Definition und rechtliche Grundlagen der Gewerbeuntersagung
Die Gewerbeuntersagung ist eine behördliche Maßnahme im deutschen Gewerberecht, mit der natürlichen oder juristischen Personen das Betreiben eines Gewerbes ganz oder teilweise untersagt wird. Sie stellt einen erheblichen Eingriff in die berufliche Handlungsfreiheit dar und basiert schwerpunktmäßig auf den Vorschriften der Gewerbeordnung (GewO). Die Gewerbeuntersagung dient dem Schutz der Allgemeinheit und setzt voraus, dass der betroffenen Person die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtliche Grundlage für die Gewerbeuntersagung findet sich in § 35 GewO. Danach kann die zuständige Behörde dem Gewerbetreibenden das Betreiben des Gewerbes untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er zur Ausübung des Gewerbes nicht zuverlässig ist.
Wichtige Paragraphen zur Gewerbeuntersagung
- § 35 GewO: Untersagung des Gewerbebetriebs bei Unzuverlässigkeit
- § 35a GewO: Untersagung für Vertretungsberechtigte bzw. mit der Leitung von Zweigniederlassungen betraute Personen
- § 15 Abs. 2 GewO: Abmeldungspflicht bei Einstellung des Gewerbes aufgrund Untersagung
Voraussetzungen und Gründe für die Gewerbeuntersagung
Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinne
Ein zentraler Begriff im Zusammenhang mit der Gewerbeuntersagung ist die „gewerberechtliche Zuverlässigkeit“. Sie beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft, das Gewerbe nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften ordnungsgemäß zu führen.
Prüfmaßstäbe für die Zuverlässigkeit
Die Zuverlässigkeit fehlt nach ständiger behördlicher und gerichtlicher Praxis insbesondere, wenn der Gewerbetreibende durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung oder auch im privaten Bereich zeigt, dass er die für den Gewerbebetrieb notwendige Achtung der Rechtsordnung und der Belange der Allgemeinheit vermissen lässt. Hierzu zählen unter anderem:
- Wiederholte oder schwerwiegende Verstöße gegen gewerberechtliche Vorschriften
- Steuer- und Abgabepflichtverletzungen, insbesondere erhebliche Steuerschulden
- Häufige oder andauernde Zahlungsunfähigkeit, insbesondere fehlende Sozialversicherungsbeiträge
- Straftaten im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung
Was wird geprüft?
Die zuständige Behörde bewertet das Gesamtbild des Verhaltens des Gewerbetreibenden. Relevant sind beispielsweise Steuerbescheide, Sozialversicherungsnachweise, Führungszeugnisse, Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister und etwaige Vorstrafen.
Verfahren der Gewerbeuntersagung
Verwaltungsverfahren
Die Gewerbeuntersagung erfolgt innerhalb eines Verwaltungsverfahrens. Dieses ist durch die Grundsätze des Verwaltungsrechts, insbesondere des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), geprägt.
Anhörung
Vor dem Erlass einer Untersagungsverfügung ist dem betroffenen Gewerbetreibenden regelmäßig rechtliches Gehör zu gewähren. Die Behörde muss die relevanten Tatsachen offenlegen und dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Ermessensausübung
Die zuständige Behörde trifft die Entscheidung über eine Gewerbeuntersagung nach pflichtgemäßem Ermessen. Sie muss die gesamte Sachlage würdigen und insbesondere prüfen, ob mildere Maßnahmen als eine vollständige Untersagung in Betracht kommen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
Umfang der Untersagung
Die Gewerbeuntersagung kann sich auf das gesamte Gewerbe oder auf einzelne Betriebszweige beziehen. Zudem ist die Untersagung unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber Vertretungsberechtigten, mit der Leitung von Zweigniederlassungen oder mit der Aufsicht beauftragten Personen möglich (§ 35a GewO).
Rechtsfolgen der Gewerbeuntersagung
Wirkung für den Gewerbetreibenden
Mit Bestandskraft der Untersagungsverfügung muss der betroffene Unternehmer die gewerbliche Tätigkeit unverzüglich einstellen. Ein Weiterbetrieb stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld belegt werden. Bei weiteren Verstößen sind auch Zwangsmaßnahmen und strafrechtliche Konsequenzen denkbar.
Auswirkungen auf Geschäftsführer und Vertretungsberechtigte
Die Gewerbeuntersagung kann ebenfalls gegen geschäftsführende oder vertretungsberechtigte Personen einer juristischen Person ausgesprochen werden. Ein Geschäftsführer, gegen den eine Untersagungsverfügung besteht, darf dann für die Gesellschaft keine Geschäfte mehr führen.
