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Gewerbeordnung


Gewerbeordnung – Begriff, rechtlicher Hintergrund und Anwendungsbereiche

Die Gewerbeordnung (GewO) bildet das zentrale Regelwerk des Gewerberechts in Deutschland. Sie regelt die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung eines Gewerbes, bestimmt Pflichten und Rechte von Gewerbetreibenden und definiert behördliche Zuständigkeiten und Verfahren. Die Gewerbeordnung sichert sowohl die Freiheit der gewerblichen Betätigung als auch deren ordnungsrechtliche Begrenzung, um öffentliche Interessen wie Sicherheit, Gesundheit und Wettbewerbsschutz zu gewährleisten.


Begriffsbestimmung und Geltungsbereich

Die Gewerbeordnung ist ein Bundesgesetz, das grundsätzlich für alle Gewerbetreibenden in der Bundesrepublik Deutschland gilt. Sie gibt die rechtlichen Definitionen und Voraussetzungen für den Betrieb eines Gewerbes sowie die Ausnahmen hiervon vor.

Definition des Gewerbes

Nach allgemeiner Auffassung ist ein Gewerbe jede selbstständige, nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht der Gewinnerzielung ausgeübt wird und keine Land- und Forstwirtschaft, Freiberuflichkeit oder Verwaltung eigenen Vermögens darstellt. Die Gewerbeordnung grenzt den Begriff weiter durch den Ausschluss bestimmter Berufe und Tätigkeiten ein, etwa der sogenannten Katalogberufe (u.a. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater), die der Gewerbeordnung nicht unterliegen.

Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

Der Geltungsbereich der Gewerbeordnung erstreckt sich auf natürliche und juristische Personen, die ein Gewerbe betreiben. Sie enthält spezielle Vorschriften für bestimmte Gewerbegruppen, unterteilt Gewerbearten in „erlaubnispflichtig“, „überwachungspflichtig“ und „anzeigepflichtig“ und regelt Details wie die Gewerbeanmeldung und die sogenannte Zuverlässigkeitsprüfung.


Historische Entwicklung der Gewerbeordnung

Die Gewerbeordnung in Deutschland wurde erstmals 1869 für den Norddeutschen Bund eingeführt und 1871 mit der Reichsgründung auf das gesamte Deutsche Reich ausgedehnt. Sie trug maßgeblich zur Gewerbefreiheit bei, indem sie das bis dahin stark durch Zünfte regulierte Gewerbe öffnete. Die Gewerbeordnung wurde seither mehrfach novelliert, um sich verändernden wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.


Wesentliche Regelungsbereiche der Gewerbeordnung

Gewerbeanmeldung und Anzeigepflicht

Ein zentrales Element ist die verpflichtende Gewerbeanzeige (§ 14 GewO), die den Beginn, die Änderung und die Beendigung eines Gewerbebetriebs betrifft. Gewerbetreibende müssen ihre Tätigkeit unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzeigen. Die Anzeige dient der Überwachung und Sicherung ordnungsgemäßer Gewerbeausübung.

Erlaubnispflicht und Zuverlässigkeitsprüfung

Für bestimmte Gewerbe verlangt die Gewerbeordnung eine behördliche Erlaubnis (§ 33 ff. GewO). Typische Beispiele sind das Bewachungsgewerbe, das Gaststättengewerbe und das Maklergewerbe. Hier erfolgt eine Prüfung der Zuverlässigkeit und ggf. der fachlichen Qualifikation des Antragstellers. Die Erlaubniserteilung kann an Auflagen gebunden und in bestimmten Fällen versagt oder widerrufen werden, beispielsweise bei unzuverlässigem Verhalten oder fehlender persönlicher Eignung.

Überwachungspflichten

Überwachungspflichtige Gewerbe unterliegen zusätzlichen behördlichen Kontrollen (§ 38 GewO). Die Behörden können zur Überprüfung der Zuverlässigkeit Personen- und Sachauskünfte, insbesondere aus dem Bundeszentralregister und bei Ordnungsbehörden, einholen und erforderlichenfalls weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen.

