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Gewerbesteuer (GewSt)

Gewerbesteuer (GewSt): Begriff, Funktion und Einordnung

Die Gewerbesteuer ist eine ertragsorientierte Gemeindesteuer auf gewerbliche Tätigkeiten. Sie dient der Finanzierung kommunaler Aufgaben und knüpft an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Gewerbebetrieben an. Erhoben wird sie auf Grundlage eines bundeseinheitlich ermittelten Steuermessbetrags und eines von der jeweiligen Gemeinde festgesetzten Hebesatzes. Die Steuer wirkt damit sowohl bundeseinheitlich (Ermittlung des Messbetrags) als auch lokal (Bestimmung der Höhe durch den Hebesatz).

Steuergegenstand und Steuerpflicht

Subjektive Steuerpflicht (Wer ist betroffen?)

Steuerpflichtig sind gewerbliche Unternehmen in der Rechtsform von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften sowie andere gewerblich geprägte Körperschaften oder Personenvereinigungen. Maßgeblich ist das Betreiben eines Gewerbes im Inland durch eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter.

Objektive Steuerpflicht (Was wird besteuert?)

Gegenstand ist der Gewerbeertrag des Betriebs. Dieser orientiert sich am Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der um gesetzlich definierte Hinzurechnungen und Kürzungen angepasst wird. Die Steuerpflicht ist an das Vorliegen einer inländischen gewerblichen Tätigkeit gebunden.

Abgrenzung zu anderen Tätigkeiten

Freie Berufe (zum Beispiel bestimmte selbstständige Tätigkeiten mit persönlicher, eigenverantwortlicher Leistungserbringung) sowie Land- und Forstwirtschaft unterliegen grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer. Entscheidend ist die Einordnung der Tätigkeit; Mischformen werden nach dem Gesamterscheinungsbild gewürdigt.

Beginn und Ende der Steuerpflicht

Die Steuerpflicht beginnt mit der Aufnahme der werbenden Tätigkeit und endet mit deren Einstellung, Aufgabe oder Übertragung. Bei Umstrukturierungen (etwa Teilbetriebsveräußerung, Einbringung) sind Beginn, Ende und Übergang der Steuerpflicht nach den wirtschaftlichen Verhältnissen und der rechtlichen Gestaltung zu bestimmen.

Mitunternehmerschaften und Organschaft

Personengesellschaften werden als Mitunternehmerschaften behandelt; der Gewerbeertrag wird auf Ebene der Gesellschaft ermittelt und anschließend den Mitunternehmern zugerechnet, soweit dies für andere Steuerarten relevant ist. Bei finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliederten Unternehmensverbünden kann eine gewerbesteuerliche Organschaft vorliegen; in diesem Fall werden Ergebnisse der Organgesellschaft dem herrschenden Unternehmen zugerechnet.

Bemessungsgrundlage und Ermittlung

Gewerbeertrag als Ausgangspunkt

Der Gewerbeertrag basiert auf dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften. Dieser wird um spezifische Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert, um die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage abzubilden.

Hinzurechnungen

Bestimmte Aufwendungen werden dem Gewinn anteilig oder vollständig wieder zugerechnet, um die Ertragskraft unabhängig von der Finanzierungsform zu erfassen. Typische Hinzurechnungen betreffen unter anderem:

  • Finanzierungskosten (insbesondere Teile von Zinsen und ähnlichen Vergütungen),
  • Entgelte für die Nutzung von Wirtschaftsgütern (etwa Mieten, Pachten, Lizenzen) in festgelegten Umfangsgrenzen,
  • Gewinnanteile an bestimmten Gesellschaften, soweit sie beim Empfänger mindernd wirkten.

Kürzungen

Zur Vermeidung von Doppelbelastungen oder zur Neutralisierung bestimmter Vermögenserträge sind Kürzungen vorgesehen. Bedeutend sind insbesondere kürzende Regelungen für bestimmte Grundstückserträge sowie besondere Vergünstigungen für reine Grundstücksunternehmen (erweiterte Kürzung), sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und keine schädlichen Nebentätigkeiten vorliegen.

