Begriff und Abgrenzung: Gewerbliche Arbeitnehmer
Gewerbliche Arbeitnehmer sind eine zentrale Personengruppe des deutschen Arbeitsrechts. Der Begriff bezeichnet Arbeitnehmer, die vorwiegend in Gewerbebetrieben tätig sind und überwiegend sogenannte „gewerbliche Tätigkeiten“ ausüben. Sie unterscheiden sich dabei sowohl von Angestellten als auch von Beamten. Gewerbliche Arbeitnehmer nehmen in rechtlicher, tariflicher sowie sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine spezifisch geregelte Stellung ein.
Definition des gewerblichen Arbeitnehmers
Gewerbliche Arbeitnehmer sind Personen, die auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages in einem Gewerbebetrieb tätig sind und überwiegend körperliche oder handwerkliche Arbeiten ausführen. Der Anwendungsbereich umfasst insbesondere Arbeiter in Industrie, Handwerk sowie im Baugewerbe und Transportwesen. Voraussetzung ist die Eingliederung in die betriebliche Organisation und die Weisungsgebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsausführung.
Abgrenzung zu Angestellten und Leitenden Angestellten
Im Gegensatz zu Angestellten, deren Tätigkeit regelmäßig als „kaufmännisch“ oder „büromäßig“ eingestuft wird, sind gewerbliche Arbeitnehmer typischerweise mit praktischen, technischen oder ausführenden Aufgaben beschäftigt. Leitende Angestellte, die maßgebliche Führungs- oder Entscheidungsbefugnisse haben, zählen hingegen grundsätzlich nicht zum Kreis der gewerblichen Arbeitnehmer.
Rechtliche Grundlagen und Regelungsbereiche
Arbeitsrechtliche Stellung
Der Begriff des gewerblichen Arbeitnehmers ist insbesondere im Arbeitsrecht von Bedeutung. Rechtsgrundlagen für die Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer finden sich u. a. im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Tarifvertragsgesetz (TVG) sowie in arbeitsrechtlichen Schutzgesetzen wie dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) oder Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Die arbeitsrechtlichen Vorschriften gelten für gewerbliche Arbeitnehmer grundsätzlich in gleicher Weise wie für Angestellte, es bestehen jedoch branchenspezifische Besonderheiten.
Tarifrechtliche Einordnung
Gewerbliche Arbeitnehmer fallen in Deutschland häufig unter den Geltungsbereich von Branchentarifverträgen, etwa im Bauhauptgewerbe (Bau-Tarifvertrag), im Metall- und Elektrobereich oder in der chemischen Industrie. Tarifverträge differenzieren dabei häufig zwischen Arbeitern (gewerbliche Arbeitnehmer) und Angestellten hinsichtlich Lohnstruktur, Arbeitszeitregelung, Sonderzahlungen und Kündigungsfristen.
Besonderheiten bei Tarifverträgen
Bestimmte tarifvertragliche Vorschriften, wie z. B. die Zahlung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, Akkordlohn oder spezielle Zuschlagssysteme, betreffen typischerweise gewerbliche Arbeitnehmer. Auch die tarifliche Behandlung von Überstunden oder besonderen Arbeitszeitmodellen unterscheidet sich häufig von den Regelungen für Angestellte.
Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten
Gewerbliche Arbeitnehmer sind im Regelfall pflichtversichert in allen Zweigen der Sozialversicherung: Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pflegeversicherung. Im Sozialversicherungsrecht bestehen teilweise gesonderte Regelungen, etwa zur Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften für gewerbliche Wirtschaft). Die Meldung und Beitragsabführung erfolgt durch den Arbeitgeber.
Berufsgenossenschaften
Die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften richtet sich nach dem ausgeübten Gewerbe. Gewerbliche Arbeitnehmer genießen im Falle eines Arbeits- oder Wegeunfalls besonderen Versicherungsschutz nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Mitbestimmung und Betriebsverfassung
Betriebsrat und Mitbestimmungsrechte
Gewerbliche Arbeitnehmer nehmen aktiv an der betrieblichen Mitbestimmung teil. Sie wählen gemeinsam mit Angestellten den Betriebsrat nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Gewerbliche Arbeitnehmer können auch selbst Mitglied des Betriebsrats werden. Im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung betreffen zahlreiche Mitbestimmungsrechte spezifisch die Beschäftigungsbedingungen gewerblicher Arbeitnehmer, beispielsweise zu Themen wie Schichtarbeit, Arbeitszeitgestaltung und Gesundheitsschutz.