Eingriffs- und Ordnungsmaßnahmen

Die Gewerbeordnung ermächtigt die Behörden, gewerbeaufsichtsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Betriebsuntersagung zu verhängen, falls die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung nicht gegeben sind (§ 35 GewO). Dies betrifft insbesondere Fälle unzuverlässigen Verhaltens oder wenn erhebliche Verstöße gegen Schutzvorschriften vorliegen.


Besondere Regelungen für bestimmte Gewerbezweige

Die Gewerbeordnung enthält in besonderen Abschnitten spezifische Regelungen für einzelne gewerbliche Tätigkeiten. Hierzu zählen unter anderem:

  • Gaststättengewerbe (§ 1 GastG, § 33 GewO)
  • Handwerksrechtliche Vorschriften (Verweis auf Handwerksordnung)
  • Reisegewerbe (§§ 55 ff. GewO)
  • Maklertätigkeit (§ 34c GewO)
  • Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO)

Diese Regelungen beinhalten zum Teil weitergehende Erlaubnis- und Überwachungspflichten sowie besondere Anforderungen an die Betriebsausführung und das Personal.


Verhältnis zu anderen Gesetzen und Nebengesetzen

Die Gewerbeordnung steht in engem Zusammenhang mit zahlreichen weiteren Rechtsnormen, darunter insbesondere:

  • Handwerksordnung (HwO)
  • Gaststättengesetz (GastG)
  • Ladenschlussgesetz
  • Preisangabeverordnung
  • Bundesimmissionsschutzgesetz

Die Anwendung der GewO ist immer im Kontext mit diesen Vorschriften zu prüfen, insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung der jeweiligen Regelungsbereiche.


Verwaltungsverfahren und Rechtsschutz

Die Durchführung und Überwachung der Bestimmungen der Gewerbeordnung obliegt in der Regel den Ordnungsämtern der Kommunen. Gegen behördliche Maßnahmen stehen betroffenen Gewerbetreibenden die üblichen Rechtsbehelfe des Verwaltungsverfahrensrechts zur Verfügung, insbesondere Widerspruch und Klage vor den Verwaltungsgerichten.


Sanktionen und Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung sind als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern belegbar (§§ 146 ff. GewO). In schweren Fällen kann es zur Untersagung des Gewerbebetriebs kommen. Darüber hinaus können Verstöße auch weitere rechtliche Konsequenzen, etwa im Arbeits-, Steuer- oder Umweltrecht, nach sich ziehen.


Bedeutung der Gewerbeordnung im Wirtschaftsleben

Die Gewerbeordnung gewährleistet einerseits die Niederlassungsfreiheit und fördert den Wettbewerb, anderseits dient sie dem Schutz öffentlicher Interessen, etwa vor gesundheitlichen Gefahren, unseriösem Geschäftsgebaren oder unlauterem Wettbewerb. Durch ihren umfangreichen Regelungsgehalt und die Flexibilität ihrer Anwendung wird sie permanent an die Bedürfnisse der wirtschaftlichen Entwicklung und die Anforderungen der Gefahrenabwehr angepasst.


Literaturhinweise und weiterführende Regelungen

  • Gewerbeordnung in der jeweils gültigen Fassung
  • Handwerksordnung (HwO)
  • Gaststättengesetz (GastG)
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Anzeigepflicht nach der Gewerbeordnung und welche Konsequenzen hat eine Unterlassung?

Die Gewerbeordnung (GewO) sieht vor, dass der Beginn eines zulassungspflichtigen oder -freien Gewerbes von natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften unverzüglich der zuständigen Behörde (in der Regel das Gewerbeamt vor Ort) angezeigt werden muss (§ 14 GewO). Die Anzeige hat nicht präventiven, sondern deklaratorischen Charakter, d. h., die Anmeldung bestätigt lediglich das Vorliegen eines Sachverhalts, sie ist aber keine Beantragung einer Erlaubnis. Hierbei sind genaue Angaben zur Person, zur Art des Gewerbes, zur Betriebsstätte und zu eventuellen Vertretungsberechtigten erforderlich. Die Anzeige erstreckt sich auch auf jede Erweiterung oder Änderung der gewerblichen Tätigkeit sowie auf die Aufgabe des Betriebs.

