhandene Geschäftsunterlagen. Fehlt die Gewinnerzielungsabsicht, etwa im Rahmen einer Liebhaberei, werden entsprechende Tätigkeiten nicht als gewerblich oder freiberuflich im steuerlichen Sinne anerkannt (§ 15 Abs. 2 EStG). In diesem Fall entfällt auch die steuerliche Einkünftequalifikation als Gewinneinkünfte mit den daran geknüpften Rechtsfolgen, wie etwa die Befreiung von Verlustverrechnungsmöglichkeiten oder die steuerliche Nichtanerkennung von Betriebsausgaben.

Welche Besonderheiten bestehen bei der Ermittlung von Sonderbetriebs- und Ergänzungsgewinnen in Personengesellschaften?

Bei Personengesellschaften (insbesondere OHG, KG, GbR) ist die Gewinnermittlung rechtlich besonders ausgestaltet. Neben dem Gesamthandsgewinn, den die Gesellschaft erzielt, sind auch sog. Sonderbetriebsgewinne zu ermitteln, die einzelnen Gesellschaftern durch Rechtsbeziehungen zur Gesellschaft (z.B. Vermietung von Wirtschaftsgütern an die Gesellschaft oder Vergütung für geleistete Dienste) zufließen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Ergänzend dazu existieren Ergänzungsbilanzen, in denen individuell beim Gesellschafter erfolgte Wertänderungen beim Anteil an der Gesellschaft (z.B. durch Kaufpreiszahlung bei einem Anteilskauf) berücksichtigt werden. Diese Aufteilung in Sonder- und Ergänzungsbereiche ist erforderlich, weil bei Personengesellschaften die steuerliche Erfassung auf Gesellschafterebene vorgenommen wird (Transparenzprinzip).

Welche Möglichkeiten bestehen zur Übertragung von Wirtschaftsgütern innerhalb der Gewinneinkünfte?

Im steuerlichen Kontext gibt es spezifische Regelungen für die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen (z.B. von einem Einzelunternehmen auf eine Personengesellschaft) sowie zwischen Privat- und Betriebsvermögen. Solche Übertragungen werden steuerlich als Entnahme und Einlage behandelt (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4, 5 EStG). Die Bewertung erfolgt hierbei grundsätzlich mit dem Teilwert. Besonderheiten ergeben sich auch im Falle einer unentgeltlichen Übertragung (z.B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge oder Schenkung), welche unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutral erfolgen kann (§ 6 Abs. 3 EStG). Dabei sind die einschlägigen Sondervorschriften des Umwandlungssteuerrechts und der Betriebsaufspaltung zu beachten. Es muss geprüft werden, ob stille Reserven aufgedeckt werden und welche steuerlichen Folgen sich daraus ergeben.