Tarifliche und betriebliche Vertretungen
Neben der Betriebsvertretung steht gewerblichen Arbeitnehmern die Möglichkeit offen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Hier sind insbesondere Industriegewerkschaften, wie IG Metall oder IG BAU, von Bedeutung, deren Tarifverträge explizit auf gewerbliche Arbeitnehmer zugeschnitten sind.
Kündigungsschutz und Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Kündigungsschutzrechtliche Regelungen
Für gewerbliche Arbeitnehmer gelten die allgemeinen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes, sofern die gesetzlichen Schwellenwerte erfüllt sind. Zu beachten sind branchenspezifische und tarifliche abweichende Kündigungsfristen. Gewerbliche Arbeitnehmer unterliegen denselben Schutzvorschriften im Rahmen des Mutterschutzgesetzes, des Arbeitsschutzgesetzes sowie bei Anfechtung oder Widerruf des Arbeitsvertrags.
Arbeitszeugnis und Abfindungsregelungen
Wie Angestellte haben auch gewerbliche Arbeitnehmer Anspruch auf ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In vielen Tarifverträgen sind zudem Abfindungsregelungen für gewerbliche Arbeitnehmer im Falle betriebsbedingter Kündigungen vorgesehen.
Besonderheiten im Arbeitsschutz
Arbeitszeit, Überstunden und Schichtarbeit
Arbeitszeiten gewerblicher Arbeitnehmer sind in vielen Branchen durch spezifische tarifliche oder gesetzliche Regelungen geprägt. Schichtarbeit, Wochenendarbeit oder Bereitschaftsdienste sind in zahlreichen gewerblichen Aufgabenfeldern üblich und unterliegen erhöhten Schutzbestimmungen.
Arbeitsschutz und Unfallverhütung
Der Arbeitsschutz hat bei gewerblichen Tätigkeiten wegen des oft erhöhten Unfall- und Gesundheitsrisikos große Bedeutung. Anforderungen an persönliche Schutzausrüstung, Gefährdungsbeurteilungen sowie Unterweisungen sind für gewerbliche Arbeitnehmer gesetzlich geregelt.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Arbeitsrecht, Beck’scher Online-Kommentar, Stand: aktuelle Auflage
- Däubler, Arbeitsrecht Handbuch, aktuelle Auflage
- BAG, zahlreiche Urteile zur Abgrenzung von Angestellten und Arbeitern
- Bundesarbeitsgericht: Entscheidungen zur Kündigung gewerblicher Arbeitnehmer
Hinweis: Der Begriff des gewerblichen Arbeitnehmers ist in der Rechtspraxis differenziert zu betrachten und wird durch die jeweiligen tariflichen, betrieblichen und gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert. Die dargestellten rechtlichen Rahmenbedingungen bieten eine grundlegende Orientierung und stellen die wichtigsten Regelungsbereiche umfassend dar.
Häufig gestellte Fragen
Wann beginnt und endet das Arbeitsverhältnis eines gewerblichen Arbeitnehmers rechtlich gesehen?
Das Arbeitsverhältnis eines gewerblichen Arbeitnehmers beginnt rechtlich mit Abschluss eines wirksamen Arbeitsvertrages, der entweder schriftlich, mündlich oder auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann. Nach § 611a BGB regelt der Arbeitsvertrag die Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Daneben bestehen Sonderregelungen für Gewerbliche, beispielsweise im Tarifvertragsrecht oder in branchenbezogenen Arbeitsgesetzen. Das Arbeitsverhältnis endet entweder durch Zeitablauf (bei befristeten Verträgen), durch Kündigung (ordentliche oder außerordentliche), durch Aufhebungsvertrag oder Tod des Arbeitnehmers. Die Beendigung ist stets an formale Voraussetzungen gebunden: Bei der Kündigung etwa sind – abhängig von Betriebszugehörigkeit und Tarifbindung – Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB und ggf. die Beteiligung des Betriebsrats zu beachten. Nicht zu vergessen sind besondere Schutzvorschriften wie Mutterschutz, Schwerbehindertenschutz oder Kündigungsschutz nach dem KSchG, die je nach individueller Situation Anwendung finden können.
Welche Arbeitszeiten und Pausenregelungen gelten für gewerbliche Arbeitnehmer laut Gesetz?