Die Missachtung dieser Anzeigepflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Wer das Gewerbe gar nicht, nicht rechtzeitig oder nicht richtig anmeldet, kann mit einer Geldbuße belegt werden (§ 146 GewO). Zudem kann die Behörde nach § 15 GewO die sofortige Einstellung des Betriebes anordnen, bis die Anmeldung erfolgt ist. Darüber hinaus kann eine fehlende Gewerbeanmeldung zivilrechtliche und steuerrechtliche Nachteile nach sich ziehen.

Welche Erlaubnispflichten bestehen nach der Gewerbeordnung und für welche Gewerbearten gelten sie?

Die GewO unterscheidet zwischen erlaubnisfreien und erlaubnispflichtigen Gewerben. Für bestimmte Tätigkeiten, insbesondere bei besonderen Gefahren für die Allgemeinheit oder bei relevantem Vertrauensschutz, ist eine Erlaubnis nach speziellen Vorschriften der GewO erforderlich. Hierzu zählen u. a. das Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO), Makler, Bauträger und Baubetreuer (§ 34c GewO), Pfandleiher (§ 34 GewO), Versicherungsvermittler/berater (§ 34d und f GewO) sowie Versteigerer (§ 34b GewO). Die Erlaubniserteilung ist in der Regel an Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse und häufig auch an den Nachweis sachlicher oder fachlicher Qualifikationen gebunden.

Für erlaubnisfreie Gewerbe ist lediglich eine Anzeige erforderlich (siehe Frage 1). Bei erlaubnispflichtigen Tätigkeiten darf das Gewerbe erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden. Die Ausübung ohne die notwendige Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit oder, je nach Fall, sogar eine Straftat dar.

Welche persönlichen Zuverlässigkeitsvoraussetzungen verlangt die Gewerbeordnung?

Die persönliche Zuverlässigkeit ist ein zentrales Kriterium für die Ausübung erlaubnispflichtiger Gewerbe sowie für die Rücknahme und den Widerruf von Erlaubnissen (§ 35 GewO). Unzuverlässigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende die für die betreffende Tätigkeit erforderliche Sorgfalt vermissen lässt, etwa bei strafrechtlichen Vorbelastungen, Verstößen gegen steuerliche Verpflichtungen oder wiederholter Missachtung gewerberechtlicher Vorschriften. Die Prüfung erfolgt durch eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister (Führungszeugnis), ggf. ergänzt durch weitere behördliche Stellungnahmen.

Bei fehlender Zuverlässigkeit kann die Erlaubnis verweigert oder bestehende Erlaubnisse widerrufen werden (§ 48 VwVfG), bis hin zur vollständigen Untersagung der Gewerbeausübung nach § 35 GewO. Auch Angehörige bestimmter Berufsgruppen oder juristischer Personen können von einer solchen Untersagungsverfügung betroffen sein.

Inwiefern regelt die Gewerbeordnung Vorschriften zur Betriebsüberwachung?

Die Gewerbeordnung gibt den Behörden umfangreiche Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten an die Hand. Nach § 29 GewO sind die zuständigen Behörden berechtigt, zur Überwachung der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften Personen zu den Betriebs- und Geschäftsräumen Zugang zu verlangen, Auskünfte einzuholen, Einsicht in Unterlagen zu nehmen und Prüfungen durchzuführen. Diese Maßnahmen dürfen jedoch grundsätzlich nur während der üblichen Geschäftszeiten erfolgen. Bei Gefahren im Verzug sind auch unangekündigte Kontrollen oder unmittelbare Maßnahmen möglich.