Verlustverrechnung

Gewerbliche Verluste können grundsätzlich vorgetragen und mit zukünftigen Gewerbeerträgen verrechnet werden. Ein Rücktrag ist nicht vorgesehen. Für hohe Verlustvorträge gelten Einschränkungen (Mindestbesteuerung), die eine vollständige Verrechnung in einem Jahr begrenzen können.

Freibetrag

Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften gilt ein Freibetrag, bis zu dessen Höhe kein Steuermessbetrag entsteht. Kapitalgesellschaften erhalten keinen Freibetrag.

Steuermessbetrag, Hebesatz und Zerlegung

Steuermessbetrag

Aus dem ermittelten Gewerbeertrag ergibt sich nach Anwendung eines bundeseinheitlichen Steuermesszahl-Schemas der Steuermessbetrag. Er bildet die Grundlage für die endgültige Steuerhöhe in der Gemeinde.

Hebesatz der Gemeinden

Der Hebesatz wird von der Gemeinde festgelegt und variiert regional teils erheblich. Die Gewerbesteuer ergibt sich aus dem Steuermessbetrag multipliziert mit dem örtlichen Hebesatz. Ein höherer Hebesatz führt bei gleichem Messbetrag zu einer höheren Steuerbelastung.

Zerlegung bei mehreren Betriebsstätten

Unterhält ein Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, wird der Steuermessbetrag nach einem gesetzlich vorgesehenen Schlüssel zerlegt (Zerlegungsmaßstab). Jede betroffene Gemeinde erhebt die Gewerbesteuer anteilig nach ihrem Hebesatz.

Erhebungsverfahren und Verwaltung

Zuständigkeiten von Finanzamt und Gemeinde

Das Finanzamt ist für die Feststellung des Steuermessbetrags zuständig und erlässt den entsprechenden Bescheid. Die Gemeinde setzt darauf aufbauend die Gewerbesteuer fest und erlässt den Gewerbesteuerbescheid. Bei mehreren Gemeinden erfolgt zuvor die Zerlegung des Messbetrags.

Veranlagungszeitraum, Vorauszahlungen und Festsetzung

Die Gewerbesteuer wird grundsätzlich jahresbezogen erhoben. Im laufenden Jahr werden Vorauszahlungen festgesetzt, die sich an der voraussichtlichen Jahressteuerschuld orientieren. Nach Ablauf des Jahres erfolgt die endgültige Festsetzung auf Grundlage der Steuererklärungen und der Messbetragsfeststellung.

Rechtsbehelfe und Rechtsschutz

Gegen den Messbescheid des Finanzamts und gegen den Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde sind getrennte Rechtsbehelfe vorgesehen. Gegenstand und zuständige Behörde richten sich jeweils danach, ob die Ermittlung des Messbetrags oder die Festsetzung durch die Gemeinde angegriffen wird. Fristen und Formerfordernisse sind zu beachten.

Festsetzungsfristen und Verjährung

Für Festsetzung, Änderung und Erhebung gelten Fristen. Diese bestimmen, bis wann Bescheide ergehen oder geändert werden können und wann Ansprüche auf Zahlung, Erstattung oder Festsetzung verjähren. Die Fristdauer kann bei bestimmten Sachverhalten verlängert oder gehemmt sein.

Beziehung zu anderen Steuern

Anrechnung auf die Einkommensteuer

Bei natürlichen Personen und Mitunternehmern kann die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Die Anrechnung ist der Höhe nach begrenzt und orientiert sich an einem gesetzlich festgelegten Faktor aus dem Steuermessbetrag. Eine übersteigende Gewerbesteuer kann nicht darüber hinaus angerechnet werden.

Verhältnis zur Körperschaftsteuer

Kapitalgesellschaften entrichten neben der Gewerbesteuer die Körperschaftsteuer. Eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer ist nicht vorgesehen.