Eintrag in das Gewerbezentralregister
Eine vollzogene Gewerbeuntersagung wird in das Gewerbezentralregister eingetragen. Die Eintragung kann bei erneuter Anmeldung eines Gewerbes oder bei bestimmten Berufsgruppen erhebliche Einschränkungen bedeuten.
Möglichkeiten der Wiedererlaubnis und Rehabilitation
Antrag auf Wiederaufnahme der Gewerbetätigkeit
Nach einer Gewerbeuntersagung bleibt es dem Betroffenen unbenommen, zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Wiederaufnahme der gewerblichen Tätigkeit zu stellen. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass die ursprünglichen Untersagungsgründe entfallen sind und wieder Zuverlässigkeit besteht.
Löschung aus dem Gewerbezentralregister
Eine Eintragung aufgrund einer Gewerbeuntersagung kann nach Ablauf einer bestimmten Frist gelöscht werden, insbesondere wenn es zu keiner erneuten einschlägigen Auffälligkeit kommt und eine glaubhafte Besserung erfolgt ist.
Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Gewerbeuntersagung
Widerspruchs- und Klageverfahren
Gegen eine Gewerbeuntersagung kann der Betroffene im Rahmen des allgemeinen Verwaltungsrechtsschutzes Widerspruch einlegen und im Anschluss, sofern dieser erfolglos bleibt, Klage zum Verwaltungsgericht erheben.
Eilrechtsschutz
Gleichzeitig kann zur Vermeidung erheblicher wirtschaftlicher Nachteile ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt werden, der darauf abzielt, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen die Untersagungsverfügung wiederherzustellen.
Besonderheiten bei bestimmten Gewerbearten
Reglementierte Gewerbe
Für bestimmte Berufsgruppen und Tätigkeiten, wie beispielsweise Bewachungsunternehmen, Gaststätten- oder Maklerbetriebe, gelten teils strengere Zuverlässigkeitsanforderungen. Verstöße werden hier besonders streng bewertet, was die Wahrscheinlichkeit einer Untersagung erhöht.
Untersagung bei juristischen Personen
Wird die Zuverlässigkeit bei einer juristischen Person (z. B. GmbH oder AG) verneint, kann die Gewerbeuntersagung gezielt gegen Organvertreter (z. B. Geschäftsführer) ausgesprochen werden, sofern auch diese als unzuverlässig gelten.
Literatur und weiterführende Hinweise
- Gewerbeordnung (GewO) – aktuelle Fassung
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
- Gewerbezentralregister
- Lehre und Kommentare zum Gewerberecht
Dieser Beitrag bietet einen umfassenden und strukturierten Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, Verfahren und Folgen der Gewerbeuntersagung in Deutschland. Die Darstellung berücksichtigt sämtliche wesentlichen Gesetzesgrundlagen, Entscheidungskriterien der Behörden und Rechtsbehelfe und ist für den praxisbezogenen Gebrauch in einem Rechtslexikon konzipiert.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine Gewerbeuntersagung vorliegen?
Für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO müssen bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Grundlegend ist, dass die betreffende Person die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Diese fehlende Zuverlässigkeit wird von den Behörden anhand verschiedener tatsächlicher Umstände geprüft und bewertet. Dazu gehören insbesondere erhebliche und wiederholte Verstöße gegen gewerberechtliche, steuerrechtliche, sozialversicherungsrechtliche oder strafrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung. Es werden regelmäßig vergangene Verwaltungsakte, Gerichtsurteile, Bußgeldbescheide, Steuerbescheide und andere behördliche Entscheidungen zugrunde gelegt. Die Behörde muss im Rahmen einer Einzelfallprüfung konkret darlegen, dass künftige Verstöße mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Ein einmaliger oder geringfügiger Verstoß reicht in der Regel nicht aus. Auch wirtschaftliche Unzuverlässigkeit, etwa durch erhebliche Steuer- und Sozialversicherungsrückstände aufgrund fehlender Zahlungsmoral, kann zu einer Untersagung führen.
Wie läuft das behördliche Verfahren zur Gewerbeuntersagung ab?