Die gewerberechtliche Überwachung erstreckt sich insbesondere auf die Einhaltung von Auflagen, die Zuverlässigkeit und die ordnungsgemäße Berufsausübung. Verstöße gegen Kontrollanordnungen können als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.

Welche Regelungen zur Gewerbeuntersagung enthält die Gewerbeordnung und unter welchen Voraussetzungen kann sie ausgesprochen werden?

Die Gewerbeordnung sieht in § 35 GewO die behördliche Untersagung der Ausübung des Gewerbes vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbebetrieb durch den Gewerbetreibenden oder dessen Vertreter nicht mehr zuverlässig geführt wird. Dies ist beispielsweise bei wiederholten Verstößen gegen gewerbe-, steuer-, sozialversicherungs- oder strafrechtliche Vorschriften oder bei Zahlungsunfähigkeit der Fall. Die Untersagung kann auf das gesamte Gewerbe oder bestimmte Tätigkeitszweige beschränkt werden. Sie kann sich auch auf die juristische Person oder auf Mitgesellschafter erstrecken, wenn deren Einfluss auf die Geschäftsführung maßgeblich ist.

Vor der Untersagung muss die Behörde dem Betroffenen grundsätzlich Gelegenheit zur Anhörung geben. Bei akuter Gefährdung öffentlicher Interessen kann die Untersagung auch sofort vollziehbar ausgesprochen werden. Gegen die Untersagung stehen dem Betroffenen die üblichen Rechtsbehelfe, namentlich Widerspruch und anschließende Klage, offen.

Inwieweit werden durch die Gewerbeordnung Schutzvorschriften für Verbraucher erlassen?

Die GewO enthält diverse Verbraucherschutzvorschriften, die meist im Zusammenhang mit den Erlaubnispflichten für bestimmte Gewerbe stehen. Dazu zählen z. B. Aufklärungspflichten, Nachweispflichten zur Sachkunde und besondere Anforderungen an Vertragsgestaltung oder Kundenberatung, etwa bei Versicherungsvermittlern (§ 34d-f GewO) oder bei Bauträgern (§ 34c GewO). Insbesondere im Bewachungsgewerbe müssen Mitarbeiter bestimmte Qualifikationen und Zuverlässigkeitsprüfungen nachweisen.

Darüber hinaus gibt es Regelungen zu Preisangaben (§ 70 GewO), Kennzeichnungs- und Offenlegungspflichten sowie Vorschriften zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken (z. B. für Auskunfteien und Reisegewerbe). Die Einhaltung dieser Schutzvorschriften wird von den Behörden überwacht und kann ebenfalls mit Bußgeldern sanktioniert werden.

Welche Bedeutung haben die besonderen Vorschriften für das Reisegewerbe gemäß Gewerbeordnung?

Das Reisegewerbe ist in den §§ 55 ff. GewO besonders geregelt und unterscheidet sich vom stehenden Gewerbe dadurch, dass die Tätigkeit ohne gewerbliche Niederlassung und außerhalb fester Geschäftsräume ausgeübt wird. Beispiele sind der ambulante Handel, Handelsvertretertätigkeiten oder Schausteller. Für das Reisegewerbe besteht grundsätzlich Erlaubnispflicht (Reisegewerbekarte), wobei für bestimmte Tätigkeiten Ausnahmen vorgesehen sind (§ 55a GewO).

Die Erlaubniserteilung wird insbesondere an die persönliche Zuverlässigkeit geknüpft und ist auf die ausgeübten Tätigkeiten beschränkt. Verstöße gegen die Vorschriften zum Reisegewerbe, wie Handeln ohne Reisegewerbekarte oder Überschreitung des erlaubten Tätigkeitsumfangs, werden als Ordnungswidrigkeiten verfolgt. Das Reisegewerbe unterliegt darüber hinaus besonderen Anforderungen an Preisangaben, Offenlegungspflichten und teils speziellen Verbraucherschutznormen.