Abzugsverbot als Betriebsausgabe

Die Gewerbesteuer ist bei der Ermittlung des Gewinns steuerlich nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Dieses Abzugsverbot wirkt gleichermaßen für Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerzwecke.

Besondere Konstellationen

Immobilien- und Grundstücksunternehmen

Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können unter bestimmten Voraussetzungen eine erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen, wodurch der Gewerbeertrag aus dieser Tätigkeit gewerbesteuerlich weitgehend neutralisiert wird. Schädliche Nebentätigkeiten können diesen Vorteil ausschließen.

Gemeinnützige Einrichtungen und Eigenbetriebe

Gemeinnützige Körperschaften unterliegen mit ihren steuerbegünstigten Tätigkeiten nicht der Gewerbesteuer. Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe dieser Einrichtungen können jedoch gewerbesteuerpflichtig sein. Für öffentliche Betriebe gelten Besonderheiten, die an deren Aufgaben und Organisationsform anknüpfen.

Umwandlungen, Veräußerungen und Betriebsaufgaben

Bei Rechtsformwechseln, Einbringungen, Spaltungen sowie bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs sind die ertragsteuerlichen Folgen für den Gewerbeertrag maßgeblich. Stillen Reserven, Übergänge von Verlustvorträgen und die Zuordnung von Erträgen zu Veranlagungszeiträumen sind nach den geltenden Grundsätzen zu beurteilen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Gewerbesteuer

Wer ist gewerbesteuerpflichtig?

Steuerpflichtig sind inländische Gewerbebetriebe, die durch eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Inland tätig sind. Hierzu zählen Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, sofern sie gewerblich tätig sind.

Was gilt als Gewerbebetrieb im rechtlichen Sinn?

Ein Gewerbebetrieb ist eine selbstständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und kein freier Beruf sowie keine Land- oder Forstwirtschaft ist. Die Gesamtwürdigung der Tätigkeit ist entscheidend.

Wie wird die Bemessungsgrundlage ermittelt?

Ausgangspunkt ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dieser wird um gesetzlich vorgesehene Hinzurechnungen (zum Beispiel für bestimmte Finanzierungs- und Nutzungskosten) und Kürzungen (unter anderem für Grundstückserträge) angepasst. Das Ergebnis ist der maßgebliche Gewerbeertrag.

Welche Bedeutung hat der Hebesatz der Gemeinde?

Der Hebesatz bestimmt die endgültige Steuerbelastung vor Ort. Die Gewerbesteuer ergibt sich aus dem bundeseinheitlich ermittelten Steuermessbetrag multipliziert mit dem örtlichen Hebesatz. Da Hebesätze regional variieren, fällt die Steuer je nach Gemeinde unterschiedlich aus.

Gibt es Freibeträge?

Ein Freibetrag steht Einzelunternehmen und Personengesellschaften zu. Kapitalgesellschaften erhalten keinen Freibetrag. Der Freibetrag mindert den Steuermessbetrag und wirkt sich damit direkt auf die Steuer aus.

Wie funktioniert die Anrechnung auf die Einkommensteuer?

Bei natürlichen Personen kann die Gewerbesteuer bis zu einer gesetzlich bestimmten Höchstgrenze auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Grundlage ist der Steuermessbetrag, der mit einem festgelegten Faktor multipliziert wird. Eine darüber hinausgehende Anrechnung ist nicht möglich.

Was passiert bei mehreren Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden?

Der Steuermessbetrag wird nach einem gesetzlich vorgesehenen Schlüssel auf die betroffenen Gemeinden zerlegt. Jede Gemeinde erhebt auf ihren Anteil die Steuer mit ihrem Hebesatz.

Welche Rechtsbehelfe sind möglich?

Gegen den Messbescheid des Finanzamts und gegen den Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde können jeweils gesondert Rechtsbehelfe eingelegt werden. Maßgeblich ist, ob die Ermittlung des Messbetrags oder die kommunale Festsetzung angefochten wird. Fristen und formale Anforderungen sind zu beachten.