Das Verfahren beginnt in der Regel mit der Anhörung des Gewerbetreibenden, dem der Sachverhalt und die geplante Maßnahme schriftlich mitgeteilt werden. Der Betroffene erhält Gelegenheit, sich innerhalb einer gesetzten Frist zu äußern und etwaige Einwendungen oder Nachweise vorzubringen. Im Anschluss prüft die Behörde alle Umstände des Einzelfalls umfassend und wägt die Interessen des Allgemeinwohls gegen diejenigen des Gewerbetreibenden ab. Nach Abschluss der Anhörung und Bewertung der Stellungnahmen erlässt die Behörde einen förmlichen Verwaltungsakt, der die Gewerbeuntersagung anordnet. Der Bescheid muss eine ausführliche Begründung enthalten und ist dem Betroffenen bekanntzugeben. Gegen diese Entscheidung steht dem Betroffenen der Rechtsweg offen.
Welche Rechtsmittel stehen gegen eine Gewerbeuntersagung zur Verfügung?
Gegen den Verwaltungsakt der Gewerbeuntersagung kann der Betroffene innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch einlegen, sofern Landesrecht ein Widerspruchsverfahren vorsieht. In vielen Bundesländern ist das Widerspruchsverfahren allerdings ausgeschlossen, sodass unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden muss. Die Klage hemmt jedoch nicht die sofortige Vollziehbarkeit der Untersagung, sofern diese von der Behörde ausdrücklich angeordnet wurde. In diesem Fall kann der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim zuständigen Verwaltungsgericht gestellt werden. Das Gericht prüft die Rechtmäßigkeit der Anordnung und die Interessenabwägung und kann die Vollziehung der Untersagung bis zur abschließenden gerichtlichen Entscheidung aussetzen.
Welche Folgen hat eine bestandskräftige Gewerbeuntersagung für den Betroffenen?
Mit Eintritt der Bestandskraft der Gewerbeuntersagung ist der Betroffene verpflichtet, die ausgeübte gewerbliche Tätigkeit sofort einzustellen. Ein etwaiges Weitermachen ist als Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat nach § 148 GewO bußgeld- beziehungsweise strafbewehrt. Zudem erlischt mit einer Untersagung regelmäßig auch die Erlaubnis für andere erlaubnispflichtige Gewerbe und Tätigkeiten, die unabhängig zur Untersagung erteilt wurden (etwa Gaststättenerlaubnis, Maklererlaubnis). Die Untersagung wirkt sich regelmäßig auch auf eventuelle Geschäftsführerstellungen und Sachkundeprüfungen aus, sodass auch Tätigkeiten in angeschlossenen Unternehmen untersagt werden können. Weiterhin kann die Gewerbeuntersagung Konsequenzen für bestehende Verträge mit Dritten (z. B. Mietverhältnisse oder Lieferverträge) nach sich ziehen.
Gibt es Möglichkeiten, eine bestehende Gewerbeuntersagung wieder aufzuheben?
Eine Gewerbeuntersagung ist keinesfalls dauerhaft; auf Antrag kann sie aufgehoben werden, sobald die Gründe, die zur Untersagung geführt haben, nachweislich entfallen sind. Der Antrag auf Aufhebung ist bei der zuständigen Behörde zu stellen und sollte durch geeignete Beweismittel (etwa Nachweise der Zahlung rückständiger Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge, Führungszeugnis etc.) ergänzt werden. Die Behörde prüft, ob nunmehr die gewerberechtliche Zuverlässigkeit wieder gegeben ist. Oft wird vor der Entscheidung eine Prognose über das zukünftige Verhalten erstellt und gegebenenfalls ein Gespräch oder eine erneute Anhörung geführt. Wird dem Antrag stattgegeben, wird die Untersagung durch einen weiteren Verwaltungsakt aufgehoben und der Betroffene kann das Gewerbe wieder aufnehmen.
Ist eine Gewerbeuntersagung auch gegen juristische Personen möglich?
Eine Gewerbeuntersagung kann sich nicht nur gegen natürliche Personen, sondern auch gegen juristische Personen (wie GmbH, AG) richten. Im Falle juristischer Personen wird die Unzuverlässigkeit gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO insbesondere an den für die Geschäftsführung oder Vertretung bestellten Personen festgemacht. Liegt die Unzuverlässigkeit nur bei einem Geschäftsführer oder Vorstandsmitglied vor, so kann sich die Untersagung auf diese Person beschränken. Sind jedoch sämtliche vertretungsberechtigte Organe unzuverlässig, kann das Gewerbe auch insgesamt untersagt werden. Die Behörde prüft regelmäßig die gesamte Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Führungsstruktur und Eigentümerverhältnisse der juristischen Person.