Für gewerbliche Arbeitnehmer gelten insbesondere die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Danach beträgt die werktägliche Arbeitszeit grundsätzlich maximal 8 Stunden, kann aber auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten (oder 24 Wochen) im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Gesetzlich vorgeschrieben sind Pausen: Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 bis zu 9 Stunden muss eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten gewährt werden, bei mehr als 9 Stunden mindestens 45 Minuten. Pausen dürfen in Zeitabschnitten von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Zudem sind ununterbrochene Ruhezeiten von mindestens 11 Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit einzuhalten. In Betrieben mit Tarifbindung können die tariflichen Regelungen hiervon abweichen oder weiter ausgestaltet sein.
Welche gesetzlichen Vorschriften gelten hinsichtlich des Arbeitsentgelts für gewerbliche Arbeitnehmer?
Das Arbeitsentgelt gewerblicher Arbeitnehmer unterliegt in Deutschland zahlreichen gesetzlichen Regelungen. Zunächst gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG), welches einen gesetzlichen Mindestlohn pro Arbeitsstunde vorgibt. Darüber hinaus können Tarifverträge in vielen Branchen zwingende Mindestentgelte regeln, insbesondere im Baugewerbe, der Gebäudereinigung oder der Zeitarbeit. Die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers ergibt sich aus § 611a BGB; dazu gehören Grundlohn, ggf. Zuschläge für Überstunden, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Zuschläge für besondere Erschwernisse, sowie vermögenswirksame Leistungen und Sonderzahlungen (z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld), soweit sie vertraglich oder tariflich vereinbart sind. Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder an gesetzlichen Feiertagen ist durch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt.
Welche Schutzvorschriften müssen bei der Beschäftigung von gewerblichen Arbeitnehmern zwingend beachtet werden?
Der Schutz gewerblicher Arbeitnehmer wird durch eine Vielzahl an Gesetzen gewährleistet. Dazu zählen insbesondere das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung, das Mutterschutzgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz (für Jugendliche), das Bundesurlaubsgesetz sowie das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Diese Normen verpflichten den Arbeitgeber zur Einhaltung technischer und organisatorischer Sicherheitsmaßnahmen, zur Durchführung regelmäßiger Unterweisungen, zur Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstungen sowie zur Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und zum Schutz besonderer Personengruppen (z. B. Schwangere, Minderjährige, Schwerbehinderte). Bei Missachtung drohen sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Sanktionen und Bußgelder.
Wie ist die Probezeit für gewerbliche Arbeitnehmer gesetzlich geregelt?
Eine Probezeit kann, muss aber nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Nach § 622 Abs. 3 BGB kann eine Probezeit bis zu sechs Monate betragen. Während der vereinbarten Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden, sofern keine tarifvertraglichen Abweichungen bestehen. Eine Verlängerung der Probezeit über sechs Monate hinaus ist nicht zulässig. In Tarifverträgen können individuelle Regelungen bezüglich Dauer und Kündigungsfristen während der Probezeit getroffen sein; diese haben Vorrang vor den gesetzlichen Bestimmungen, sofern sie für den Arbeitnehmer günstiger sind.
Welche speziellen Kündigungsschutzregelungen gelten für gewerbliche Arbeitnehmer?
Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift in Betrieben mit mehr als zehn vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern und bei mindestens sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses. Danach ist eine Kündigung nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen möglich. Spezieller Schutz besteht für bestimmte Personengruppen wie Schwerbehinderte, Schwangere und Mitglieder des Betriebsrats (Sonderkündigungsschutz). Bei Massenentlassungen oder Betriebsänderungen sind weitere Beteiligungsrechte des Betriebsrats sowie Anzeige- und Konsultationspflichten gegenüber der Agentur für Arbeit zu beachten (§ 17 KSchG).
Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat bei der Beschäftigung gewerblicher Arbeitnehmer?
Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) umfassende Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte. Dazu zählen Informations- und Beratungsrechte in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten (z. B. bei Einstellungen, Versetzungen, Kündigungen, Festlegung von Arbeitszeiten und Pausen, Einführung neuer Technologien). In bestimmten Fällen, wie bei der Aufstellung von Schichtplänen, Überstunden oder betrieblichen Regelungen zu Arbeits- und Gesundheitsschutz, hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Die Einhaltung dieser Rechte ist für den Arbeitgeber verpflichtend; Verstöße können zu Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Schadenersatzforderungen führen.