Gewerbesteuer (GewSt) – Rechtliche Grundlagen und Systematik
Die Gewerbesteuer (GewSt) ist eine ertragsabhängige Gemeindesteuer, die auf die objektiv ermittelten Gewinne von Gewerbebetrieben in Deutschland erhoben wird. Die Gewerbesteuer zählt zu den Realsteuern im Sinne des Grundgesetzes und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Die rechtlichen Grundlagen, die Ermittlung der Steuerschuld sowie die maßgeblichen Haftungs- und Verfahrensregelungen sind im Gewerbesteuergesetz (GewStG), der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) sowie ergänzenden Vorschriften verankert.
Bedeutung und Wesen der Gewerbesteuer
Realsteuer im kommunalen Steueraufkommen
Die Gewerbesteuer gehört gemäß Artikel 106 Abs. 6 Grundgesetz zu den Realsteuern und wird durch die Gemeinden als Steuergläubiger erhoben. Sie bildet zusammen mit der Grundsteuer das Rückgrat der kommunalen Finanzierung.
Steuergegenstand und Steuerpflicht
Die Gewerbesteuer erfasst den im Inland betriebenen Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 GewStG). Steuerpflichtig ist jede natürliche oder juristische Person sowie jede Personengesellschaft, die gewerbliche Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes erzielt. Freie Berufe und reine Vermögensverwaltungen unterliegen nicht der Gewerbesteuerpflicht.
Rechtliche Grundlagen
Gewerbesteuergesetz (GewStG)
Das Gewerbesteuergesetz bildet die primäre Rechtsquelle für die Erhebung, Ermittlung und Festsetzung der Gewerbesteuer. Ergänzt wird das Gesetz durch die Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV).
Ergänzende steuerliche Vorschriften
Für die Gewinnermittlung, insbesondere im Rahmen der steuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG), sind Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG), Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie der Abgabenordnung (AO) zu beachten.
Verhältnis zu anderen Steuerarten
Anders als Einkommen- oder Körperschaftsteuer ist die Gewerbesteuer keine Personensteuer, sondern eine Objektsteuer, die unabhängig von den persönlichen Verhältnissen der Steuerschuldner erhoben wird.
Steuerpflicht und Steuergegenstand
Persönliche Steuerpflicht
Zur Gewerbesteuer sind verpflichtet:
- Einzelunternehmen (§ 2 Abs. 2 GewStG)
- Offene Handelsgesellschaften (OHG)
- Kommanditgesellschaften (KG)
- Kapitalgesellschaften, insbesondere GmbH und AG (§ 2 Abs. 2 GewStG)
- Andere Gewerbebetriebe mit Sitz oder Betriebsstätte im Inland
Sachliche Steuerpflicht
Die Gewerbesteuerpflicht erfasst die im Inland betriebenen Gewerbebetriebe (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG). Ausländische Einkünfte, die nicht auf deutsche Betriebsstätten entfallen, unterliegen nicht der Gewerbesteuer.
Beginn und Ende der Steuerpflicht
Die Steuerpflicht beginnt mit Aufnahme und endet mit der endgültigen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit. Bei Umwandlungen, Betriebsveräußerungen oder Betriebsaufgaben sind gesonderte Rechtsfolgen zu beachten.
Besteuerungsgrundlage und Steuermessbetrag
Ermittlung des Gewerbeertrags
Der Gewerbeertrag wird aus dem maßgeblichen Gewinn des Unternehmens abgeleitet und durch Hinzurechnungen und Kürzungen nach §§ 8 und 9 GewStG modifiziert, um betriebswirtschaftliche Besonderheiten gewerblicher Unternehmen zu berücksichtigen.
Hinzurechnungen (§ 8 GewStG)
Zu den besonders relevanten Hinzurechnungen zählen:
- Die hälftigen Zinsen für Fremdkapital
- Ein Teil der Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter
- Lizenzgebühren und Aufwendungen für Rechteüberlassungen
Kürzungen (§ 9 GewStG)
Die wichtigsten Kürzungen betreffen insbesondere:
- Teile des Gewerbeertrags aus Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften
- Gewinne aus Schifffahrtsbetrieben unter deutscher Flagge
- Gewinne aus bestimmten Grundstücksvermietungen und -verpachtungen
Steuermessbetrag und Messbescheid
Der modifizierte Gewerbeertrag dient als Bemessungsgrundlage für den Steuermessbetrag, der für jede Gemeinde separat festgesetzt wird. Dieser wird durch Anwendung der Hebesätze der jeweiligen Gemeinde auf den Messbetrag konkretisiert.
Berechnung des Messbetrags
Der Steuermessbetrag beträgt 3,5 % des maßgeblichen Gewerbeertrags. Die Festsetzung erfolgt durch das zuständige Finanzamt mittels Steuermessbescheid.
Hebesatz und Steuerfestsetzung
Gemeindlicher Hebesatz (§ 16 GewStG)
Die Gemeinden setzen den Hebesatz für die Gewerbesteuer eigenständig fest; der Mindesthebesatz beträgt derzeit 200 %. Der tatsächliche Hebesatz variiert von Gemeinde zu Gemeinde.
Erhebung und Verteilung
Die Gewerbesteuer wird von den Gemeinden erhoben und fließt auch in deren Haushalt. Ein Teil des Aufkommens wird gemäß Finanzausgleichsgesetz auf Bund und Länder verteilt.
Sonderfälle, Besonderheiten und Ausnahmen
Gewerbesteuerliche Organschaft
Im Falle der gewerblichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, §§ 14, 17 KStG) wird der Gewinn eines Organkreises dem Organträger zugerechnet.
Verlustvortrag und Verlustverrechnung
Verlustvorträge werden innerhalb des Gewerbebetriebs berücksichtigt (§ 10a GewStG), unterliegen jedoch Beschränkungen, insbesondere beim Wechsel des Inhabers oder bei Umwandlungsvorgängen.
Steueranrechnung
Bei natürlichen Personen und Mitunternehmern wird die gezahlte Gewerbesteuer bis zu einer bestimmten Obergrenze auf die Einkommensteuer angerechnet (§ 35 EStG), um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Verfahren, Festsetzung und Rechtsmittel
Veranlagungszeitraum und Erklärungspflichten
Die Gewerbesteuer wird jeweils für das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum erhoben. Unternehmer sind verpflichtet, eine Gewerbesteuererklärung beim Finanzamt einzureichen.
Festsetzungsverfahren
Das Finanzamt setzt auf Basis der abgegebenen Erklärung den Gewerbesteuermessbetrag durch Steuermessbescheid fest. Die Gemeinde berechnet daraufhin mittels des Hebesatzes die festzusetzende Gewerbesteuer und erlässt einen Gewerbesteuerbescheid.
Rechtsmittel
Gegen die Bescheide können innerhalb eines Monats Einspruch (§ 347 AO) eingelegt und gegebenenfalls Klage vor dem Finanzgericht erhoben werden.
Bedeutung der Gewerbesteuer im deutschen Steuerrecht
Die Gewerbesteuer ist ein zentrales Element des deutschen Finanzsystems und gewährleistet die Finanzierung der örtlichen Gemeinschaftsaufgaben. Einfluss auf die Standortwahl gewerblicher Unternehmen haben vor allem die regional unterschiedlichen Hebesätze. Die Systematik der Hinzurechnungen, Kürzungen sowie der Anrechnung auf die Einkommensteuer zeigt die komplexe Verzahnung der Gewerbesteuer mit weiteren steuerlichen Regelungen.
Quellenhinweis:
Dieser Beitrag basiert auf den geltenden Gesetzen, insbesondere dem Gewerbesteuergesetz (GewStG), der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV), dem Grundgesetz, der Abgabenordnung sowie einschlägigen Entscheidungen der Finanzgerichte. Eine regelmäßige Überprüfung der aktuellen Rechtslage wird empfohlen, da Gesetzesänderungen oder gerichtliche Entscheidungen Anpassungen erforderlich machen können.
Häufig gestellte Fragen
Wann entsteht die Gewerbesteuerpflicht für ein Unternehmen?
Die Gewerbesteuerpflicht entsteht grundsätzlich mit Aufnahme einer nachhaltigen gewerblichen Tätigkeit im Inland (§ 2 Abs. 1 GewStG). Bereits die Vorbereitungshandlungen, die auf eine spätere gewerbliche Tätigkeit abzielen, können dabei im Einzelfall ausreichend sein, wenn diese ein nach außen erkennbares Engagement dokumentieren und auf Erwerbserzielung gerichtet sind. Das Unternehmen muss nicht zwingend einen Gewinn erzielen; entscheidend ist die objektive Eignung zum Erzielen von Gewinnen sowie die tatsächliche Ausrichtung auf eine Gewinnerzielung. Es ist unerheblich, ob das Unternehmen als Einzelunternehmer, als Personengesellschaft (z.B. OHG, KG) oder als Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH, AG) geführt wird. Für Kapitalgesellschaften gilt eine unbedingte Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG), während natürliche Personen oder Mitunternehmerschaften nur dann gewerbesteuerpflichtig sind, wenn tatsächlich eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt. Die Steuerpflicht endet mit der Aufgabe, Veräußerung oder Umwandlung des Betriebes sowie im Falle der Liquidation grundsätzlich mit dessen Abschluss (§ 2 Abs. 4 GewStG). Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse, weshalb bei Zweifelsfällen stets eine Einzelfallprüfung ratsam ist. Ein gesonderter Feststellungsbescheid durch das Finanzamt ist nicht für die Entstehung der Steuerpflicht erforderlich, sondern dient lediglich der formellen Festsetzung der Steuer.
Wer ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer?
Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist gemäß § 5 Abs. 1 GewStG der Gewerbebetrieb als Steuersubjekt. Allerdings ist im Rechtsverkehr eine natürliche Person oder juristische Person Träger der Verpflichtung, sodass der Inhaber des Einzelunternehmens, die Gesellschafter der Personengesellschaft (im Innenverhältnis) oder – bei Kapitalgesellschaften – die Gesellschaft selbst als juristische Person zur Zahlung der Steuer herangezogen werden. Bei Personengesellschaften ist die Gesellschaft Steuerschuldnerin hinsichtlich der Festsetzung, für die Entrichtung haften jedoch gesamtschuldnerisch grundsätzlich sowohl die Gesellschaft als auch die Gesellschafter (§ 191 AO). Besondere Regelungen bestehen bei Betriebsaufspaltungen, Betriebsverpachtungen oder im Falle einer Sonderbetriebsvermögenszuordnung. Bei mehreren Betriebsstätten verteilt sich die Steuer nach dem Zerlegungsmaßstab auf die betreffenden Gemeinden (§§ 28-29a GewStG).
Wie wird der Gewerbeertrag für die Gewerbesteuer ermittelt?
Der Gewerbeertrag stellt nach § 7 Satz 1 GewStG das zentrale Bemessungskriterium für die Gewerbesteuer dar und entspricht grundsätzlich dem nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerrechts ermittelten Gewinn (maßgeblicher Gewinnbegriff), der um bestimmte Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) zu modifizieren ist. Zu den wesentlichen Hinzurechnungen zählen insbesondere ein Teil der Miet- oder Pachtzinsen für bewegliche Wirtschaftsgüter, Zinsen, Lizenzgebühren sowie bestimmte Entgelte für Schulden. Der Gesetzgeber reglementiert diese Hinzurechnungen, um eine gleichmäßige Besteuerung des zuordenbaren Betriebsvermögens unabhängig von der Finanzierungsform zu gewährleisten. Die Kürzungen betreffen insbesondere bestimmte Auslandsdividenden, Gewinne aus dem Grundbesitz (u.a. Grundstücksbestandteile) sowie Ausschüttungen, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Bei internationalen Sachverhalten finden zusätzlich das Außensteuergesetz sowie einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen Beachtung.
Welche Freibeträge und Besonderheiten gelten bei der Gewerbesteuer?
Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften gilt ein jährlicher Freibetrag von 24.500 € gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG, der nur auf den Gewerbeertrag Anwendung findet. Kapitalgesellschaften, wie etwa GmbHs und AGs, sind hiervon explizit ausgeschlossen. Für bestimmte gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Unternehmen existieren weitere Freibeträge oder vollständige Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 6 GewStG. Bei mehreren Betrieben oder Betriebsstätten desselben Unternehmers ist der Freibetrag nur einmal zu berücksichtigen; erforderlichenfalls erfolgt eine Aufteilung im Zerlegungsverfahren. Weitere Besonderheiten betreffen die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer des Unternehmers (§ 35 EStG) bis zu einem bestimmten Hebesatz (3,8-fache des Messbetrags), jedoch nicht auf die Körperschaftsteuer von Kapitalgesellschaften.
Welche Mitteilungspflichten bestehen gegenüber den Finanzbehörden?
Alle Änderungen von rechtlicher oder tatsächlicher Bedeutung für die gewerbliche Tätigkeit sind dem Finanzamt unverzüglich mitzuteilen (§ 138 AO). Dazu zählen insbesondere Gründung, Beginn, Verlegung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs, Änderungen der Gesellschafterstruktur, Umwandlungen und Betriebsaufteilungen sowie die Anmeldung oder Einstellung zusätzlicher Betriebsstätten in anderen Gemeinden. Darüber hinaus sind die für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und der Zerlegung erforderlichen Steuererklärungen fristgerecht und zutreffend abzugeben (§§ 14, 14a GewStG). Bei Verstößen gegen diese Mitteilungspflichten drohen steuerliche Nachteile, Verspätungszuschläge und ggf. Bußgelder oder strafrechtliche Konsequenzen gemäß den Vorschriften der Abgabenordnung.
Wie erfolgt die Zerlegung der Gewerbesteuer bei mehreren Betriebsstätten?
Betreibt ein Unternehmen mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden, ist die Gewerbesteuer nach dem sogenannten Zerlegungsverfahren (§§ 28-33 GewStG) auf die betreffenden Gemeinden zu verteilen. Maßgebend für die Zerlegung ist grundsätzlich das Verhältnis der in den einzelnen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitslöhne im Kalenderjahr. Können keine sachgerechten Arbeitslohnverhältnisse festgestellt werden, können – im Ausnahmefall – andere sachgerechte Maßstäbe, etwa Umsatz oder Flächen, herangezogen werden. Die Zerlegung ist durch eine Zerlegungserklärung zu beantragen, die der Steuerpflichtige mit der Gewerbesteuererklärung abzugeben hat. Die Finanzverwaltung erlässt für jede betroffene Gemeinde einen Zerlegungsbescheid. Ziel ist es, die Steueranteile den Gemeinden anteilig zuzuweisen, damit jede an der Wertschöpfung beteiligte Kommune entsprechend partizipiert. Besondere Regelungen bestehen zudem mit Blick auf Betriebsstätten im Ausland oder auf Ländergrenzen überschreitende Sachverhalte.